Wandlungsworte: „Für alle“ auf Kuba, „für viele“ in den USA – Papst Franziskus und ein Sowohl-als-auch


(Havanna/​Washington) Hat Chri­stus sein Blut „für alle“ oder „für vie­le“ ver­gos­sen? Papst Fran­zis­kus zele­brier­te am Sonn­tag auf der Pla­za de la Revo­lu­ci­on in Havan­na die erste Hei­li­ge Mes­se sei­ner Pasto­ral­rei­se nach Ame­ri­ka und demon­strier­te dabei, daß er in der Fra­ge der Wand­lungs­wor­te ein Sowohl-als-auch ver­tritt. Damit macht er die Bemü­hun­gen sei­nes Vor­gän­gers Bene­dikts XVI. für eine lit­ur­gi­sche Erneue­rung zwar nicht rück­gän­gig, friert sie jedoch auf hal­bem Weg ein.

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Ins­ge­samt wird der Papst auf Kuba und in den USA sie­ben Hei­li­ge Mes­sen zele­brie­ren. Die Wand­lungs­wor­te wer­den dabei jedoch nicht iden­tisch sein.

Die Zele­bra­tio­nen erfol­gen in spa­ni­scher und eng­li­scher Spra­che sowie – zumin­dest teil­wei­se – das Hoch­ge­bet in der Kir­chen­spra­che Latein.

Wandlungsworte nicht identisch

„Schaut man sich in allen die­sen Mes­sen die Wand­lungs­wor­te an, wird man fest­stel­len, daß sie nicht gleich sind“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

Die erste Mes­se auf dem Revo­lu­ti­ons­platz mit der über­di­men­sio­na­len Che Gue­va­ra-Dar­stel­lung im Rücken, auf die das Castro-Regime bei Papst-Besu­chen so beson­de­ren Wert legt, zele­brier­te Papst Fran­zis­kus am Sonn­tag voll­stän­dig auf spa­nisch. Vor einer hal­ben Mil­li­on Gläu­bi­gen sprach der Papst bei der Kon­se­kra­ti­on des Wei­nes in das Blut Chri­sti die Wor­te „por voso­tros y por todos los hom­bres para el per­dón de los peca­dos“, wört­lich, „für euch und für alle Men­schen zur Ver­ge­bung der Sünden“.

Voll­stän­dig auf spa­nisch zele­briert Fran­zis­kus auch am Mon­tag, den 21. Sep­tem­ber in Hol­gu­in und am Diens­tag in Sant­ia­go de Cuba. Die Wand­lungs­wor­te wer­den jedoch etwas vari­ie­ren. Statt „por voso­tros“ wird das Kir­chen­ober­haupt „por ustedes“ (Höf­lich­keits­form) sagen, wäh­rend die übri­gen Wand­lungs­wor­te wie in Havan­na gespro­chen werden.

Anderes Land, gleiche Sprache, andere Wandlungsworte

Papstmesse in Havann Viva Cristo Rey
Papst­mes­se in Havan­na: Katho­li­ken mit Trans­pa­ren­ten „Viva Cri­sto Rey“

Dann wird Papst Fran­zis­kus von der Kari­bik­in­sel auf das ame­ri­ka­ni­sche Fest­land wei­ter­rei­sen und in der US-Bun­des­haupt­stadt Washing­ton die erste Hei­li­ge Mes­se in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten zele­brie­ren. Trotz des Staa­ten­wech­sels wird er die­ses Meß­op­fer in spa­ni­scher Spra­che fei­ern, der Mut­ter­spra­che einer schnell wach­sen­den Zahl von US-Bür­gern. Die Wand­lungs­wor­te lau­ten – im Gegen­satz zu Kuba – aber nicht mehr „por todos los hom­bres“, son­dern „por muchos“, für viele.

So wird es auch bei den drei wei­te­ren Hei­li­gen Mes­se in den USA der Fall sein, bei denen der Papst das Hoch­ge­bet auf Latein spre­chen wird: „pro vobis et pro mul­tis effun­de­tur in remis­sio­nem pec­ca­torum“, für euch und für vie­le. In den USA wird kein „für alle“ zu hören sein.

