
Freifrau Philippina von Guttenberg kämpfte als letzte Äbtissin des alten Hildegardisklosters Eibingen gegen ein antirömisches Verweltlichungs-Programm im kurfürstlichen Bistum Mainz. Ihr couragiertes Eintreten gegen die Selbstsäkularisation der Kirche vor 200 Jahren ist ein mutmachendes Zeichen für glaubenstreue Katholiken heute.
Ein Beitrag von Hubert Hecker.
In diesen Wochen erinnert die Benediktinerinnenabtei St. Hildegardis im Rheingau daran, dass die Heilige und Kirchenlehrerin Hildegard vor 850 Jahren in Eibingen ihr zweites Frauenkloster gründete. Gleichzeitig schaut man dankbar zurück auf die Neugründung und den Neubau des derzeitigen Klosters vor 110 Jahren. Schließlich ist zu verweisen auf die Aufhebung des alten Hildegardis-Klosters vor 200 Jahren. Damals hatten geistliche und weltliche Mächte die Säkularisation des Klosterlebens betrieben. Davon handelt die folgende Ausführung und wie sich eine mutige Klosterfrau dagegen wehrte:
In den Jahren von 1785 bis 1804 war Freifrau Philippina von Guttenberg mit der Leitung des damals freiadligen Benediktinerinnen-Klosters Eibingen bei Rüdesheim betraut – zunächst fünf Jahre als Priorin, danach 13 Jahre als Äbtissin. Sie war die 31. Nachfolgerin der hl. Kirchenlehrerin Hildegard. Ihr Siegelbild zeigt in einem herzförmigen Blattkranz die Rose aus dem Wappen der Freiherren von Guttenberg.
Aus alt-adliger katholischer Familie
Die altadlige Familie von Guttenberg war mit drei Linien im Oberfränkischen nahe Kulmbach beheimatet. Schon seit dem 15. Jahrhundert stellte die katholische Familie Geistliche und Amtsleute für die Fürstbistümer Bamberg und Würzburg sowie das metropolitane Kurfürstbistum Mainz. Auch der Vater der späteren Äbtissin war als Kammerherr und Obrist „über ein Regiment zu Fuß in der Legion Leyanal“ im kurfürstlichen Dienste angestellt. Im Oktober 1731 vermählte er sich in zweiter Ehe mit der Freifrau Wilhelmine Charlotte Philippine von Eberstein, geb. Freiin von Quernheim. Die älteste Tochter Philippina Agatha wurde 1734 auf dem Stammsitz der Mutter in Langendernbach / Westerwald geboren und in der damals neugebauten Barockkirche im benachbarten Frickhofen getauft. Sie wuchs mit vier Geschwistern am Wohnsitz der Familie in Mainz auf. 1754 legte Philippina von Guttenberg ihre feierliche Profess im Hildegardiskloster Eibingen ab, das im Gebiet und unter der geistlichen Aufsicht des Kurfürstentums Mainz stand.
Tochterkloster der heiligen Kirchenlehrerin Hildegard

Die heilige Hildegard hatte Eibingen 1165 als Tochterkonvent von ihrem Hauptsitz Rupertsberg gegründet. Nachdem schwedische Truppen 1632 das Stammkloster zerstört hatten, verblieb Eibingen als das einzige Haus der adligen Hildegardis-Schwestern. Nach dem 30jährigen Krieg begann ein Neuaufbau des Benediktinerinnen-Klosters: Mit dem Neubau der Kirche 1681 wurde der Drei-Flügelbau der ansehnlichen Klosteranlage abgeschlossen. Mitte des 18. Jahrhunderts, als Baronesse von Guttenberg ins Kloster eintrat, bescheinigte ein Visitationsbericht dem Konvent ein „auferbauliches klösterliches Leben“. Neben den zwölf Chorschwestern waren ein halbes Dutzend Laienschwestern vorwiegend mit wirtschaftlichen Tätigkeiten betraut. Daneben gab das Kloster einer Reihe von Mägden und Knechten Beschäftigung.
1786 war Freifrau Philippina von Guttenberg – alle Professen behielten im Kloster ihren Geburts- und Familiennamen bei – zur Priorin der Abtei bestimmt worden. Nach dem Tod der Äbtissin nur zwei Jahre später musste sie in der Vakanzzeit die Leitung der klösterlichen Familie allein übernehmen – und das unter äußerst bedrückenden Zeitumständen.
Bischöfe biederten sich dem zerstörerischen Zeitgeist der Aufklärung an
Über die Orden und Klöstern hatten sich schon seit längerem bedrohliche Wolken zusammengebraut: Von der Aufklärung infizierte Bischöfe und Geistliche polemisierten in diversen Schriften etwa seit der Jahrhundertmitte gegen die spezifisch katholischen Glaubensformen: Mies gemacht wurden Wallfahrten und Prozessionen, feierliche Gottesdienste und Andachten, Anbetung und Gregorianik, Marien- und Heiligenverehrung sowie Treue zu Papst und Tradition. Die Liturgie und Zeremonien sollten der Rationalität des Zeitgeistes angepasst werden, der Zölibat beschränkt und leichter Dispensen bei kirchlichen Vorschriften gegeben werden. Die Generalformel der aufgeklärten Kirchenreform lautete: „Auf die ‚äußeren Werke’ sollte weniger Gewicht gelegt, dagegen die ‚innere Frömmigkeit des Herzens’ gehoben werden mit dem Ziel, die öffentliche Moral und Humanität zu verbessern“ – so eine Kommission zur Vorbereitung einer Reform-Synode im Bistum Mainz von 1789. Man erkennt in diesen Programmen eine Anbiederung an den Protestantismus einerseits und eine Anpassung an den rationalistischen Zeitgeist der Aufklärung anderseits. Die Wortführer der Aufklärung lehnten eine „Ceremonial-Religion“ strikt ab und wollten nur in der moralisch-ethischen Ausrichtung die alleinige Legitimation für Religion sehen. Es ist klar, dass unter diesen Aspekten die Orden als Träger der kernkatholischen Lehre, Liturgie und Tradition den aufgeklärten Kirchen-Modernisten ein Dorn im Auge waren.
Anpassung an den Zeitgeist der Aufklärung in Mainz

Im kurfürstbistümlichen Mainz wirkten besonders radikale Aufklärer in die Kirche hinein. Friedrich Karl Joseph Freiherr von Erthal war 1774 zum Mainzer Kurfürstbischof bestimmt worden. Er betrieb mit seinem Weihbischof Valentin Heimes im Bistum einen aufgeklärt-kirchlichen Kahlschlag josephinischen Ausmaßes: 1781 hob der Mainzer Kirchenfürst drei reichbegüterte Abteien per Edikt auf und enteignete die Klöster zugunsten des Mainzer Universitätsfonds. Die Mönche und Nonnen der Karthause zu Mainz sowie von St. Clara und Altmünster wurden auf andere Ordenhäuser verteilt. Von Erthals Ziel war es aber, das Ordenswesen gänzlich auszulöschen, denn er erklärte, „die Klosterkleidung nicht mehr sehen zu wollen“.
Von Erthal selbst präsentierte sich ebenfalls meist in nichtkirchlicher Kleidung: Auf fürstlichen Repräsentationsbildern (siehe Bild) ließ der Mainzer Kurfürst alle weltlich-staatlichen Herrschaftsinsignien in den Vordergrund stellen: Der Hermelinmantel sollte die kurfürstliche Vorrangstellung des Mainzer Fürstbischofs als Erzkanzler des deutschen Kaiserreichs unterstreichen und damit den Anspruch auf Teilhabe an der kaiserlichen Reichsmacht. Unter dem Hermelin-Umhang trug er den damals üblichen kurfürstlichen Purpur-Mantel. Zu den Inisgnien seiner weltlichen Herrschaft gehörte auch der auf dem Tisch liegende Kurhut.
Weltlich-herrscherlicher Anspruch kommt in dem Säulenansatz im Bildhintergrund zum Ausdruck – zusammen mit dem schweren Brokatvorhang ein Arrangement, das seit den Zeiten Ludwigs XIV. für weltliche Fürsten als Symbol absolutistischer Herrschaft galt.
Bei diesem Herrschaftsaufzug wirkt das Schmuckkreuz auf der Brust des Potentaten nur mehr als Dekorationselement. Dagegen wollte der Fürstbischof die spezifisch kirchlich-bischöflichen Insignien wie Mitra und Bischofsstab offensichtlich nicht auf dem Bild gezeigt haben. Der fürstliche Prälat zeigte in seinem äußeren Aufzug das aufklärerische Programm einer Selbstsäkularisierung der Kirche.
In solchem barockfürstlichen Stil zeigte sich der Mainzer Potentat sowie seine Stellvertreter, der Weihbischof und Generalvikar, auch bei kirchlichen Dienstreisen – etwa zur Wahl und Bestätigung einer neuen Äbtissin im Kloster Eibingen am 20. Juli 1791: Der bischöfliche Reisezug wurde angeführt von einem Gardereiter, dahinter ritten oder schritten Sekretäre und Hof-Bedienstete in Gala-Uniformen, dann kam der prachtvolle Hof-Gala-Wagen, von sechs aufgeschmückten Pferden gezogen; den Abschluss bildeten ein oder zwei Reisewagen mit Gepäck und Kammerdienerschaft.
