Magister: „Synode der Medien hat – mit Hilfe des Papstes – bereits über wirkliche Synode gesiegt“


Papst Franziskus in der Synodenaula
Papst Fran­zis­kus in der Synodenaula

(Rom) Die Syn­ode befin­det sich in der End­pha­se. Gestern konn­ten die Syn­oden­vä­ter Ände­rungs­an­trä­ge für die Rela­tio fina­lis ein­rei­chen. Heu­te haben die Syn­oda­len tagungs­frei, wäh­rend ein vom Papst ernann­tes zehn­köp­fi­ges Redak­ti­ons­ko­mit­tee das Schluß­do­ku­ment for­mu­liert, das den Syn­oden­vä­tern mor­gen vor­ge­legt wird und über das sie noch mor­gen abzu­stim­men haben. Wie genau das gesche­hen wird, gilt noch immer als unsicher.

Anzei­ge

Bei den bis­he­ri­gen Syn­oden wur­de Para­graph für Para­graph ein­zeln abge­stimmt. Drei­zehn Kar­di­nä­le-Syn­oda­len äußer­ten zu Syn­oden­be­ginn, auch im Namen „vie­ler ande­rer Syn­oden­vä­ter die Sor­ge, man zwin­ge ihnen eine Block-Abstim­mung über das gan­ze Doku­ment auf. Die Signa­le in die­se Rich­tung waren vati­kan­intern schon so stark gewe­sen, daß sie höch­ste Ver­tre­ter des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums mit einer sol­chen „Sor­ge“ an den Papst her­an­tre­ten lie­ßen. Immer­hin han­delt es sich um eine Kri­tik am Kir­chen­ober­haupt, da die­ses die Ver­fah­rens­re­geln festlegt.

Als die Sor­ge der Kar­di­nä­le öffent­lich bekannt wur­de, demen­tier­te Syn­oden-Gene­ral­se­kre­tär Kar­di­nal Loren­zo Bal­dis­se­ri. Doch wirk­li­che Klar­heit wur­de damit nicht geschaf­fen, da gleich­zei­tig  ande­re Kar­di­nä­le, die dem Papst nahe­ste­hen, ganz in Fra­ge stell­ten, ob es über­haupt ein Schluß­do­ku­ment geben wer­de. Hin­zu kamen wei­ter wider­sprüch­li­che Signa­le vom Papst selbst.

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, der das Beschwer­de­schrei­ben öffent­lich bekannt mach­te, schreibt in sei­nem jüng­sten Arti­kel, daß die Medi­en – im Zusam­men­spiel mit dem Papst – die Deu­tungs­ho­heit über die Syn­ode hät­ten. Hier sei­ne Ana­ly­se am Tag vor den Schlußabstimmungen:

Die Synode der Medien hat – mit Hilfe vieler Kirchenvertreter – bereits über die wirkliche gesiegt“

„Die Syn­ode der Medi­en hat bereits über die rea­le gesiegt. Es ist nicht wich­tig, wie die­se wirk­lich endet. Die welt­wei­te öffent­li­che Mei­nung hat bereits ihr Urteil gefällt. Mit Hil­fe vie­ler Kir­chen­män­ner.“ Mit die­ser Fest­stel­lung beginnt der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster sei­nen jüng­sten Artikel.

Die „Bom­be“ mit „auto­ma­ti­schem Demen­ti“ vom „Fleck“ auf dem Gehirn des Pap­stes habe die Medi­en der gan­zen Welt „explo­die­ren“ las­sen. Doch auch mit der Syn­ode „wird nicht gescherzt“.

„Das hat es noch nie gege­ben, daß eine sol­che Zusam­men­kunft von Bischö­fen die Titel­sei­ten der Tages­zei­tun­gen erobert und zum The­ma der Brea­king News im Fern­se­hen wird. Und doch, mit Fran­zis­kus geschieht das. Das ist eines der Mei­ster­wer­ke die­ses außer­ge­wöhn­li­chen Pap­stes“, so Magister.

