(Rom) Der Vatikanist Sandro Magister veröffentlichte die Gedanken „eines nicht-italienischen Kirchenmannes, dessen Name Vertraulichkeit verdient“.
Von-Fall-zu-Fall-Pastoral statt Verkündigung ist ein gefährliches Spiel
von ***
Nach der Synode erklärten einige Bischöfe und Kardinäle, daß die Kirche „aufmerksamer sein“, „unterscheiden“ und „begleiten“ solle. Man sucht die „Kunst der Seelsorge“ und der „Inklusion“ mit einem pastoralen Stil, von dem nicht nur das Schlußdokument der Synode getränkt ist, sondern auch viele Stellungnahmen von Vertretern der kirchlichen Welt.
Man sucht nach einem sensiblen Zugang zum Menschen unserer Zeit. Persönlich bin ich froh, daß sich der Priester im Beichtstuhl bemüht, meine besondere Situation zu verstehen, anstatt mich mit dem Katechismus zu ohrfeigen. Ist das aber auch ein geeigneter Zugang für die Massenmedien? Was geschieht, wenn nicht der Beichtstuhl, sondern die öffentliche Kommunikation von einer Von-Fall-zu-Fall-Mentalität beherrscht wird? Kann das Reden über die Sorge um das einzelne Individuum die Verkündigung ersetzen? Hat die Grundspannung zwischen Liberalen und Konservativen vielleicht auch mit der drohenden Gefahr zu tun, daß sich die Verkündigung der Lehre immer mehr verflüchtigt?
Das heutige Mediensystem mit seinen unzähligen digitalen Netzen stellt eine große Herausforderung dar. Die Globalisierung der Kommunikation durch interaktive Plattformen verändert den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung. Die Haltung der Kirche gegenüber dieser Realität verlangt eine andere Überlegung als für die örtliche Seelsorge.
Wenn ein sehr guter Seelenhirte, der den Menschen Gutes will, zu einem Homosexuellen im direkten Gespräch sagt, er will ihn nicht verurteilen, dann ist das etwas Gutes. Gesetzten Falles dieser gute Seelenhirte befindet sich aber in einem Flugzeug und sagt dieselbe Sache vor den Journalisten der ganzen Welt, haben wir es mit zwei ganz unterschiedlichen Ebenen zu tun. Im letzteren Fall fließen die Worte direkt in den kommerziellen und politischen Raum der medialen Ausbeute ein.
Fast alle westlichen Medien sind laizistischer oder agnostischer Prägung und interpretieren die kirchlichen Themen auf horizontaler Ebene, das heißt, auf politischer, historischer, soziologischer, nicht aber auf der ihnen entsprechenden vertikalen Ebene Richtung Gott. Was ist mit der transzendenten Dimension einer Botschaft? Der Erbsünde? Nein, das zählt alles nicht. Das einzige was zählt, ist der mediale Knüller. Der Leser oder der Zuseher will eine Geschichte, die für Aufsehen sorgt: „Die Kirche verurteilt Homosexuelle nicht mehr“. Das ist eine Nachricht! Und das nächste Kapitel? „Die Kirche ändert ihre Sexualmoral“. Und dann: „Die Gültigkeit der Zehn Gebote hängt von der Entscheidung des eigenen Gewissens ab.“ Der Haltbarkeitswert solcher Nachrichten ist aber dennoch nur kurz. Das Mediensystem verlangt immer neue Knüller. Wenn der pastorale Diskurs die Vermittlung der Doktrin ersetzt, ist das das Ergebnis einer falschen Medienpräsenz der Kirche.
Doch einige Hirten verstehen diese Mechanismen sehr gut. Vielleicht verstehen sie auch den Unterschied zwischen der Kommunikation in der Seelsorge und der Kommunikation in den Massenmedien. Vielleicht haben sie nur Angst vor den Medien. Sie haben Angst vor dem digitalen Mobbbing, vor dem Martyrium im Zirkus der veröffentlichten Meinung. Lieber also ein softiger Seelsorger sein, der niemanden verurteilt. Das kann so weit gehen, daß manche mit der Presse oder dem Fernsehen kokettieren oder sogar ein „Stockholm-Syndrom“ entwickeln: sich mit dem eigenen Entführer verbünden. Ist nicht das letztlich der Wunsch einer Kirche, die breite Zustimmung findet: eine privilegierte Kirche?