Die Kirche ordnet sich dem Aufklärungsprogramm des Staates unter
Aus dieser Bildrepräsentation eines Potentaten in der staatlich-kirchlichen Doppelrolle als Kurfürst und Erzbischof lässt sich als Herrschaftsverhältnis erschließen, dass die Funktion der fürstlichen Landesherrschaft eindeutig den bischöflich-kirchlichen Status und dessen Aufgaben dominierte, wenn nicht darin aufgehoben sein sollte. Damit ist das Aufklärungsprogramm des Staatskirchentums angedeutet, das von dem Trierer Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim unter dem Pseudonym Justinius Febronius 1763 in die Welt gesetzt worden war. Demnach hätte der Staat die Führungsrolle darin, durch geistige und sittliche Leitung „Licht in Verstand und Herz“ der Untertanen zu bringen und damit ihrer wahren Glückseligkeit als Bestimmung des Menschen zuzuführen. Die Kirche hätte sich diesem staatlich-aufgeklärten Volksbildungsprogramm einzufügen und ihren gesamten Aufbau, ihre Instutionen, Lehreinrichtungen sowie Lehrinhalte auf diesen Zweck zur Humanisierung der Menschheit neu auszurichten. Dieser innerkirchliche Umwandlungsprozess der Kirche in eine sittliche Volksbildungsanstalt sollte von der Regierung gelenkt und überwachst, also im Staatskirchentum verwirklicht werden – ebenfalls eine protestantische Erfindung. Es ist klar, dass alle autonomen Orden, aber insbesondere die klassischen Benediktiner-Orden in diesem rationalistischen und utilitaristischen Reformprogramm als Störfaktoren angesehen wurden.
Der Mainzer Erzbischof Joseph von Erthal begann 1787 mit einem Umwandlungsprogramm für die noch bestehenden Ordenseinrichtungen. In jenem Jahr erteilte er allen Frauenklöstern in seinem Erzbistum den Befehl, die klassischen, lateinisch-gregorianischen Chor- und Messgesänge abzustellen und in den Konventsmessen ausschließlich das neue deutsche Gesangbuch zu benutzen. Im nächsten Jahr ließ er den Benediktiner-Pater, der die geistliche Führung des Klosters Eibingen innehatte, durch einen Weltgeistlichen ersetzen, der unmittelbar unter der Aufsicht und Führung des Mainzer Generalvikariats stand. Schließlich verweigerte der Mainzer Kirchenfürst drei Jahre lang die Neuwahl einer Äbtissin, um bei dem gezielt ohne eigene Führung bleibenden Konvent leichter mit seiner erklärten Absicht durchzudringen, das Ordenskloster aufzuheben bzw. in ein freiadliges Stift umzuwandeln.
Ein nationalkirchlicher Möchtegern-Papst in Mainz

Schließlich war das Wirken des Mainzer Fürstbischofs im Zeitgeist der Aufklärung durch ein antirömisches Programm des Episkopalismus geprägt. Diese Bestrebungen knüpften an die lange Tradition des nationalkirchlichen Gallikanismus’ in Frankreich an, nach dem die Bischöfe der Landeskirche in ihrer geistlichen und juristischen Macht gegenüber Papst und römischer Kurie ebenbürtig, wenn nicht gewichtiger sein sollten. Bei einer Zusammenkunft in Bad Ems (1786) stellten die Kurfürsten und Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier sowie der Salzburger Freimaurer-Erzbischof und Primas Germaniae, Graf Colloredo, einen umstürzlerischen Forderungskatalog auf. Nach diesem antirömischen Programm sollte der Status des Papstes auf die Oberaufsicht eines Ehrenprimas zurückgestuft werden, die jeweiligen Ortsbischöfen die volle geistliche Gewalt über alle katholische Untertanen und kirchliche Personen in ihrem Bistum erhalten und die erzbischöflichen Metropolitan-Kirchenfürsten als kleine nationalkirchliche Papst-Darsteller die volle geistliche Jurisdiktion und Dispensgewalt erhalten. Päpstlich-kuriale Verfügungen sollten nur bei ausdrücklicher Akzeptanz durch die Ortsbischöfe verbindlich sein – also generell unverbindlich. Von Mainz kam der Vorschlag, den Zölibat zur Disposition zu stellen, was aber die anderen Erzbistümer ablehnten. Die Orden sollten vollständig von den in Rom residierenden Generaloberen und Generalkapitel getrennt werden, d. h. vollständig unter der Gewalt des jeweiligen Ortsbischofs stehen.
Umwandlung des Klosters in ein säkularisiertes Stift
Mit Datum vom 20. Julius 1789 ließ der Mainzer Erzbischof von Erthal der in Vakanz amtierenden Priorin vom Kloster Eibingen, Philippina von Guttenberg, folgendes ausrichten: „Da Ihro kurfürstlichen Gnaden geneigt sind, die beiden Jungfräuliche Kloster Eibingen und Schmerlenbach in ein adliges Damen-Stift umzugestalten“, so hätte sie die beiden geistliche Räte „bey Gelegenheit der ihnen gnädigst aufgetragenen Visitation“ in der besagten Hinsicht tatkräftig zu unterstützen. Die beiden Räte waren angewiesen, es „auf eine geschickliche Art so einzuleiten, dass die Conventualinnen mit dieser Umgestaltung selbst zufrieden seyn oder gar eigends dazu anstehen mögen“. Der Mainzer Kirchenfürst glaubte, durch die vorherige Hinauszögerung der Äbtissin-Wahl mit einer amtsschwachen Priorin leichtes Spiel zu haben für seine Kloster-Säkularisierung. Damit hatte er sich aber bei der Klostervorsteherin Philippina von Guttenberg gründlich verrechnet.
Geschickte Strategie der Äbtissin

Schon dem neu eingesetzten Weltgeistlichen als Vertreter und Spion der Mainzer Kurie hatte die Priorin jegliche Einsicht und Aufsicht über die Klosterverwaltung verbeten. Ihre entscheidende Strategie aber bestand darin, dass sie die Schutzrechte des Kurfürsten von der Pfalz in Anspruch nahm und gegen das unrechtmäßige Aufdringen des Mainzer Großfürsten ausspielte. Das Kloster Eibingen lag zwar im Mainzer Gebiet und unterstand damit der Jurisdiktion des erzbischöflichen Kurfürsten, die meisten Klosterbesitzungen aber lagen im Gebiet der Kurpfalz. Darüber hinaus gingen Kloster und Besitzungen auf eine kurpfälzische Stiftung zurück und waren im 14. Jahrhundert mit Brief und Siegel unter den Schutz der kurpfälzischen Fürsten gestellt worden. Priorin von Guttenberg stellte in einem Schreiben vom 7. Januar 1789 an den Kurfürsten von der Pfalz die dringende Bitte um Schutz gegen Kur-Mainz. Als im Sommer 1789 eine kurmainzische Visitation mit dem Ziel der Säkularisierung drohte, entschloss sich die Priorin, das Archiv des Klosters in kurpfälzische Lande zu bringen – und zwar auf das Rathaus nach Alzey. Die geistlichen Visitationsräte gerieten in „Ungesthüm“, als sie von der Verlagerung des Klosterarchivs erfuhren, da damit den aufgetragenen Säkularisationsplänen der dokumentarische Eckstein entzogen war. Trotzdem versuchten sie mit Drohungen und Versprechungen jede einzelne „Klosterfräulein“ zur Einwilligung zu bearbeiten: Bei Umwandlung des Klosters in ein Damenstift würden die Frauen vom Chorgebet sowie dem Tragen der Ordenskleidung dispensiert. „Aber samtliche Fräulein blieben dagegen standhaft und auch die Fräulein Priorin ließ sich nicht bewegen, das Archiv wieder herbeischaffen zu lassen“, heißt es in dem Visitationsbericht der Prälaten. Aus einem Brief der Gräfin Charlotte von Eltz weiß man, dass die Standhaftigkeit der Klosterfrauen im Bistum Mainz respektvoll die Runde machte. Noch während der Visitation ging ein Schreiben der kurpfälzischen Regierung in Mainz ein, in dem die Kurpfalz mit Bezug auf die Stiftung „ehevoriger Pfalzgrafen“ ihre Rechte als Schutzherr des Klosters Eibingen geltend machte.
Im Sommer 1791 erfolgte ein erneuter Versucht des Mainzer Generalvikars, mit Versprechungen und düsteren Drohungen das Kloster abzuwürgen. Man erreichte bei einer förmlichen und druckvollen Befragung jedoch nur, dass sich ein Klosterfräulein dem Ansinnen des Erzbischofs unterwarf – „nicht ohne sichtbaren Unwillen der übrigen“. In dieser bedrückenden Situation entschloss sich die Priorin Philippina von Guttenberg, auf ein Angebot der kurpfälzischen Regierung einzugehen und den Eibinger Konvent in das ehemalige Jesuitenkolleg in Niederingelheim zu verlegen. Ende Juni waren die ersten Möbel- und Kornfuhren für die Übersiedlung gepackt, da endlich signalisierte Mainz ein Einlenken mit der „gnädigsten Gestattung einer Äbtissinwahl“. Damit waren dann auch die Umwandlungspläne vom Tisch. Die Priorin nahm von ihren Umzugsplänen Abstand, zumal bei diesen Absichten auch eine Spaltung des Konvents eingetreten war.