Es genüg­ten weni­ge Ent­schei­dun­gen und weni­ge geschickt dosier­te For­mu­lie­run­gen, ange­fan­gen mit jenem denk­wür­di­gen „Wer bin ich, um zu urtei­len?“, das inzwi­schen zum Mar­ken­zei­chen die­ses Pon­ti­fi­kats gewor­den ist, „um in der Kir­che einen Kon­flikt ohne­glei­chen aus­zu­lö­sen und in der Welt­öf­fent­lich­keit unge­ahn­te Erwar­tun­gen in einen Umsturz der katho­li­schen Para­dig­men zu Schlüs­sel­fra­gen wie Schei­dung und Homo­se­xua­li­tät zu entfachen“.

„Überdurchschnittliche Geschicklichkeit“ des Papstes, „auf zwei Registern zu spielen“

Das Geheim­nis die­ses Erfolgs in der Kom­mu­ni­ka­ti­on „ist die über­durch­schnitt­li­che Geschick­lich­keit von Jor­ge Mario Berg­o­glio, auf zwei Regi­stern zu spielen“.

Zwi­schen der Syn­ode von 2014 und jener von 2015 „tätig­te Fran­zis­kus eine Ket­te von mehr als 50 öffent­li­chen Stel­lung­nah­men, die per­fekt mit der tra­di­tio­nel­len Leh­re der Kir­che über­ein­stim­men: gegen die Gen­der-Ideo­lo­gie, gegen die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen, die die Kom­mu­ni­on ‚ver­lan­gen‘, und sogar zugun­sten einer alten und ver­ges­se­nen Tugend, wie der Keusch­heit vor der Ehe.“ Wört­lich sag­te er mehr­fach vor Syn­oden­be­ginn: „Die katho­li­sche Leh­re ist nicht anzurühren“.

„Doch all die­ses Reden haben nicht den gering­sten Wider­hall in den Medi­en und auch nicht im Leib der Kir­che, wo hin­ge­gen die stän­di­gen Ermah­nun­gen des Pap­stes gegen die ‚Kon­trol­leu­re‘ und ‚Zöll­ner‘ ohne Barm­her­zig­keit tri­um­phie­ren und die unab­läs­si­gen Appel­le, die Türen für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und Homo­se­xu­el­le auf­zu­sto­ßen“, so Magister.

Das Spiel mit Wirklichem und Gefühltem

Der Papst wis­se um die­sen „dop­pel­ten Medi­en­ef­fekt zwi­schen Schwei­gen und Lär­men“ und er „will das so“. Und in sei­nem Schlepp­tau „sind es vie­le in der Kir­che, die das Man­tra wie­der­ho­len, daß man die Leh­re nicht ändern wol­le, son­dern nur die ‚Dis­zi­plin‘“.

Genau das mache aber vie­le ande­re stut­zig. „Es gibt auch vie­le, die dem miß­trau­en. Der Erz­bi­schof von Phil­adel­phia, Charles Cha­put, hat es im Wall Street Jour­nal schwarz auf weiß zu Papier gebracht: „je mehr man fort­fährt, mit den Wor­ten die Treue zur Leh­re zu behaup­ten, desto mehr nährt man den Ver­dacht, daß man sie mit den Taten ändern will.“ Denn, so Erz­bi­schof Cha­put, „die Pra­xis formt unwei­ger­lich den Glauben“.

„Eine Revo­lu­ti­on, die Fran­zis­kus bereits allei­ne ange­sto­ßen hat, indem er die Syn­ode vor voll­ende­te Tat­sa­chen stell­te, ist das neue Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­ren: leicht, kosten­los und super­schnell. Tech­nisch gese­hen, haben sie nichts mit der Schei­dung zu tun, doch die öffent­li­che Mei­nung hat sie bereits als sol­che klas­si­fi­ziert und ihnen als sol­che applau­diert“, so der Vatikanist.

Und soll­te „die Syn­ode soweit kom­men, die Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zu beschlie­ßen, dann wäre das nach Mei­nung vie­ler das Ende für das Dog­ma der Unauf­lös­lich­keit der Ehe“.

Zwei Drittel der Synodenväter gegen „Öffnung“ – doch was macht die Synodenregie?