„Was läßt sich aus diesem Schwanken zwischen ‚für alle‘ und ‚für viele‘ schließen?“

„Was läßt sich aus die­sem Schwan­ken zwi­schen dem „für alle“ auf Kuba und dem „für vie­le“ in den USA in den Wand­lungs­wor­ten schlie­ßen?“, frag­te sich am ver­gan­ge­nen Sams­tag San­dro Magister.

Heiliges Meßopfer
Hei­li­ges Meßopfer

„Es läßt sich dar­aus schlie­ßen, daß die lang­jäh­ri­ge Fra­ge, die Bene­dikt XVI. 2012 welt­weit einer end­gül­ti­gen und ein­heit­li­chen Lösung zufüh­ren woll­te, von Papst Fran­zis­kus in der Schwe­be gehal­ten wird“, so der Vatikanist.

Die von Bene­dikt XVI. ange­ord­ne­te ori­gi­nal­ge­treue Über­tra­gung der Wand­lungs­wor­te in die Volks­spra­chen lehnt sich direkt an die offi­zi­el­le latei­ni­sche For­mel an. Wegen anhal­ten­der Wider­stän­de man­cher Bischofs­kon­fe­ren­zen schrieb Bene­dikt XVI. am 14. April 2012 einen Brief an alle Bischö­fe, um die­se zu über­win­den. Das „pro mul­tis“ des Römi­schen Kanons soll­te nach den vor­schnel­len Über­set­zun­gen im Zuge der Lit­ur­gie­re­form 1965/​1969 ein­heit­lich in die Volks­spra­chen über­tra­gen wer­den. Damit woll­te der deut­sche Papst einer miß­ver­ständ­li­chen Aller­lö­sungs­leh­re ent­ge­gen­wir­ken, die sich unter Katho­li­ken breit­macht. Das Schrei­ben ver­faß­te er in deut­scher Spra­che, womit er ver­deut­lich­te, wo er den größ­ten Wider­stand verortete.

„Neue Barmherzigkeit“ versus Wandlungsworte?

Die Anwei­sung Bene­dikts XVI. gilt für die gesam­te Kir­che. Als Papst Bene­dikt zurück­trat, waren eini­ge Bischofs­kon­fe­ren­zen, dar­un­ter die ita­lie­ni­sche und die deut­sche, noch säu­mig und hat­ten kei­ne Neu­aus­ga­be des Mis­sa­le vor­ge­nom­men. Die Kor­rek­tur der For­mel „für alle“, die sich nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ein­bür­gert hat­te, durch das ori­gi­nal­ge­treue „für vie­le“ wird als „Ein­schrän­kung“ der „Barm­her­zig­keit“ gesehen.

„Mit dem Amts­an­tritt von Fran­zis­kus, hat sich die Idee ver­brei­tet, daß die­se Dik­ti­on [für alle] mehr der uni­ver­sa­len Aus­wei­tung der ‚Barm­her­zig­keit‘ ent­spre­che, die vom neu­en Papst unun­ter­bro­chen gepre­digt wird“, so Magister.

Wie es scheint, ver­tritt der argen­ti­ni­sche Papst zu die­sem Punkt „kei­ne stren­ge Posi­ti­on“ (Magi­ster) und scheint auch nicht dar­an inter­es­siert, eine bestimm­te Posi­ti­on durch­set­zen zu wol­len. Sei­ne Posi­ti­on ist viel­mehr ein Sowohl-als-auch, indem er sowohl die eine wie die ande­re Dik­ti­on ver­wen­det „auch bei die­ser Rei­se nach Kuba und in die USA“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Nuo­va Bus­so­la Quotidiana

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32 Kommentare

  1. Ich den­ke dar­aus etwas zu schlie­ßen wäre ver­fehlt. Der Papst tut das, was die Päp­ste auf Rei­sen immer getan haben, er ver­wen­det die lit­ur­gi­schen Bücher die in der Kir­che die er besucht eben ver­wen­det wer­den. Was ist dar­an besonderes

    • Das ist doch gro­tesk. Das ist ja Oppor­tu­nis­mus pur. Ihr Ein­wand geht aber ins Lee­re: Die Wand­lungs­wor­te muss der Papst aus­wen­dig beherr­schen. Wozu haben wir eine Kir­chen­spra­che, wenn er des Spa­ni­schen doch nicht so mäch­tig sein soll­te. Hier darf es kein Ver­tun geben.