Der Mainzer Großfürstbischof muss klein beigeben

Kurfürst von Erthal hatte den 20. Juli 1791 für die Wahl der neuen Äbtissin von Eibingen angesetzt. Der Generalvikar Freiherr von Redwitz leitete den geistlichen Wahlakt im Kloster höchstselbst. Aber nach drei Wahlakten war von den zehn wahlberechtigten Professen kein Ergebnis mit kanonischer Mehrheit zustande gekommen. Der Zwiespalt im Konvent, der sich bei den Umzugsplänen zum ersten Mal gezeigt hatte, wirkte sich nun bei der Wahl aus. Erst unter der drohenden Perspektive, dass damit der Kurfürst das Recht hätte, eine Äbtissin zu bestimmen, einigten sich die Klosterfrauen in einem vierten Wahlgang einstimmig auf die bisherige Priorin, Freifrau Philippina von Guttenberg, als neue Äbtissin. Der Generalvikar übergab ihr mit dem Äbtissinnenstab alle Vollmacht „in Spiritualibis und Temporalibis“. Nachdem die „erwählte Äbtissin des adelich-jungfräulichen Klosters zum Berg des heiligen Ruperts und in Eibingen“ – so der offizielle Titel – gegenüber dem Erzbischof in Mainz den Treueid geschworen hatte, nahm die Neuerwählte auf dem Abteistuhl das Gelöbnis der „obedientia usque ad mortum“ von jeder einzelnen Chor- und Laienschwester entgegen.
Die Revolution der Aufklärung zeigt ihre hässliche Kriegsfratze
Der neuen Äbtissin war es nur wenig länger als ein Jahr vergönnt, das Kloster in ruhigen Zeitläuften zu leiten. Am 21. Oktober 1792 fiel Mainz in die Hände französischer Revolutionstruppen und schon zwei Tage später begannen die Aufdringlichkeiten und Plünderungen französischer Soldaten. Anfang November plünderte eine Franzosen-Soldateska das Kloster und führten 105 Sack Korn und 600 Zentner Heu nach Mainz. Mit der Ausbreitung französischer Soldaten und Ideen auch in kurpfälzischem Gebiet weigerten sich immer mehr Pächter von Klostergütern, ihre pflichtmäßigen Abgaben zu leisten, bis die preußischen Truppen die französische Raubarmee wieder zurücktrieb. In diesen Zeiten wurde das Kloster Eibingen zum Asyl für deutsche und französische Flüchtlinge und sogar für Amtsleute aus der Kurpfalz. Die Haus- und Gutzerstörungen durch die Franzosen wurden repariert.
Der Seperatfrieden zwischen Preußen und Frankreich am 5. April 1795 brachte kaum eine Atempause im Krieg, denn die linksrheinischen Gebiete, auf denen die Klostergüter lagen, waren weiterhin den Drangsalierungen französischer Stoßtrupps ausgesetzt. 1797 ging der Krieg an allen Fronten weiter und damit die Bedrängnisse für das Kloster selbst: Seit 1793 hatte das Kloster sich laufend an „Fuhrfronden“ für Kurmainz, Franzosen und Preußen zu beteiligen. Man musste Wein, Leinen und alles entbehrliche Kirchensilber liefern. Durchziehende kaiserliche Truppen nahmen die Kühe mit aus dem Stall, trotzdem wurden ständig neue Kriegssteuern und Kontributionen verlangt. Am Ende des Jahrhunderts war in das ehemals reiche Kloster der Hunger eingekehrt: “Wir würden gern Gerstenbrod essen wollen, wenn wir es nur hätten“, heißt es in dem Brief einer Konventualin. „Wir haben weder Frucht noch Holz noch Mehl noch Geld und nicht einmal Kredit mehr.“
Habgierige deutsche Fürsten stürzen sich auf die kirchlichen Besitztümer
Mit dem Frieden von Luneville am 9. Februar 1801 waren zwar die Kämpfe zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich zuende, aber die Friedensbedingungen brachten neues und schlimmeres Ungemach über das Kloster. Der neue Franzosen-Führer Napoleon hatte die deutschen Fürsten als Ersatz für die geraubten linksrheinischen Gebiete auf die Kirche verwiesen: Sie sollten sich an deren Herrschaften und Besitz schadlos halten. Die Übernahme der politischen Herrschaft in den Fürstbistümern, also die politische Herrschaftssäkularisation, war nicht weiter zu beanstanden und sogar förderlich für die Kirche, indem sie von der reichskirchlich-politischen Herrschaft „entweltlicht“ wurde. Im konkreten Fall musste der Mainzer Erzbischof seinen Hermelin-Mantel ablegen, damit er sich mit Mitra und Hirtenstab besser um die geistlichen Belange seines Bistums kümmern konnte.
Dagegen waren die Vermögens-Säkularisationen bei kirchlichen Besitztümern als entschädigungslose Enteignungen und insofern als unrechtmäßige Raubakte zu werten. Das gilt umso mehr, als diese kirchlichen Immobilien und fromme Stiftungen nicht in den Staatsbesitz eingebracht, sondern dem persönlichen Eigentum des jeweiligen Fürsten einverleibt wurden – mit der Folge, dass im Herzogtum Nassau etwa die jährlichen Einnahmen aus den herzoglichen Domänen höher ausfielen als die staatlichen Steuereinnahmen.
Fürst Karl Wilhelm von Nassau-Usingen, residierend in Wiesbaden-Biebrich, wartete erst gar nicht den Abschluss der Länderschacher-Verhandlungen im Reichsdeputationshauptschluss in Regensburg ab, sondern stellte schon im Herbst 1802 an die Rheingauer Klöster Eberbach, Eibingen, Tiefenthal, Gottesthal und Marienhausen Besitzansprüche, da sie in dem Gebiet geistlicher Herrschaften lagen, deren Übernahme ihm signalisiert worden war. Der nassauische Fürst ließ auch die ökonomischen Gegebenheiten des Klosters Eibingen aufnehmen – mit dem Ergebnis, dass die Passiva des Klosters die Aktiva um 9.530 Gulden überstieg. Deshalb hatte es der habgierige Fürst mit der endgültigen Übernahme von Eibingen auch nicht so eilig wie etwa bei dem benachbarten ertragreichen Kloster Eberbach, bei dem er sogleich nach Abschluss der Reichsverhandlungen 1803 mit der völligen Enteignung und Vertreibung der Mönche zuschlug. In Eibingen ließ der nassauische Fürst zunächst alles beim alten – außer dem Verbot, Postulantinnen als Novizen aufzunehmen: Er wollte das Kloster aussterben lassen.
Die Äbtissin von Guttenberg stirbt vor der endgültigen Klosteraufhebung
Der Äbtissin war es in den letzten Lebensjahren noch vergönnt, in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klosters eine gewisse Gesundung zu sehen. Im Frühjahr 1804 stand die Eibinger Konventsvorsteherin Freifrau Philippina von Guttenberg im 70. Lebensjahr und sah ihrer goldenen Professfeier im Sommer des gleichen Jahres entgegen. Da erkrankte sie im März an einer schweren Lungenentzündung und entschlief am 24. März 1804, dem Samstag vor Palmsonntag, „ganz sanft und gottselig im Herrn“. Die Begräbnisfeierlichkeiten leitete der abgesetzte Vorsteher der nahen Abtei Eberbach, Pater Leopold von Rüdesheim, womit der letzte Abt von Eberbach die letzte Äbtissin von Eibingen zu Grabe trug.
Das Einstehen der Klosterfrauen für den kernkatholischen Glauben in der aufgeklärten Abbruchzeit: ein mutmachendes Glaubenszeugnis für den neuen Aufbruch der Kirche

Am 12. Februar 1814 unterzeichnete Herzog Friedrich August von Nassau das endgültige Aufhebungsdekret, das Zerstörungsurteil für das altehrwürdige Kloster Eibingen. Die nassauische Regierung ließ Kloster und Klosterkirche vollständig ausräumen und an die im gleichen Jahr wiederaufgebaute Rochus-Kapelle in Bingen verkaufen. Das Rochus-Kirchlein hatte schon 1795 das Zerstörungsschicksal durch die Kampfparteien in den Revolutionskriegen erlitten. Mit dem Wiederaufbau der Pest-Votivkirche durch die Bingener Rochus-Bruderschaft und der Wiederaufnahme der Rochus-Wallfahrten war aber zugleich auch ein Signal gesetzt, das das Ende der aufgeklärten Selbstzerstörung der Kirche einläutete und einer neuen Frömmigkeitskultur Platz machte, die sogar Goethe beeindruckte: Der Dichterfürst beschrieb wohlwollend Prozessionen und Reliquienverehrung zum St. Rochus-Fest am 16. August 1814, später stiftete er selbst ein Gemälde für die Rochus-Kapelle.
