
von Roberto de Mattei*
Der Family Day vom vergangenen 30. Januar brachte die Existenz eines anderen Italiens ans Licht, das sich deutlich von jenem relativistischen und pornomanischen unterscheidet, das uns von den Medien als einzige Wirklichkeit präsentiert wird.
Das Italien des Family Day ist jener Teil des Volkes, deutlich größer als man es sich laut Medien denken hätte können, der jenen treu geblieben ist, die Benedikt XVI. als „nicht verhandelbare Werte“ bezeichnete, oder diese Werte in den vergangenen Jahren wiederentdeckt und zurückerobert hat: das Leben, die Familie, die Erziehung der Kinder, in der festen Überzeugung, daß sich eine wohlgeordnete Gesellschaft nur auf diesen Pfeilern gründen kann.
Das Italien des Family Day stellt sich antithetisch gegen das Italien des Gesetzentwurfes Cirinnà , der den Namen der Senatorin Monica Cirinnà (Linksdemokraten) trägt, mit dem die Ehe zwischen Homosexuellen und das Adoptionsrecht für Homosexuelle eingeführt werden sollen. Das Italien des Family Day ist nicht nur ein Italien, das die Institution Familie verteidigt. Es ist auch ein Italien, das sich den Feinden der Familie entgegenstellt, angefangen bei den Aktivistengruppen, die unter dem Vorwand des Cirinnà ‑Entwurfes dem Land eine pansexualistische Ideologie und Praxis aufzwingen wollen.
Wer auf katholischer Seite schwächelt

Diese Minderheit wird von der Europäischen Union, von den marxistisch-illuministischen Lobbys und den Freimaurereien der verschiedenen Ebenen und Grade getragen, genießt aber auch die Sympathie und das Wohlwollen von einem Teil der Bischöfe und der katholischen Bewegungen. In diesem Sinn ist das Italien des Family Day weder das Italien von Msgr. Nunzio Galantino, dem Sekretär der Italienischen Bischofskonferenz, noch von Vereinigungen wie Comunione e Liberazione (CL), Fokolarbewegung oder Charismatische Gemeindeerneuerung, die am 30. Januar im Circus Maximus gefehlt haben.
Msgr. Galantino versuchte mit allen Mitteln die Kundgebung zu vermeiden. Da es ihm unmöglich war, die Mobilisierung zu stoppen, wollte er sie auf ein anderes Ziel ausrichten, das Riccardo Cascioli (Nuova Bussola Quotidiana) am 1. Februar wie folgt beschrieb: „zu einem Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften zu gelangen, die sie von der auf die Ehe zwischen Mann und Frau gegründeten Familie unterscheidet und die Adoption ausklammert. Mit anderen Worten: die Italienische Bischofskonferenz will den DICO [gescheiterter Gesetzentwurf „über das Zusammenleben“ von 2007], gegen den sie vor acht Jahren noch gekämpft hat“. Der erste Family Day von 2007 war von den italienischen Bischöfen gegen den DICO gefördert worden, der richtigerweise als Einfallstor zur homosexuellen Pseudo-Ehe erkannt wurde. Heute heißt es hingegen, man müsse die eingetragenen Partnerschaften akzeptieren, um die sogenannte „Homo-Ehe“ zu vermeiden.
Die Papst-Vertrauten
Dies behauptet unter anderen Msgr. Marcello Semeraro, der Bischof von Albano, in einem Interview: „Grundsätzlich habe ich nichts dagegen einzuwenden, daß man in öffentlicher Hinsicht diesen Verbindungen eine rechtliche Form gibt. Mir scheint, daß die Reaktion das Thema der Zeugung betrifft, die Adoptionen, und nicht die öffentliche Anerkennung der Verbindungen. Wichtig ist, daß sie nicht der Realität der Ehe gleichgesetzt werden.“ Und um jegliches Mißverständnis zu vermeiden, fügte er noch hinzu: „Ein Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften kann man ohne weiteres machen.“ (Corriere della Sera, 31. Januar 2016).
