(Washington) Die amerikanische Nachrichtenseite LifeSiteNews stellte eine kleine Anthologie von Reaktionen führender US-amerikanischer, katholischer Autoren und Journalisten auf das Apostolische Schreiben Amoris Laetitia zusammen. Dabei traf die Nachrichtenseite die Feststellung, daß die Zahl der Kritiker zunehmend größer werde. Es falle vor allem die Zurückhaltung auf, mit der Lob und Kritik vorgetragen werden. Es handle sich nicht um eine Knüppelschwingerei impulsiver oder ideologischer Kräfte, sondern um bedrückende Ernüchterung unter gläubigen Katholiken, die ihren Papst verteidigen möchten, es aber aufgrund des von ihm selbst vorgelegten Textes nicht können.
Die positiven Elemente des nachsynodalen Schreibens würden von den katholischen Autoren zwar betont und hervorgehoben, doch das explosive achte Kapitel können sie nicht übergehen. Zahlreiche von LifeSiteNews berücksichtigte Autoren hatten in der Vergangenheit die Zweideutigkeiten in den Worten und Gesten von Franziskus wohlwollend zu interpretieren versucht. Eine Linie, die gegenüber Amoris Laetitia schwerfalle.
„Es besteht der Eindruck, daß die päpstliche Exhortatio einen epochalen Wandel in der Welt des katholischen Journalismus anzeigt“, so LifeSiteNews.
In den vergangenen drei Jahren hätten sich zahlreiche der katholischsten Autoren viel Mühe gegeben, um Papst Franziskus im Licht der überlieferten Lehre der Kirche zu erklären und zu interpretieren. Die ständigen Diskussionen und endlosen Hinweise, Mails, Facebook- und Twitter-Einträge nach jeder Stellungnahme von Franziskus über das, „was der Papst wirklich gesagt hat“, habe unter katholischen Publizisten für Ernüchterung und Ermüdung gesorgt.
„Nicht wenige von ihnen fragen sich, warum sie das alles tun müssen, um den Papst richtig zu verstehen und um ihn richtig zu interpretieren“ im Licht der katholischen Lehre. Warum müsse soviel Zeit und Energie darauf verwendet werden? Wäre es nicht angemessener, wenn der Papst verständlicher und klarer sprechen und schreiben würde? Warum fällt das dem amtierenden Papst so schwer, wo es seinen Vorgängern doch ziemlich leicht gefallen ist? Geht man in die Zeit vor das Konzil zurück, dann herrschte sogar eine glasklare Sprache, die jeder Gläubige auch ohne einen Troß von „Übersetzern“ und Interpreten verstehen konnte. Wie könne es also nun sein, daß Katholiken in ganz zentralen Punkten zu einem päpstlichen Dokument zu ganz unterschiedlichen Auslegungen gelangen? Habe das nicht doch vielleicht mehr mit dem Papst selbst als mit den Medien oder den äußeren Umständen zu tun?
Katholischen Autoren dämmere, was sie bereits seit längerem befürchtet haben, daß nämlich die Verwirrung ein Wesensmerkmal dieses Pontifikats ist. Daß sie nicht etwas Zufälliges, sondern eine Konstante darstellt. Damit stelle sich auch die Frage: Warum das so sei und welches Ziel damit angestrebt werde.
Robert Royal – The Catholic Thing
„Wegen aller seiner Hinweise auf das Gegenteil auf diesen vielen Seiten scheint Franziskus mehr daran interessiert, den Menschen Trost zu spenden, als sie zur wirklichen Umkehr zu dem zu führen, was Christus in aller Klarheit über die Ehe gelehrt hat. Newman hatte auch das bereits gesehen: ‚Jene, die den Trost zum Hauptzweck ihrer Predigt machen, scheinen das Ziel ihres Amtes zu verwechseln. Die Heiligkeit ist das eigentliche Ziel. Hier müssen ein Kampf und Prüfung stattfinden. Der Trost ist eine Herzlichkeit, doch niemand trinkt von morgens bis abends Herzlichkeiten.‘“
Phil Layler – Catholic Culture
Amoris Laetitia ist kein revolutionäres Dokument, es ist subversiv … Leider wird sich das caveat [Vorbehalt] gegenüber Kardinal Schönborn wie auch dem Großteil der spezifischen Botschaft des Papstes in der Diskussion über Amoris Laetitia auflösen. Unvermeidlich wird die Botschaft des Papstes, so wie sie zu den katholischen Gläubigen gelangt, nur in einer vereinfachten Form verstanden werden: als grünes Licht für die Geschiedenen/Wiederverheirateten die Kommunion empfangen zu können. Die Priester, die ohnehin bereits überbereit sind, die Wünsche der wiederverheirateten geschiedenen Katholiken zu erfüllen, werden sich in ihrer Haltung bestätigt fühlen. Jene, die von den Priestern mehr wollen und auch darum bitten – zum Beispiel die Bereitschaft, den Christen bei ihrem Wachstum auf dem Weg zur Heiligkeit zu helfen – werden isoliert und geschwächt sein.“
