(Rom) Im Franziszeischen Teil des Vatikans scheinen inzwischen Zebras und Leoparden, Affen und die Bekämpfung eines fiktiven menschenverschuldeten Klimawandels mit echtem Geld Vorrang zu haben. Am vergangenen 28. April fragte Riccardo Cascioli, der Chefredakteur der Nuova Bussola Quotidiana: „Geburtenkontrolle: Beugt sich die Kirche den Neo-Malthusianern?“ Der Grund für diese schockierende Frage waren sich häufende Signale einer Anpassung an die UNO-Globalisierungsideologie.
Eine unmoralische Annäherung?
Da war das auffällige Meiden des Abtreibungsthemas durch Papst Franziskus seit Beginn seines Pontifikats. Anfang 2015 folgte der päpstliche Karnickel-Sager. Im Frühling verdichtete sich alles konkret mit den Erwartungen, die weltliche Medien mit der angekündigten Öko-Enzyklika Laudato Si verknüpften, einer Tagung zum Klimawandel im Vatikan, an der bekannte Verfechter der UNO-Bevölkerungskontrolle das Wort ergriffen und schließlich die wirren Aussagen des Organisators dieser Annäherung des Vatikans unter Papst Franziskus an die UNO. Gemeint ist der meist im Hintergrund stehende und daher weniger bekannte argentinische Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo (Abtreibung und Weltklima: Im Vatikan redet jemand großen Unsinn).
Offizieller Organisator der Klimawandel-Tagung des Vatikans war der Päpstliche Rat Iustitia et Pax unter der Leitung von Kardinal Peter Turkson. Turkson war der ranghöchste Kirchenvertreter, der sich ohne Einschränkungen zur neuen Ideologie der „nachhaltigen Entwicklung“ bekannte. Das wurde inzwischen überboten, indem die „nachhaltige Entwicklung“ Eingang in die Öko-Enzyklika Laudato Si gefunden hat.
Kardinal Turkson bei Weltklimakonferenz in Paris: „Geburtenkontrolle kann Lösung für das Klima bieten“
Mit der Weltklimakonferenz COP21 in Paris ist Kardinal Turkson noch einen Schritt weitergegangen. In einem Interview mit der BBC, das den vielsagenden Titel bekam: „Die Geburtenkontrolle kann eine ‚Lösung‘ für das Klima bieten“. Wer es nicht glauben sollte, kann es selbst nachlesen.
Kardinal Turkson wurde von der BBC interviewt, nachdem er im Namen des Heiligen Stuhls auf der Weltklimakonferenz eine Rede gehalten hatte, die jeden politisch grünen Katastrophenhysteriker erblassen läßt. Turkson vertrat eine Position, die sich in nichts, die Betonung liegt auf „nichts“, von den Positionen von Greenpeace und WWF unterscheidet. Weder die eine noch die andere Organisation steht der katholischen Kirche nahe oder äußerte, trotz des Engagements für jeden Baum und jedes Tierjunge, irgendwann irgendeinen Vorbehalt gegen die Massentötung ungeborener Kinder. Laut BBC ging Turkson soweit zu behaupten, daß „die Geburtenkontrollle einige der Auswirkungen des Klimawandels, besonders den Nahrungsmangel in einer wärmer werdenden Welt lindern kann“. Damit aber „wird die Position der Kirche zum Schutz und zur Verteidigung des Menschen auf den Kopf gestellt“, so Cascioli. Diese Position lautet, daß der Mensch nie im Namen irgendeines Problems, egal welches, geopfert werden dürfe.
Turkson behauptete zudem, daß die Kirche „nie gegen die Geburtenkontrolle war“ und verweist auf Papst Franziskus, der „auf seinem Rückflug von den Philippinen die Menschen zu irgendeiner Form der Geburtenkontrolle aufgefordert hat“, wobei der Bezug zum unsäglichen Karnickel-Sager des Papstes offensichtlich ist.
Als die BBC zu den Verhütungsmethoden nachbohrte, sagte der Kardinal, daß nur natürliche, aber nicht künstliche Methoden zulässig seien. „Die Aussagen sind in gewisser Weise schockierend, andererseits aber gar nicht so überraschend angesichts des Vorspiels und obwohl in der Enzyklika Laudato Si jene kritisiert werden, die denken, die Umweltprobleme durch Geburtenrückgang zu lösen“, so Cascioli. Um genau zu sein, erklärt der Papst unter Verweis auf das Kompendium der katholischen Soziallehre im Paragraph 50, daß das demographische Wachstum mit der integralen und solidarischen Entwicklung in vollem Umfang kompatibel ist.
