
(Rom) Er gibt täglich eine Pressekonferenz und steht vor allem bei jenen auf Pastoralreisen neben dem Papst, weshalb sein Gesicht und seine Stimme allen beim Vatikan akkreditierten Journalisten vertraut ist. Bald wird man sich jedoch an ein neues Gesicht an der Seite des Papstes gewöhnen müssen. Pater Federico Lombardi SJ, seit 2006 Leiter des vatikanischen Presseamtes und damit als Vatikansprecher, wird demnächst von seinem Amt abgelöst. Im August 2017 wird der Jesuit sein 75. Lebensjahr vollenden. Sein Rückzug aus den Ämtern hat aber bereits begonnen.
Piemontese und Jesuit wie Papst Franziskus
Pater Lombardi entstammt einer piemontesischen Familie wie Papst Franziskus. Wie dieser gehört er auch dem Jesuitenorden an. 1942 in Piemont geboren und in Turin aufgewachsen, trat er 1960 in den Orden des heiligen Ignatius von Loyola ein. Diesem gehörte bereits sein Onkel, Pater Riccardo Lombardi, an, ein unermüdlicher Volksmissionar, der deshalb das „Mikrophon Gottes“ genannt wurde. Sein Großvater Luigi Lombardi (1867–1958) war ein international renommierter Universitätsprofessor für Elektrotechnik und Vorsitzender der Internationalen Elektrotechnischen Kommission IEC, Mitglied zahlreicher in- und ausländischer wissenschaftlicher Institutionen, darunter der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Mit seiner Emeritierung wurde er als Senator auf Lebenszeit zum Mitglied des Italienischen Parlaments ernannt. Eine Würde, die ihm nach Kriegsende, wie allen während der Zeit des Faschismus ernannten Senatoren, allerdings durch einen Sondergerichtshof wieder aberkannt wurde.
Federico Lombardi studierte Mathematik und Theologie, mehrere Jahre davon an der Jesuitenhochschule in Frankfurt am Main, und wurde 1972 zum Priester geweiht. Bis 1977 gehörte er der Redaktion der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica an, zuletzt als stellvertretender Schriftleiter. Nach einer Amtszeit als Provinzial der italienischen Jesuitenprovinz wurde er 1990 Programmdirektor von Radio Vatikan, 2001 Generaldirektor des vatikanischen Fernsehzentrum CTV, 2005 auch Generaldirektor von Radio Vatikan und 2006 schließlich auch Leiter des Presseamtes des Heiligen Stuhls. Mit Ausnahme des Osservatore Romano und des Vatikanverlages konzentrierte Lombardi mehrere Jahre hindurch in seinen Händen die gesamte Öffentlichkeitsarbeit des Heiligen Stuhls. 2008 wurde er zudem zu einem der vier Generalassistenten des Generaloberen des Jesuitenordens gewählt.
Schrittweiser Rückzug
Wenige Tage vor dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. gab er die Generaldirektion des CTV an den Mailänder Priester und Kommunikationswissenschaftler Dario Edoardo Viganò ab, den Papst Franziskus im Juni 2015 zum ersten Präfekten des neuerrichteten Kommunikationssekretariats des Heiligen Stuhls ernannte.
Seit vergangenem 1. Februar wurde Lombardi der US-Amerikaner Greg Burke als neuer stellvertretender Vatikansprecher zur Seite gestellt. Burke löste den Passionisten Pater Ciro Benedettini aus San Marino als Vize-Direktor des Presseamtes ab. Damit verdichteten sich die Stimmen um eine Ablöse von Pater Lombardi. Daß der dem Opus Dei angehörende Greg Burke Vatikansprecher werden dürfte, wird gemutmaßt, steht aber noch nicht fest.
Gestern wurde im Tagesbulletin des Presseamtes ein Wechsel an der Spitze von Radio Vatikan bekanntgegeben. Verwaltungsdirektor Alberto Gasbarri wird zum Monatsende pensioniert. Im Bulletin wurde aber auch das gleichzeitige Ausscheiden von Pater Lombardi angekündigt. Wörtlich hieß es: „Anläßlich des bevorstehenden Dienstendes des Generaldirektors P. Federivo Lombardi SJ bei Radio Vatikan.“
Dikasterienleiter Viganò ernannte Giacomo Ghisani ad interim zum neuen Verwaltungsdirektor des vatikanischen Radiosenders. Ein Nachfolger Lombardis wurde noch nicht benannt. Der gesamte Kommunikationsbereich des Heiligen Stuhls wird derzeit unter dem Dach des neuen Kommunikationssekretariats zusammengefaßt und neu geordnet.
Lombardi bleibt vorerst Leiter des Presseamtes des Heiligen Stuhls und damit auch Vatikansprecher. Die Zeichen stehen jedoch auf Wechsel.
„Er vermittelte mir nicht den Eindruck, ein außergewöhnlicher Pressesprecher des Heiligen Stuhls zu sein, allerdings ist das – was anerkannt werden muß – auch keine leichte Aufgabe in einer Zeit der vielen Präzisierungen, Richtigstellungen, Dementi und notwendigen Interpretationen, zu denen er gezwungen ist. Damit verliert selbst der Beste an Glaubwürdigkeit. Er ist 73 Jahre alt und könnte daher noch einige Zeit im Amt bleiben. Vielleicht bat er aber selbst um seine Entbindung“, so der spanische Kolumnist und bekannte katholische Blogger Francisco Fernandez de la Cigoña.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)
Pater Lombardi hatte es denn insbesondere nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. auch nicht leicht. Der gewöhnungsbedürftige Handlungsstil von Papst Franziskus forderte Einiges an Improvisationsbereitschaft. Der Vatikanist Sandro Magister zitierte Pater Lombardi im Artikel „Pater Lombardi, der Wahrheitsmund“:
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„Es war unglaublich. Benedikt war so klar. Er sagte: ‚Wir haben über diese Dinge gesprochen, in diesen Punkten stimme ich überein, zu diesen anderen Punkten habe ich Einsprüche, das Ziel unserer nächsten Begegnung wird das sein‘. Zwei Minuten und mir war der Inhalt des Gesprächs völlig klar. Von Franziskus bekomme ich zu hören: ‚Das ist ein kluger Mann; der hat diese interessanten Erfahrungen gemacht‘. Die Diplomatie ist für Franziskus keine Strategie, sondern vielmehr: ‚Ich habe diese Person getroffen, jetzt haben wir einen persönlichen Bezug, versuchen wir nun Gutes für die Menschen und die Kirche zu tun‘.“
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Pater Lombardi, hat bestimmt auf den Tag gewartet, von diesem Amt als Vatikansprecher von Radio Vatikan erlöst zu werden. Seinem Gesicht konnte man ablesen, wie unglücklich ihn diese Aufgabe gemacht hat. Das ewige Ausbügeln der unkontrollierten Aussagen und Handeln von Franziskus, bestimmt oft gegen seine eigene Auffassung, zehren nicht nur an Nerven und Gesundheit, sondern auch an seinem subjektiven Empfinden.