P. James Schall – Catholic World Report
„Es fällt schwer, diesen Abschnitt anders zu bezeichnen als als Beispiel einer ausgeklügelten Kasuistik. Jede Anstrengung wird unternommen, um zu rechtfertigen oder Verständnis dafür aufzubringen, daß jemand in einer solchen Situation nicht wirklich dafür verantwortlich ist. Ob es sich um Ignoranz, Leidenschaft oder Verwirrung handelt, wir werden ermahnt, über niemanden zu urteilen und jeden anzunehmen und jede nur denkbare Anstrengung zu unternehmen, damit jeder sich in der Kirche zu Hause und die Kirche ihm nahe fühlt. Die Aufmerksamkeit gilt besonders den passiven Opfern, die die Ungerechtigkeit der Scheidung erdulden müssen, und vor allem den Kindern. Das Schwergewicht liegt jedoch auf der Barmherzigkeit und dem Mitleid. Gott vergibt bereits alles, weshalb auch wir das tun sollen. Die intellektuelle Präzision, die der Heilige Vater gebraucht, um das Schuldgefühl zu rechtfertigen oder abzuschwächen, wird wie folgt dargelegt: Das Gesetz kann sich nicht ändern, aber die ‚Gradualität‘, die das Scheitern in der Einhaltung des Gesetzes verständlich macht, braucht Zeit und Geduld.
Wenn wir aber die Summe von allem ziehen, dann scheint es oft, daß der Effekt dieses Ansatzes zur Schlußfolgerung führt, daß es gar nie eine „Sünde“ gegeben habe. Alles findet irgend einen entschuldigenden Grund. Wenn diese Schlußfolgerung korrekt ist, brauchen wir dann wirklich Barmherzigkeit, die keine andere Bedeutung hat außer für die aktuelle Sünde und deren kostenlose Anerkennung. Mit diesem Ansatz entfernt man sich von der Reue für die Sünden und wird aufgefordert, sich bewußt zu werden, daß eigentlich gar niemand je wirklich gesündigt habe.“
RR Reno – First Things
Wenn es darum geht, jenen eine pastorale Antwort zu geben, die durch die sexuelle Revolution verletzt, geschädigt und deformiert sind, so fürchte ich, repräsentiert Franziskus eine technologisch spiritualisierte Mentalität. In dieser Apostolischen Exhoratio gebraucht er, angesichts der theologischen Grenzen seiner Vision einer barmherzig inspirierten Evangelisierung, die hypersubjektive Logik der Moderne. Das kann zu keinem guten Ende führen, weil es uns dazu verleitet, zu meinen, daß man unser christliches Erbe zu beherrschen und in missionarischere Formen umzuformen habe.
P. George Rutler – Crisis Magazine
„Viel, vielleicht zuviel wurde bereits über diese Apostolische Exhortatio gesagt, in denen häufig mehr über die Kommentatoren ausgesagt wird. Es stimmt, daß sich in ihr eloquente Teile finden, zum Großteil handelt es sich aber um Zitate Gottes und des Heiligen Paulus. (…) Umgekehrt finden sich eine Menge Gongs und Tschinellen, die in den zahlreichen Widersprüchen der Diktion der Exhortatio aufeinanderprallen. Die Bekräftigung von Humanae vitae stellt den Text in die heilige Tradition. Es gibt aber auch die wirre Behandlung der moralischen Schuld, die fast der neuralgischen Interpretation der Theorie von der „Grundoption“ beipflichtet, die vom heiligen Johannes Paul II. verworfen wurde (Veritatis splendor, 65, 67). Das wurde bereits zuvor von einer formalen Erklärung des Heiligen Stuhls behandelt: ‚In der Tat, es ist die Grundentscheidung, die letztlich die sittliche Verfassung des Menschen bestimmt. Sie kann jedoch auch durch Einzelhandlungen grundlegend geändert werden, vor allem dann, wenn diese – wie es häufig der Fall ist – bereits durch vorausgehende, weniger entschiedene Handlungen vorbereitet werden. Auf jeden Fall ist es nicht wahr, daß nicht eine einzige dieser Handlungen ausreichen könnte, um eine schwere Sünde zu begehen.‘ (Persona humana, 29. Dezember 1975, 10).“
Carl Olson – Catholic World Report