Das Eibinger Hildegardis-Kloster hatte also mit seinen übertragenen Einrichtungen passiv mitgeholfen, dass in der Rochus-Verehrung ein Keim gelegt wurde für eine neue kernkatholische Glaubenskultur, die in der ultramontanen Bewegung dreißig Jahre später zu sichtbarer Breite und Blüte herangewachsen war – etwa in der Heilig-Rock-Wallfahrt von 1844 mit 1,2 Millionen katholischen Pilgern. Neben dieser passiven Hilfestellung sollte erst recht die aktive Haltung des Eibinger Konvents unter der Führung der couragierten Äbtissin Philippina von Guttenberg gewürdigt werden, die in ihrem mutigen Einstehen für die Kernwerte des katholischen Glaubens schon während der kirchlich-aufgeklärten Abbruchzeit zum Ende des 18. Jahrhunderts ein mutmachendes Glaubenszeugnis und Vorbild für den neuen Aufbruch der Kirche im 19. Jahrhundert gegeben hatte.
Als späte Frucht dieser Kirchenblüte stiftete im Jahre 1900 Fürst Karl Heinrich zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg ein neues Kloster für Eibingen, das bis 1904 oberhalb des alten Klosteranlage gebaut und von Benediktinerinnen der Abtei St. Gabriel in Prag besiedelt wurde.
Hauptquelle für diesen Artikel: Philippine von Guttenberg. Die letzte Äbtissin von Eibingen vor der Säkularisation, von Adelheid Simon O.S.B., in: Lebens- und Kultur-Bilder aus der Geschichte des fränkischen Geschlechts von Guttenberg, zusammengestellt und herausgegeben von Wilhelm Engel, in: Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, 12./13. Band, Ferdinand Schöningh, Würzburg, 1958
Text: Hubert Hecker
Bild: Katholikenkreis/Wikicommons/AK Ansichtskarten
Komisch mir fallen spontan 2 Namen ein: „Kurfürst und Kanzler“ Helmut Kohl und sein Adept und Mainzer Erzbischof, der Kirchenzerstörer Lehmann.
Eine prachtvolle Männerfreundschaft gegen Rom !
Ein sehr guter und höchst aktueller Artikel. Eine sehr treffliche Analyse des Erthal-Porträts! Hoffen wir, dass in Rom bald wieder Verhältnisse herrschen, die einen neuen Ultramontanismus ermöglichen.
Der Philosoph Robert Spaemann über die richtige Fortschritts-Strategie:
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„Darum muß jeder fortschrittliche Christ „konservativ“ und „traditionalistisch“ sein.
Das heißt, er muß
die Überlieferung – die „traditio“ – der Apostel sorgfältig bewahren („conservare“) und weitergeben. „Bleibe bei dem, was du gelernt hast und womit du vertraut bist“ (2 Tim 3,14), ermahnt der heilige Paulus den Timotheus.
(Das Wort „konservativ“ ist ebenso vieldeutig wie das Wort „fortschrittlich“. Seine Bedeutung hängt davon ab, was jemand bewahren will.)
Wenn jedoch die Kirche oder der einzelne Christ sich entfernt haben von dem Ursprung ihres Lebens und ihrer Kraft, müssen sie einen Schritt zurück tun – auch auf die Gefahr hin, als „rückschrittlich“ verschrien zu werden. „Kehrt um!“ – so beginnt die Predigt des Herrn ebenso wie die Johannes‘ des Täufers. „Kehre zurück!“ – so spricht Gott immer wieder zu seinem Volk im Alten Bund. „Ich will das Verirrte zurückbringen“, so lautet seine Verheißung (Ez 34,16). Echter Fortschritt macht manchmal Kurskorrekturen notwendig und unter Umständen auch Schritte zurück.
Alle Reformen der Kirche waren immer auch Rückgang zu den Quellen.“
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Naja, allein die Deutung der Beffchen ist mehr als fraglich. Sie gehörten damals zur Kleidung der Geistlichen unabhängig vom Bekenntnis dazu. In Frankreich trugen kath. Priester bis weit ins 19. Jh. hinein Beffchen. Säulen und Brokatvorhänge finden sich auch auf Heiligenbildern jener Jahre.
Also mit etwas weniger Verve und Beschränkung auf bekannte Fakten hätte es ein interessanter Artikel werden könnten.
Guter Hinweis! Es wäre interessant, ob die Bildersprache der Porträts von Kirchenfürsten jemals vergleichend untersucht worden ist. Ich vermute mal, auch in früheren Jahrhunderten wird man genug prachtvolle Selbstinszenierungen finden, da sich viele dieser Herren auch als weltliche Herrscher verstanden haben.
Ich erinnere mich an ein Bild des Kurfürst und Doppel-Erzbischof Albrecht von Brandenburg. Der trug zwar seine zwei Pallien, Mitra und Bischofsstab. Aber die Gewänder waren überaus prächtig und zeigten klar: Hier sieht man einen Kirchen-„Fürst“!
Es mag von Kardinal Richelieu kein Porträt in solch weltlichen Kleidung gegen, aber „geistlicher“ wird er dadurch nicht.
Und Zwei Klöster aufzuheben, um mit deren Besitz eine Universität zu finanzieren, ist mir immer noch lieber, als wenn er es, wie mancher seiner Vorgänger, für Schlösser oder prächtige Pferde verbraten hätte.
„Hofgarden“ und ähnliches Parademilitär gab es damals übrigens auch auf päpstlichen „Hof“.
Sehr richtig. Aber was soll man von einem Artikel halten, der mit verallgemeinerdenden Scheltworten wie „Im kurfürstbistümlichen Mainz saßen damals die schlimmsten Modernisten.“ aufwartet. Das ist doch vollkommen unwissenschaftlich. In keinem historischen Seminar kommt man heute mit solchen Pauschalisierungen durch.
Das Beffchen wurde im 17., 18. Jh. in Norditalien, Deutschland, Frankreich auch vom katholischem Klerus getragen. Es war keine „Erfindung“ oder kein „Ausweiszeichen“ der Protestanten, nur haben es eben Lutheraner und Reformierte bis heute beibehalten. Die carissimi (Schulbrüder) in Italien tragen es bis heute:http://www.pramzanblog.com/2009/01/echi-del-premio-santilario.html
weiters:
„Der unter dem Hermelin getragene Purpur-Talar wäre – als kirchliche Kardinalskleidung interpretiert – eine Anmaßung für den Mainzer Erzbischof: “
Anmaßend ist eher die Unkenntnis des Autors diesbezüglich. Das ist kein Purpur-„Talar“ sondern ein Übermantel (vergleichbar mit dem Mantellone in Rom am päpstlichen Hof.) Darunter trug er den Talar (in schwarz) Auch die Kurfürsten von Trier und Köln trugen ihn in zinnoberrot. Bereits lange bevor man in Rom den Kardinalspurpur im 15 Jh. normiert hat. Und zur Zeit Erthals unterschied sich das Rot seines Ornats sehr wohl vom Rot eines Kardinales, welches damals viel dünkler war als das seinige.
Geehrter Herr Ratkaj, Sie sind der Einzige, den ich fragen kann, nachdem ich schon vergeblich via google versucht hatte, eine Antwort zu finden …: In einem kurzen Original-Filmfragment, aufgenommen im Rahmen der Feierlichkeiten zur Seligsprechung Papst Innozenz‘ XI. durch Pius XII., fiel mir eine Szene auf, in welcher Pius XII. (in Chorkleidung[?], also in Rochett und roter, hermelinbesetzter Samt-Mozetta mit Stola, heute „geächtet“, ich sage sogar: im Grunde ganz zurecht! denn Pius XII. war ein würdiger Träger […]), in welcher also derselbe wohl durch den Chorraum von St. Peter schritt, von Berninis Kathedra Richtung Papstaltar; auf den Bänken die Kardinäle, glaube, in Cappa magna. Was ich nun sehr interessant fand, ein für mich völlig ungewohntes Bild – WENN ich das richtig beobachtet habe: die Kardinäle schienen ihr Gesicht, sich leicht verbeugend, vom schreitenden Papst abzuwenden! Habe ich das richtig gesehen; was hat es damit auf sich, welche Bedeutung hatte dies?
…zumal der Begriff „Modernismus“ erst durch Pius X. in die Welt gesetzt wurde und überdies so unscharf ist, dass man ihn als Kampfbegriff jedem überbraten kann, inzwischen offenbar sogar auch noch posthum über Jahrhunderte hinweg.
Gab es im Mittelalter auch schon Modernisten?
GW:
Sie meinen diese Aufnahmen:
https://www.youtube.com/watch?v=L2p6MTMXLVM
Nun, das liegt einfach daran, daß links und rechts keiner der Kardinäle (nicht in cappa magna sondern hier in Mozzetta und darunter die Mantelletta) ein Prie-dieu vor sich hat. Sie könnten daher gar nicht knien wenn sie sich nicht Richtung Bank beugen würden (bes. die Älteren würden dies minutenlang niemals durchhalten so lange Zeit). Die Platzverhältnisse ließen in diesem Fall nichts anderes zu als so sich zu halten.