Was auch immer die Gründe sein mögen, die Verkündigung der Lehre ist derzeit in den Hintergrund getreten. Man erklärt nicht mehr, was die Kirche immer für wahr und gut erklärt oder was sie immer für falsch und schlecht erklärt. Man begnügt sich hingegen darauf, lediglich zu erklären, daß nicht alle Fälle gleich seien. Welche Folgen wird das haben? Was wird das für die Einheit der Kirche und die pastorale Praxis bedeuten? Was für die Evangelisierung? Unter den Gläubigen, die treu zur Lehre der Kirche stehen, verursacht das Verwirrung und Unbehagen. Das kann man bereits in zahlreichen Staaten feststellen. Die progressistischen Kreise nützen in der Zwischenzeit das Fehlen einer verbindlichen Verkündigung aus, um die Lehre zu relativieren und eine Anpassung an die Zeit zu verlangen. Das ist ein gefährliches Spiel. Es kann zu einem Schisma in der Kirche führen: zuerst in der pastoralen Praxis und dann sogar in der Lehre.
Was würde der Apostel Paulus tun? Er sprach am Areopag zu den Heiden nicht über eine situationsabhängige Seelsorge. Er sprach auch nicht sofort von Christus, sondern zuerst von der Kultur, der er dort begegnet war. Er zeigte seinen Zuhörern auf, daß er ihre Götter und ihre Heiligtümer in Athen gesehen hatte und daß er ihre Welt verstanden hatte. Er wußte: Je besser er ihre Welt verstand, desto besser würde er verstanden werden.
Zweifelsohne auch heute müssen wir neu zeigen, daß wir die Götzen des 21. Jahrhunderts verstanden haben, wie zum Beispiel den Optimierungskult, den Hedonismus oder die Technologisierung, um aufzuzeigen, daß wir Besseres zu bieten haben. Vorher jedoch müssen wir aber einsehen, daß wir das nicht nur durch eine Von-Fall-zu-Fall-Seelsorge machen können. Damit es gelingt, müssen wir vorher die Lehre der Kirche verkünden, und das passend für die Medien, aber nicht angepaßt an die Medien. Treu gegenüber dem Glauben, aber nicht mit dem Kommunikationsstil von gestern.
Jesuit Antonio Spadaro zur Frage: Verursacht Kommunikationsstil von Papst Franziskus Mißverständnisse?
Soweit der Brief aus der Peripherie. Sandro Magister verweist auf ein Aleteia-Interview mit dem Jesuiten Antonio Spadaro von der Civiltà Cattolica über den Kommunikationsstil von Papst Franziskus vom vergangenen April. Pater Spadaro gehört zu den engsten Vertrauten des Papstes, wie sich besonders rund um die Bischofssynode zeigte. Im Interview wurde die Frage gestellt, ob der Kommunikationsstil des Papstes nicht die Gefahr von Mißverständnissen in sich berge. Hier die Frage und Spadaros Antwort darauf.
Aleteia: „Besteht die Gefahr, mißverstanden zu werden? Einige Pfarrer klagen darüber, daß ihnen gegenüber den Gläubigen die Rolle der ‚Bösen‘ zufällt, die wiederverheiratet geschieden sind und zur Kommunion gehen wollen mit dem Hinweis: ‚Der Papst hat gesagt‘“?
