(Rom) Das Anfang August von Adelante la Fe mit Msgr. Athanasius Schneider, Weihbischof von Astana, geführte Gespräch kreiste auch um die Priesterbruderschaft St. Pius X. und löst teils heftige Diskussionen aus. Weihbischof Schneider hatte im Frühjahr im Auftrag Roms zwei Priesterseminare der Piusbruderschaft besucht und sich für eine kanonische Anerkennung der von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft ausgesprochen (siehe Msgr. Athanasius Schneider: „Piusbruderschaft sollte anerkannt werden, so wie sie ist“).
Das Interview liegt noch nicht vollständig in deutscher Übersetzung vor.
Rorate Caeli veröffentlichte unterdessen einige Präzisierungen von Bischof Schneider als Antwort auf den US-amerikanischen katholischen Journalisten Michael Voris.
- Ich habe nicht gesagt, daß es keine Gründe gibt, die einer kanonischen Anerkennung der Priesterbruderschaft St. Pius X. entgegenstehen könnten, sondern zurückhaltender: „Meines Wissens gibt es keine gewichtigen Gründe“.
- Ich habe nicht gesagt, daß die derzeitige kanonische Situation der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Ordnung (OK) ist. Im Gegenteil. Wegen ihres Status ist es notwendig, daß sie die kanonische Anerkennung durch den Heiligen Stuhl erhält.
- Ich habe gesagt, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X., inzwischen, gehört werden sollte, so wie sie ist. Mein Gedanken ist folgender: Aus pädagogischen und pastoralen Gründen sollte sie inzwischen akzeptiert werden, so wie sie ist, mit dem Ziel rechtzeitig die Dinge zu korrigieren, die zu korrigieren sind.
- Ich habe nicht gesagt, daß ich die Positionen der Priesterbruderschaft St. Pius X. zum Zweiten Vatikanischen Konzil unterstütze. Ich habe nur gesagt, daß auf beiden Seiten, das heißt des Heiligen Stuhls und der FSSPX, das Zweite Vatikanischen Konzils überbewertet und überschätzt wird, wenn auch unter entgegengesetzten Gesichtspunkten. Die Frage ist das richtige Maß, das heißt, wir brauchen eine richtige Wertschätzung und Bewertung des Zweiten Vaticanums, aber nicht auf übertriebene Weise. Wir dürfen aus dem Zweiten Vaticanum nicht ein von allen vorherigen Konzilen isoliertes Konzil machen oder eine Art von Super-Konzil.
- Es ist die Tragödie der Geschichte, daß in verwirrten Zeiten, wie der unseren, die guten Kräfte der Kirche, die den wahren Glauben und den göttlichen Kult wiederaufrichten wollen, sich häufig untereinander bekämpfen zum Nachteil der wirklichen Erneuerung und zur Freude der Feinde außerhalb und innerhalb der Kirche.
- Natürlich muß die FSSPX ihre Kritik mit größerem Respekt gegenüber der höchsten Autorität der Kirche formulieren und verfehlte und überzogene Ausdrücke und Urteile vermeiden. Man hat nach dem Grundsatz veritatem facientes in caritate zu handeln (die Wahrheit mit Liebe verteidigen). Das habe ich den Vertretern der Priesterbruderschaft St. Pius X. mehrfach gesagt.
- Es braucht so viel intellektuelle Redlichkeit und Objektivität, zuzugeben, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. einige theologische Kritiken zu einigen, nicht im engeren Sinn dogmatischen Aussagen der Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils und einigen nachkonziliaren Dokumenten formuliert, die ernstzunehmen sind. Leider fehlt es der Kritik manchmal an der nötigen respektvollen Form. Nichtsdestotrotz können einige theologische Einwände der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein konstruktiver Beitrag zu einer größeren theologischen Vertiefung einiger Themen sein wie zum Beispiel der Kollegialität, der Religionsfreiheit, der Liturgiereform.
- Jeder wahre Katholik sollte zufrieden und Gott dankbar sein, wenn die Priesterbruderschaft St. Pius X. mit all ihren Priestern und katholischen Familien, die zum Großteil treue Katholiken sind, vom Heiligen Stuhl anerkannt würde, so daß es eine neue relevante Kraft für eine Erneuerung der Kirche im Sinne der Heiligen, unserer Väter und der wirklichen Intention von Papst Johannes XXIII. gibt, eine Intention, die er in seinen Ansprachen und vor allem in den Entwürfen für die Schemata bewiesen hat, die dieser Papst vorbereiten ließ und die er persönlich approbierte.