Ab min 1:10 sehen sie im spanischen Kragen Don Giulio Sacchetti, marchese di Castel Romano e di baldacchino. Verstorben 2010 in Rom. von 1968 bis 2002 delegato speciale der päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt (in diesem Amt rangmäßig der höchste Laie an der römischen Kurie). Er hat einige Jahre vor seinem Tod ein sehr schönes Buch über seine Zeit am römischen Hof verfasst, vieles was im Zeremoniell heute ganz im Nebel der Vergessenheit geraten ist und Nachgeborene nur aus solchen kurzen Sequenzen aus YT kennen beschreibt er mitunter schön anschaulich darin. Don Giulio Sacchetti ist ein sehr erudierter Mensch gewesen, man liest nicht Klatsch oder derlei darin sondern es ist eine Art Essay über die Kultur des römischen Hofes verwoben mit autobiographischen Bezügen und der Geschichte seiner Familie, welche Jahrhunderte dem römischen Papsttum diente. Titel: Segreti RomanI: http://www.lafeltrinelli.it/libri/giulio-sacchetti/segreti-romani/9788880166863
Übrigens: Seitlich von ihm auf der Bank der kniende Kardinal Canali (gest. 1961), auch kurz ab 0.50 zu sehen.
@ J.G.Ratkaj:
Vielen Dank – ja, exakt das meinte ich; klar, keine cappa magna – hatte die Sequenz vor Längerem mal innerhalb der sehr interessanten RAI 3‑Doku ‚Pio XII – L’Ultimo Principe di Dio‘ gesehen, konnte mich an die Détails nicht mehr genau erinnern. Dieses scheinbare Sich-Abwenden, was also auf ganz banale Ursache zurückzuführen ist, hatte ich wohl in Zusammenhang gebracht mit der alten (auf mich „Nachgeborenen“ natürlich erstmal sehr merkwürdig wirkenden) Regel (jedenfalls, wenn ich nicht auch da einer Fehlinformation aufsitze!?), daß ein Kardinal nur … „verdeckt“ der Zelebration eines seiner Mitbrüder des Sacro Collegio beiwohnt, etwa durch einen Vorhang / ein Gitter abgetrennt (stimmt das wirklich? und was sollte dadurch zum Ausdruck gebracht werden?). – Schade, daß ich kein Italienisch kann (verstehe immer nur so „einzelne Brocken“ …); das Buch von Don Sacchetti gibt’s leider nicht in Übersetzung …
… wen ich noch sehr beeindruckend finde (mit Augenklappe – mußte lange recherchieren, um auf seinen Namen zu kommen), ist der Gran Maestro del Sacro Ospizio e VII principe di Cerveteri, Principe Alessandro Ruspoli
http://i50.tinypic.com/1z69ht2.jpg
… tja, man kann trefflich darüber streiten, ob & wie man in den 60ern sehr, sehr behutsam[!] vielleicht … möglicherweise hier & da allzu überbordendes, allzu zeitbedingt-höfisch-hochbarockes Zeremoniell wieder etwas mehr … ‚auf das Wesentliche‘ hätte bringen können oder sollen; was aber G.B. Montini da „veranstaltet“ hat, ein fast schon zornig-tobendes Drein- und Kahlschlagen, das kann mich nur mit Abscheu und Entsetzen erfüllen. Da war, so wirkt es auf mich ‚in foro externo‘, doch nicht nur ‚echte, tiefe Liebe‘ im Spiel, sondern ganz andere Motive (Anbiedern … Sozialismus … & dieses furchtbare Konstrukt des „Menschen von heute“! als wäre an diesem irgendetwas anders als an dem vor 1ooo, vor 1o ooo und selbst vor 1oo ooo Jahren; so ein arroganter Zeit-Chauvinismus …), und ein unglaublicher Furor, wie ja auch beim ‚Novus Ordo‘ – paßt alles ins Bild. Wenn ich etwa lesen muß, daß ihn der damalige Kommandant der Schweizer Garde nur mit Tränen in den Augen so gerade noch davon abhalten konnte, auch noch diese Garde, die doch beim ‚Sacco‘ so tapfer gekämpft hat bis auf den letzten Mann, einfach per Federstrich abzuschaffen (um was für ein „Zeichen zu setzen“?) … – so handelt doch nicht einer in tiefer, in sich ruhender Liebe, aus echter, souveräner Größe & heiter-entspannter Gelassenheit heraus; nein, das ist doch nur noch eine, wie ich finde, zutiefst unkatholische, unrömische (schon fast calvinistisch-bilderstürmerische!?) eifernd-aggressive Verbissenheit … – und was hat’s, im Übrigen, gebracht?? Die „getrennten Brüder“ sind ja echt in Heerscharen zurückgekehrt …
@ zeitschnur: Bitte-bitte nicht immer „auf uns formal-liturgisch-zeremonielle Mozetta-Puristen“ so schimpfen (das schmerzt zutiefst^^), nein, im Ernst … natürlich, klar, daß immer der Blick auf das …
… Wesentliche – auf Christus Selbst – gilt (Sie wissen ja, daß ich in dieser Hinsicht ganz Ihrer Meinung bin! ‚Inhalte, Sein, Wahrheit, Wirklichkeit – und nicht [nur] Schein!‘); und daß es nicht unwahrscheinlich ist, daß wieder Zeiten kommen werden, wo, womöglich, aus Not nur mit einfachsten oder zerschlissensten Paramenten buchstäblich „in den Katakomben, in der Kanalisation“ das hl. Meßopfer wird dargebracht werden müssen. – Dieser ‚Purismus‘ (wie auch der b.d. Rechtschreibung!) ist bei mir natürlich auch eine, ich hoffe, sehr verständliche, deutliche und manchmal geradezu empört-provozierend-protestierende (und nicht bloß ‚aesthetizistische‘) Gegenreaktion nicht nur auf diesen entsetzlichen ‚horror missae‘ (fast) allerorten (bin nachgerade „traumatisiert“ dadurch – Erstkommunion, „Kindermessen“, Firmung … Sie wissen schon, diese „Lieder“ zum Beispiel … – war wirklich schrecklich; ich glaub, ich sollte dieses frühkindliche Ur- & Lebenstrauma einmal mit psychotherapeutisch-professioneller Hilfe gründlich aufarbeiten, alleine ist das ja kaum zu schaffen … [sarkastischstes Grinsen!^^]); also auf diesen ganzen grauenhaften Niedergang jeglicher schöner Form und echter Kultur (damit einhergehend auch von Sitte, Anstand & Moral!) in allen Bereichen, ja nicht nur in der Kirche (jedoch … nein, stimmt nicht ganz! in ‚gewissen, sehr erfolgreichen, pseudo-konservativen & pseudo-elitären Kreisen‘ scheint, wieder aus purstem Utilitarismus, Snobismus & sinn-entleertem Karrierismus heraus, rein äußerlicher pseudo-Benimm wieder ganz hip zu sein!? aber wohl ohne die rechte innere Haltung; da werden z.B. wieder Papis Manschettenknöpfe hervorgeholt … – aber leider eben oft aus den falschen Gründen, viel show & Oberfläche, auch Flucht; im Extrem: bloß glitzernder Lack über gottloser Sinnlosigkeit, Hohlheit, Leere, Unbildung und Dummheit!!). – Aber, das ist es halt … – früher protestierte man, indem man mit „neon-gelbem Iro“ rumlief, und knatschengen „domestos-getigerten Jeans“; heute protestiert & provoziert man, indem man – bewußt eingesetzt & wohldosiert – in best. Kontext gerade wieder auf eine bestimmte Form achtet (aber wiederum nicht in oben genanntem „Yuppie-Sinne“!). Wenn ich … etwa die „alte“ Orthographie benutze (aber auch, weil mit der „neuen“ m.E. rein-garnichts gewonnen ist; viel zu unkonsequent … und auch aus falschen Motiven heraus künstl. fabriziert, erinnert sehr an die Fabrikate der Bugnini-Truppe, „Experten“ eben, „Gremien“!), dann ist das (auch) ein „in die Welt hinausgebrülltes“, dickes ‚Abrenuntio!‘ gegen all die Anmaßungen des ‚main stream‘ der ‚modernen Gesellschaft in der westlichen Wertegemeinschaft‘ – vielleicht tragen ein Kardinal Burke oder ein Erzbischof Cordileone auch deshalb wieder „ohne rot zu werden“ die Cappa magna, gerade weil es „in der heutigen Zeit“ (zumal vor Herrn J.M.B.!) eine unglaubliche Provokation darstellt, eben ein Skandalon! Richtig so!!
@GW:„allzu überbordendes, allzu zeitbedingt-höfisch-hochbarockes„Zeremoniell wieder etwas mehr
Der alte römische Hof und sein Dekorum war eher spätmittelaterlich und riniscimental als „hochbarock“. Auch nicht übertrieben „prunkvoll“ oder „protzend“ sondern elaboriert und Ehrfurcht gebietend. Jedenfalls sind das Ereignisse, die man nie mehr vergisst wenn man das aus der Nähe gesehen hat. Es hat übrigens auch die Person des Papstes in gewisse Weise vor einer zentristischen Papalatrie bewahrt, sonden das Eingebettesein des Papstes in Form, Geschichte und Tradition symbolisiert, anders als heute wo nach den Reformen der Papst quasi ganz allein im Mittelpunkt steht in kahler neu-geschaffener Experten-Liturgie. Bes. in St. Peter wird das offenbar, dieser Dom wurde für etwas ganz anderes, vollkommen anderes, geschaffen als für diese sterilen, zeichenlosen Liturgien v. 1968/1970. Die Künstlichlkeit und Expertenproduktion des novus ordo wird an keinem anderen Ort mehr traurig erfahrbar als in St. Peter, dessen Konzept liturgisch diametral ein anderes kultisches Verständnis verfolgt.
