(Rom) Nachdem der Historiker Roberto de Mattei den Artikel „Ära Volpi“ bei Franziskanern der Immakulata zu Ende – Was wird Heiliger Stuhl nun tun? veröffentlicht hatte, tauchte auf der Internetseite der Franziskaner der Immakulata eine seltsame Erklärung auf, die mit „Pater Fidenzio“ unterzeichnet ist.
Darin erklärt der Apostolische Kommissar, am 29. April einen Schwächeanfall erlitten zu haben, doch habe seine „Genesung“ begonnen und er sei „wieder im Begriff“, seine normale Arbeitstätigkeit aufzunehmen. Vor allem aber heißt es, er habe wieder „die volle Ausübung seiner Leitungsfunktionen“ im Orden übernommen.
Die „Erklärung“ von „Pater Fidenzio“
„Aus Respekt vor seiner Person und zur Wahrung seiner Privatsphäre verbietet es sich uns, nähere Informationen zum wirklichen Gesundheitszustand zu veröffentlichen. Wir können aber erneut bestätigen, daß sich Pater Volpi aufgrund seines Schlaganfalls in einer Reha-Klinik befindet und derzeit weder physisch noch psychisch imstande ist, irgendwelche Aufgaben wahrzunehmen.“, so Roberto de Mattei zur Erklärung.
Die ordenseigene Internetseite ist eine Domäne von Pater Alfonso Bruno, dem Kopf jener Handvoll Dissidenten, die sich 2011 gegen Ordensgründer Pater Stefano Maria Manelli stellten, nachdem der Orden vom neuen zum überlieferten Ritus gewechselt hatte. Nachdem die Ordenskongregation mit einem Schlag die gesamte Ordensleitung abgesetzt und den Kapuziner Fidenzio Volpi als Apostolischen Kommissar eingesetzt hatte, wurde Alfonso Bruno vom Kommissar zu dessen rechter Hand ernannt und als Generalsekretär des Ordens eingesetzt. Er ist damit ordensintern der große Nutznießer des Kahlschlags.
Die erstaunlich vielen Presseerklärungen und Klagedrohungen gegen Kritiker der kommissarischen Verwaltung gehen auf ihn zurück. Erklärungen, die jedoch selten in seinem Namen veröffentlicht wurden, sondern im Namen des Kommissars. Es wird daher nicht ausgeschlossen, daß auch die jüngste Erklärung aus der Feder von Pater Alfonso Bruno und nicht des gesundheitlich schwer angeschlagenen Kommissars stammt.
Schlaganfall könnte unerwartet Karten neu mischen
Der unerwartete Schlaganfall von Kommissar Volpi könnte die gesamten Karten rund um den Orden neu mischen und die Position von Alfonso Bruno gefährden. Die Erklärung scheint von dieser Sorge geleitet und daher darauf abzuzielen, Stabilität und Kontinuität zu signalisieren.
Ob dem so sein wird, entscheidet allerdings die Ordenskongregation. Da Papst Franziskus der kommissarischen Verwaltung ausdrücklich zugestimmt und der abgesetzten Ordensleitung jede Rekursmöglichkeit verweigert hatte, ist davon auszugehen, daß es Konsultationen zwischen Kardinalpräfekt Joà£o Braz de Aviz und dem Papst geben wird.
Dem Vatikan stehen mehrere Möglichkeiten offen. Die kommissarische Verwaltung könnte beendet und ein Generalkapitel zur Neuwahl einer Ordensleitung einberufen werden. Da eine kommissarische Verwaltung in der Regel mindestens drei Jahre dauert und der Kommissar das Generalkapitel einberuft und über dessen Verlauf wacht, ist damit nicht zu rechnen. Kommissar Volpi wurde im Juli 2013 ernannt. Seine Amtszeit dauerte nur 20 Monate. Allerdings eine ausreichend lange Zeit, um den Orden schwer zu schädigen, zahlenmäßig zu dezimieren, dessen Charisma zu ersticken und zahlreiche Klöster zu schließen.
