“Auch die russischen Arbeiter am Südpol erwarten sich, wie jeder andere Gläubige, geistlichen Beistand und eine ganz Gott hingegebene Kirche“. Mit diesen Worten umschreibt der russisch-orthodoxe Priester Sophrony Kirilow seine Aufgabe. Er ist „Sondergesandter“ des Moskauer Patriarchen auf der King George Insel, wie die Briten sie nennen, oder Isla 25 de Mayo, wie die Argentinier sagen. Die Insel gehört zur subantarktischen Inselgruppe der Südlichen Shetland Inseln. Hier betreut Vater Kirilow die südlichste Kirche der Welt.
Der russische Priester ist einer von einhundert Personen, die auch den Winter auf diesem Breitengrad verbringen, obwohl die Temperaturen Minus 25 Grad erreichen. Im Sommer zeigt der Durschnittswert nur knapp über die Null-Grad-Marke. Die Insel ist 95 Kilometer lang und an der breitesten Stelle 25 Kilometer breit. Insgesamt macht das eine Fläche von 1150 Quadratkilometern aus, auf denen sich im Sommer immerhin an die 500 Menschen aufhalten. Der Großteil lebt in der 1984 gegründeten chilenischen Siedlung Villa Las Estrellas (Sternendorf). Im Winter sind das immerhin an die 50 Menschen. Sie haben die katholische Kapelle Maria Königin des Friedens in der Siedlung.
Entdeckt wurde die Inselgruppe 1819 vom britischen Seefahrer William Smith. Er nahm sie für Großbritannien in Besitz und gab der größten Insel den Namen des damals regierenden britischen Königs Georg III. aus dem Haus Hannover.
„In der Welt gibt es keine Ruhe und Stille. Hier hingegen ist es still“
Vater Kirilow ist 38 Jahre alt und gehört zu einer Gruppe russischer Priester, sie sich in der Antarktis-Seelsorge abwechseln. Er ist bereits zum vierten Einsatz auf den Südlichen Sethlands. Ein „besonderer Ort“, wie er sagt. „In der Welt gibt es keine Ruhe und Stille. Hier hingegen ist es still. Gott liebt die Stille. Sie ist ein bevorzugter Moment in der Beziehung zwischen Mensch und Gott.“
2003 wurde auf Wunsch des Patriarchen von Moskau bei der russischen Antarktisstation Bellingshausen die Dreifaltigkeitskirche errichtet, die südlichste Kirche der Welt. Die Forschungsstation, eine zeitlang auch Depot der russischen Antarktisflotte, wurde 1968 zu Sowjetzeiten gegründet. Benannt ist sie nach dem baltdendeutschen Seefahrer Fabian Gottlieb von Bellingshausen (1778–1852), der es in russischen Diensten bis zum Admiral brachte. Zwei Jahre nach William Smith entdeckte auch er Inseln in der Antarktis.
Die Kirche ist ganz aus Holz errichtet, das eigens aus Rußland hergebracht wurde. 2004 wurde sie geweiht. Seither verrichten russische Priester auch in der Antarktis ihren Dienst. Im Sommer müssen Statitionsmitglieder und Besucher den stürmischen Winden mit bis zu 200 Stundenkilometern trotzen, um die Kirche zu erreichen. Im Winter der Kälte. Gerade an diesem Ende der Erde seien die Menschen, wenn sie die Kirche betreten, von der Schönheit und Erhabenheit der Ikonen besonders berührt, berichtet Vater Kirilow.
Nachts wird die Kirche von unten beleuchtet, um eine Art Leuchtturm für die Schiffe zu sein.
Die Messe: „Dank sei Gott. Es ist jedes Mal ein kostbares Geschenk für mich“
Vater Kirilow zelebriert in der Kirche die heilige Messe: „Dank sei Gott. Es ist jedes Mal ein kostbares Geschenk für mich“. Natürlich würde er sich mehr Gläubige wünschen. Im Winter leben aber meist nur 15 Russen auf der Station.
An den Werktagen arbeitet Vater Kirilow auch als Maurer und Tischler. Die bemalten Schnitzarbeiten am Eingang zur Kirche stammen von ihm. Die Blumenornamente erinnern in den langen Wintern an die Schönheit und Vielfalt der Natur. Mit einem Paar Schi oder einem Motorschlitten erkundet er auch gerne die Insel.
Neben der orthodoxen Kirche und der chilenischen Kapelle auf der King Georg Insel gibt es in der Antarktis seit 1976 eine katholische Kapelle, die dem heiligen Franz von Assisi geweiht ist. Sie befindet sich bei der argentinischen Forschungsstation Esperanza (Hoffnung) auf der Antarktisches Halbinsel.
2013 errichtete eine Gruppe von Wissenschaftlern der französisch/italienischen Forschungsstation Dome Concordia, ebenfalls auf dem antarktischen Festland, das Wegkreuz „Mutter der ewigen Gletscher“. Es steht auf einer Höhe von 3233 Metern.
Das Leben in der Antarktis sei nicht leicht, so Vater Kirilow. Moskau ist 16.000 Kilometer entfernt. Das mache sich schon spürbar. „Dennoch weiß ich, daß ich schon am Tag meiner Abreise, wenn ein anderer Priester mich ablöst, Heimweh nach diesem so unwirtlichen Land haben werde.“ Warum dem so sei? „Hier kannst du in Frieden zu Gott beten.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Timone
Das ist genial ! Dort hat man sicherlich göttliche Ruhe & Frieden…