„Nachhaltige Entwicklung“ meint Bevölkerungsdezimierung
„Dennoch erstaunt Turksons Flucht nach vorne nicht, denn wenn man sich erst einmal den Zugang zu einem Problem zu eigen gemacht hat, muß man sich – ob man will oder nicht – auch die Konsequenzen zu eigen machen“, so Cascioli. Gemeint ist damit, der als verhängnisvoll kritisierte Schritt, daß sich die päpstliche Öko-Enzyklika Laudato Si die Idee der „nachhaltigen Entwicklung“ zu eigen gemacht hat. Dabei geht es nicht nur um Worte, sondern – wie man im Vatikan genau weiß – um die Ideen und Konzepte, die diese Worte zum Ausdruck bringen.
Der Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ artikuliert die negativen Auswirkungen der Weltbevölkerung auf die Entwicklung und die Umwelt. Diese Idee wurde durch den sogenannten Brundtland-Bericht „Our Common Future“ (Unsere gemeinsame Zukunft) von 1987 festgeschrieben. Diese im Rahmen der UNO definierte „Nachhaltige Entwicklung“ sieht in der Geburtenkontrolle in den armen Ländern eine der beiden unverzichtbaren Säulen für jede Umweltpolitik. (Die andere Säule ist der Konsum- und Entwicklungsstopp in den Industriestaaten.)
Ausgangspunkt des Brundtland-Berichts, der sich heute bereits in voller Umsetzung befindet (siehe Deindustrialisierung, Bekämpfung fossiler Brennstoffe, Bevölkerungsumschichtungen, Massensterilisierungen in Ländern der Dritten Welt und Schwellenländern, weltweite Durchsetzung der Abtreibung und Erhebung zum „Menschenrecht“, Förderung der Homosexualisierung), ist ein Menschenbild, das im Menschen nur einen Verbraucher von Ressourcen sieht. Und diese werden angeblich immer knapper. Der Mensch wird zum Konkurrenten des anderen Menschen. Wer überschüssig ist, bestimmt der, der Zugang zur Macht und zu den Ressourcen hat. Daraus wird die Notwendigkeit zu einem drastischen Eingriff zur Bevölkerungsdezimierung abgeleitet. Die Auswirkungen der Weltbevölkerung seien sowohl quantitativ als auch qualitativ zu begrenzen. Diese neue „Menschheitsphilosophie“ wird internationalen Managern längst auf allen Ebenen anerzogen.
Im Ressourcenkrieg sind Abtreibung und Zwangssterilisierung „unvermeidliche“ Instrumente „nachhaltiger Entwicklung“
„Da sowohl die Prämissen als auch die Analyse zum Verhältnis Bevölkerung Ressourcen falsch sind, und daher ebenso fälschlich ein dringender Handlungsbedarf gesehen wird, ergibt sich für die Verfechter dieser These die Notwendigkeit, notfalls alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen“, so Cascioli. Verhütung und Abtreibung, ja sogar geheime Zwangssterilisierung und vielleicht auch Krieg werden zu gewissermaßen unvermeidlichen Instrumenten der „nachhaltigen Entwicklung“.
Auf der Ebene der UNO-Agenturen gilt diese „Notwendigkeit“ als unumstößliches Bekenntnis. Das ist auch der Grund, warum es heute in Afrika viel leichter ist, Kondome und Verhütungsmittel aller Art und in beliebiger Menge zu finden, als ein Desinfektionsmittel oder Antibiotika. „Die Vorstellung, man könne sich die ‚Nachhaltige Entwicklung‘ bedingt zu eigen machen, ihr aber in der Bevölkerungsfrage Grenzen setzen, geht an der Realität vorbei. Da dies ein Widerspruch in sich ist, muß ein solcher Versuch scheitern“, so Cascioli.