„Wird die Ordenskongregation von der Absicht ablassen, den Orden zu liquidieren?“
Die Ordenskongregation könnte einen neuen Kommissar ernennen, der bis auf weiteres die Kontrolle über den Orden ausübt. Im Vatikan könnte man aber auch einen dritten Weg wählen und Kommissar Volpi stillschweigend im Amt belassen, auch wenn er seine Aufgabe nicht oder nur mehr eingeschränkt wahrnehmen könnte. Nominell wäre Pater Volpi weiterhin der Ordensobere, tatsächlich würden jedoch andere in seinem Namen den Orden leiten. Generalsekretär Alfonso Bruno wäre damit endgültig der starke Mann des Ordens. Eine Konstellation, wie sie faktisch bereits seit Beginn der kommissarischen Verwaltung herrscht. Hinter allen Entscheidungen Volpis war mehr oder weniger die Handschrift Alfonso Brunos zu erkennen.
Wie auch immer sich die Ordenskongregation in diesem für das Pontifikat von Papst Franziskus emblematischen Kampf gegen einen blühenden, weil glaubenstreuen und altrituellen Orden entscheiden sollte, die „Ära Volpi“ ist jedenfalls zu Ende. „Das wirkliche Frage, die sich für die Nach-Volpi-Zeit stellt, ist eine andere: Wird die Ordenskongregation an ihrer Absicht festhalten, die Franziskaner der Immakulata und die Franziskanerinnen der Immakulata zu liquidieren? Oder wird sie von dieser Absicht ablassen und sich der katastrophalen Ergebnisse dieser Operation bewußt werden?“, so Roberto de Mattei.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Riposte Catholique
Alles Spekulationen, Spekulationen, Spekulation. Irgendwie ist es degoutant, wenn sich De Mattei als geheimer Experte für Volpis Gesundheitszustand darstellt – entgegen der eigenen Darstellung auf der Website der Franziskaner der Immakulata.
Aber aus Respekt vor der Person des Erkrankten darf der geheime Alleswisser nichts weiter sagen – abgesehen davon, dass er schon mal kurz festgestellt hat, dass die „Vorsehung“ hier das erledigt hat, was die Ordenskongragation hätte tun sollen: nämlich Volpi absetzen.
Ob hier nicht eher der Wunsch Vater des Gedankens ist als die Realität?
Ist das ein verlogener Zinnober – nicht nur auf vatikanischer, sondern auch auf de Matteis Seite.
Wieso nicht einfach schweigen zu etwas, worüber man jetzt nicht reden kann und darf?!
Es gibt übrigens drei Schweregrade von Schlaganfällen – und auch bei einem großen Schlaganfall, wenn man schnell interveniert, bestehen gute Heilungschancen.
Was man den Worten auf der Website entnehmen kann, ist zumindest der Wille und die Absicht, dass Volpi nach der Therapie weitermacht.
Punkt.
Alles weitere zu gegebener Zeit und mit Hand und Fuß – wie es sich für aufrichtige Katholiken gehört!
zeitschnur, Sie haben schon recht damit, dass man nicht zu viel in etwas hineingeheimnissen sollte.
Dennoch, man darf sich schon Gedanken darüber machen, dass Kommissar Volpi gerade jetzt einen Schlaganfall erlitten hat.
Es gibt einfach Dinge, die sich erst im Nahhinein erklären lassen und einen Sinn ergeben.
Möge es Pater Volpi in den Tagen der Krankheit und der möglichen Heilung gelingen, auch sein Vorgehen einmal selbstkritisch in den Blick zu nehmen, ob als Bestimmer oder nur als Befehlsempfänger.
Bei allem Respekt, Marienzweig – ich kann Ihnen nicht zustimmen!
Mit demselben Argument machen sich andere, wie @ carlo neulich zu Recht feststellte, vielleicht Gedanken darüber, warum Mario Palmaro so früh sterben musste… das ist sogar zynisch!
Wir dürfen in diesem Fall aber auch nicht übersehen, dass wir alles nur aus zweiter Hand wissen. Wir haben keine Ahnung, was hier eigentlich wirklich hinter den Kulissen vorging.
Es kann sein, dass das Verfahren gegen die FI total ungerecht ist. Da wir aber nichts Genaues wissen, muss man auch offenlassen, ob Dinge mithineinspielen, über die wir erschrecken würden, wenn wir sie wüssten – selbst die Welt weiß, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Es hat diesbezgl. ja mehr als einen Skandal gerade bei den ganz Frommen gegeben.