Der Standpunkt ist eindeutig: Nein zu Adoptionen für Homosexuelle, ja zur Anerkennung von homosexuellen Verbindungen unter der Bedingung, daß man sie nicht offiziell Ehe nennt. Wenn aus dem Gesetzentwurf Cirinnà einige Elemente gestrichen würden, die die homosexuellen Partnerschaften der Ehe in allem gleichsetzen, dann könnte ihm ein Katholik also zustimmen. So jedenfalls die Meinung von Msgr. Semeraro, der – wie Msgr. Galantino – ein Vertrauensmann von Papst Franziskus ist.
Papst Franziskus? „Offensichtliche Abwesenheit und fühlbare Kälte“
Damit stellt sich einem spontan die Frage: Und welchen Standpunkt nimmt der Papst dazu ein? Antonio Socci erinnerte in der Tageszeitung Libero vom 31. Januar an die „offensichtliche Abwesenheit und die fühlbare Kälte“ von Papst Franziskus, der dem Family Day nicht einmal einen Gruß zukommen ließ und die Veranstaltung weder bei der Audienzansprache am Samstagmorgen noch beim Angelus am Tag danach auch nur erwähnte. Wie ist dieses Schweigen zu beurteilen in dem Moment, wo die italienische Regierung und das Parlament sich daranmachen, unserem Land eine moralische Wunde zuzufügen?
Dabei hat die Glaubenskongregation erklärt, daß die Homosexualität keinerlei Anerkennung reklamieren kann, weil das, was in den Augen Gottes ein Übel ist, nicht gesellschaftlich als richtig zugelassen werden kann (Kongregation für die Glaubenslehre: Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die Seelsorge für homosexuelle Personen, 1. Oktober 1986).
Das Italien des Family Day, das dieses Dokument im Gegensatz zum Papst vielleicht nicht kennt, hat dennoch am 30. Januar nur mit dem bloßen Hausverstand sein klares und eindeutiges Nein nicht nur zur sogenannten stepchild adoption formuliert, sondern auch zum Cirinnà ‑Entwurf. Was die Menschen dachten, die den Circus Maximus füllten, wurde an der Lautstärke des Applauses deutlich, der die kräftigsten Wortmeldungen einiger italienischer und ausländischer Redner begleitete, darunter die Rede von Seljka Markic, der Vorsitzenden der Bürgerinitiative, die in Kroatien das Referendum initiierte, mit dem das Volk die eingetragenen Partnerschaften ablehnte und drei Monate später den Ministerpräsidenten zu Fall brachte.
Marsch für das Leben und Manif pour tous als Initialzündung für neue Bewegungen in Europa

Es ist objektiv anzuerkennen, daß der Marsch für das Leben, der seit 2011 auch in Italien stattfindet, das Eis im Land gebrochen hat. Damit wurde ein Komplex überwunden, der auf der italienischen Lebensrechtsbewegung lastete: die Vorstellung, daß es unmöglich oder sogar kontraproduktiv sei, eine große Straßenkundgebung zur Verteidigung des Lebens durchzuführen. Im Gefolge des Marsches für das Leben und der französischen Manif pour tous entstand der Family Day mit dem Ziel, die größtmögliche Breitenwirkung zu erzielen und daher in seinem Inneren auch ganz unterschiedliche Strömungen zu sammeln, manche kompromißlos, andere eventuell kompromißbereit. Der Grund für den zahlenmäßigen Erfolg liegt damit zu einem Teil auch in dieser Schwäche an Substanz und Perspektiven.