Pater Antonio Spadaro: „Die Gefahr eines Mißverständnisses wegen der Worte des Papstes gibt es und ist Teil ihrer kommunikativen Fähigkeit. Die Kommunikation, wenn sie real ist, ist zweideutig. Wenn sie hingegen nur aus Presseerklärungen, aus Formeln und Lektionen besteht, ist das Wort eindeutig, kommuniziert aber nicht. Der Papst hat eine klare Wahl getroffen: die Seelsorge zu bevorzugen und zu den Menschen zu sprechen. Sicher eignet sich das zu möglichen Mißverständnissen, doch gleichzeitig bewegt es, es bewegt, das Volk Gottes, das an seine Hirten appelliert. Die Hirten sind heute gerufen, das Evangelium neu zu lesen, um es den Leuten besser zu erklären, die durch die Worte von Franziskus aufgerüttelt werden. Das Wort des Papstes ist nicht das Letzte, ist kein Definitives, das Urteil fällt, sondern das Wort, das imstande ist, das Volk Gottes zu bewegen und Prozesse anzustoßen. Das ist ein Schlüssel, um Bergoglio zu verstehen. Er ist nicht ein Papst, der Dinge tut, sondern einer der Prozesse anstößt.“
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo/MiL
Nach der letztjährigen Synode beschrieb Msgr. Christoph Casetti vom Bistum Chur seine Eindrücke, die auch nach Ende der diesjährigen Synode kaum anders ausgefallen sein dürften:
-
„Weil
die natürliche Empfängnisregelung in unserer Gesellschaft nicht greife,
müsse
die Kirche die Verhütung erlauben,
meinen Bischöfe bei der Synode zu Ehe und Familie in Rom.
Weil
viele geschiedene Katholiken eine neue zivile Ehe eingehen,
müsse
die Kirche Wege suchen,
diese unter bestimmten Bedingungen wieder zu den Sakramenten zuzulassen.
Weil
gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gesellschaftlich wie Ehen anerkannt werden,
müsse
die Kirche sich Gedankenmachen, wie sie diese wertschätzen könne.
Auch diese Auffassungen vertreten Bischöfe bei der Synode in Rom.
Damit geben Sie mindestens den Anschein,
die bisherige Lehre und Praxis der Kirche in Frage zu stellen.
[.…]
Für mich steht dahinter die Glaubensfrage.
Sind wir noch davon überzeugt, dass
unser Glaube die Gesellschaft prägen, ja verändern kann?
Oder wird umgekehrt unser Glaube zunehmend
von den gesellschaftlichen Umständen geprägt?
[.…]
Es scheint Synodenväter zu geben,
welche den Nachvollzug des Zeitgeistes
und seiner gesellschaftlichen Tendenzen
für eine missionarische Seelsorge halten.
Es könnte sein, dass Jesus ihnen sagen möchte:
“Ihr Kleingläubigen!
Ich habe euch den Heiligen Geist gesandt,
damit ihr in seiner Kraft den Glauben bezeugt,
wenn nötig als prophetisches Zeichen, dem widersprochen wirdâ€.
Sinngemäss sagte Kardinal Dolan an der Synode,
die Kirche habe den Auftrag, die Welt zu verwandeln,
nicht sich von ihr verwandeln zu lassen.“
[.…]
„Der Papst hat eine klare Wahl getroffen: die Seelsorge zu bevorzugen und zu den Menschen zu sprechen. Sicher eignet sich das zu möglichen Mißverständnissen, doch gleichzeitig bewegt es, es bewegt, das Volk Gottes, das an seine Hirten appelliert. Die Hirten sind heute gerufen, das Evangelium neu zu lesen, um es den Leuten besser zu erklären, die durch die Worte von Franziskus aufgerüttelt werden.“
bewegen, bewegen,appellieren,appellieren, neu lesen,neu lesen,besser erklären,besser erklären, aufrütteln, aufrütteln. Also mit der Sprache der Jesuiten hätte die Mutter Gottes den Erzengel Gabriel keine halbe Minute zugehört und alles wäre als ein großes Mißverständnis sehr schnell vergessen worden.
„Er ist nicht ein Papst, der Dinge tut, sondern einer der Prozesse anstößt.“
Was für Prozesse sind denn das die ohne sein Tun aber durch seine Anstöße ins Rollen kommen? Ich finde das heutige Rom wird immer geheimnisvoller und anstrengender für das Volk Gottes.
Per Mariam ad Christum.
Agricola @ …wo ist das verlorene Schaf. Wo ist es nur… Das verlorene Schaf ist, wenn
es nicht umkehrt : Franziskus !
Ein verlorener Hirte war nie Thema.