Die meisten Römer haben es bedauert, daß das alles abrogiert wurde (es gibt u.a. viele Leserbriefe und Zeitungskolumnen seinerzeit in der röm. Tagespresse). Jedenfalls war es ein elaboriertes jahrhundertealtes Zeremoniell, welches aber nur zu wenigen Tagen im Jahr in seiner ganzen Vollständigkeit zu sehen war.
Paul VI. hätte sich an die Adaptierung des englischen Hofes unter Edward VIII. und Elizabeth II. orientieren sollen. Diese sind behutsam vorgegangen und haben das jahrhundertealte Gerüst gut bewahrt.
Ich meinte natürlich „rinascimental“.
Das mit den Kardinälen: Ich weiß nur, daß es sehr sehr selten war, daß ein Kardinal zugegegen war wenn ein anderer die Messe gesungen hat. Und wenn dann meistens, in einem Oratorium oder Seitenkapelle vorzugsweise Platz genommen hat. (Übrigens taten das die Päpste auch, die ja vor 1870 im stadtrömischen Leben und Alltag viel präsenter waren als heute. So hat Pius IX. z.B. Spaziergänge oder Ausritte unternommen und oft „unbemerkt“ der Messe in einer stadtrömischen Kirche oder in einer der römischen campagna beigewohnt.)
Ich werde nachlesen. Vielleicht finde ich bei Moroni darüber etwas.
@ J.G.Ratkaj
Vous me parlez de l’âme, mon Seigneur (cette adresse dans le sens plus ancien, seulement comme une expression sincère de respect – auch dies ein Aufbegehren gg. den Verlust der schönen und guten Form)! – Einen schwachen Eindruck davon, wie eine der ‚großen Papstmessen‘ gewirkt haben muß, kann man, wenn auch aufgrund der groben Bildqualität nur ‚wie durch einen Schleier‘, bekommen in dem (wohl fast) vollständigen Mitschnitt der Krönungsmesse Johannes‘ XXIII. auf yt:
https://www.youtube.com/watch?v=qTmHIguIKBw
Da fällt sovieles auf … – schon der Einzug, die Obödienz am ‚Thron der Terz‘ (& vorher ja schon in der Aula von St. Peter), dann die Reverenzerweisung coram Sanctissimo (was war daran „nicht mehr zeitgemäß“?) … das ‚Sic transit‘ (dto.?) … und der geradezu allgegenwärtige Monsignore Dante, der das alles perfekt im Griff haben mußte … – ja, es fällt auf, daß die Atmosphäre damals irgendwie … ‚intimer, familiärer, menschlicher‘ war; vielleicht nicht so ‚hochgeordnet‘ & streng, fast nüchtern-karg (Calvin!), sondern auch schon mal ein Stocken & „Sich-Knubbeln“ des riesigen Zuges, schon mal ein Hin- & Hergehen & Wogen … – der Applaus, sogar freudige Pfiffe, wenn der Papst der Bronzestatue des Apostelfürsten seine symbolische Reverenz erwiesen; dann die Prozession zum Evangelium, mit den ’sieben Leuchtern‘ (vlt. auch ein Bezug zur Apokalypse?), schließlich die ‚trombe d’argento‘ zur sehr feierlichen und ehrfurchtsvollen großen Elevation (unter militärischem Gruß der Garden, kniend & mit gezogenem Degen), wirklich unbeschreiblich. Dies einfach als ’nun endlich ganz und gar zu überwindenden (alt-) römischen Triumphalismus (womögl. noch: nach heidnisch-kaiserl. Hofzeremoniell)‘ herunterzumachen, war doch … einfach nur zutiefst sakrilegisch (um es nicht noch viel deutlicher zu sagen!). – Das war bereits formvollendet, unüberbietbar! Daran war NICHTS „zu reformieren“!!! – Nicht EINE solche Messe mehr im ganzen Kirchenjahr (oder auch nur in der gesamten Regierungszeit eines Papstes) wurde übriggelassen; man hätte doch wenigstens die Krönungsmesse beibehalten können, oder wenigstens einmal im Jahr, passenderweise, die Messe zu Ostern (die anderen Messen dann eben ’schlichter‘); wenn die endgültige Überwindung von Tod & Teufel, die glorreiche Auferstehung unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, kein Triumph ist, dann … – ich weiß nicht, was in die gefahren ist … diese Denkungsart[?]. Oder, man hat fast den Eindruck, diesen blanken Hass auf das Schöne, das Feierliche, das Erhabene (nicht in Wirklichkeit tiefsitzende Neurosen, Komplexe, Selbstunsicherheit? G.B.M. …), hin zum Niedrigen, Gewöhnlichen, Banalen und Primitiven, und dann immer unter diesem Vorwand der ‚Krippe zu Bethlehem‘ usw., als habe Christus Sich auf dem Tabor nicht auch in Seiner ganzen Herrlichkeit, schon in Seinem Siege, gezeigt; als sei die Geheime Offenbarung nicht Ausweis genug, aber das blenden „die“ einfach weg … – „paßt nicht!“
Der verehrte defendor hatte doch letztens nochmal die Worte von Mother Angelica, der Gründerin des kath. Senders EWTN, hier zitiert; ich kopier’s (evtl. aus anderer Quelle / Übersetzg.) noch einmal hierhin, mich ihren Worten de tout cÅ“ur anschließend:
‚Ich habe die Nase voll von eurer liberalen Kirche, … eurem ich-bezogenen Gebet, eurer erdhaften Spiritualität. Ich habe die Nase voll von euren „Aufbrüchen“, denn das erste, was von einem solchen Auf-Bruch zurückbleibt, ist ein Loch, in das wir alle hineinfallen.
Ich habe die Nase voll von euren Theologen, die nichts anderes tun, als spalten und zerstören … – Sie wissen, wie schrecklich schweigsam wir loyalen Katholiken in all diesen Jahren gewesen sind … – wir haben eure Ansichten über Gott nun dreißig Jahre lang runtergeschluckt:
Ihr habt keinen Gott, kein Dogma, keine Glaubenslehre und keine Autorität. Ich empöre mich über eure Versuche, den Katholizismus der Kleinen, Armen und Älteren zu zerstören. Eure Katechismen sind so verwässert, dass sie nichts anderes mehr besagen, als „liebe deinen Nächsten“. Nein, zuerst muss man Gott lieben! – Ihr habt mitgeholfen, dieses Land heidnisch werden zu lassen, weil ihr keine Spiritualität besitzt, die anziehend ist.‘
Schließlich noch ein Zitat zu dem (unschönen) Stichwort ‚Calvin‘ (s.o.), und zwar aus einem Interview mit dem Montini-Vertrauten Jean Guitton von 1993:
“The intention of Paul VI with regard to what is commonly called the Mass, was to reform the Catholic liturgy in such a way that it should almost coincide with the Protestant liturgy – but what is curious is that Paul VI did that to get as close as possible to the Protestant Lord’s supper… there was with Paul VI an ecumenical intention to remove, or at least to correct, or at least to relax, what was too Catholic, in the traditional sense, and, I repeat, to get the Catholic Mass closer to the Calvinist Mass.â€
http://tinyurl.com/q7a6wox [Catholic Family News] bzw. ausführlicher:
“L’intention de Paul VI — déclara Guitton le 19 décembre 1993 — en ce qui concerne la liturgie, ce qu’on appelle la vulgarisation de la messe, était de réformer la liturgie catholique de façon à ce qu’elle coïncide à peu de choses près avec la liturgie protestante, avec la Cène protestante. […] Je répète que Paul VI a fait tout ce qui était en son pouvoir pour rapprocher la Messe catholique — en ignorant le concile de Trente — de la Cène protestante. […] Je ne crois pas me tromper en disant que l’intention de Paul VI et de la nouvelle liturgie qui porte son nom est de demander aux fidèles une plus grande participation à la Messe, et de donner une place plus grande à l’Écriture, et une place moins grande à tout ce qui en elle est — certains disent magique — d’autres parlent de Consécration transsubtantielle, et qui est la foi catholique. En d’autres termes, il y a en Paul VI une intention Å“cuménique d’effacer — ou au moins de corriger, d’atténuer — ce qu’il y a de trop catholique, dans le sens traditionnel, dans la Messe, et de rapprocher la Messe catholique, je le répète, de la Messe calviniste†(cf. citation dans Sodalitium n°39 p.62)
http://www.sodalitium.eu/index.php?pid=67 [Sodalitium]
Pardon … gerade erst die Übersetzung (wieder-) gefunden, hatte die schon mal hier zitiert, vor längerer Zeit …:
„Die Absicht Pauls VI. im Hinblick auf die Liturgie, im Hinblick auf das, was man gemeinhin die Messe nennt, ist es, die katholische Liturgie so zu erneuern, daß sie fast mit der protestantischen Liturgie zusammenfällt. … Aber ich wiederhole: Paul VI. hat alles in seiner Macht Stehende getan, um die katholische Messe – über das Konzil von Trient hinweg – dem protestantischen Abendmahl anzunähern. … Ich glaube nicht, daß ich mich täusche, wenn ich sage, daß die Absicht Pauls VI. und der neuen Liturgie, die seinen Namen trägt, darin besteht, von den Gläubigen eine größere Teilnahme an der Messe zu verlangen, darin, der hl. Schrift einen größeren Platz einzuräumen, und weniger Platz all dem, was es darin (wie einige sagen) an Magischem, wie andere sagen, an substantieller[?], transsubstantieller Konsekration gibt, was der katholische Glaube ist; anders gesagt, es gibt bei Paul VI. eine ökumenische Absicht, all das, was es in der Messe an allzu Katholischem im traditionellen Sinn gibt, auszulöschen, oder wenigstens zu korrigieren, oder wenigstens abzumildern, um die katholische Messe, ich wiederhole es, der calvinistischen ‚Messe‘ anzunähern“ – Jean Guitton, ein Freund Pauls VI., in einer Radiodiskussion vom Dez. 1993
http://www.herz-jesu-franziskaner.org/die_neue_messe.html [zu diesen kann ich weiter nichts sagen, also was für eine Gruppe das nun wieder ist; Übersetzung scheint aber einigermaßen in Ordnung zu sein]
„‚intimer, familiärer, menschlicher‘ war;“
Genau das ist der Unterschied zu dem Status seit „Reform“ (eher Abrogation und Neuschöpfung). Sie sehen diese Art ‑man verzeihe mir den ja heute so sehr von den Neuerern verwendeten Begriff- für wahr „lebendige Liturgie“ nur noch bei den bischöflichen Liturgien in den Kirchen des Ostens. Hier ist das bis heute sehr erfahrbar geblieben. Sehen Sie sich mal auf YT die Oster- oder Weihnachtsliturgien des Moskauer Patriarchen an. Natürlich nicht derart erbaulich wie die alte Papstmesse und eine andere Ritustradition aber das kultische Verständnis das dahinter steckt ist dasselbe.