      • Sie haben wie­der mal nicht ver­stan­den, was geschrie­ben wurde:
        Herr Kovacs meint, dass F. das jewei­li­ge lit­ur­gi­sche Buch des jewei­li­gen Lan­des benutzt haben könn­te und die Dif­fe­renz daher kam. Er woll­te dann die Mes­se für die Leu­te in ihrem land so zele­brie­ren, wie sie’s gewohnt sind.
        Das ist doch eine ver­nünf­ti­ge Überlegung.

      • Sie soll­ten sich für den Posten des päpst­li­chen Zere­mo­nien­mei­sters bewer­ben. Dabei könn­ten Sie dem Papst die rich­ti­gen Wand­lungs­wor­te in einem Crash­kurs bei­brin­gen oder mit­hil­fe von Hyp­no­se ein­trich­tern. Auf die­se Wei­se könn­ten Sie ihn viel­leicht sogar „in die Knie zwingen.“

  2. Fran­zis­kus ist immer für Über­ra­schun­gen gut. Das gilt auch für den Gebrauch der Wandlungs-
    wor­te “ für alle “ oder “ für vie­le „. Was hier als nicht iden­ti­sche Wand­lungs­wor­te beschrie­ben wird, kann ande­re Grün­de haben. Bene­dikt XVI. hat auf sei­nen Pasto­ral­rei­sen immer wie­der festgestellt,
    dass in den welt­wei­ten Bischof­kon­fe­ren­zen, die For­mu­lie­run­gen und Hoch­ge­be­te, bedingt durch
    die jewei­li­ge Lan­des­spra­che und theo­lo­gi­schem Den­ken, die Mess­bü­cher weit von den Vorgaben
    des Kon­zils ent­fernt waren. Das könn­te ein Grund sein, war­um Fran­zis­kus die ver­schie­de­nen und
    unter­schied­li­chen Wand­lungs­wor­te gebraucht. Das alles hät­te die Kir­chen­spra­che “ Latein “ ver-
    hin­dert und unmög­lich gemacht. Die Pro­gres­si­sten die gleich nach dem II.Vatikanum aktiv wur-
    den, haben sofort begon­nen, Latein vom Kon­zil noch bestä­tigt, in die jewei­li­ge Landessprache
    umzu­set­zen, mit den ent­spre­chen­den Kon­se­quen­zen. So wur­den frei nach den Frei­mau­rern, aus
    der Welt­kir­che die Orts­kir­chen geschaf­fen, mit gro­ßer Macht für die Bischofs­kon­fe­ren­zen und den
    bestim­men­den Laienverbänden.

  3. Hat der Papst einen Ein­fluss drauf, wel­che Wor­te ihm da vor­ge­setzt werden?
    Wahr­schein­lich fällt ihm der Unter­schied nicht ein­mal auf, da er auf lit­ur­gi­sche Fein­hei­ten nicht beson­ders spe­zia­li­siert ist.

  4. War­um soll die For­mu­lie­rung „für vie­le“ eine Ein­schrän­kung sein? Das ist zwar eine mög­li­che Inter­pre­ta­ti­on, aber die For­mu­lie­rung „für vie­le“ kann auch „alle“ umfas­sen, von denen eben gesagt wird, dass es vie­le sind.

    • Genau­so wenig wie Sie aus „bona­fi­de“ („mit gutem Glau­ben“) „mala­fi­de“ machen kön­nen und wahr­schein­lich auch nicht wol­len, kön­nen Sie „pro mul­tis“ in „pro omni­bus“ ohne Bedeu­tungs­wan­del ändern. Dar­über ist schon viel Luci­des publi­ziert wor­den (s.o). Wenn man im Übri­gen „pro omni­bus“ sagt, ent­fällt das „pro vobis“ eigentlich,da die Ange­spro­che­nen schon in „pro omni­bus“ ent­hal­ten sind. Das „pro vobis“ vor dem „pro mul­tis“ ist schlicht unsin­nig, weil unlo­gisch und dazu ein seman­ti­scher Schwin­del, mit dem man die Theo­lo­gie der Neu­en Kir­che in die Köp­fe des unkun­di­gen Kir­chen­vol­kes und des zuneh­mend unge­bil­de­ten Kle­rus trans­por­tie­ren möch­te. Las­sen Sie sich doch mal Ihre Inter­pre­ta­ti­on von einem einem Mathe­ma­ti­ker und Klas­si­chen Phi­li­lo­lo­gen erklä­ren. Viel Glück .