Werter @ Shuca
Was Pater Antonio Spadaro SJ über die Kommunikations-Rhetorik seines Ordensbruders Vater Jorge sagt, der am 13.3 2013 zum Papst gewählt worden ist und den Namen Franziskus angenommen hat, lässt durch die von Ihnen aufgelisteten Verben aufhorchen: bewegen, appellieren, neu lesen, besser erklären, aufrütteln. In summa: Lieber eine zweideutige Kommunikation die Prozesse anstößt, als das eindeutige Wort, das nicht kommuniziert!
Diese Meinung vertritt Sparado SJ zur Redeweise nicht eines Landpfarrers, sondern zu der des amtierenden Papstes als Stellvertreter Jesu Christi auf Erden – uneingedenk der Tatsache, dass Zweideutigkeit entzweit, Eindeutigkeit aber eint und das potentiell missverständliche Wort auf alle trifft und nicht nur auf Theologen, die mit der eindeutigen Lehre Jesu Christi noch vertraut sind und abstrahieren können – so sie wollen!
In seiner Freiburger Rede (2011) hat Papst Benedikt XVI. Eindeutiges zum Thema Entweltlichung gessagt und ist nicht gerade auf offene Ohren gestoßen. Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz EB Zollitsch gab vor, nicht zu wissen, was der Papst gemeint habe. In Deutschland ist man zur Zeit in bestimmten klerikalen Kreisen eher bereit, päpstliche Zweideutigkeiten wohlwollend aufzunehmen, die ihre Reformlust beflügeln, auch wenn damit an der geistlichen Substanz der Kirche gerührt wird.
Papst Benedikt XVI allerdings hat die eindeutige „Lektion“ bevorzugt. Daher war man bereit, ihm die Dialogfähigkeit abzusprechen. So wurde ihm aus Anlass seiner Flugplatzrede in Freiburg vorgeworfen, er spreche vor Hunderttausenden von Zuhörern „monologisch“. Wer dies behauptet hat, hat die eminent kommunikative Redesituation auf dem dortigen Flugplatz nicht erkannt, oder er weiß nicht, was ein Monolog ist.
Öffentlich gehaltene Reden sind keine Selbstgespräche.
Auch Jesus hat von akustisch günstigen Berg- oder Seepositionen vor Hunderten und Tausenden in kommunikativ gleicher und keineswegs „monologischer“ Weise Eindeutiges gelehrt, und das mit herrschaftlichem Anspruch, mit der Vollmacht des Königs der Himmel, wie seine schriftgelehrten Gegner schnell erkannten, wenn sie das Gespräch suchten, „um ihn auf die Probe zu stellen“. Mit dem Volk diskutierte Jesus nie – auch nicht mit seinen Jüngern. Petrus hat bei Caesarea Philippi den Dialog mit Jesus gesucht. Es ist ihm nicht gut bekommen. Jesus hat den Willen seines Vaters nicht diskutieren lassen. Seine Apostel haben sich daran gehalten und nicht etwa nach seinem Tod versucht, seine Frohbotschaft in einem apostolischen Dialogprozess unter Hinzuziehung von griechischen Ja-Aber-Frauen dem hellenistischen Zeitgeist anzupassen. Hätten sie es getan, gäbe es kein Christentum. Forts.
Forts.
So aber ist die katholische Kirche als sakramentales Ganzes und mit jedem ihrer Glieder unmittelbar mit Jesus Christus verbunden: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“. Damit ist die hierarchische Struktur der Kirche von Christus her vorgegeben, welche demokratische Entscheidungsprozesse von den Reben zum Wurzelstock ausschließt. Dass unter dieser Voraussetzung das dialogistische Katholischsein den Reformkatholiken in Deutsschland keinen Spaß machte, ist klar. Aber nach der Wahl von Papst Franziskus ist alles anders geworden. Noch bevor EB Zollitsch wissen konnte, was kommen würde, bekannte er, dass es ihm wieder Spaß mache, katholisch zu sein!