Die­se Hypo­the­se sei zwar „irre­al, weil zwei Drit­tel der Syn­oden­vä­ter dage­gen sind. Wenn man aber dar­auf ach­te, wie man die Syn­ode „funk­tio­nie­ren las­se“, wie das päpst­lich ernann­te Redak­ti­ons­ko­mi­tee für das Schluß­do­ku­ment zusam­men­ge­setzt ist und wie die Infor­ma­ti­ons­po­li­tik des Vati­kans über die Syn­oden­ar­beit hin­ter ver­schlos­se­nen Türen gehand­habt wird, „ver­wun­dert es nicht, daß drei­zehn Kar­di­nä­le ersten Ran­ges schrift­lich Papst Fran­zis­kus ihre ‚Sor­ge‘ zum Aus­druck gebracht haben“. [1]Vom zehn­köp­fi­gen Redak­ti­ons­ko­mi­tee gel­ten zumin­dest sie­ben Mit­glie­der als siche­re „Kas­pe­ria­ner“ und Papst-Ver­trau­te.

Bannstrahl gegen die dreizehn Kardinäle – „Giftigster Angriff“ von Papst-Favorit Wuerl

Als das Beschwer­de­schrei­ben noch nicht ein­mal öffent­lich bekannt war, „star­te­te bereits die media­le Gegen­of­fen­si­ve gegen die drei­zehn Kar­di­nä­le“ und das mit Papst Fran­zis­kus per­sön­lich an der Spit­ze, „der in der Syn­ode inter­ve­nier­te, um die ‚kon­spi­ra­ti­ve Her­me­neu­tik‘ zu brand­mar­ken und mit dem ihm am näch­sten ste­hen­den Vati­ka­ni­sten und Freund, Andrea Tor­ni­el­li von Vati­can Insi­der, der mit dem Fin­ger auf die drei­zehn Kar­di­nä­le zeig­te und in ihnen die ‚Ver­schwö­rer‘ benannte“.

Doch, so Magi­ster, noch weit auf­schluß­rei­cher sei, was nach der Ver­öf­fent­li­chung des Beschwer­de­schrei­bens gesche­hen ist. Denn weit mehr als gegen ihn selbst, der das Schrei­ben ver­öf­fent­lich­te, „rich­te­te sich ein Sturm der Ent­rü­stung gegen die drei­zehn Unter­zeich­ner des Schrei­bens, die immer­hin unter­halb des Pap­stes die Spit­ze der kirch­li­chen Welt­hier­ar­chie reprä­sen­tie­ren“ mit Kuri­en­prä­fek­ten und Erz­bi­schö­fen aus allen Kontinenten.

„Der gif­tig­ste Angriff gegen die drei­zehn Kar­di­nä­le und sei­ne Mit­brü­der kam von einem ande­ren Papst-Favo­ri­ten unter den Kar­di­nä­len, dem Erz­bi­schof von Washing­ton Donald Wuerl, in einem Inter­view mit der pro­gres­si­ven New Yor­ker Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca“.

Die Informationspolitik des Vatikans

Pater Tho­mas Rosi­ca, Assi­stent von Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di für die eng­lisch­spra­chi­gen Medi­en, „ließ das Wuerl-Inter­view sofort unter den Jour­na­li­sten ver­tei­len zusam­men mit sei­ner begei­ster­ten Zustim­mung: ‚Ich mache mir die Aus­sa­gen Wuerls zur Situa­ti­on in der Syn­ode voll­kom­men zu eigen und möch­te sie mit Ihnen teilen‘.“

Auf Manu­el Doran­tes, den Lom­bar­di-Assi­sten­ten für die spa­nisch­spra­chi­gen Medi­en, „geht hin­ge­gen der genia­le Medi­en­coup mit dem Kind zurück, das bei sei­ner Erst­kom­mu­ni­on einen Teil der Hostie sei­nem wie­der­ver­hei­ra­te­ten geschie­de­nen Vater gab. ‚Die Geschich­te hat die Syn­oden­vä­ter gerührt‘, ver­si­cher­te er den Jour­na­li­sten. Und schaff­te es damit pünkt­lich, die Titel­sei­ten und Schlag­zei­len zu erobern. Die Syn­ode der Medi­en hat bereits über die wirk­li­che Syn­ode gesiegt“, so San­dro Magister.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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1 Vom zehn­köp­fi­gen Redak­ti­ons­ko­mi­tee gel­ten zumin­dest sie­ben Mit­glie­der als siche­re „Kas­pe­ria­ner“ und Papst-Vertraute.
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