Vorsicht! Vorsicht!
Nicht, dass uns eines Tages der Spruch trifft „Mit demselben Maß, mit dem Ihr messt…“
Die Dinge sind so verfahren! Und auch die erzkonservative Szene hat eine eigene Lesart der Dinge gebildet und leidet teilweise – nicht anders als die gescholtene „Lügenpresse“ – unter einem mindestens ebenso signifikanten Realitätsverlust.
Ich darf auch nicht zu Gericht über den mir völlig unbekannten Volpi sitzen und sagen „Möge ihm gegeben sein, mal in sich zu gehen etc.“
Das steht uns doch überhaupt nicht zu!
Seien wir besorgt um unser eigenes Seelemnheil – da gibt es bei jedem von uns Not genug – und die ist uns meist ganz genau bekannt!
//Nachdem die Ordenskongregation mit einem S c h l a g die gesamte Ordensleitung abgesetzt und den Kapuziner Fidenzio Volpi als Apostolischen Kommissar eingesetzt hatte, wurde Alfonso Bruno vom Kommissar zu dessen rechter Hand ernannt und als Generalsekretär des Ordens eingesetzt. Er ist damit ordensintern der große Nutznießer des Kahl s c h l a g s .//
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//Es wird daher nicht ausgeschlossen, daß auch die jüngste Erklärung aus der Feder von Pater Alfonso Bruno und nicht des gesundheitlich schwer ange s c h l a g enen Kommissars stammt.//
//Der unerwartete S c h l a g anfall von Kommissar Volpi könnte die gesamten Karten rund um den Orden neu mischen und die Position von Alfonso Bruno gefährden.//
Wie immer man es deutet – es ist nicht zu bestreiten:
dem S c h l a g des Kommissars gegen den Orden folgte ein R ü c k s c h l a g auf seine Gesundheit.
Ich deute es als eine Barmherzigkeit Gottes: Gott gibt dem Pater eine Chance zur Umkehr.
Es IST zu bestreiten, weil Gott, selbst wenn er so handeln sollte, ganz gewiss nicht zu uns Unbeteiligten darüber spräche, sondern allenfalls zu Volpi selbst und seinen engsten Vertrauten!
Gott gibt, davon abgesehen, jedem von uns täglich die Chance zur Umkehr – halleluja!
Wir können, vorausgesetzt wir haben überhaupt einen sachgemäßen Einblick in die Causa, Pater Volpis Taten, Meinungen und Ideen kritisieren.
Hüten wir uns vor solchen Urteilen, die sich anmaßen, die Gesten Gottes im fremden Leben deuten zu wollen!
Was in der ganzen Geschichte der Drangsalierung der Franziskanen (und noch viel schlimmer und ungerechter: der Franziskanerinnen) der Immaculata) auffällt, ist die gewaltige Geheimniskrämerei seitens des Vatikans und der von oben eingesetzte Ordensverwaltung.
Bis jetzt weiß kein Mensch was diesem Orden vorgeworfen wird, warum der Stifter P. Manelli unter Hausarrest steht, warum den Angehörigen v. P. Manelli Veruntreuung v. Geldern und Immobilien vorgeworfen wurde (was zu einer Verleumdungsklage und einer abzusehenden Niederlage v. P. Volpi führte, und dann zu einem Vergleich mit Entschädigungszahlung (Verleumdungssühne) von 20 000,-€ führte),…
Es ist eine äusserst italienischsprachige Geschichte;
und die Evolution der Homepage der Francescani dell’Immacolata spricht Bände und des sehr giftigen Blogs http://www.veritacommissariamentoff.wordpress.com ebenfalls.
Sehr typisch das Fehlen des Impressums, einen sehr genauen Hass auf bestimmte Personen (z.B. der Latifundista Antonio Margheriti v. dem Blog „La cuccia del mastino“ (Die Hundehütte des Wachhunds); oder- sehr wenig christlich und einem Ordensmann würdig- auf Pater Serafino Lanzetta, der wegen seines Werkes über das 2. Vat. Konzil allein schon mit 80 Zeilen Blog bedacht wird.) Transparenz über die jetzige Ordensleitung : null, und dies gerade in einer Periode wo dieser Orden schwere Zeiten durchmacht.