    • Das geht doch nun wirk­lich nicht, wie Sie die Wor­te ver­dre­hen. Für vie­le meint eben nicht alle. Anders kann man das nun wirk­lich in die­sem zusam­men­hang nicht interpretieren.

  5. @ Bona­fi­de
    Der latei­ni­sche Text ist klar und bie­tet kei­nen Über­set­zungs­spiel­raum. Pro Mul­tis kann nur für Vie­le über­setzt wer­den, anson­sten hie­ße es im latei­ni­schen Text pro omni­bus. Auch der grie­chi­sche Urtext lässt kei­ne Inter­pre­ta­ti­on zu. Der latei­ni­sche Text ist eine wort­ge­treue Über­set­zung des Grie­chi­schen. Das pro Mul­tis wur­de in engem zeit­li­chen Zusam­men­hang mit den Hohen­prie­ster­li­chen Gebet Chri­sti gespro­chen. Dort betet Jesus zum Vater nur für die Sei­nen und aus­drück­lich nicht für die Welt (=alle). Die Über­set­zung „für alle“ ist m. E. ist nur ein Ver­such die Aller­lö­sungs­theo­rie zu etablieren.

    • @ Hans

      Wenn die „vie­len“ bedeu­tet „die Sei­nen“, dann sind es ja auch wie­der alle, näm­lich „alle die Sei­nen“. Ich plä­die­re ja auch für die wort­ge­treue Über­set­zung und sage nur, dass die­je­ni­gen, die das wol­len, unter den „vie­len“ alle ver­ste­hen kön­nen, und es schon des­halb kei­nen Grund gibt, „pro mul­tis“ mit „für alle“ zu übersetzen.

  6. Im obi­gen Text heißt es: „Als Papst Bene­dikt zurück­trat, waren eini­ge Bischofs­kon­fe­ren­zen, dar­un­ter die ita­lie­ni­sche und die deut­sche, noch säu­mig und hat­ten kei­ne Neu­aus­ga­be des Mis­sa­le vorgenommen.“
    Nun, die deut­sche Bischofs­ko­fe­renz ist immer noch säu­mig, auch die österreichische!
    Wann fol­gen die Bischö­fe (die viel­fach selbst sehr rasch Gehor­sam von den ihnen nicht geneh­men Prie­stern ein­for­dern) den Wei­sun­gen von Papst Bene­dikt XVI.???

  7. Er macht alles mit Berech­nung. Offen­bar will er die Wand­lungs­wor­te ver­än­dern. Wir wer­den es ja sehen…

  8. Kor­rek­tur: es soll­te hei­ßen 1.: das “ pro vobis“ vor dem „pro omni­bus“ ist schlicht unsinnig .….
    2.von einem Mathe­ma­ti­ker oder .…

  9. Ich glau­be es ist alles viel ein­fa­cher, Tan­go-Franz hat sich bis­her mit Theo­lo­gie noch kaum an die Glaeu­bi­gen gewandt, ihm geht es um ganz ande­re Dinge.
    Er zele­briert so wie es gera­de gefaellt ganz im Sin­ne von Vat II immer den „Nost­ra Aet­a­te“ Gott im Sinn.
    Ich glau­be sogar es kennt den Unter­schied bei­der For­mu­lie­run­gen ueber­haupt nicht.
    War­um auch denn Gott ist ja so lieb und will alle erloe­sen ob sie glau­ben oder nicht, alles egal.
    Franz macht was gefaellt und wie er sich am besten selbst dar­stel­len kann, das ist wich­tig und auf dem Rueck­flug koen­nen wir dann wie­der auf mar­ki­ge Inter­view-Wor­te gespannt sein.
    Sel­ten hat eine Per­son das Papst­tum so lae­cher­lich gemacht wie die­ser Herr.