- Die derzeitige Lage der Kirche ähnelt jener der arianischen Krise des 4. Jahrhunderts: Wir erleben eine nächtliche Seeschlacht, in der die Feinde der Kirche mit Vehemenz das große Schiff der Kirche angreifen, während gleichzeitig kleine Schiffe verschiedener katholischer Gruppen sich gegenseitig angreifen anstatt eine gemeinsame Verteidigung gegen die Feinde zu organisieren.
Ich erteile die Erlaubnis, diese meine Präzisierungen zu gebrauchen und zu verbreiten. Gott segne Euch.
+ Athanasius Schneider
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Text: Einleitung/Übersetzung Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e postconcilio
Weihbischof Athanasius Schneider hat vollkommen recht wenn er sagt, man solle die Piusbruder-
schaft endlich anerkennen. Natürlich kann man wenn man will, Gegensätze in der Lehre betref-
fends des II.Vatikanum, klären und aufheben. Die Piusbruderschaft ist „Rom-und Papsttreuer „als
mancher Bischof, besonder in Deutschland. Es ist für das Kirchenvolk nicht einsichtigt, dass man
liturgische Missbräuche nicht ahndet, also bewusst gewähren lässt, aber die dem überlieferten
Glauben anhangen wie Stiefkinder, ja sogar als Feinde behandelt.
Maria, Mutter der Einheit, helfe auch hier !
Genau richtig, aber die Zeit ist noch nicht reif, denn das Bewusstsein des Untergangs in den Klerikerköpfen noch nicht vorhanden.
Die Kirche ähnelt der sich selbst ad absurdum geführten EURO-Ideologie, der Kopf wird tief in den Sand gesteckt, dann kann man nichts sehen.
Der Euro hat Europa längst zerstört, es fehlt nur noch der finale Knall, ebenso wie das 2. Vatikanum die Kirche, auch dort knallt es bald.
Nur im Gegensatz zur Politik wohnt auch der verunstalteten Kirche immer noch der hl. Geist inne und der wird uns bis zum jüngsten Tage immer wieder (wenige) gute Hirten wie Msgr. Marcel Lebfevre senden, die die kleine Herde zusammenhalten sollen.
Danken wir Jesus Christus in Gebet und Taten.
Ich hoffe, dass die Priesterbruderschaft den Anliegen ihres verehrten Gründers treu bleiben. Dazu fallen mir folgende Worte des Erzbischofs Lefebvre ein:
„Kardinal Ratzinger habe ich vorgetragen, dass auch wenn Sie uns Bischöfe bewilligen, auch wenn Sie uns eine Art Autonomie den Bischöfen gegenüber bewilligen,
auch wenn sie uns die ganze Liturgie von 1962 bewilligen, auch wenn sie uns erlauben mit dem Seminar und der Bruderschaft wie bisher weiter zu machen, können wir nicht zusammenarbeiten! Es ist unmöglich! UNMÖGLICH!
Denn wir arbeiten diametral; in die genau entgegengesetzte Richtung. Ihr arbeitet an der Entchristianisierung der Gesellschaft, der Menschheit und der Kirche und wir arbeiten an der christianisierung. Man kann sich nicht verstehen! Rom hat den Glauben verloren, meine lieben Freunde. Rom ist vom Glauben abgefallen! Es ist nicht nur so eine Art, meine Worte sind nicht in den Wind gesagt, es ist die Wahrheit!
Rom ist vom Glauben abgefallen! Man kann ihnen nicht mehr trauen. Sie (Rom) hat die Kirche verlassen, sie haben die Kirche verlassen! Sie verlassen die Kirche!
Es ist sicher, sicher, sicher, sicher.“
Erzbischof Marcel Lefebvre 4.Oktober 1987
Die Tatsache, daß die Piusbruderschaft eher ein Eigenleben führt oder führen muß- beides- festigt da auch den Korpsgeist. Das ist möglicherweise ein wichtiges Element der Glaubensstärke der Piusbrüder.
Die theologischen Positionen zwischen Piusbruderschaft und des überwiegendes Teiles der Kirche in Deutschland sind wohl schwer auf einen Nenner zu bringen. Man kann noch hinzufügen, daß in beiden Meßfeiern ein etwas unterschiedlicher Geist herrscht. Welcher ist der Richtigere? Es gibt für beide Richtungen Argumente. Und nach den Worten von Papst Benedikt XVI. können und sollen beide Meßriten nebeneinander bestehen.
