(Rom) Bischöfe, die zu traditionsverbunden sind, oder in ihren Diözesen die überlieferte Form des Römischen Ritus in einem Maß fördern, das über ein Nischendasein hinausgeht, haben es unter Papst Franziskus nicht leicht.
Das bekam Bischof Mario Oliveri von Albenga-Imperia an der italienischen Riviera bereits zu spüren. Trotz seiner überdurchschnittlichen Verdienste in seiner Diözese wurde er im Januar 2015 von Papst Franziskus entmachtet. Der Papst ernannte den Bischof von Pitigliano-Sovana-Orbetello, Msgr. Gugliemo Borghetti, zum Bischof-Koadjutor von Albenga-Imperia, obwohl Bischof Oliveri bei guter Gesundheit ist und damals erst 70 Jahre alt war.
Der Koadjutor erhielt mit sofortiger Wirkung sämtliche Vollmachten als Diözesanbischof. Bischof Oliveri ist seither faktisch nur mehr „Dekor“.
Im vergangenen April zitierte Papst Franziskus Bischof und Koadjutor getrennt und im Eilweg nach Rom. Wie Savona News berichtete, verlangte der Papst von Bischof Oliveri, abzutreten. Im August soll die Emeritierung erfolgen.
Die Absetzung erfolgt noch nicht im Rahmen des neuen Motu proprio Wie eine liebende Mutter, das erst am kommenden 5. September in Kraft treten wird.
Die Medien wissen von angeblichen Gründen für die Umbesetzung an der Diözesanspitze zu berichten. Gründe, die jedoch mit Vorsicht zu betrachten sind. Genannt werden Probleme mit zwei Priestern der Diözese. Don Francesco Zappella sei in Fälle von sexuellem Mißbrauch verwickelt, Don Angelo Chizzolini sei „ausländerfeindlich“. So behaupten es jedenfalls einige Medien und setzten beide Priester im vergangenen Jahr medialen Kampagnen aus.
Die Anschuldigungen müssen erst geklärt werden und taugen daher nicht für die präventive Amtsenthebung eine Bischofs, sondern vorerst nur für eine unstatthafte Vorverurteilung. Sie taugen auch deshalb nicht, weil dann auch der Koadjutor zurücktreten müßte, der seit über einem Jahr die Verantwortung für die beiden Priester trägt, und die konkreten Fälle bereits dessen Amtszeit betreffen.
Im Augenblick steht lediglich fest, daß mit Hilfe der Medien ein dichter Nebel an Verdächtigungen und Anschuldigungen gestreut wurde, und die Kirche in der Öffentlichkeit unter Anklage steht. Wer aus sicherer Deckung Schmutz schleudert, rechnet damit, daß etwas hängen bleibt.
Bischof Oliveri scheint das Bauernopfer zu sein, um dem Koadjutor einen „Neubeginn“ zu ermöglichen. Wahrscheinlicher ist, daß Bischof Oliveri als traditionsverbundener Oberhirte störte und in einem wenig traditionsgewogenen Klima mit leichter Hand entfernt wird.
Der „vergewaltigende“ Priester
Die plötzliche Eile kam zustande, weil in Uruguay ein Verfahren gegen Don Zappella wegen sexuellen Mißbrauchs eingeleitet wurde. Der Priester war bis 2004 in Uruguay in der Mission tätig. Unter anderem baute er dort ein Waisenhaus und ein Heim für schwererziehbare Kinder und Jugendliche auf. Der ihm zur Last gelegte Vorfall habe sich 2005 in der Mission ereignet.
In Uruguay rollt derzeit eine Skandalwelle über die Kirche hinweg. Mehreren Priestern wird sexueller Mißbrauch von Minderjährigen vorgeworfen. Wieviel davon wahr ist, muß sich erst klären. Den Schaden hat die Kirche durch die mediale Vorverurteilung bereits jetzt. Dabei wird auch der Name Zappellas genannt, was die Sache zum internationalen Fall macht, der wiederum Papst Franziskus persönlich einschreiten ließ.
