
(Köln) Der deutsche Philosoph Robert Spaemann plädiert dafür, verfolgte Christen bei der Aufnahme in Deutschland gegenüber Muslimen zu bevorzugen.
In einem am Samstag veröffentlichten Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger nahm Spaemann zur aktuellen Flüchtlingsdiskussion Stellung. Zur derzeitigen Debatte über Grenzen des Möglichen und eine Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme sagte der Philosoph: „Uneingeschränkt kann die Hilfsbereitschaft sein, aber nicht die tatsächliche Hilfe. Es kann nicht unsere Pflicht sein, uneingeschränkt zu helfen, weil es nicht möglich ist. Und wir sollten auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir unserer Hilfe Obergrenzen setzen.“
Daraus folgere, daß man, „wenn es solche Grenzen gibt“, auch „auswählen muß, wen man nimmt und wen nicht“, so Spaemann. Auf die Frage, wie die Auswahl dann auszufallen habe, sagte er: „Es gibt verschiedene Grade der Nähe, und hier hat Augustinus den entscheidenden Begriff geprägt: ordo amoris, also eine Rangordnung der Liebe. Wo unserer Hilfe Grenzen gesetzt sind, da ist es auch gerechtfertigt auszuwählen, also zum Beispiel Landsleute, Freunde oder auch Glaubensgenossen zu bevorzugen. Johannes schreibt in einem Brief: Tut Gutes allen. Besonders aber den Glaubensgenossen. Es gibt rational nachvollziehbare Gründe der Auswahl.“
Wenn nicht allen geholfen werden kann, „ist es sogar vernünftig, Glaubensgenossen zu bevorzugen“
Man sollte, so Spaemann, versuchen, sowohl den verfolgten Christen als auch verfolgten Moslems zu helfen. „Wenn es tatsächlich nicht möglich ist, beiden zu helfen, dann ist es nicht falsch, sondern sogar vernünftig, Glaubensgenossen zu bevorzugen.“ „Kultureller Pluralismus“ könne eine historisch begründete Gegebenheit sein, „aber wir sollten ihn nicht zu einem ziel hochjubeln. Er vergrößert das Konfliktpotential“.
Auf die Frage, ob einer solchen Bevorzugung nicht die „säkulare Gesellschaftsordnung“ entgegenstehe, sagte Spaemann: „Es ist trotzdem so, daß ganz unabhängig von den Glaubensüberzeugungen unsere Kultur geprägt ist vom Christentum.“
In Großbritannien werden die christlichen Feste abgeschafft: „‘Merry Christmas‘ ist nicht mehr erlaubt, es heißt jetzt ‚Season’s Greetings‘. Ich weiß nicht, ob es jemand gibt, der das für eine Bereicherung hält“, so Spaemann gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Kölner Stadt-Anzeiger (Screenshot)
Dem ist nichts hinzuzufügen – das ist die Stimme der Vernunft.
Vorsicht, Herr Spaemann. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter spricht eine andere Sprache.
Was die Bedenken angeht, man könne nicht allen helfen, fällt mir einiges auf: In meinem Erfahrungshorizont gab es vier Wanderungsbewegungen nach Deutschland, bzw. die Bundesrepublik. Das waren die Flüchtlinge in der Nachkriegszeit, die hereingeholten Gastarbeiter, Migranten aus Ostdeutschland und jetzt die armen Flüchtlinge aus Syrien usw.
Gegen jede dieser neuen Bevölkerungsgruppen gab es massive Ablehnung, teils offen, teils als „Bedenken“ verbrämt.
Nach wenigen Jahren hat sich dann jedesmal die Lage weitgehend beruhigt.
Hier wird doch jeder freudigst begrüßt. Mich würde dann auch nicht wundern, wenn die Syrer nicht nur unheimlich gut ausgebildet, sondern in ihrer großen Mehrheit noch Christen wären. Diesen Vorschlag hätte sich Spaemann schenken können.
Niemanden bevorzugen! Denn sonst kommt gleich wieder die alte Leier: „Niemanden ausgrenzen!“ Dass dieser Weg in die Irre führt, sehen wir ja täglich.