    • Ja die Rück­flü­ge, die haben es in sich. Da haben Sie voll­kom­men recht @Michael.
      Dabei kommt mir der Gedan­ke, daß „Papst“ Berg­o­glio über­haupt nicht mehr ver­rei­sen soll­te und am besten auf ewig im Vati­kan blei­ben wür­de- zur heil­sa­men Stra­fe für ihn. Dann könn­te er nicht so viel anstellen.
      „Papst“ Berg­o­glio des­avou­iert alle sei­ne Vor­gän­ger. Es ist ‚ne Schan­de mit ihm.
      Wel­ches Kar­nickel wird er als näch­stes aus dem Hut zaubern?

  10. Bene­dikt XVI. hat in Frei­burg ja auch „für alle“ auf Deutsch gesagt – trotz sei­ner Instruktion.
    Also – was regt man sich auf und will in Bene­dikt mehr Kon­se­quenz als in F. sehen?

  11. Im Cate­chis­mus Roma­nus ist kurz und treff­lich begrün­det, war­um der Herr Jesus Chri­stus beim Letz­ten Abend­mahl „für vie­le“ und nicht „für alle“ sprach. Im Zuge der Lit­ur­gie­re­form nach Vati­ka­num 2 wur­de unter Miss­ach­tung die­ses Her­ren­worts, ihrer Aus­le­gung durch die Kir­che bis dahin und der lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on aller Kir­chen das „für alle“ in die volks­sprach­li­chen Novus-Ordo-Mess­tex­te ein­ge­führt. Nach fast vier Jahr­zehn­ten ord­ne­te Papst Bene­dikt XVI. via Lit­ur­gie­kon­gre­ga­ti­on die Rück­kehr zum rich­ti­gen „für vie­le“ an. Indes bete­te er selbst das „für alle“ wei­ter und lie­fer­te dar­über­hin­aus eine Begrün­dung (hört hört, Bene­dik­tus-Freun­de), war­um das „für alle“ theo­lo­gisch „auch“ rich­tig sei. Wie kann man da noch das Ver­hal­ten von Papst Fran­zis­kus über­ra­schend fin­den? Die unaus­ge­spro­che­ne Bot­schaft ist: Es ist eh wurschd, und wenn ich es gestern so mach­te und heu­te so mache, dann ist das in jedem Fall rich­tig, denn ich bin der Stell­ver­tre­ter Got­tes auf Erden. Und wer dem offen wider­spricht, sät Zwie­tracht und ist ein Ter­ro­rist, vgl. die Fran­zis­kus-Per­le aus einer sei­ner St. Mar­ta-Homi­li­en: „Säe ich Frie­den oder Zwie­tracht? Klatsch und Geschwätz ist Ter­ro­ris­mus, der tötet. Wer schwätzt und klatscht ist wie ein Ter­ro­rist…“. (Der Papst – der gefähr­lich­ste Feind des Katho­li­ken?) Wer die Hei­li­ge Schrift kennt, wer glaubt, dass die Evan­ge­li­sten kei­ne Lüg­ner waren, wer dann auch noch die tra­di­tio­nel­le Schrift­aus­le­gung der Kir­che kennt, könn­te sich, falls er es nicht auf­ge­ge­ben hat zu den­ken, vor einem Dilem­ma fin­den. Soll er gleich einem Glau­bens-Robo­ter nur ein­fach immer alles schlucken, was ihm täg­lich „vor­ge­legt“ wird, oder – ? Oder was? Das ist die Fra­ge. Die römisch-katho­li­sche Glau­bens­leh­re ver­langt: Vogel friss oder stirb. Papa a nemi­ne judi­ca­tur. Da ist nicht der Aus­weg einer legi­ti­men gegen­läu­fi­gen Gewis­sens­ent­schei­dung vor­ge­se­hen, denn Gewis­sens­ent­schei­dun­gen haben sich am Lehr­amt aus­zu­rich­ten. Punkt. Das ist die Logik. Der Papst steht ü b e r der Kir­che. Er steht in der Mit­te zwi­schen 1,3 Mil­li­ar­den Katho­li­ken, zwi­schen der gan­zen Chri­sten­heit und vir­tu­ell zwi­schen der gan­zen Mensch­heit unter ihm und zwi­schen Gott über ihm (theo­re­tisch und opti­ma­ler­wei­se. Denn in der Pra­xis stel­len sich Päp­ste auch neben und über Gott.) Papst Fran­zis­kus sag­te es selbst, und es stand in den Schlag­zei­len vie­ler Zei­tun­gen: es sei g e f ä h r l i c h, nach einer per­sön­li­chen Bezie­hung zu Jesus Chri­stus zu stre­ben an der Kir­che vor­bei. Er sag­te: an der Kir­che vor­bei, vor dem Hin­ter­grund des Gesag­ten bedeu­tet das aber: an m i r vor­bei. Seit Pastor aeter­nus 1870 gilt auch de jure: L’Église c’est moi. In der Hei­li­gen Schrift jedoch fin­den wir es anders.

