(Rom) Der Kampf der römischen Ordenskongregation gegen den Orden der Franziskaner der Immakulata geht in eine neue Runde. Am vergangenen 2. März erstattete der Rechtsbeistand des Ordensgründers und vom Vatikan abgesetzten Generaloberen, Pater Stefano Maria Manelli, Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft von Avellino.
Der von ihm in den 1970er Jahren gegründete und 1990 vom Heiligen Stuhl anerkannte Orden kehrte zur ursprünglichen Franziskanerregel zurück und folgte Papst Benedikt XVI. auch liturgisch. Er wechselte nach dem Motu proprio Summorum Pontificum ordensintern zum überlieferten Ritus, während er in der Pfarrseelsorge in beiden Formen des Römischen Ritus die Sakramente verwaltete. Damit stellte der Orden eine absolute Ausnahme dar, weil er als einziger altritueller Orden der Ordenskongregation und nicht der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstand. Was unter Papst Benedikt XVI. besondere Dynamik zu gewinnen schien, weil die Franziskaner der Immakulata anderen neurituellen Orden ein attraktives Vorbild als altritueller und zugleich missionarischer Orden wurden, kehrte sich unter Papst Franziskus in das genaue Gegenteil. Nun fehlte der Schutz der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften.
Verleumdungskampagne gegen Franziskanerinnen der Immakulata
Rechtsanwalt Enrico Tuccillo hinterlegte vor zwei Wochen Anzeige wegen Verleumdung und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Damit wehrt sich der Ordensgründer im Namen seiner Brüder und Schwestern gegen eine anhaltende „Verleumdungskampagne“, die sich zuerst gegen den männlichen und inzwischen auch gegen den weiblichen Zweig des Ordens richtet. Am 4. November 2015 veröffentlichte der Corriere della Sera unter Berufung auf direkte oder indirekte Aussagen von „Betroffenen“ einen Revolverartikel mit Schauergeschichten über die Franziskanerinnen der Immakulata. Ähnliche Verleumdungskampagnen fanden in der Vergangenheit bereits gegen andere Ordensgemeinschaften statt und hatten ihre Ursache meist im innerkirchlichen Richtungsstreit. Massenmedien stellten sich progressiven Kreisen jeweils als bereitwillige Helfer zur Verfügung.
Die Ordenskongregation reagierte mit der Einsetzung einer Apostolischen Kommissarin und begründete diesen Schritt sogar, anders als bei der kommissarischen Verwaltung des männlichen Zweiges im Juli 2013. Den Schwestern wird vorgeworfen, daß es ihnen „nicht gelungen ist, die Reichtümer der Konzilslehre und des folgenden päpstlichen Lehramtes in ihrem geweihten Leben auf angemessene Weise zu assimilieren und im Kontext ihres apostolischen Leben und Auftrags anzuwenden“.
Ordensinterne Aufrührer gegen Pater Manelli erhalten einen Namen
Mit der Anzeige erhalten nun die ordensinternen Gegner, die in Zusammenarbeit mit der römischen Ordenskongregation die Knebelungsaktion gegen die Franziskaner der Immakulata ausgelöst und vorangetrieben haben, einen Namen. Rom nannte bis heute keine offiziellen Gründe für den radikalen Eingriff in eine blühende Ordensgemeinschaft, die in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung unter den katholischen Orden darstellte. Behauptet wurde jedoch von verschiedener Seite, daß die Ordenskongregation nur aufgrund eines (Hilfe-) Schreibens von Ordensangehörigen an dieses römische Dikasterium reagiert habe. Die Namen der ordensinternen Gegner von Ordensgründer Pater Manelli wurden jedoch offiziell nie namentlich benannt. Das Schreiben gibt es tatsächlich. Weniger glaubwürdig ist, daß es der entscheidende Auslöser für das Eingreifen der Kongregation war. Der Orden war der Ordenskongregation und anderen Ordensoberen schon länger ein Dorn im Auge. Unter Benedikt XVI., der den Franziskanern der Immakulata wohlwollend gegenüberstand, wagte sich Kardinal Braz de Aviz, Präfekt der Ordenskongregation, aber nicht gegen den jungen Orden vorzugehen. Unter Papst Franziskus, der aus seiner Abneigung gegen den überlieferten Ritus bald nach seiner Wahl kein Hehl machte, änderten sich die Voraussetzungen grundlegend.
