
(Hong Kong) Kardinal Joseph Zen, die „graue Eminenz“ der chinesischen Untergrundkirche, schlägt Alarm. Mit einem Appell an Chinas Katholiken warnt er vor einem möglichen Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem kommunistischen Regime in Peking. Ein solches Abkommen sei eine „Gefahr“ für die Kirche und die Untergrundkatholiken. Sollte es dazu kommen, seien die Katholiken nicht verpflichtet, dem Papst darin zu folgen. Für den Fall, daß Rom ein Abkommen unterzeichnen sollte, prophezeit der Kardinal eine neue Verfolgungswelle und die Rückkehr „in die Katakomben“.
Die dramatische Aussage stammt von keinem geringeren als dem angesehensten katholischen Hirten Chinas, dem emeritierten Bischof von Hong Kong, Joseph Kardinal Zen. Als Bischof von Hong Kong, bis 1997 britische Kronkolonie und seither ein weitgehend selbstverwaltetes Gebiet der Volksrepublik China, wurde der Kardinal zum einzigen freien Sprecher der katholischen Kirche Chinas.
Der Kardinal war bereits in der Vergangenheit ein wachsamer Kritiker einer „falschen“ Annäherung zwischen dem Vatikan und dem kommunistischen Regie, die er als „gefährlich“ für die Kirche und die Katholiken einstuft. Rom sei weit weg und sehe die Lage im kommunistischen China manchmal zu wohlwollend, ließ der Purpurträger immer wieder wissen.
Seit einiger Zeit finden Gespräche zwischen der Pekinger Regierung und dem Heiligen Stuhl statt, wie Papst Franziskus selbst in einem umstrittenen Interview bestätigte. Sie werden unter Ausschluß der Öffentlichkeit, aber auch unter Ausschluß der Ortskirche geführt. Dieser Umstand fördert nicht das Vertrauen der chinesischen Christen in das, was ausgehandelt werden könnte.
„Opportunisten in der Kirche“ drängen auf Abkommen
Der chinesische Kardinal aus dem Salesianerorden ruft die Katholiken, gemeint sind vor allem die Untergrundkatholiken auf, wachsam zu sein und sich notfalls auch von Vereinbarungen zu distanzieren und fernzuhalten, die mit Zustimmung des Papstes getroffen werden. Das sei der einzige Weg, um das Einschlagen eines „falschen“ Weg in den Beziehungen zwischen Rom und Peking zu verhindern.
Der Kardinal wandte sich mit einem Aufruf an die Katholiken, den er auf seinem persönlichen Blog veröffentlichte: “Brüder und Schwestern des Kontinents, wir müssen uns Ehre verschaffen!“ Der Hinweis auf den „Kontinent“ bezieht sich auf die geographische Lage und den Sonderstatus von Hong Kong gegenüber der übrigen Volksrepublik China.
Der Kardinal verliert keine langen Worte. Bereits in den ersten Zeilen seinen Aufrufs sagt er, wem seine Kritik gilt: „jenen, die auf der Seite der Regierung stehen“, und „die Opportunisten in der Kirche“, die „darauf hoffen, daß der Heilige Stuhl ein Abkommen unterschreibt, um die aktuelle Anomalie zu legitimieren“.
Vor allem letztere rufen, so Kardinal Zen, in jüngster Zeit auffallend laut, man „müsse auf den Papst hören“ und „ihm gehorchen in allem, was er sagt“.
Diese auffällig zur Schau gestellte „Treue zum Papsttum“ bestimmter Kreise sei eine „neue Situation“. Der Kardinal ruft daher die gläubigen Katholiken auf, „die Ruhe zu bewahren“ und sich „nicht verwirren“ zu lassen.