Aber, beste @ Zeitschnur, alles ist in Ordnung: Pater Fidenzio ist nicht tot, sondern wird wie alle Totgesagte länger leben (sic der Blog veritacomm.) und er betet täglich für uns alle und besonders für die Bekehrung seiner Gegner.
Und viceversa betet Prof. de Mattei (und ich gleich mit) für P. Volpi und seine baldige Genesung.
In der Sache hat Prof.Mattei vollkommen recht.
Eine vasovagale Synkope dauert nur eine geringe Zeit; bei der hier vorliegenden langen Zeit muß von etwas sehr Schwerwiegendes ausgegangen werden.
Schlaganfälle werden in 6 Grade nach der NIHSS eingeteilt; anatomopatholisch in Trombosen, Blutungen und Embolien, wobei gerade Embolien nicht selten durch sekundäre Blutungen kompliziert werden, besonders unter gerinnungshemmenden Medikamenten.
Die Revalidierung ist, besonders bei schweren Schlaganfällen, sehr langwierig und mühselig.
Wenn jetzt, 3 Wochen nach dem Ictus, noch immer totale Geheimniskrämerei getrieben wird, ist die Situation mit Sicherheit nicht gut.
Darüberhinaus sind auch die ungefähre Schlaganfallgefährdungsscores v. P. Volpi nicht gut: es besteht eine hohe Rezidivgefahr.
Das ist kein Zinnober; es ist einfach Neurologie und Hämostaseologie.
Transparenz: das fehlt in dieser Causa ganz.
Ja, Transparenz – das fehlt überhaupt ganz oft „ganz“…
Umd Impressa – mei, wie oft fehlen die, v.a. bei den ganz schwarzen Tradi-Blogs… oder sie sind erfunden irgendwo auf den Salomonen…
Hach.
Seien Sie mir nicht böse: ich habe mich inzwischen dran gewöhnt, dass man unter Katholiken nach dem Prinzip „Willst Du nicht mein Bruder sein, dann hau ich Dir den Schädel ein“ operiert.
Alleine schon der unmögliche Umgangsstil, v.a. unter Tradis, der immer gleich persönlich und respektlos wird, der keine Kritik aushält und keulenschwingend auf jedes noch so unklare Gerücht einsteigt, wenn es nur ins Weltbild passt – das ist nicht anders als in der „Lügenpresse“!
Ich war da mal gutgläubiger, bin aber von den Tradis eines Besseren belehrt worden über den Zustand ihrer Frömmigkeit. Noch nirgends habe ich soviel unverhohlene Verleumdung, einen so leichtfertigen Gebrauch von persönlicher Niedermache anstelle von Argumenten und so viel persönliche Selbstgerechtigkeit und Bigotterie erlebt! Ich verstehe inzwischen, warum meine Großeltern mit der Kirche schon vor dem Konzil nichts mehr zu tun haben wollten unt er diesen Umständen. genau dieser unmögliche und wahrhaft antichristliche Umgangsstil wurde mir nämlich genannt von ihnen samt einer Neigung zur permanenten Lüge, nur um alles mögliche zu vertuschen – selbstredend nuuuur im gehorsam gegen Obere!
Die Progressiven trafen doch einen perfekt organisierten Vertuschung- und Geheimhaltungsapparat an – es galt nur noch, ihn neu zu besetzen!
Glauben Sie mir – ich wünschte, das wäre anders!
Sie sind vielleicht gezeichnet von entsprechenden nachkonziliaren Eskalationen in Ihrer Heimatdiözese und Nationalkirche – aber oft denke ich, dass die „progressive“ Seite sich genauso widerlich aufführt ist nur ein zeitversetzter Spiegel dessen, was ihre schärfsten Gegner schon vor ihnen taten.
Und ich bleibe dabei: diese FI-Geschichte ist insgesamt undurchsichtig! INSGESAMT! Trotz dieser Gerichtsverhandlung.
Wir haben nicht die Einblicke, um hier eine Option zu ergreifen.
Ich mache das nie mehr!
Schnell hat man sich da durch ein vorschnelles Urteil für die vermeintlich Guten die Finger verbrannt!
Denn eines muss einem in jedem Fall zu denken geben:
Wieso äußern sich die FI nicht offen?