Das pauschal als „Triumphalismus“ abzutun kann nur aus sehr oberflächlicher Sicht auf diese durch die Jahrhunderte gewachsene Liturgie entspringen. Die meisten ausländischen Rombesucher, welche im 19 Jh. und frühen 20 Jh. Rom besucht haben und Berichte verfassten, darunter viele Protestanten aus England und Skandinavien haben auch nicht primär über „Triumphalismus“ gewettert sondern waren oft schlicht ergriffen und sahen die Zeremonien als gerade das von mir oben erwähnte Eingebettetsein des Papstes durch die Jahrhunderte in Form, Kult und Ritus an. Interessanterweise war Johannes XXIII. jemand, welcher besonders die Riten seines Amtes sehr liebte. Er war auch in der Tat ein großer Liturge. Mit sehr eindrücklichem ars celebrandi. Die Römer liebten auch seinen Gesang der Messe.
Die Sterilität der Liturgien in St. Peter seit 1968/70, diese produzierte und karge Liturgie ist auch nicht „Reform“ des davorgewesenen sonden schlicht etwas ganz anderes (kann auch nicht durch die Verwendung römischer Kaseln, etwas Brokat und Spitze und manch Throngestühl aus der floreria dieser alten elaborierten Liturgie nur annähernd gleich kommen. Nicht einmal in Spuren) . Der von Ihnen angesprochene Enrico Dante hat ja nicht von ungefähr diese „Reformen“ als sehr schmerzhaft wahrgenommen und gewarnt etwas zu änderen. Aber da bestimmten längst andere.
„Nicht EINE solche Messe mehr im ganzen Kirchenjahr (oder auch nur in der gesamten Regierungszeit eines Papstes) wurde übriggelassen; man hätte doch wenigstens die Krönungsmesse beibehalten können, “
Seit 1870 fand die feierliche Papstmesse nur an den hohen Feiertagen mehr statt: Ostersonntag-Pfingssonntag-Fronleichnam-Christtag, manchmal auch am Auffahrtstag und Mariä Aufnahme in den Himmel. Das Amt zu Gründonnerstag und Heilig Abend (die missa lecta von Pius XII. einmal während des Krieges in Sankt Peter war die absolute Ausnahme) wurde vom Papst in der Sixtina gesungen. (war nicht öffentlich zugänglich, es nahmen das diplomatische Corps und die Honorationen des Hofes teil, mehr boten auch nicht die Platzverhältnisse). Karfreitag hat erst wieder Johannes XXIII. zelebriert (in Santa Croce in Gerusalemme). Unter Pius XII., bes. in späteren Jahren, war es oft so, daß der Papst am Ostersonntag oder Christtag oftmals nicht selber pontifizierte sondern „lediglich“ von der Loggia ‑in Chorkleidung- den Segen spendete. Also es fand keine Papstmesse statt. (Sie werden auf YT diesbezüglich einige Sequenzen finden). Das Amt in St. Peter hat in diesem Fall zumeist der Erzpriester gesungen. Pius XII. war dabei nicht anwesend.
Heute wäre, wohl auch dann wenn es tatsächlich den Willen dazu geben würde oder besser gesagt gegeben hätte wohl gar nicht möglich die alte Papstmesse zu zelebrieren. Die Kundigen sind längst verstorben. Es liegt ja auch kaum etwas schriftliches vor. Das bloße Formular der Papstmesse (oder die Lektüre von Johannes Brinktrine, Die feierliche Papstmesse und die Zeremonien bei Selig- und Heiligsprechungen, Paderborn 1949)
genügt nicht um die Abläufe, Handlungen zu „choreographieren“. Das Wissen wurde ja von den Zeremoniären gleichsam von Generation zu Generation weitergegeben (das machte ja auch die „Lebendigkeit“ dieses bes. Ritus aus) . Und dieses Wissen ist mittlerweile ganz verloren gegangen.
Hier ist eine ganze Kultur unwiederbringlich zerstört worden!!! Es fehlen einem die Worte, wenn man sich diesen Verlust mal in seiner ganzen Tragweite bewußt macht; was in Jahrhunderten (ach was – in zwei Jahrtausenden, mit z.T. noch viel älteren Elementen!) organisch und harmonisch gewachsen ist, in wenigen Jahren endgültig zerschlagen & ZERSTOERT. Und dann macht die sog. „westliche Wertegemeinschaft“ so ein Theater zum Beispiel mit ihrer UNESCO-Stiftung ‚Weltkulturerbe‘ und dergleichen; DIE sind doch völlig diskreditiert, wie überhaupt unser ganzes „westliches System“ – es hat lange gedauert, bis auch mir endlich die ganze Tragweite des diabolischen Zynismus, der Heuchelei und der tiefen Verlogenheit & FALSCHHEIT dieses „Systems“, seiner (im Kern zutiefst antichristlichen, d.h. antikatholischen) „Politik“, seines „establishments“, seiner „pseudo-Eliten“ und vor allem seiner unglaublich perfide-subtil-raffinierten Propaganda (in Konzilskirche und Welt) erst so richtig klar wurde (nachdem für mich ‚das Böse selbst‘ immer nur, und ja auch ganz zurecht, Nationalsozialismus und Kommunismus gewesen waren – was sie für mich auch bleiben; jedoch folgt aus der Bosheit anderer [Systeme] ja noch lange nicht das Gutsein des Eigenen [Systems]; „wir“, „unsere Zeit“, hat auch nicht den allergeringsten Grund, sich in unsäglich-widerwärtiger Arroganz, in Anmaßung und hochmütigstem ‚temporalem Chauvinismus‘ über frühere Jahrhunderte zu erheben …) …
… wenn ich’s zuließe, könnte ich mich darüber in einer Weise (jawohl zurecht) echauffieren, die definitiv nicht mehr gesundheitsförderlich wäre … – ein (sehr) kleiner Trost mögen über yt (letztl. ein Segen, auch wenn locker 95% der „Filmchen“ auf yt der letzte Schund sind … oder eben reine Propaganda) allgemein zugängliche Aufnahmen & Mitschnitte sein, wie z.B. vom (alten!) ambrosianischen Ritus, oder eine wunderbare armenisch-apostolische Liturgie ‚Sourp Patarak‘ in der Vertonung von Yekmalian (absolut wunderbar das Sanctus bzw. auf Armenisch ‚Sourp, sourp‘, ab etwa 53:48); die Messe wird zelebriert von einem Bischof unter Anwesenheit (ab dem Großen Einzug, entspr. unserem Offertorium) des Katholikós-Patriarchen Karekin II. Nersissian; zu erst das ambrosian. Hochamt:
https://www.youtube.com/watch?v=U6EgF8kXS_k&list=PLC95939A921B99CC7 – Solemn High Ambrosian Rite Mass part1/15
dann das armenische Pontifikalamt:
https://www.youtube.com/watch?v=I_sBYnCJW9s – The Divine Liturgy of the Armenian Apostolic Church
https://www.youtube.com/watch?v=2BXAdOLBFLU – Yekmalian Sourp Sourp
Was dagegen von mir absolut boykottiert wird, seit jenem März 2o13, sind sämtliche aktuellen Übertragungen aus Rom, ‚Urbi & Orbi‘, Ostermesse &c. …
Die Guttenbergs gehörten auch zum Konnersreuther Kreis,dem Freundeskreis um Therese Neumann.
