(Rom) Die Kritik am umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia reißt nicht ab. Vielmehr wurde sie durch eine Aussage von Christoph Kardinal Schönborn, dem Erzbischof von Wien neu entfacht, der das Schreiben vergangene Woche für „verbindlich“ erklärte. Eine Gruppe von 45 Theologen, Philosophen und Priester aus verschiedenen Ländern haben in den vergangenen Tagen Kardinal Angelo Sodano, dem Dekan des Kardinalskollegium, eine heftige Kritik an Amoris laetitia überreicht.
In den kommenden Wochen wird das Dokument der 45 Kritiker in verschiedenen Sprachen allen 218 Kardinälen der Römisch-Katholischen Kirche und allen Patriarchen der mit Rom unierten Ostkirchen übermittelt werden.
Appell an alle Kardinäle und Patriarchen der Kirche
Die Autoren fordern die Kardinäle und Patriarchen auf, bei Papst Franziskus zu intervenieren, damit der Papst das umstrittene Papier zurücknimmt oder die darin enthaltenen irrigen Thesen korrigiert, wie der US-amerikanische Vatikanist Edward Pentin im National Catholic Register bekanntgab.
Die 45 Kritiker werfen Papst Franziskus vor, mit Amoris laetitia ein Dokument vorgelegt zu haben, das „eine Reihe von Aussagen enthält, die im Widerspruch zum katholischen Glauben und der katholischen Moral verstanden werden können“. Die Unterzeichner legen zusammen mit einem gemeinsamen Appell eine Liste von theologischen Zensuren „zur Natur und dem Grad der Irrtümer“ vor, die dem nachsynodalen Schreiben angelastet werden können.
Unter den 45 Unterzeichnern finden sich katholische Prälaten, Gelehrte, Professoren, Publizisten und Priester verschiedener Päpstlicher Universitäten, Seminare, Kollegien, theologischen Institute, Orden und Diözesen aus der ganzen Welt. Sie rufen mit ihrem Appell die Kardinäle und Patriarchen der katholischen Kirche als „Berater des Papstes“ auf, Franziskus dazu zu drängen, „die im Dokument aufgelisteten Irrtümer auf definitive und eindeutige Weise zurückzuweisen und mit Autorität zu bekräftigen, daß Amoris laetitia nicht den Anspruch erhebt, geglaubt oder als möglicherweise wahr betrachtet werden zu müssen.
„Wir klagen den Papst nicht der Häresie an, aber …“
„Wir klagen den Papst nicht der Häresie an“, sagte der Sprecher der Unterzeichner. „Wir sind aber der Meinung, daß zahlreiche Thesen von Amoris laetitia häretisch ausgelegt werden können“. Andere Aussagen des nachsynodalen Dokumentes seien ein „Ärgernis“, „Irrtümer im Glauben“ oder „zweideutig“.
Canon 212,3 des Codex Iuris Canonici besagt:
„Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und sie unter Wahrung der Unversehrtheit des Glaubens und der Sitten und der Ehrfurcht gegenüber den Hirten und unter Beachtung des allgemeinen Nutzens und der Würde der Personen den übrigen Gläubigen kundzutun.“
Die 45 Unterzeichner legten eine 13 Seiten umfassende Kritik vor, in der sie 19 Stellen von Amoris laetitia auflisten, die im Widerspruch zur katholischen Glaubenslehre stehen sollen. Die vagen und zweideutigen Formulierungen „vieler Aussagen“ des päpstlichen Schreibens eignen sich, so die Autoren, für mißverständliche Interpretationen und auch solchen, die im Widerspruch zu Glauben und Moral stehen.
Der Sprecher der 45 Autoren sagte:
„Es ist unsere Hoffnung, daß wir mit der Bitte an unseren Heiligen Vater um eine definitive Verurteilung dieser Irrtümer dabei helfen können, die Verwirrung, die Amoris laetitia bereits unter den Hirten und gläubigen Laien provoziert hat, zu beseitigen. Diese Verwirrung ist nur durch eine ausdrückliche Bekräftigung der wahren katholischen Lehre durch den Nachfolger des Petrus möglich.“
Das von den 45 Theologen und Philosophen vorgelegte Verzeichnis der in Amoris laetitia enthaltenen Irrtümer erhebe, so die Autoren, nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es wolle lediglich die schwerwiegendsten Bedrohungen für den katholischen Glauben und die Moral aufzeigen.
Die Initiative ist die bisher umfassendste und nachdrücklichste Kritik am Päpstlichen Schreiben, das Papst Franziskus am vergangenen 19. März unterzeichnete und am 8. April durch Kardinal Schönborn in Rom vorstellen ließ.
Text: Corrispondenza Romana/Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Endlich formiert sich ernstzunehmender Widerstand!
Ob mit Erfolg ist zunächst gar nicht so sehr wichtig.
Hauptsache, diese Leute tun was, wenn auch für die Öffentlichkeit anonym.
Allerdings, es muss schlimm stehen und verrät viel, dass sie sich gezwungen sehen, dies zu tun.