Wer zur „Nachhaltigen Entwicklung“ A sagt, wird auch zum B gezwungen
In der Tat ist es Kardinal Turkson nicht gelungen, diesen Schritt zu setzen. Er stimmte in Paris in den Chor der wahnwitzigen Vorstellung vom menschenverschuldeten, und daher auch vom Menschen korrigierbaren Klimawandel ein, unternahm aber nicht einmal den Versuch, der „Nachhaltigen Entwicklung“ zur Bevölkerungsreduktion Grenzen aufzuzeigen, geschweige denn, sie in die Schranken zu weisen. Konsequenterweise unternimmt er auch im BBC-Interview keinen solchen Versuch. Auch nicht den Versuch, zu erklären, warum keine künstlichen Verhütungsmittel eingesetzt werden sollten. Der von ihm selbst grundsätzlich geteilten Logik folgend, scheint eine Einschränkung auf natürliche Methoden nicht nachvollziehbar. Oder mit Cascioli formuliert: „Wenn man wirklich überzeugt ist, daß wir am ökologischen Abgrund stehen, wie kann man dann wegen eines Stücks Gummi Probleme machen?“ Abgesehen davon: Nachdem zahlreiche Bischöfe bei der Bischofssynode über die Familie im vergangenen Oktober die Keuschheit mit Blick auf die wiederverheirateten Geschiedenen (eine Josephsehe als Bruder und Schwester zu führen) als unmöglich zurückgewiesen haben, wie könnte man sie dann zur Vermeidung von AIDS und unerwünschten Schwangerschaften empfehlen?
Teile der Kirche freuen sich: „Endlich Humanae Vitae und Familiaris Consortio beseitigen“
„Das ist der Grund, weshalb ich sage, daß sich die Kirche in Sachen Umwelt und Demographie in eine Sackgasse manövriert hat“, so Cascioli. Und das zum Teil aus der taktischen Kurzsichtigkeit heraus, sich den Mächtigen und dem von ihnen kontrollierten Zeitgeist anzudienen. Es gibt aber auch „Prälaten und Intellektuelle“ in der Kirche, die ihre helle Freude mit dieser Sackgasse haben und sie auch gar nicht als solche erkennen. Jene Kirchenvertreter, die seit 1968 „im Namen der Umwelt und der ökologischen Umkehr“, um einen Schlüsselbegriff der Öko-Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus zu zitieren, die überlieferte Sexualmoral der Kirche, die Enzyklika Humanae Vitae und das päpstliche Schreiben Familiaris Consortio beseitigen wollen.
Die Kirche sprach immer von „verantworteter Elternschaft“, die den Zweck der Ehe nicht in Frage stellen darf, da jede eheliche Handlung für die Weitergabe des Lebens offen sein muß, wie der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, wo sich in den Paragraphen 2366–2370 alle Antworten finden.
Die Sprache der UNO
Auf internationaler Ebene stand die Kirche immer einer ganz anderen Sprache gegenüber. Die Sprache der Welt ist nicht die der Kirche und noch weniger ist es die Sprache der Überbevölkerungsideologen, die heute im Gewand von Experten und Propheten des Klimawandels auftreten. Der Kampf der Kirche um die Sprache der UNO erwies sich von Anfang an als sehr schwierig. Sie konnte den Begriff „Familienplanung“ in den UNO-Dokumenten nicht verhindern, aber deren Lesart als „verantwortete Fortpflanzung“ durchsetzen, die in jedem Fall dem Paar die Entscheidung über die Anzahl der Kinder zuerkannte. In den 1990er Jahren wurde das Klima rauher. Der Kalte Krieg war zu Ende und Bill Clinton ins Weiße Haus eingezogen. Das ermöglichte neue Allianzen. So begann die UNO die „Familienplanung“ in den Dokumenten immer mehr als Synonym für „Geburtenkontrolle“ umzudeuten. Ein Wandel, der um so leichter über die Bühne gehen konnte, weil keine neuen Begriffe eingeführt und durchgesetzt werden mußten. Konkret bedeutete der Wechsel, daß sich die „Familienplanung“ in ein „Recht“ der Staaten verwandelte, die Anzahl der Kinder festzulegen. Der Begriff der „Geburtenkontrolle“, der von Anfang an auch einen Zwang beinhaltete, hätte sich nie unverschleiert durchsetzen lassen. Dessen waren sich keine Erfinder durchaus bewußt. Die Uminterpretation des Begriffs „Familienplanung“ und der noch schleierhaftere Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ taugen bestens für die Ideologen der Bevölkerungsdezimierung.
Daß daher mit Kardinal Turkson ein hoher Kirchenvertreter mit derartigem Leichtsinn den Begriff „Geburtenkontrolle“ verwendet, wie er es der BBC gegenüber getan hat, „ist entweder ein Zeichen für unfaßbare Inkompetenz oder für die gezielte Absicht, die Lehre der Kirche umzustoßen“, so Cascioli. Was trifft für Kardinal Turkson zu? Was für Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo? Was für Papst Franziskus?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NBQ/RV/LifeSiteNews/MiL (Screenshots)