Aber es geht auch um die Mundkommunion und die muß wieder verpflichtend werden wie etliches andere auch noch.
Wichtig ist eine Neubekehrung m.Er. und eine Abwendung von der „Welt“. An erster, zweiter und dritter Stelle muß Christus, der wahre, wirkliche Gott und wahre Mensch (Mensch wie wir alle nur teilweise; Er ist weit mehr Mensch als wir es sind) stehen, seine Lehren und Gebote wie die Lehren der Kirche, die jeder im Katechismus findet oder anderswo. Aber: die Menschen wollen ja nichts mit Gott, der wahren Liebe zu tun haben.
Bischof Athanasius Schneider liebt präzise Formulierungen. Peinlich für Michael Voris von Church Militant.
Ich danke Exz. Schneider für seine vielen wertvollen Stellungnahmen der letzten Jahre.
Zu zwei Punkten gestatte ich mir folgende Bemerkungen:
Ad 6: Soweit ich sehe, bringt die SSPX ihre Kritik durchaus respektvoll vor. Es ist angesichts der jahrzehntelangen schäbigen Behandlung der Bruderschaft durch die vatikanischen Behörden ohnehin ein Wunder, wie gemäßigt man dort im Mitteilungsblatt formuliert.
Ad 8: Was die wirklich wirkliche Intention von Papst Johannes XXIII. war, bleibt noch zu erheben. Die Sache ist m. E. sehr undurchsichtig.
Vielsagend ist auch, daß Msgr. Schneider nicht vom „hl. Papst Johannes XXIII.“ spricht. Ist die Unterlassung bewußt oder unbewußt geschehen? Das kann man von außen nicht sagen.
Jedenfalls ist die Unterlassung ein Zeichen dafür, daß von oben oktroyierte Heiligsprechungen im Volk einfach nicht ankommen.
Ohne Verehrung im Volk ist eine Heiligsprechung ohne Basis, im gegenständlichen Fall von Johannes XXIII. natürlich ein Politikum.
Danke der Redaktion für die Bereitstellung dieser Stellungnahme!
In der Theologie ist genaue Formulierung eine Grundvoraussetzung:
das zeigt die gesamte Kirchengeschichte, das zeigt jede Debatte in den heutigen Zeiten.
S.E. Bischof Athanasius Schneider weiß dies und beherzt es auch.
Temperamentvolle Personen gehen vielleicht leichter darüber hinweg, besonders wenn sie sich freuen: peinlich ist es vielleicht nicht, eher unglücklich in der Sache (wenn ich an bestimmte fahrige Kardinäle und einen Oberhirten denke, ist da wenig „Pein“ bei diesen Beotiern feststellbar).
Was mir jedoch besonders freut, ist der objektive Blick und nichtaufgeregte Wortmeldung v. S.E. Bischof Athanasius Schneider.
Sehr schön übrigens sein Vergleich mit einer nächtlichen Seeschlacht;
nur steht nirgends geschrieben daß der Sieg vom Erhalt des größten Schlachtsiffs der Flotte abhängt.
Im Gegenteil, wenn dieses größte Schiff getroffen wird und sinkt, setzt normalerweise der kommandierende Flottenadmiral auf ein anderes, kleineres aber seetüchtigeres Schiff über um weiter zu kämpfen und die Schlacht zu einem guten Ende zu bringen.
Msgr. EB Lefebvre hat damals sehr hellsichtig gesehen daß an der Spitze Hochverrat getrieben wurde;
es war wie das alte republikanische Rom nach der Schlacht von Cannae: wehrlos, wie betäubt, desorientiert, ohne Ziel und Hoffnung.
Quintus Fabius hat dann mit einer kleinen Truppe angefangen, Hannibal zu beschatten, jede direkte Schlacht auszuweichen, kontinuierlich zu üben und stärker zu werden: ein „Army in being“, ein Faktor womit immer zu rechnen ist, das Hochhalten der Wahrheit gegen Verballhornung und Verfälschung, gegen Verniedlichung, Infantilisierung und Debilisierung.
Eine Arbeit von langer dauer- nicht umsonst lautete sein Zunahme „Cunctator“ („Zauderer“), aber hinterher auch mit „Maximus“(„Sehr groß“) geschmückt.