„Aus irgendeinem Grund scheint Franziskus zu denken, daß die vergangenen Jahrzehnte durch einen ebenso gnadenlosen wie von Paragraphenreiterei besessenen dogmatischen Rigorismus geprägt waren und unzählige unschuldige oder fast unschuldige Katholiken aus Kälte und Herzlosigkeit zur Flucht aus der Kirche getrieben wurden. Eine solche Sicht der Dinge ist, um es gelinde auszudrücken, bedenklich und problematisch. Der von ihm, leider, häufig vermittelte Eindruck ist, daß jeder Hinweis auf objektive moralische Kriterien zu Handlungen und Beziehungen dazu bestimmt sei, rasch in eine harte und lieblose Verurteilung zu degenerieren. Da hilft auch nicht die Tatsache, daß Franziskus scheinbar mit einigen seiner Argumente und den Quellen Hin und Her spielt.“
Eduardo Echeverria – Catholic World Report
„Es gibt drei bedeutungsvolle Probleme mit dem Kapitel, das sich „Die Zerbrechlichkeit begleiten, unterscheiden und eingliedern“ [Achtes Kapitel von Amoris Laetitia] nennt, vor allem im Licht von Veritatis splendor.“
Matthew Schmitz – First Things
„Hier geschieht etwas Seltsames. Der Aquinat sagt, daß jedes menschliche Wesen dazu bestimmt sei, angenehm mit den Menschen um ihn herum zusammenzuleben. Franziskus ließ aber die zweite Hälfte des Satzes weg. Das halbe Zitat des Aquinaten charakterisiert den Stil von Franziskus in Amoris Laetitia. Die Hälfte der christlichen Tradition wird einfach weggelassen, und so gehen die grundlegende Modalität und die entscheidende Spannung verloren. Die Liebe Gottes ist da, aber die Gottesfurcht, das entsetzliche Bewußtsein, daß wir verantwortlich sind für unsere Seelen, ist es nicht. Diese Auslassung ist gewollt.“
Ed Peters – In The Light of the Law
„In Amoris Laetitia 297 schreibt Franziskus: ‚Niemand darf auf ewig verurteilt werden, denn das ist nicht die Logik des Evangeliums!‘ Ganz im Gegenteil entspricht es gerade der Logik des Evangeliums, daß man auf ewig verdammt werden kann. Katechismus der Katholischen Kirche 1034–1935. Wenn man es so meint, zum Beispiel, daß durch eine weltliche Autorität ‚auf ewig verurteilt‘ werden kann, dann stimmt es. Jenen, die im öffentlichen und ständigen Ehebruch leben, die Heilige Kommunion zu verweigern, ist aber keine solche Verurteilung, weshalb dieser Punkt wenig klar ist.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Diese Exhortatio wird in der Wirkung dem „Geist des Konzils“ den Rang ablaufen. Eine sichtbare Kirchenspaltung ist unwahrscheinlich, weil verdächtig auffällig.
Hoffentlich kommt bald die Einigung mit den Piusbrüdern.
Die Aussagen in §297 stehen in kompletten Widerspruch zu der wahrscheinlich knackigste häretische Aussage die bis jetzt aus einer Predigt im domus Santa Marta bekannt wurde:
wie mündlich berichtet wurde (und dann im Net weiterpubliziert wurde) wurde dort sehr temperamentvoll verkündet, daß “ die Seelen von denjenigen die verdammt werden,..VERNICHTET WERDEN“.
Von der Hölle war plötzlich nicht mehr die Rede, sicher nicht von der Allmacht Gottes- sed Deus est qui iudicat!- sondern tatsächlich von der absoluten Vernichtung.
Dies wurde von der Hl. Kirche noch nie gepredigt und steht auch nicht in der Hl. Schrift.
Viel eher scheint mir dies inspiriert von Star Wars und ähnlichen Filmen.
Die Franziskus„perlen“ wurden übrigens auf einer religiösen Website dann sehr schnell „Franziskuspillen“ (und dann überhaupt nicht mehr so genannt- die Assoziation mit „Giftpillen“ liegt vor der Hand und von „F.-Handgranaten“ will man dort sicher auch nicht reden).
Die innere Zensurmaßnahmen und die Filtrierung von Information im Vatikan ist in diesen Zeiten gewaltig.
Und geschwiegen und geschwitzt wird in unglaublichem Maße.
Übrigens: um etwaige Kommentare vorzubeugen, daß all dies Gesagte nun nicht direkt die Verkündigung des Lehramts ist:
Wie man hörte, hat Franziskus selbst, angesprochen auf diese kritische Abwägung, (beim Verlassen des domus Santa Marta) zugeraunt, daß „…natürlich alles was ein Papst sagt, zum Lehramt gehört“.
Buon pranzo!
Wenigstens deutlich: kein Stab oder Stecken (Ps.23), sondern ein dicker Knüppel und dann die Bastonnade.
Peron pur.