    Schluss folgt.

    • Zwar kennt das Neue Testa­ment Dien­ste und Ämter, und ermahnt der Autor des Hebrä­er­briefs die Gläu­bi­gen: „Gedenkt eurer Füh­rer, die das Wort Got­tes zu euch gere­det haben! Schaut den Aus­gang ihres Wan­dels an, und ahmt ihren Glau­ben nach!“ (Hebr 13,7; bit­te die­se Wor­te genau lesen und rich­tig ver­ste­hen. Da steht nicht: Gedenkt eurer Füh­rer, auch wenn sie das Wort Got­tes ver­dre­hen und in sein Gegen­teil ver­keh­ren, und ahmt ihren Unglau­ben nach!) So schreibt der hei­li­ge Apo­stel Pau­lus den (übri­gens in meh­re­rer Hin­sicht sehr bemer­kens­wer­ten) Satz: „Denn e i n e r ist Gott, und e i n e r ist Mitt­ler zwi­schen Gott und Men­schen, der Mensch Chri­stus Jesus…“ (1 Tim 2,5). Von beson­de­rem Belang ist hier auch, w e m Pau­lus das schrieb, denn sein Schü­ler Timo­theus war –nach dem Zeug­nis des Kir­chen­hi­sto­ri­kers Euse­bi­us von Cäsarea– Bischof, der erste Bischof von Ephe­sus. Das Neue Testa­ment kennt kei­ne Ido­li­sie­rung von Per­so­nen und Ämtern. Auch wenn die Glau­bens­wei­ter­ga­be ver­mit­telt ist, so ist der Glau­be doch eine d i r e k t e Bezie­hung des Gläu­bi­gen zu Gott durch den ein­zi­gen Mitt­ler Jesus Chri­stus. Im Gegen­teil spricht Jesus Chri­stus: „Ihr aber, lasst ihr euch nicht Rab­bi nen­nen! Denn einer ist euer Leh­rer, (der Chri­stus,) ihr alle aber seid Brü­der. Ihr sollt auch nicht jeman­den auf der Erde euren Vater nen­nen; denn einer ist euer Vater, näm­lich der im Him­mel. Lasst euch auch nicht Mei­ster nen­nen; denn einer ist euer Mei­ster, der Chri­stus. Der Größ­te aber unter euch soll euer Die­ner sein.“ (Mat­th 23,8–11) Manch­mal muss sich ein System geschicht­lich bis ins Extre­me aus­zei­ti­gen, damit gewis­se Defek­te, die sich ein­ge­schli­chen und ver­selb­stän­digt haben, erkannt und über­wun­den wer­den kön­nen. Bestimm­te Denk­sport­auf­ga­ben, wie das Neun-Punk­te-Pro­blem, kann man nur lösen, wenn man über den vor­ge­ge­be­nen Rah­men hin­aus­denkt. Hans­jür­gen Verw­ey­en setzt als Aus­gangs­punkt sei­ner Fun­da­men­tal­theo­lo­gie –gut katho­lisch– das Gesche­hen von tra­di­tio, in sei­ner mehr­fa­chen Bedeu­tung. Aber er schreibt: Die Durch­sich­tig­keit der Über­lie­fe­rung auf ihren Grund ver­mag Kir­che allein zu legi­ti­mie­ren. Vol­le Zustim­mung! Lie­be Chri­sten, die heu­ti­gen Apo­rien müs­sen uns dazu brin­gen, dar­über nach­zu­den­ken, wozu Kir­che über­haupt da ist. Katho­li­ken müs­sen ihr Angst ver­lie­ren, ewig ver­dammt zu wer­den, wenn sie nicht einem Papst fol­gen, des­sen Glau­be nicht nach­ah­mens­wert, son­dern ver­der­ben­brin­gend ist. Erst dann wird einer Christ, wenn er es lernt, sein Ver­trau­en auf Chri­stus allein zu set­zen (jawohl, in die­sem Sinn: solus Chri­stus !). Damit soll aus­drück­lich kei­ne Rebel­li­on gegen Kir­chen­ob­rig­keit über­haupt gepre­digt wer­den. Aber Kir­chen­ob­rig­keit ist kein Zweck und Gut an und für sich, sie hat eine die­nen­de Funk­ti­on im Glaubensganzen.