Die FSSPX sollte dies als ein großes Geschenk, eine große Gabe aber zugleich als eine große Aufgabe, eine Pflicht sehen.
Wenn die „Korrektur“ aussehen würde oder sollte, wie bei den Franziskanern der Immaculata, hätte sich die FSSPX sofort wieder zurückgezogen. Ich sage das aus der fiktiven Perspektive, dass unter Benedikt XVI. eine Einigung gelungen wäre und danach Franziskus gewählt worden wäre. Jetzt scheint mir eine kanonische Lösung nicht möglich. Nicht sosehr wegen Franziskus, der ja sogar charakterliche und stilistische Ähnlichkeit mit Pius X. hat, sondern weil Franziskus die Theologie und Kritik der Bruderschaft nicht mehr so verstehen kann wie Ratzinger, der es deswegen konnte, weil er am Konzil teilgenommen hat. Aus demselben Grund hat auch die Hermeneutik der Reform jetzt keine Chance. Aber von dieser gilt zusätzlich, dass Ratzinger sie auch nur theoretisch skizziert oder behauptet, nicht aber praktisch umgesetzt oder unter Beweis gestellt hat.
Diese Punkte Weih-Bischof Schneiders wiederholen nur das, was schon seit Jahrzehnten immer wieder auf- und abgemalen wird und eben doch zu keinerlei Lösung geführt hat.
Die FSSPX mag ja Meinungen haben wie sie will – sie lebt in der Schizophrenie, den Papst und das Vaticanum II als solche jeweils zweifellos anzuerkennen, zugleich aber dagegen „Widerstand“ leisten zu sollen, weil sie doch offensichtlich diese Theologie samt ihren Folgen für häretisch hältt.
Sie hat recht damit, anhand der realen Folgen (dass Schneider hier irgendetwas differenzieren will, finde ich unglücklich, denn die Folgen sind so evident, dass es da nichts zu differenzieren gibt: das wäre, als wolle man einer fortschreitenden Alkoholdemenz immer noch positive Aspekte abgewinnen) des Konzils und der Regierung aller nachfolgenden Päpste mannigfaltige Häresien Einzug gehalten haben.
Sie hat unrecht damit, dass vor dem Konzil das alles nicht so gewesen wäre und geradezu himmlische Zustände geherrscht hätten, insbesondere verkörpert in der Super-Papstgestalt Pius X. – das ist wirklich unsinnig, wenn man sich genauer ansieht, was im 19. Jh vorging und was die Kirche tatsächlich unfehlbar lehrt…
Wer aber meint, er müsse gegen häretische Folgen eines dennoch akzeptierten Konzils Widerstand gegen deren Vorantreiber, auch die Päpste leisten, der ist schlicht und einfach ein Schismatiker.
Die FSSPX handelt nach allen kanonischen Regeln schismatisch und wäre auf der ganzen Linie dem Papst, weil sie ihn anerkennt, auch nach katholischer Lehre Gehorsam schuldig.
Dass die FSSPX darüber hinaus alle mögliche „Traditionen“ als Lehre der Kirche ausgibt, die jedoch bloße Meinungen sind, ist hochproblematisch.
Sie ist darin den meisten Sedisvakantisten vollkommen gleich! Nur sind letztere konsequenter und wissen, dass man sich einem rechtmäßigen Papst nicht widersetzen kann und erkennen ihn daher erst gar nicht an.
Die FSSPX hat nur zwei Möglichkeiten:
1. Sie bekennt sich endlich zu ihrer faktisch sedisvakantistischen Haltung anstatt weiter Schismatikerin zu spielen.
2. Oder sie „kehrt zurück“ in die Amtskirche und beendet ihren Dauerstreik gegen den „Papst“ und seine Autorität.
Entweder oder.
Was Schneider will, weiß er wohl selbst nicht so genau – logisch ist es nicht, was er da vorträgt, eher opportunistisch im Hinblick auf eine Sammlung „der Tradition“, die aber, schaut man genauer hin, total heterogen, für eine Sammlung also nicht qualifiziert ist.
Unsere Lage ist nur bedingt mit dem 4. Jh vergleichbar. Im 4. Jh galt wohl insgesamt ein innerkirchlich weniger absolutistisches Verständnis vom Papsttum einerseits und v.a. eine wesentlich anmaßendere Haltung der weltlichen Macht in geistlichen Belangen andererseits. Eine Entmündigung der Gläubigen, wie sie nach dem Vaticanum I spätestens einsetzte, lag noch nicht vor.