Der gerade stattfindende Kampf ist nicht politisch, sondern kulturell, und man gewinnt ihn nicht so sehr durch die Massenmobilisierung, sondern durch die Stärke der Ideen, die man dem Gegner entgegensetzt. Es ist ein Kampf zwischen zwei unterschiedlichen Weltsichten, die beide auf einigen zentralen Fundamenten ruhen. Wenn es eine absolute Wahrheit gibt und ein absolut Gutes, das Gott ist, dann ist kein Nachgeben möglich. Die Verteidigung der Wahrheit muß notfalls bis zum Martyrium erfolgen.
Das Wort Märtyrer bedeutet Zeuge der Wahrheit sein, und heute gibt es, neben dem blutigen Martyrium in vielen Teilen der Erde auch ein unblutiges, aber nicht weniger schreckliches Martyrium, das durch mediale, juridische und psychologische Waffen zugefügt wird mit der Absicht, die Verteidiger der natürlichen und christlichen Ordnung lächerlich zu machen, zum Schweigen zu bringen und wenn möglich sogar einzusperren.
Taubira zurückgetreten – Den Kampf fortsetzen

Deshalb erwarten wir uns vom „Komitee zur Verteidigung unserer Kinder“, das den Family Day organisiert hat, daß es weiterhin das Unrecht des Cirinnà ‑Entwurfs anprangert, auch für den Fall, daß er verhängnisvollerweise vom Parlament, vielleicht in abgeschwächter Form, angenommen werden sollte. Manif pour tous brachte erstmals am 13. Januar 2013, wenige Wochen vor der Parlamentsdebatte über das Taubira-Gesetz fast eine Million Menschen auf die Straße. Sie demonstrierte weiter und das sogar mit noch mehr Einsatz, nachdem die homosexuelle Pseudo-Ehe eingeführt worden war, und setzte damit die Initialzündung zu einer Bewegung, die vielen anderen in Europa die Tür öffnete. Und gerade in diesen Tagen ist Christiane Taubira, deren Namen das ruchlose französische Gesetz erhielt, als Justizministerin zurückgetreten und von der politischen Bühne abgetreten. Wir erwarten uns daher auch in Italien weitere Kundgebungen, die mit Nachdruck und Entschlossenheit durchgeführt werden, auch für den Fall, daß die Teilnehmerzahlen dann vielleicht kleiner sein sollten, als Ende Januar, denn was letztlich zählt, sind nicht die Zahlen, sondern die Stärke der Botschaft.
Wir haben den Begriff Family Day nicht in dem Sinn gebraucht, um die Organisationen dieser Veranstaltung zu benennen, sondern um einer ganzen Richtung eine Identität zu geben, die über die physisch im Circus Maximus Versammelten hinausgeht. Dieses Italien hat nicht resigniert, sondern will kämpfen und braucht Leitfiguren, die bereit sind, es anzuführen. Diese Anführer müssen aufrichtig sein in den Absichten, den Ideen, der Sprache und ihrem Verhalten. Denn das Italien des Family Day ist bereit, mit derselben Kraft, mit der es die wahren Feinde bekämpft, auch die falschen Führer anzuklagen.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; Il ralliement di Leone XIII. Il fallimento di un progetto pastorale (Der Ralliement von Leo XIII. Das Scheitern eines pastoralen Projekts), Florenz 2014; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011. Die Zwischentitel stammen von der Redaktion.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Pro Vita/MiL (Screenshots)
„…Das Wort Märtyrer bedeutet Zeuge der Wahrheit sein, und heute gibt es, neben dem blutigen Martyrium in vielen Teilen der Erde auch ein unblutiges, aber nicht weniger schreckliches Martyrium, das durch mediale, juridische und psychologische Waffen zugefügt wird, mit der Absicht, die Verteidiger der natürlichen und christlichen Ordnung lächerlich zu machen, zum Schweigen zu bringen und wenn möglich sogar einzusperren.…“
Diese zweite Form des Martyriums zu benennen, zu beschreiben und schließlich zu verinnerlichen, ist enorm wichtig. Weil sie bereits Realität ist und mehr und mehr gefordert wird.
