(Oslo) Die norwegische Regierung hat einen Vorschlag unterbreitet, die „Rechte von Transgender auf Kinder auszudehnen“. Zumindest melderechtlich soll jedes norwegische Kind künftig ab dem Alter von sieben Jahren sein Geschlecht selbst bestimmen können. Die Entscheidung soll rechtsverbindlich sein und ohne medizinisches Gutachten allein auf dem „freien Willen“ des Betroffenen beruhen.
Der am 25. Juni von der Regierung angekündigte Gesetzentwurf sieht vor, daß auch Kinder ab sieben Jahren ihr „Geschlecht ändern“ können, zumindest auf dem Papier, durch Eintrag beim Einwohnermeldeamt. Dies allerdings rechtsverbindlich und ohne medizinische oder psychologische Gutachten beibringen zu müssen.
Zur Umsetzung der Gender-Ideologie bedarf es keiner Linksregierungen, wie das Beispiel Norwegen zeigt. Die seit 2013 amtierende norwegische Minderheitsregierung setzt sich aus Konservativen und rechtsliberaler Fortschrittspartei zusammen und wird von außen von Christdemokraten und Liberalen gestützt. Sie präsentierte den Entwurf als „zivilisatorischen Fortschritt“.
Zunächst wird ein Expertenkomitee den Vorschlag prüfen, bevor er dem Parlament zur Diskussion zugeleitet wird. Der homosexuelle Gesundheitsminister Bent Hà¸ie von den Konservativen sprach beim Homo-Pride-Festival in Oslo von einem „historischen Schritt“, da künftig nicht mehr ein Arzt darüber entscheiden werde „ob sie oder er das Geschlecht ändern können“. Hà¸ie, der seit 2001 Mitglied des norwegischen Parlaments ist und seit 2013 sein Ministeramt bekleidet, lebt in einer „Homo-Ehe“ mit einem „Ehemann“.
Männlich oder weiblich?
Da „die geltenden Bestimmungen untragbar“ seien, so Hà¸ie, sei die Regierung entschlossen, eine „neue Richtung“ einzuschlagen und „die Rechte der Transgender auch auf die Kinder auszudehnen“. Damit sollen bereits Minderjährige im Alter zwischen sieben und sechzehn Jahren die Möglichkeit erhalten, ihr Geschlecht „unabhängig vom biologischen Aspekt“ selbst bestimmen zu können.
Die Entscheidung solle „jederzeit“ wieder geändert werden können. Für den Staat habe rechtsverbindlich zu gelten, vom Reisepaß bis zur Steuernummer, „was seine Bürger im jeweiligen Moment“ erklären.
Nur eine Einschränkung soll es geben. Minderjährige brauchen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr die Zustimmung der Eltern. Dann können sie alleine bestimmen. Ein chirurgischer Eingriff zur Geschlechtsänderung soll weiterhin erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs möglich sein.
Was allein zählt?
„Jetzt, wo wir diese Bestimmung umsetzen, können wir stolz auf uns sein“, feierte Homo-Minister Hà¸ie sich selbst. Begeistert reagierten auch die LGBT-Organisationen. „Es ist sehr wichtig, daß auch die sehr jungen transsexuellen Menschen ihre Geschlechtsidentität respektiert sehen“, so Richard Köhler vom Lobbyverband Transgender Europe.
Patricia Kaatee von Amnesty International Norwegen, die im Vorfeld die Regierung in dieser Frage zum Handeln aufgefordert hatte, dozierte, daß es „eine grundlegendes Menschenrecht“ sei, daß die Menschen „auch in den offiziellen Papieren ihre Identität zum Ausdruck bringen können“. Besonders begrüßte Kaatee, daß künftig die Ärzteschaft übersprungen werden soll, denn „die einzige Voraussetzung, die von einem Menschen verlangt werden sollte, um sein Geschlecht zu ändern, sollte seine Erfahrung mit der Genderidentität sein, aber keine Diagnose“.
Text: Giuseppe Nardi
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