Mit der Anzeige von Pater Manelli liegen nun Namen auf dem Tisch. Das sei ein „nicht leichtfertig getroffener Schritt, der zum Schutz der vielen Ordensbrüder und Ordensschwestern aber notwendig geworden ist“, so der Rechtsanwalt.
Drei Schwestern, sechs Priester und zwei Laien angezeigt
Die Anzeige richtet sich gegen die drei Ordensschwestern oder ehemaligen Ordensschwestern Lattanzi, Turturiello und Iovine, gegen sechs Priester und zwei Laien. Unter den Priestern befindet sich auch Pater Alfonso Bruno, der als eigentlicher Urheber und Kopf des Aufstandes gegen den Ordensgründer gilt. Pater Bruno gehörte bereits der vom Vatikan abgesetzten Ordensleitung an und wurde unter dem Apostolischen Kommissar, Pater Fidenzio Volpi, zu dessen rechter Hand und als Generalsekretär faktisch zum neuen ranghöchsten Ordensangehörigen. Zur Anzeige gebracht wurde auch Pater Alessandro Calloni, der seit der kommissarischen Verwaltung Generaldelegierter des Ordens für Italien ist.
Die beiden Laien sollen sich der Verbreitung „anonymer Dossiers mit falschem Inhalt“ schuldig gemacht haben, um die abgesetzte Ordensleitung, die einem strengen Armutsgelübde verpflichtet war, unter den Brüdern und Schwestern, den Gläubigen, gegenüber der kirchlichen Autorität und besonders den Medien zu diskreditieren. „Nicht zufällig haben dieselben Subjekte heute führende Positionen im Orden inne“, heißt es in der Anzeige.
„Zwar beeindruckendes und berührendes, aber falsches Zeugnis“
Zur Anzeige gebracht wurde beispielsweise Ilaria Turturiello (ehemalige Schwester Maria Letizia), weil sie den Medien ein „zwar beeindruckendes und berührendes, aber falsches Zeugnis“ über angeblichen Mißbrauch lieferte, den sie angeblich erlitten habe. Sie sei, so ihre Behauptung, von ihrer Oberin, einer Nichte von Ordensgründer Pater Manelli, gedrängt worden, einen Supermarkt-Besitzer sexuell zu befriedigen. Die Oberin erstattete ebenfalls eine Gegenanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung.
Die ehemalige Ordensfrau lieferte den Medien auch die Geschichte einer „armen Mitschwester“, von der sie ebenfalls schlüpfrige Schauergeschichten zu berichten wußte, die von einigen Medien mit Genuß breitgetreten wurden. Diese „Mitschwester“ meldete sich darauf in den Medien zu Wort und dementierte die Behauptungen Turturiellos.
Mit der Gegenanzeige von Ordensgründer Manelli müssen nun die Karten auf den (Richter-) Tisch gelegt werden.
Die Schmutzkampagne des Corriere della Sera und anderer Medien vom vergangenen November wurde damals von Messa in Latino kommentiert. Die traditionsverbundene Seite stellte das harte Eingreifen gegen diesen Orden, „der sich nichts zuschulden kommen hat lassen“ den Mängeln und Gebrechen in anderen Orden entgegen, wo die Ordenskongregation keinen Anlaß zum Eingreifen sieht:
„Die Moral der Geschichte? Die neue Botschaft Roms an die Orden scheint zu lauten: ob ihr Unzucht treibt, lügt, stehlt, betrügt, Glaubenswahrheiten und Dogmen leugnet, die kirchliche Ordnung zerrüttet und liturgischen Mißbrauch fördert, ist egal, Hauptsache ihr rührt das Zweite Vatikanische Konzil und die ‚Errungenschaften‘ der Nachkonzilszeit nicht an.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Airmaria (Screenshot)