Wusste er schon, dass ab sofort nach Spadano SJ zu gelten hat: „Das Wort des Papstes ist nicht das Letzte, ist kein Definitives, das Urteil fällt, sondern das Wort, das imstande ist, das Volk Gottes zu bewegen und Prozesse anzustoßen. Das ist ein Schlüssel, um Bergoglio zu verstehen. Er ist nicht ein Papst, der Dinge tut, sondern einer der Prozesse anstößt.“ Aber wie kann man etwa in weiten Teilen Europas Prozesse anstoßen, wenn der Glaube weitgehend verdunstet ist? Der Anstoß Papst Benedikts XVI. zur Neuevangelisation im Sinne der Offenbarung Jesu Christi ist zumindest in Deutschland ungehört verhallt. Statt dessen hat der in Fulda 2010 angestoßene zweijährige Dialogprozess der Hirten mit seinen progressistischen Themen eher das Glaubensgut der katholischen Kirche in Frage gestellt, als erneut verkündet und neu verankert. Ganz anders ist die Situation des aufgeblühten Glaubens in Afrika, wohin der Papst morgen fliegt. Welche Prozesse wird er anstoßen?
- „Wenn ein sehr guter Seelenhirte, der den Menschen Gutes will, zu einem Homosexuellen im direkten Gespräch sagt, er will ihn nicht verurteilen, dann ist das etwas Gutes. Gesetzten Falles dieser gute Seelenhirte befindet sich aber in einem Flugzeug und sagt dieselbe Sache vor den Journalisten der ganzen Welt, haben wir es mit zwei ganz unterschiedlichen Ebenen zu tun. Im letzteren Fall fließen die Worte direkt in den kommerziellen und politischen Raum der medialen Ausbeute ein.“ -
Ja, das ist wahr: durch die neuen Medien und die immer größere mediale Vernetzung gewinnen Aussagen andere Brisanz, anderen Charakter, werden gefährlich.
Man kann alles aufnehmen, alles zerstückeln, den Duktus, in dem etwas gesagt wurde zum Verschwinden bringen.
Aus einer komplexen Aussage, für die medial keine Zeit gelassen wird, wird ein „Spot“. So kann man mit so einer „Verkürzung“ das Gegenteil dessen sichtbar machen, was jemand gesagt hatte.
Die Gefahr ist aber umgekehrt auch bei den Christen selbst: sie haben immer weniger Geduld, einer Aussage überhaupt zuzuhören, einem längeren Gedankengang zu folgen oder eine Sache sorgfältig abzuwägen.
Wie alle Welt wollen sie nach Holzhackermanier und letztendlich auf primitivster Ebene eine Hauruck- oder Basta-Aussage.
Nun reichen solche Hauruck-Sätze aber nicht, um einer seelsorgerlichen Problematik gerecht zu werden.
Das „suaviter in modo, fortiter in re“ der Seelsorge, das auch Jesu Umgang sehr gut beschreibt, ist dem modernen, postmodernen Katholiken ebenso verhasst wie dem postmodernen Agnostiker:
Zu anstrengend, man müsste ja anfangen zu denken und man fragt sich, wo all der Hegelianismus geblieben ist, wo all das „dialektische“ Denken, das gefährliche – hier jedenfalls müsste es legitim und notwendig mit genutzt werden…
Seien wir ehrlich: Auch Katholiken sind doch nicht mehr in der Lage die tradierte seelsorgerliche Dialektik im Umgang mit der Objektivität in der Subjektivität umzugehen.
Zurück bleiben sturer Moralismus und Bigotterie.
Aber das Problem hat die Kirche seit mindestens 200 Jahren schon.
Man auch die Sätze Jesu erfolgreich so verkürzt:
Man zitierte das „Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein“ oder „Richtet nicht“, aber man unterschlug das „Sündige hinfort nicht mehr“.
Dieser Unehrlichkeit kann man nicht vorbeugen. Der böse Wille ist unüberwindbar.
Aber böse ist es auch, das „Wer ohne Sünde ist“ wegzulassen – das Problem der Frommen.
Werte Zeitschnur,
ich habe eine aufrichtige Bitte. Ich verstehe eine logische Verknüpfung, die häufig in den Bericht des Hl. Johannes hinein gelesen wird nicht. Vielleicht können Sie mir helfen:
Jesus vergibt der Ehebrecherin und rettet sie vor der Steinigung. Dann bittet oder fordert er auf: Sündige hinfort nicht mehr.
Für mich bedeutet das: Jesus vergibt bedingungslos und sagt: Nun hast Du einen neuen Anfang. Nutze ihn !