Und nun komme mir niemand mit dem idiotischen Gehorsamsgefasel!
Wenn der „Gehorsam“ letztendlich zur Selbstzerstörung oder aber der Vertuschung aller möglichen Untiefen führt – nee danke!
Mit überzeugend katholisch hat das nichts zu tun.
Insofern braucht sich kein Tradi über die Geheimbünde aufregen – offenbar frönt er doch selbst einem solchen Modell!
Zum Kommentar von „zeitschnur“, 19.5.15, 18.48 Uhr
Liebe zeitschnur, es war richtig, dass Sie mich darauf hingewiesen haben, nicht zu Gericht zu sitzen.
Wie Sie auch richtig sagen ist dies, dass wir in dieser Sache nicht über alles informiert sind.
Aber dies trifft ja auch auf so viele andere Dinge zu ‑ob politisch, ob gesellschaftlich- und die wir je individuell einzuordnen versuchen und unsere dabei gewonnene Ansicht darüber mitteilen, ob privat oder in einem Forum.
Solange wir nicht verdammen und üble Nachrede praktizieren , kann ich nichts Schlimmes daran finden.
Liebe zeitschnur, mir ist schon des öfteren aufgefallen, dass Sie „Tradis“ recht häufig tadeln.
Es mag Selbstgerechte unter ihnen geben, aber gibt es sie nicht auch in jeder anderen Gruppierung?
Ich stufe mich als „gemäßigte Tradi“ ein und ich hoffe sehr, dass ich nicht selbstgerecht und überheblich bin.
Könnten beide Untugenden nicht auch oder eher mit dem persönlichen Charakter eines jeden zu tun haben und weniger mit dessen religiösem Standort?
Als ehemalige PGR war ich ‑zusammen mit vielen anderen- Empfängerin von Rundmails eines mittlerweile pensionierten Priesters.
Er gehört dem progressiven „Lager“ an, ist Frauenpriestertum-Befürworter. Fast jede seiner Mails enthielten Nadelstiche gegen die katholische Kirche, gegen Papst Benedikt, übrigens auch seine Sonntagspredigten.
Er versandte Karrikaturen und Fotos, die ich häufig genug als zumindest fragwürdig, manchmal auch als beleidigend empfand.
Irgendwann sandte ich ihm eine Mail und begründete darin sehr sachlich meine Kritik.
Der Priester antwortete und versicherte, dass ich die einzige sei, die sich je beschwert habe.
Ein recht prominenter Mann unserer Gemeinde ‑liberal eingestellt und definitiv kein Tradi- sagte mir aber auch einmal, dass ihn die Inhalte der Mails ebenfalls recht oft stören würden.
Was will ich damit sagen?
Pfarrer N.N. war kein „böser“ Tradi, er war liberal, manchmal schmerzhaft progressiv. In seiner Antwortmail schrieb er u.a., er sei ein Zyniker.
Ich war zutiefst bestürzt.
Priester und Zyniker – das passt nicht zusammen, es ist für mich ein Widerspruch.
Es gibt also solche und solche, in jedem Lager.
Wenn also Tradis aufgrund ihrer Glaubensverortung der Annahme sein sollten, sie wären die besseren Menschen, so trifft dies sicher auch auf viele ‑nicht alle- Modernisten zu.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich glaube wirklich, dass Formen von Überheblichkeit, Hochmut und Selbstgerechtigkeit u.a. auch eine Frage des Charakters sind und nicht einzig den Traditionalisten zuzuweisen.
Liebe Marienzweig,
natürlich gibt es solche „Zyniker“ in jedem Lager. Ich könnte Ihnen da Erfahrungen mit amtskirchlichen Pharisäern „linker“ Couleur erzählen aus meinem abenteuerlichen Leben… das ging so weit, dass ein Priester offenbar gar nicht interessiert daran war, dass eine wie ich zurückkehrt in die Kirche und ich eher das Gefühl hatte, abgehalten als eingeladen zu werden – mit tausend Nadelstichen gegen Johannes Paul II etc.
Als ich aber dann diese Hürde passiert und ein paar Jährchen Amtskirche hinter mir hatte und unglücklich all die Zustände dort war, muss ich aber dennoch sagen, dass man noch irgendwie „normal“ und distanziert miteinander umging. Halt oberflächlich, aber nicht so würdelos.