      Schluss folgt.

      • Und wenn die Kir­chen­ob­rig­keit aller eta­blier­ten Groß­kir­chen in unse­rer apo­ka­lyp­ti­schen End­zeit weit­hin ver­sagt und sogar kon­tra­pro­duk­tiv wird, dann müs­sen der Glau­be, die Hoff­nung und die Lie­be, auf die es letzt­lich allein ankommt, ohne sie oder mit Not­lö­sun­gen aus­kom­men! Neces­si­tas non habet legem.

  12. Für alle, für vie­le, für alle, für niemand.
    Das Reich Satans ist gespal­ten, heißt es ja.
    Der Riß ist unüber­seh­bar. Man kann ihn mit Hän­den grei­fen. In sich geteilt ist „Papst“ Berg­o­glio höchstselbst.

    • Der Riss ist nicht nur unüber­seh­bar, ver­mut­lich kann man ihn auch nicht mehr zusammennähen.
      Wie wird es weitergehen?
      Unse­re katho­li­sche Kir­che kann ich nie­mals ver­las­sen, es käme einer Selbst­am­pu­ta­ti­on gleich.

      • Man kann nur hof­fen, daß es trotz­dem nicht so weit kommt geehr­te @Marienzweig. Schon jetzt und län­ger aber ist es nicht immer ein­fach, gute Prie­ster zu fin­den, die „uns“, die Her­de, wirk­lich gut führt. Nach mei­nem Ein­druck haben etli­che Prie­ster unter „Papst“ Berg­o­glio alle Hül­len fal­len las­sen und es wird immer noch schlim­mer. Ich erle­be das prak­tisch Tag für Tag so.

  13. Möch­te zum The­ma nur soviel bei­tra­gen: immer­hin hat man sich im wohl inzwi­schen über­all in Deutsch­land ein­ge­führ­ten Gebets-und Gesang­buch „Got­tes­lob“ zur kor­rek­ten Über­set­zung „für vie­le“ durch­ge­run­gen, wenn auch mit dem Hin­weis, dass das jeweils gül­ti­ge Mis­sa­le maß­ge­bend ist. Oder hat sich da ganz ein­fach nur der Feh­ler­teu­fel ein­ge­schli­chen? Für alle, die dem Novus Ordo fern sind: Abge­druckt ist im Gegen­satz zur Vor­gän­ger­ver­si­on aus­schließ­lich das 2. Hoch­ge­bet (was sonst?), aber immer­hin mit par­al­le­lem latei­ni­schen Text.