Warum sagen die von Ihnen „Frommen“ genannten: Jesus vergibt nur unter der Bedingung, dass die Ehebrecherin bereut und sich fest vornimmt, nicht mehr zu sündigen ?
Gruß Karl
@ Karl
Das ist eine schwierige Frage – vor allem, weil für eine gültige Beichte ja vorausgesetzt wird, dass ich eine Sünde bereue und ernsthaft vorhabe, sie künftig zu unterlassen.
Im Fall einer Beichte ersuche allerdings ich von mir aus um Vergebung bei Jesus. Und im Prinzip ist sie mir immer sicher, sofern ich aufrichtig bereue und guten Vorsatz habe.
Das heißt für mich nicht, dass Jesus mir erst dann vergibt, wenn ich nicht mehr sündigen will.
Er ist doch in Vorleistung – immer in Vorleistung. Was hätte ich denn im Ernst zu geben, um seine Barmherzigkeit überhaupt erst „wirksam“ zu machen. Und wie oft ist das Herz des Menschen unklar und gespalten und lernt erst mühsam den Weg zu einem klaren „Ja“ und „Nein“.
Ich denke, dass wir laut Vaterunser unseren Schuldigern vergeben sollen – ob sie sich bereits entschuldigt hatten, wird nicht vorausgesetzt.
Es geht eher um den Frieden: Vergebe ich einem Schuldiger, werde ich dennoch in keine bereinigte Beziehung zu ihm treten können, solange er nicht bereut.
Dennoch habe ich ihm verziehen.
So bleibt wohl auf einem Sünder, der partout nicht umkehrt der eigene Zorn liegen, mittels dessen er sich von Gott abgrenzt und ihm verweigert.
Gott ist immer bereit.
Sind wir nicht bereit, zwingt er sich niemandem auf.
So ist man immer selbst derjenige, der sich verdammt und nicht Gott, der ja, wie es im NT heißt will, dass allen geholfen wird, dass alle gerettet werden.
Aber nicht alle wollen gerettet werden.
Und das ist das Problem.
Ich denke aber auch oft, wieviel in mir verweigert sich, vielleicht unbewusst oder halbbewusst, wie groß sind unser aller Irrtümer bei bestem Meinen.
Man wird so vorsichtiger mit dem Verurteilen anderer Personen als ganzer Personen.
Darin sind aber Katholiken Spezialisten, und das ist ist widerchristlich:
Immer werden wir gemahnt, niemand zu verurteilen, sich niemandem überlegen zu fühlen, denn wir sind vor IHM alle Staub, und der Staub hat es an sich, sich für Gold zu halten und meint, das Grau sei die Farbe des Goldes und irrt und merkt den Irrtum nicht…
Vielen Dank ! Wir scheinen die Stelle ähnlich zu verstehen.
Der Verfasser sagt: „Persönlich bin ich froh, daß sich der Priester im Beichtstuhl bemüht, meine besondere Situation zu verstehen, anstatt mich mit dem Katechismus zu ohrfeigen.“ und weiter sagt der Verfasser:„Wenn ein sehr guter Seelenhirte, der den Menschen Gutes will, zu einem Homosexuellen im direkten Gespräch sagt, er will ihn nicht verurteilen, dann ist das etwas Gutes.
Folgende Begebenheiten aus meinem Leben möchte ich weitergeben: KEIN SCHERZ!
Der erste Priester, der für meine besondere Situation Verständnis hatte, bewirkte, dass ich mich hab Scheiden lassen.
Der nächste Priester, der für meine besondere Situation Verständnis zeigte, bewirkte, dass ich wieder geheiratet habe – mit dem „Segen“ der Kirche.
Wiederum ein anderer Priester, der für meine besondere Situation Verständnis zeigte, hat dazu beigetragen, dass ich zur Kommunion ging und dachte, das sei in Ordnung.
Und alle Priester hatten für meine besondere Situation soviel Verständnis, dass – wäre ich auf diesem Weg weitergegangen – ich in der ewigen Verdammnis gelandet wäre.
Und das sind alles „sehr gute Seelsorger“? Ernsthaft?