Dies alles zusammen erklärt auch die Hetzjagd um den Doktortitel des Karl-Theodor zu Guttenberg.
Leider beteiligte sich auch Otto Normalverbraucher mit Begeisterung an dieser Aktion.
Kein Wunder,das die Verblödung immer wieder erfolgreich ist.
Was ist denn das für eine Verschwörungstheorie?
Der „Ölprinz“ ist einigen Leuten in München und Berlin gefährlich geworden, denn er hatte Charisma – Und das ging und geht diesen Leuten weitgehend ab.
Die Jubelhymnen, die in den Medien vor Beginn des Skandals auf zu Guttenberg gesungen worden sind, waren ja ebenfalls nicht mehr ganz normal.
Da kam gerade Recht, daß die Internet-Schüffler aufdeckten, daß er bei seiner Promotion kräftig geschummelt hatte, wie einige andere, die sich gerne als Teil der „Elite“ und über dem „Volke“ stehend wähnten.
Natürlich wurde die Kampagne dann kräftig angeheizt und lief teilweise aus dem Ruder. Doch sollte man bei den Reaktionen nicht unterschätzen, daß es in diesem Land genug Menschen gibt, die ihre Dissertation oder sonstiges Examen ehrlich, und manchmal über Jahre, erarbeitet hatten. Die waren verständlicherweise über solche Tricksereien nicht begeistert.
Verstehe ich Sie richtig: Es ist sehr gut und passt ins Therese-Neumann-Kolorit, mit einem erschlichenen Doktortitel Bildung zu simulieren und dabei ertappt, zu lügen?
Was soll denn das heißen? Sie werden doch hoffentlich Therese Neumann nicht kritisieren wollen!?
…lesen Sie noch mal meinen Satz in Ruhe…
Das ich das hier in einem katholischen Forum erläutern muss, verwundert mich schon.
Der Konnersreuther Kreis befand sich im Widerstand gegen die Nazionalsozialisten, Fritz Gerlich, der zum Katholizismus konvertierte, starb in Dachau.
Die Entscheidung zu Therese Neumanns Visionen trifft selbstverständlich die Kirche.
Was ich aber eigentlich meinte, ist, dass es mich nicht verwundert, dass man einen Abkömmling einer zutiefst katholischen, alten Adelsfamilie nicht in der Regierung sehen wollte.
Egal welcher Art nun die Verfehlungen waren, der Medienhype sprach Bände und erinnert an Tebartz van Elst oder Mixa.
Um den VW-Diesel-Schwindel gibt es keinen Hype, obwohl dieser „Diesel-Gate“ Milliarden kosten wird und demzufolge auch Arbeitsplätze.
Zum Schluß möchte ich noch sagen,das ich diese subjektiven, bissigen bis bösartigen Kommentare als unangemessen empfinde.
Nicht wegen mir, aber wegen der ernsten und bitteren Zeiten, die uns erwarten.
Das scheint vielen hier immer noch nicht aufgegangen zu sein,sonst würde ihnen ihre penetrante Rechthaberei nicht wichtiger sein als eine sachdienliche Auseinandersetzung.
Der Beitrag belegt, dass es immer schon bei dem Klerus Anwandlungen gab, sich dem Zeitgeist
anzubiedern und anzudienen. Der Zeitgeist der Aufklärung hat schon damals im 18. Jahrhundert
so manchen Bischof erfasst, der von dieser politischen Richtung beeindruckt war. Die Aufhebung
so manch kirchlicher Besitztümer und Klöster, wurden wie vormals bei Luther, von den Landes-
herren und Fürsten begrüßt und so konnten diese sich am Kircheneigentum bereichern. Erfreulich
ist, dass es zu allen Zeiten Persönlichkeiten gibt, die sich dem allgemeinen Glaubensverlust ent-
gegenstellen, wie hier die Äbtissin von Guttenberg und ihre Klosterfrauen.
Betreffend v. Erthal ist dieser Artikel längst überholt. Siehe: Bernd Blisch: Friedrich Carl Joseph von Erthal (1774–1802). Erzbischof – Kurfürst – Erzkanzler. Studien zur Kurmainzer Politik am Ausgang des alten Reiches Frankfurt a. M., 2005 (Auch über Colloredo und Dalberg gibt es wichtige neuere Werke anhand der Quellen abseits ultramontaner Polemiken und urban legends.)In der Reihe Mainzer Studien zur Neueren Geschichte sind sehr gute Bände gerade zum Erzbistum Mainz in der letzten Epoche der Reichskirche erschienen.
Die neuere Forschung sieht die Reichskirche nicht derart trist. Diese ultramontane Sichtweise ist sehr unilateral. Und vielerorts vollkommen überholt.
Die Gewandung Erthals in diesem Porträt ist eben sehr geistlich! Die Gewandung der Kurfürsten war denen der hohen Geistlichkeit nachgeahmt. Selbiges gilt für den Ornat der Kaiser im MA und Spätmittelalter.
Einen grossen Dank für die hervorragende Arbeit von Hubert Hecker. Immer wieder hat es standhafte treue Katholiken in furchtbaren Zeiten gegeben, die sich dem allgemeinen Weltgetöse entgegenstemmten. Wir sehen in den zweifelhaften Kirchenfürsten – es gibt nichts Neues unter der Sonne. auch innerhalb der Kirche. Auch wenn da von Rektifizierung durch die moderne Kirchengeschichte und deren Beiträgen berichtet wird – vielleicht sieht das wieder anders aus in 100 Jahren. Es braucht nur ein paar neu aufgefundene, entgegenstehende Dokumente – und alles wird wieder anders.
Vielmehr erbauen mich positive Zeugnisse in Liebe zu Christus und seiner Kirche auf meinem Weg zu Gott.
NB: Welch ungeheurer Unterschied: Äbtissin Philippine v. Guttenberg – und die von Obama zum Papstempfang eingeladene Abtreibungsordensfrau!
Die Guttenbergs – wenn es dieselbe Familie ist!? – brachten auch einen ‚alt-konservativen‘ Widerständler gegen das Hitler-Regime hervor:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Ludwig_Freiherr_von_und_zu_Guttenberg
Allerdings auch weniger erfreuliche … Gegebenheiten, wie wohl jede Familie, das ist nicht das Schlimme. Als schlimm empfinde ich jedoch genau diese Art des ‚pseudo-Konservatismus‘, Ehrgeiz wohl, und ein ausgeprägtes Gefühl ‚für den Schein‘, aber leider scheint’s weniger ‚für das Sein‘. Dazu eine strikt neoliberale und transatlantische Ausrichtung. Echte Ideale?? – Genau das aber macht es den Feinden leicht …
Also dazu kenne ich diese Familie zu wenig,um beurteilen zu können,was Schein und Sein oder ihre Ideale sind.
Aber wenn es einen Medienhype gibt,sollte man hellhörig werden,mehr wollte ich eigentlich auch nicht sagen.
Stimmt, geehrte Stella, ‚Zurückhaltung im Urteil‘, wenn nicht ALLE Hintergründe bekannt sind usw., klar. Daß aber massiv „gefuddelt“ wurde, ist doch rechtskräftig festgestellt; Wiki – mit ausführlichen Belegen – sagt dazu:
‚Eine von der Universität Bayreuth eingesetzte Untersuchungskommission kam nach dreimonatiger Prüfung zu dem Schluss, dass Guttenberg „die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht“ habe. Er habe Plagiate über die ganze Arbeit verteilt eingebaut, die Originaltexte umformuliert, den Satzbau umgestellt, Synonyme verwendet und Einzelheiten ausgelassen. Dies setze ein „bewusstes Vorgehen“ voraus, mit dem er sich die Autorschaft angemaßt habe.‘
Und was man noch objektiv kritisieren kann & m.E. muß, sind eben öffentl. getätigte Aussagen, Reden … und eben die Politik, für die auch jener Freiherr stand (oder auch die derzeitige Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Hl. Stuhl); Stichwort mal nur ‚Bundeswehrreform‘ und ‚Abschaffung der allgem. Wehrpflicht‘ … uvm. … – und: es ist doch gerade die ‚Union‘, die keine Gelegenheit ausläßt, vollmundig von ‚Leistungsträgern‘, ‚Leistungskultur‘, ‚Wettbewerb‘, gar ‚Bildungsrepublik Deutschland‘ usw. zu schwadronieren; oK, dann müssen sie diese Maßstäbe zu allererst auch mal an sich selbst anlegen (lassen). Das mein‘ ich halt …
Ja,auch in diesen Familien wird sich die jüngere Generation dem mainstream anzupassen suchen,am Geist der Zeit kommen wohl nur wenige vorbei.
Und schwarze Schafe gibt es in jeder Familie.
Wer weiß aber,was in freimaurerisch orientierten Familien so alles los ist,darüber wird aber der Mantel des Schweigens gedeckt.