Der absolute Kulturschock war für mich dann das Tradilager – locker wird man dort dämonisiert, wenn man nicht Gewehr bei Fuß steht, ich kann Ihnen nicht sagen, was ich für unverschämte Emails bekam und bekomme. Hier auf Katholisches tobte sich letztes Jahr diese ungezogene Fraktion ja ebenfalls aus. Man kann mit diesen Leuten überhaupt nicht reden. Die wissen nicht nur nicht, was Feindesliebe ist, sondern sie haben offenbar nicht gelernt, wie man zivilisiert miteinander diskutiert, wenn man nicht übereinstimmt.
Und in aller Regel sitzt das tiefer bei diesen Leuten, die nicht gerade selten sind: viele pflegen rechtsradikales oder faschistische Gedankengut und merken nicht mal, dass das nicht zur Lehre der Kirche gehört. Und wehe, man macht darauf aufmerksam – die Aufforderung, sich exorzieren zu lassen ist Ihnen dann sicher. So einfach ist das Weltbild dieser Leute – und so gefährlich. Wenn diese Meute könnte, würde sie Scheiterhaufen aufstellen, Frauen das Studieren verbieten und Juden ins Ghetto verbannen.
Den lieben langen Tag sitzen sie zu Gericht über andere, geben hämische Sprüche von sich und klopfen sich selbst für ihren rechten Glauben auf die Schulter. Ich habe ein ganzes Dossier unverschämter Zuschriften… Prototyp solcher Irrgeister ist Bischof Williamson. Was nützt es, groß gegen Abtreibung aufzutrumpfen, wenn man zugleich einen Völkermord leugnet?!
Es ist die katholische Tragik, dass die Reste an Überlieferung ausgerechnet von solchen Horrorgestalten aufgegriffen und an sich gerissen worden sind … und total verfremdet wurden.
Denn eines weiß ich sicher: mit dem, was auch noch mir aus älterer Zeit überliefert wurde in der Familie, hat diese Sorte Tradition absolut nichts zu tun!
Sie haben recht: nicht alle sind so. Das habe ich auch nicht gesagt. Dennoch ist der Mangel an den elementarsten Benimmregeln im Tradilager extrem verbreitet. Ich erhalte selten auch von aufgehetzten Linken oder Atheisten solche Zuschriften. In aller Regel aber sind es Tradis.
Woran das liegt?
Daran, dass sie im Wahn leben, sie hielten als einzige das „Wahre“ aufrecht.
Das macht vermessen und verblendet die Herzen – aber es fehlt einfach auch an (Herzens-)Bildung und Verstand in vielen Fällen.
Es ist zum Mäusemelken.
Danke für Ihre Erklärungen, @zeitschnur!
Im vergangenen Jahr habe ich mich wohl unbedachterweise auf einen Atheisten-Blog gewagt und mich als Christin, sogar als Katholikin bekannt.
Liebe zeitschnur, Sie können sich kaum vorstellen, wie mich die Kommentatoren in jenen Tagen vor sich hergetrieben haben.
Ich fühlte mich mehr und mehr wie ein gejagtes Wild.
Sie hätten sich vermutlich besser geschlagen, weil ich inzwischen mitbekommen habe, dass Sie über ein großes theologisches Wissen verfügen.
Ich hatte mich nur mit meinem Herzen und meinem tiefen Glauben eingesetzt und dies immer sachlich.
Nur ein einziger der Diskutanten wusste sich zu benehmen und hat mir Respekt entgegengebracht, trotz seiner gegenteiligen Position.
Am Schluss konnte ich nicht mehr, habe regelrecht gezittert und bin deshalb ausgestiegen.
Ich habe mich höflich und freundlich verabschiedet und dabei nicht verschwiegen, dass mich die verächtliche Art ihres Umgangs mit mir getroffen hat.
Wahrscheinlich war dies naiv, aber egal. Ich musste es einfach sagen.
Sehen Sie, was Ihnen widerfahren ist, ist umgekehrt mir widerfahren, nur von anderer Seite.
Ich lese und schreibe auch gelegentlich in weltlichen Zeitungen. Lesen Sie bitte einmal die Beiträge der dortigen Kommentatoren, wenn es um die Kirche geht.