Gleichzeitig bietet der ehemalige Bischof von Hong Kong den Katholiken auf dem Kontinent eine Richtschnur, an der sie sich orientieren können. Der Kardinal stellt klar, daß die „höchste Autorität auf der Erden der Papst ist als Stellvertreter Christi.“ Sollte es zu einem Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Pekinger Regime kommen, sei jedoch sicher, daß es nicht ohne Zustimmung des Papstes zustande komme. „Was auch immer vom Papst beschlossen wird, haben wir nicht zu kritisieren.“ Jede öffentliche Reaktion dagegen würde als Kritik am direkten Nachfolger des Apostels Petrus aufgefaßt werden. Dennoch, so der Kardinal, sollte das „vom Glauben erleuchtete Gewissen“ zum Schluß kommen, daß ein Abkommen den „Grundsätzen unseres Glaubens widerspricht, dürft Ihr ihm nicht folgen“.
„Nie der Patriotischen Vereinigung anschließen“ – Kardinal befürchtet neue Verfolgungswelle
Die Sorge der chinesischen Katholiken besteht darin, daß ein wie auch immer geartetes Abkommen zwischen Rom und Peking die Anerkennung der regimehörigen Patriotischen Vereinigung zum Inhalt haben werde.
Daher stützt sich der Purpurträger in seinem Aufruf auf den „Brief an die chinesischen Katholiken“ von Papst Benedikt XVI. von 2007. Darin wird dargelegt, daß die regimehörige Patriotische Vereinigung mit der Lehre der katholischen Kirche „unvereinbar“ ist. Wie auch immer ein mögliches Abkommen zwischen Rom und Peking aussehen mag, eine Anerkennung der Patriotischen Vereinigung, in welcher Form auch immer, ist und bleibe unmöglich.
„Ihr, Brüder und Schwestern des Kontinents, dürft Euch absolut nie der Patriotischen Vereinigung anschließen“, so Kardinal Zen.
Der Würdenträger sieht in seiner knappen und nüchternen Analyse eine neue Verfolgungswelle voraus, die jene Katholiken in die „Katakomben“ zurückzwingen werde, die sich einem Abkommen verweigern.
„In Zukunft ist zu befürchten, daß Ihr keinen öffentlichen Platz mehr für das Gebet gab, aber Ihr werdet zu Hause beten können. Und selbst wenn es keine Möglichkeit mehr geben sollte, die Sakramente zu empfangen, wird der Herr Jesus dennoch in Eure Herzen kommen; und wenn es nicht mehr möglich sein sollte, das Priestertum auszuüben: der Priester bleibt Priester für immer.“
Der Aufruf des Kardinals endet mit einer Aufforderung zum „Widerstand“ gegen einen eventuelles Abkommen zwischen Rom und Peking. „Die frühe Kirche mußte 300 Jahre warten. Ich denke nicht, daß wir so lange warten werden müssen. Der Winter geht zu Ende.“
Die Sorgen und Bedenken des 84 Jahre alten Kardinals scheinen nicht unbegründet. Der dem Papst nahestehende Vatikanist Gianni Valente griff die „graue Eminenz“ der chinesischen Untergrundkirche am 30. Juni mit einem Artikel an. Er warf dem Kardinal vor, seit 40 Jahren eine Haltung des „permanenten Kampfes“ einzunehmen und sich jeder Annäherung verweigert zu haben. Valente gibt zu verstehen, daß der Kardinal eine überholte Position einnehme und altersbedingt die neue Entwicklung nicht mehr zu verstehen scheine. Papst Franziskus gehe den „Weg des Dialoges“ und nicht der Konfrontation.
Kein Artikel, der in Hong Kong für Entspannung sorgen dürfte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Il Timone
Gut so, Bischof Zen ist nicht wie das Kaninchen vor dieser Sclange!
Weiter so, lasst uns für ihn beten!
Danke für dieses großartige Zeugnis Kardinal Zen! Welch ein Hoffnungsträger für die gebeutelte und geschundene Kirche, nicht nur in China! Es gibt sie also doch noch: – Die Purpurträger, die ihren Titel zu Recht tragen!