Tut mir leid, aber Jesus hat mir da was anderes zu verstehen gegeben. Die Wahrheit mag hart sein, sie mag weh tun, sie mag Opfer verlangen und auch ein Umdenken, es mag herzlos und unbarmherzig erscheinen aus unserer kleinmenschlichen Sicht – aber die Wahrheit dient meinem Seelenheil! Und nur die Wahrheit! Ich möchte keinen Seelsorger, der mir Honig um den Mund streicht, damit er selber nicht aneckt. Nein, ich will Wahrheit, damit ich umdenken und umkehren kann. In dem Sinne ist mir die Ohrfeige mit dem Katechismus lieber.
Irgendwie ist mir diese Beschreibung zu ungenau:
Was genau sagten denn die Seelsorger zu Ihrer besonderen Situation?
Sagten Sie: Ich verstehe Dich, ich verurteile Dich nicht.
Oder sagten Sie: Es ist okay, was Du machst, und wenn Du mit Deinem mann nicht mehr kannst, lass Dich scheiden?
Sagten Sie: Auch wenn Du wieder geheiratet hast, kannst Du zur Kommunion?
Das müsste man genauer wissen.
Immerhin sagte Jesus zu der Ehebrecherin: „Hat keiner dich verurteilt? dann verurteile ich Dich auch nicht.“
Er sagt dann, sie solle fortan nicht mehr sündigen, aber erst dann!
Zuerst hat er ihr zugesichert, dass er sie nicht verurteilt – ohne dass kenntlich geworden wäre, was sie selbst zur Lage denkt oder meint.
Ich finde diesen Zusammenhnag, dass kein Mensch den anderen verurteilen kann und dass daraus folgt, dass auch Jesus uns nicht verurteilt, schon bemerkenswert.
Es klingt so, als wäre er nicht nur Mensch geworden, um sich für uns zu opfern an unserer Stelle, sondern auch alleine schon dafür, dass er das gegenseitige Verurteilen der Menschen durch seine Gestalt beendet.
Bergoglio als bewegter Beweger: Geht und sucht das verlorene Schaf.
Alle suchen das verlorene Schaf. Wo ist es nur. Wo ist es nur. Warum kann es keiner finden?
Na dort, an den Rändern. Wo? Wo sind die Ränder? Ich kann sie nicht sehen.
Das Bild von dem Pontifikat “ Franziskus “ wird immer deutlicher, das heißt unklarer, verwirren-
der und unverbindlicher. Das Ergebnis der zwei Synoden mit ihren unklaren Formulierungen, führt
dazu, dass eine Art freier Glaubensraum entstanden ist. Die Bischöfe wurschteln nach Gutdünken weiter, die Priester sind in ihren Handlungen unsicher und die Gläubigen bekommen immer weni-
ger Halt im Glauben, besonders jene die nicht im Glauben fundiert sind. Große Worte sind zu hö-
ren, neuer pastoraler Stil, Geschiedene und anders geartete Menschen begleiten, Verkündigung
zeitgemäßer gestalten und Milieu mit einbeziehen. Das bedeutet nicht anderes, als die Lehre re-
lativieren, sozialisieren und menschenfreundlich zu gestalten. Sünde, Sakralität, Anbetung und
Gebote, diese Wortwendungen werden nicht mehr verwendet. Das bedeutet, durch die Aufgabe
einer deutlichen, christlichen Verkündigung, gibt die Kirche sich selber auf und versinkt in die
Bedeutungslosigkeit.
„Das Wort des Papstes ist nicht das Letzte, ist kein Definitives, das Urteil fällt, sondern das Wort, das imstande ist, das Volk Gottes zu bewegen und Prozesse anzustoßen“.
Das ist ja grundsätzlich zu begrüßen, wenn das Wort von „Papst“ Bergoglio kein Definitives ist. Dann sind seine Worte und Aussagen auch nicht zum Nennwert zu nehmen.
Und wer weiß schon mit Bestimmtheit zu sagen, ob dieser Papst wirklich Papst ist, zumal seine Wahl und das ganze Drumherum schon Ungereimtes enthielt?
Außerdem: „das Volk Gottes bewegen“ ist ein Schuß, der schnell nach hinten losgehen kann.