(Peking) 600 Kilometer westlich von Peking wurde in der Stadt Yinchuan (Volksrepublik China) die „World Muslim City“ eröffnet. Dabei handelt sich um den größten Vergnügungspark der Welt, der ganz dem Islam gewidmet ist.
Die „Weltmuslimstadt“ erstreckt sich über ein Gelände von mehr als acht Hektar. Es wird noch weiter daran gebaut. Bis 2020 soll der Vergnügungspark fertiggestellt sein. Die Gesamtkosten werden laut der englischsprachigen chinesischen Tageszeitung China Daily auf 3,15 Milliarden Euro beziffert.
Attraktionen der „World Muslim City“ sind in etwas verkleinertem Maßstab Nachbauten der Blauen Moschee von Istanbul, des Taj Mahal in Indien und eines „Goldenen Palastes“, die nach dem klassischen Modell einer arabischen Moschee errichtet wurde. Dazu gibt es Straßen und Gassen, die arabischen Basars nachempfunden sind. Sie tragen arabische Namen, während die zahlreichen bunten Lichtspiele mehr an chinesischen Geschmack erinnern. Der Park will laut Eigenangabe das Flair der Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht vermitteln.
„Authentisches Eintauchen“ in „islamisches Flair“ durch Abaya und Niqab
Um das „Eintauchen“ noch „authentischer“ zu machen, können sich die Besucher des Vergnügungsparks wie Muslime kleiden. Um in das Innere einer der Moscheen zu gelangen wird den Frauen „empfohlen“, eine Abaya, ein traditionelles islamisches Kleidungsstück zu tragen. Daß die „World Muslim City“-Version aus Schafwolle und Kamelhaar gefertigt ist, wird allerdings bezweifelt. Die Abaya ist in Saudi-Arabien die Minimalvariante, damit eine Frau das Haus verlassen und in der Öffentlichkeit unterwegs sein darf. Nur die Hände und die Füße bleiben davon unverhüllt.
Laut China Daily werden Frauen insgesamt beim Betreten des Vergnügungsparks eingeladen, einen Niqab, einen Gesichtsschleier zu tragen. Das gebe dem Besuch erst das „besondere Etwas“. Was in der „World Muslim City“ die Verschleierung spielerisch empfohlen wird, ist in mehreren europäischen Staaten, darunter in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Italien und Spanien, teilweise oder ganz verboten.
Pekings Imagepflege – Wirtschaftskontakte zum Nahen Osten
Beobachter sprechen davon, daß das „muslimische Disneyland“ Marke Peking mit der Absicht des kommunistischen Regimes zu tun habe, seine wirtschaftlichen Beziehungen zur islamischen Welt, vor allem den reichen Golfmonarchien, zu verbessern.
Der Vergnügungspark folgt zwar keinem religiösen Konzept im engeren Sinn, aber einer Reihe islamischer Vorschriften. Geboten wird dabei eine vom Staat gewünschte Version des Islams.
Neben den außenpolitischen und wirtschaftlichen Interessen dürfte dennoch auch ein innenpolitisches Kalkül eine Rolle spielen. Der Vergnügungspark befindet sich in Yinchuan, der zwei Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt des Autonomen Gebiets Ningxia. 35 Prozent der Bevölkerung des für China verhältnismäßig dünnbesiedelten Gebiets sind Moslems. Dabei handelt es sich vor allem um Hui-Chinesen.
Muslimische Hui-Chinesen waren nestorianische Christen
Die Forschung geht davon aus, daß der Großteil der Hui, so auch in Ningxia, auf nestorianische Christen zurückgeht. Unter dem Druck der Ming-Dynastie sollen sie ab dem 15. Jahrhundert zum Islam übergetreten sein. Die Christianisierung war bereits im ersten Jahrtausend durch die Heilige Apostolische und Katholische Assyrische Kirche des Ostens erfolgt, einer eigenständigen orientalischen Kirche, die sich mit dem Konzil von Ephesos 431 von der katholischen Kirche trennte.
Von den 10,5 Millionen Hui-Chinesen konzentriert sich die größte Gruppe im Autonomen Gebiet Ningxia, das seit 1958 von Hui-Chinesen innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas regiert wird.
Innenpolitisch hat die Volksrepublik einige Probleme mit den Uiguren am Westrand des Riesenreiches. Die Uiguren gehören zu den Turkvölkern und sind ebenfalls Moslems. Wegen ihrer Sezessionsbestrebungen verfolgt Peking ihnen gegenüber eine repressive Politik. Die Türkei, die sich als Schirmherr aller Turkvölker sieht, protestierte bereits mehrfach gegen die chinesische Uiguren-Politik.
Chinas Muslim-Problem
Der Vergnügungspark wurde durch Interventionen führender Parteivertreter nicht im Territorium der Uiguren errichtet, sondern der Hui-Chinesen. Diese unterscheiden sich wohl in der Religion von den Han-Chinesen, aber ansonsten kaum, und leben inmitten eines mehrheitlich von Han-Chinesen bewohnten Großraums.
Auch vom Islamischen Staat (IS) wurde die Muslim-Frage Chinas entdeckt. Im vergangenen Dezember veröffentlichter die Dschihad-Miliz ein Lied in Mandarin, das die Muslime Chinas auffordert: „Wacht auf“ und überwinde „ein Jahrhundert der Sklaverei“.
Der Vergnügungspark „World Muslim City“ ist daher sowohl nach außen wie nach innen als politisches Projekt zu sehen, dem chinesischen Islam ein positives Image zu verleihen. In direktem Zusammenhang dazu ist auch das „Weißbuch“ zu sehen, das Staats- und Parteichef Xi Jinping im Januar veröffentlichte, mit dem er detaillierte Pläne vorlegte, den Einfluß Chinas im Nahen Osten zu verstärken.
Direktflüge von Amman und Kuala Lumpur
Der Vergnügungspark befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Flughafen. Direktflüge von Amman und Kuala Lumpur wurden bereits eingerichtet, um das erhoffte muslimische Publikum aus dem Nahen Osten und Südostasien anzuziehen.
Ob die Rechnung eines islamischen Disneyland, das einen Islam Marke Pekinger Regierung zeigt, aufgeht oder nur ein weiterer, teurer und schlecht konzipierter PR-Versuch bleibt, die zahlreichen Defizite des kommunistischen Großreichs zu kaschieren und das Image der bevölkerungsreichsten Diktatur der Welt künstlich aufzupolieren, muß sich erst noch zeigen.
Text: Andreas Becker
Bild: Asianews
Wie schön für die Muslime. Hoffentlich zieht diese Massenveranstaltung nicht die falschen Besucher an, die dann auf die ihnen eigene, etwas verstörende Art nicht nur für einen muslimischen Vergnügungspark, sondern gleich für einen ganzen Islamischen Staat zu werben versuchen.