Wer das verinnerlicht hat, weiß: Es kommt nicht auf die Zahl an, auch nicht auf die Frage nach dem Erfolg. Diese Frage stellt sich, doch ausschlaggebend darf sie nicht sein.
Die Christen, die über die Jahrhunderte für ihren Glauben ihr Leben hingegeben haben, fragten nicht nach dem Erfolg mit irdischen Maßstäben gemessen.
Ich denke, wir müssen uns das klarmachen: Der Kulturkampf hat bereits begonnen, er dauert schon länger, als die meisten von uns wahrnehmen.
Beten wir, dass wir den Mut haben, „Zeugen der Wahrheit“ zu sein, wenn wir durch bestimmte Situationen dazu aufgerufen werden. Fragen wir nicht nach dem Erfolg, bekennen wir unseren Glauben.
Der Familientag bringt es in der Tat an den Tag, dass das Christenvolk keines-
wegs dem Zeitgeist und dem Schleifen des Glaubens erlegen ist. Die Ehe und
Familie wird von den Menschen die normal denken, hoch gehalten. Dagegen ist
festzustellen, dass der “ Marsch für das Leben “ nicht die Unterstützung der
offiziellen Kirche gefunden hat. Dabei hätten Kardinäle und Bischöfe dieser
wichtigen Veranstaltung durch ihre Anwesenheit Stärke und Gewicht gegeben.
Noch bedenklicher ist, dass sich Franziskus in keiner Weise veranlasst gese-
hen hat, seinen Beitrag für diesen Familientag zu leisten. Was immer die Grün-
de gewesen sind, die zu dieser Distanz des Familientages geführt haben, durch
Unterlassung stimmt man so der Politik einer Familien-Feindlichkeit zu.
@fredius: man kann Ihre Kommentare nicht gut lesen. Schreiben Sie doch einfach immer weiter. Der Zeilenumbruch erfolgt automatisch. Nur wenn man den Text zur besseren Übersicht für die Leser und sich selbst etwas gliedern will, benutzt man die Eingabe- oder Returntaste. So mache ich das jetzt mal. Ich drücke nun (nach dem Punkt am Satzende) auf diese Taste.
Sehen Sie: neuer Abschnitt. Versuchen Sie es mal. Es funktioniert 100prozentig.
Der beste Kommentar, den ich von Ihnen bisher gelesen habe 😉
Franzel @ Vielen Dank ! Sie sind schon der zweite der mich auf diesen Umstand hinweist. Ich gelobe Ihnen und allen Kommentatoren, dass ich mich ab sofort an diese Vorgaben halten werde. Bitte aber um Bestätigung, dass es jetzt besser zu lesen und zu erkennen ist.
Gott befohlen !
Ja, bravo!
Das, was sich seit Jahren in Europa abspielt, ist ein richtiger Kampf, fast ein Bürgerkrieg, angezettelt von denjenigen, die der Unkultur des Todes das Wort reden.
Man kann Italien aus deutscher Sicht nur gratulieren für diese großartige Demonstration zugunsten der europäischen Zivilisation, die eine christliche ist.
Nichts zu danken werter @fredius. Ja, so kann mans gut lesen.
Wenn es Homosexuellen um Dinge geht, wie das Auskunftsrecht im Krankeheitsfall etc., müsste sich so etwas durch Verträge oder notarielle Erklärungen regeln lassen. Das mag in gewissen Situationen auch für unverheiratete heterosexuelle sinvoll sein. Das alles kann man regeln, ohne die Einzigartigkeit der Ehe zwischen Mann und Frau durch Gleichsetzung mit einer gleichgeschlechtlichen Verbindung herab zu würdigen.
Man sollte auch einmal darauf hinweisen, dass die Promiskuität bei Homosexuellen wesentlich höher ist, als bei Heterosexuellen. Ein weiterr Punkt, der gegen Homoehe oder gar Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare spricht.