Es ist teilweise schockierend!
Deshalb noch einmal meine Ansicht: Es ist auch eine Frage des Charakters, wie man miteinander umgeht.
Denn ich weiß, dass auch unter denjenigen, die der Kirche ablehnend gegenüberstehen und Atheisten gute Menschen sind, die ebenso nach dem Guten streben wie wir.
Ich würde mir so sehr wünschen, liebe zeitschnur, dass Sie „Tradis“ in ihrer Gesamtheit etwas gnädiger beurteilen könnten, trotz oder gerade wegen Ihrer negativen Erfahrungen.
Ich bin ja auch eine, wenn auch eine gemäßigte.
Gottes Segen für Sie!
Gratias ago tibi Marienzweig!
Kann ich gut verstehen, was Sie berichten. Auch das habe ich schon erfahren.
Nur eines bitte ich doch zu bedenken: Von Glaubensbrüdern sollte man das nicht erwarten – dass die andern allergisch reagieren und zornig kann man ja nachvollziehen. Ich bin sogar mal aus einer Künstlergruppe deswegen ausgetreten. Also – ich weiß, was Sie da meinen, sehr gut und auch existentiell. Denn man ist freischaffend angewiesen auf solche Gruppen.
Ich denke inzwischen, ein echter Katholik kann kein Traditionalist sein oder sonst irgendein „-ist“. Es gibt keine „Lager“. Sagte nicht Paulus, es sei furchtbar, dass die einen Apollos und die nächsten einem anderen folgen, als hätten wir keinen Herrn!?
Lefebvristen, Antimodernisten, Traditionalisten – all das ist völlig vorbei an dem, was wir sein sollen.
Ich frage mich; Wie soll ich Jesus nachfolgen, wenn ich erst mal mit meinem „Lager“ abklären müsste, ob es der Führung zustimmt, die Jesus vorhat mit mir?
Ein Recht hätte an mir nur ein rechtgläubiger Papst, ein Heimatbischof und ein geistlicher Begleiter – aber die leiteten sich früher mal aus der Hierarchie her – nicht aus einem Lager. Und man hätte, falls jene sich missbräuchlich verhielten, inenrhalb der Hierarchie auch wehren können – was aber auch damals schon oft nicht gelang, weil auch damals schon das weltliche Geschäft für viele wichtiger war als das geistliche.
Aber immerhin gab es real noch diese rechtgläubige Hierarchie bis hinauf zum Papst!
Wenn ich Sie schätze, Marienzweig, dann dafür, dass ich bisher niemals darüber nachdenken musste, welchem Lager Sie wohl angehören, sondern dass Sie ein ernsthafter Mensch sind, der sich seine eigenen Gedanken nicht sparen will und daher Dinge auch ausreifen lässt, ohne sich von einem Lager abhängig zu machen, der den Weg gehen will, der für Marienzweig vorgesehen ist und keinen anderen – und so sollte es doch sein!
zeitschnur, am 21.Mai 2015, 19.11 Uhr
Ich danke Ihnen, liebe zeitschnur, für Ihre guten Worte!
Meine Selbsteinschätzung als Tradi möchte ich nicht feige zurücknehmen, doch ich möchte sie gerne in dem Sinne verstanden wissen, dass ich zutiefst glaube, was ich als Kind einmal aufgenommen habe und mir ins Herz gesenkt wurde. Dass ich glaube, was in Bibel und Katechismus steht, dass ich ganz fest an Jesus Christus glaube und buchstäblich an Ihm hänge.
Dass ich dieses Glaubensgut noch vor Jahren nicht genügend zu schätzen wusste und es beinahe verloren hätte, das ist leider so.
Gott sei wirklich von Herzen gedankt, dass ich noch rechtzeitig die „Kurve gekriegt“ habe.
Aus der Erinnerung heraus möchte ich Augustinus zitieren:
„Die Welt verändert sich, der Glaube bleibt!“
Das ist es, was ich mit Tradi sein verbinde und meine.
Nun geht wieder ein Tag, eine Zeitspanne, zu Ende.
Wieder ein Tag näher zu Gott!
Kein beängstigender, sondern ein stärkender Gedanke!
In diesem Sinne: Eine gute Zeit für Sie, für mich und für uns alle!