Don Zappella selbst ging an die Öffentlichkeit und wies alle Anschuldigungen von sich. Er soll damals einen 29jährigen Brasilianer „vergewaltigt“ haben. Don Zappella sagt, das sei die Retourkutsche, weil er den Mann aus einer Unterkunft in Albenga verwiesen und zurück nach Brasilien geschickt habe, nachdem dieser eine Tochter der Gastgeberin belästigt habe. Er selbst sei seit 2004 nicht mehr in der Mission tätig, sondern besuche seither nur einmal im Jahr kurz seine Missionsstation.
Ein italienischer Opferverein ließ 2015 den Brasilianer auf Vereinskosten nach Italien kommen und vom Staatsanwalt vernehmen, um gegen Don Zappella Anklage zu erheben. Zuvor bereits hatte der Verein den Priester in der Sache durch die Medien gezerrt. Das Verfahren wurde Ende 2015 wegen Verjährung archiviert. Darauf präsentierte der Verein im Frühjahr einen neuen Fall, dieses Mal einen psychisch labilen jungen Mann, den Don Zappella zu einem Zeitpunkt sexuell belästigt habe, der noch nicht verjährt wäre.
Mit dem Opferverein arbeitet in der Sache ein Priester der Diözese zusammen. Darin sieht Don Zappella den Grund für die „Kampagne“ gegen ihn: Dieser Priester „neide“ es ihm, daß Bischof-Koadjutor Borghetti ihn zum neuen Caritas-Direktor der Diözese ernannt hat.
Der „ausländerfeindliche“ Priester
Don Angelo Chizzolini kam hingegen als angeblicher „Anti-Einwanderer-Priester“ in die Schlagzeilen. In einer Sendung eines italienischen Privatfernsehsenders wurde er als „Ausländerfeind“ dargestellt. Er habe die Aufnahme von Asylwerbern in seinem Pfarrhaus verweigert und sich ebenso geweigert, eine tote Muslimin zu segnen. Letzteres war die Initialzündung für das negative Medieninteresse an dem Priester.
Bei einem Unglück explodierte im Frühjahr 2015 in einem Wohnhaus eine Gasflasche. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben, darunter auch eine Muslimin. Requiem und Begräbnis fand in der Pfarrei statt. Unter Berufung auf das Kirchenrecht machte der Ortspfarrer Don Chizzolini dabei jedoch einen Unterschied zwischen den getauften Katholiken und der Muslimin. Dafür zeigten einige ganz und gar kein Verständnis und empörten sich darüber bei der Lokalpresse. Von dort gelangte der Fall in die nationale Presse, die den nicht gewährten Segen im Zuge der Refugee-Welcome-Hype zum „unerhörten Skandal“ aufblies.
Angesichts dieser Vorgeschichte war es nicht schwer, denselben Priester im Herbst 2015 zum „Ausländerfeind“ zu stempeln, weil er sich geweigert habe, Asylanten im Pfarrhaus unterzubringen. Eine Anschuldigung, die der Betroffene zurückwies: „Es gibt schlicht und einfach keinen Platz im Pfarrhaus.“
Der Bruder der ums Leben gekommenen Muslimin habe dem Pfarrer gedroht und ihn beschuldigt „Teil des Hasses“ zu sein. Der Priester erstattete gegen anonyme Flugblätter mit beleidigenden Schmähparolen Anzeige. Die Ermittlungen sind noch im Gange.
Don Chizzolini gehört zu jenen Priestern des Bistums, die in beiden Formen des Römischen Ritus zelebrieren.
Kurz nachdem der Bischof-Koadjutor vom Besuch bei Papst Franziskus zurückkehrte, mußte Don Chizzolini die drei Pfarreien abgeben, die er betreute. Über eine neue Aufgabe, „werde er in Ruhe entscheiden“, so der Koadjutor. Don Chizzolini wurde Schweigen zur Sache auferlegt. Es solle Ruhe in die Sache kommen, heißt es im Ordinariat.
Auch Bischof Oliveri scheint nun im Zuge einer vom Papst persönlich gewünschten „Beruhigungsaktion“ abtreten zu müssen, obwohl ihn persönlich weder im einen noch im anderen Fall eine persönliche Schuld trifft. „Was für ein Zufall, daß es sich dabei genau um den traditionsfreundlichsten Diözesanbischof Italiens handelt“, so Messa in Latino.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: IVG (Screenshot)
Und wann „emeritiert sich“ Papst Franziskus?