  14. @Michael:„Selten hat eine Per­son das Papst­s­tum so lächer­lich gemacht wie die­ser Herr“. Weni­ger lächer­lich ist das soge­nann­te Out­fit die­ses Herrn. Sie­he das merk­wür­di­ge Brust­kreuz usw. Von gutem Stil hat er kei­ne Spur, geschwei­ge denn ein Fee­ling für für die Tra­di­ti­on, die eines Pap­stes wür­dig ist. Pro­le­ten­haft ist das. Hier und dort in der Mas­se Küss­chen ver­tei­len, mit aller­lei Macht­ha­bern die Hän­de schüt­teln und den gro­ssen Diplo­ma­ten spie­len, obwohl es sich nicht geziemt, und dann aber „zu Hau­se“ die tra­di­ti­ons­treu­en Katho­li­ken auf zyni­scher Art tadeln und demü­ti­gen. Ver­dien­te Kar­di­nä­le und Bischö­fe auf das Abstell­gleis stel­len und der­glei­chen Unver­schämt­hei­ten. Dar­in erweist sich die­ser Herr vor­treff­lich, dar­in ist er ein jesui­ti­scher Spe­zia­list. Das­sel­be gilt auch für sei­ne Kum­pel in den frei­mau­re­ri­schen Klerikerkreisen.

  15. Ein altes kirch­li­ches Sprich­wort sagt es sehr kernig:
    „Jesui­ta non can­tat et non rubri­cat“- „Ein Jesu­it singt nicht und rubri­ziert nicht“ (wobei man auch als „kann/​will nicht sin­gen und kann/​will nicht rubri­zie­ren“ über­set­zen kann).

    Nach einer Lun­gen­ope­ra­ti­on kann man wahr­schein­lich nicht gut sin­gen (es ist eine Gabe von aussen gege­ben); Rubri­zie­ren kann man natür­lich ler­nen- aber bei den weit­aus mei­sten Jesui­ten ist das Inter­es­se und die Lust sehr klein.
    Wenn es einem dann noch reizt, die Gläu­bi­gen zu necken, zu ver­blüf­fen, zu ärgern und zu ver­wir­ren, ist ein sol­ches Wech­sel­spiel natür­lich interessant.
    „Hin und her macht Taschen leer“: die­ses Sprich­wort von der Bör­se gilt auch und beson­ders für lit­ur­gi­sche Texte.
    Das Hl. Meß­op­fer wur­de vom Herrn sel­ber ein­ge­setzt- es gibt kei­nen Grund hier Ver­än­de­run­gen nach Gusto einzuschleusen.
    Denn „vie­le“ heißt natür­lich nicht „alle“;
    es geht näm­lich dar­um daß der Sen­dungs­be­fehl („Mat­thä­us zum letz­ten“, wie es frü­her gele­gent­lich schnodd­rig gesagt wur­de) lau­tet, daß das Evan­ge­li­um an allen Völ­ker ver­kün­det wer­den muß;
    aber daß das Blut des Herrn für die Vie­le (die an Ihn glau­ben wol­len) ver­gos­sen wird zur Ver­ge­bung der Sünden.
    Ein acht­lo­ses Hin­und­her­wech­seln zwi­schen bei­den Wor­ten ist nicht nur ein Beweis, das die Hl. Eucha­ri­stie als eine Art Thea­ter mit bestimm­ten ver­form­ba­ren Tex­ten ange­se­hen wird:
    Es ist zugleich eine unzu­läs­si­ge Ein­schrän­kung der Gött­li­chen All­macht, die urteilt und rich­tet, der Gött­li­chen Gerech­tig­keit die zugleich die Gna­de ist.
    Vie­le Moder­ni­sten schwär­men von der auto­ma­ti­schen Ret­tung für Alle- das ist die Apo­ka­ta­sta­se, die Aller­welt­s­er­lö­sung (schon in der Anti­ke als Ket­ze­rei abgetan)(unter z.B. Dan­neels sehr leb­haft pro­pa­giert); merk­wür­di­ger­wei­se sind es die­sel­be Leu­te die gera­de was die Ver­kün­di­gung betrifft, kata­stro­fal abschnei­den und eher die Men­schen aus der Kir­che wegjagen.
    Man ist näm­lich nicht ver­pflich­tet, zu glauben;
    Wir glau­ben auch nicht aus unser selbst, son­dern wir wer­den zum Glau­ben auf­ge­ru­fen, Er kommt und klopft an, wir hören es oder hören es nicht, und wir gehor­chen- oder nicht.
    Das ist der freie Wil­le, das ist eine Gna­de, zugleich eine Gabe von ausser­halb uns.
    Das hat auch mit mensch­li­cher „Gerech­tig­keit“ nichts zu tun, son­dern liegt in Got­tes Hand.

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