
(Rom) Die angekündigte und seit Wochen fertiggestellte Öko-Enzyklika wurde laut dem Vatikanisten Sandro Magister zurückgezogen und eingestampft. Grund dafür sei, so der Vatikanist, daß Papst Franziskus sich wohl bewußt wurde, daß der derzeitige Text keine Chance hätte, die Prüfung durch die Glaubenskongregation unter Leitung von Kardinalpräfekt Gerhard Müller zu bestehen. Kardinal Müller dürfte dem Papst zu verstehen gegeben haben, daß der Entwurf unannehmbar ist.
Am 28. April bei der umstrittenen Klima-Tagung der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften schien alles noch perfekt. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon war eigens in den Vatikan gekommen, um mit Papst Franziskus zusammenzutreffen. Im Anschluß hielt er die Eröffnungsrede und konnte damit sicherstellen, daß der Tagungszug auf den gewünschten politisch korrekten Geleisen rollt.
UNO-Generalsekretär als „Vatikansprecher“
Bei der Pressekonferenz nach der Audienz bei Franziskus zeigte sich Ban Ki-moon optimistisch. Er könne zwar „nicht im Namen des Papstes sprechen“, sei aber überzeugt, daß die angekündigte Öko-Enzyklika „große Wirkung“ haben werde. Das legte die Annahme nahe, daß der UNO-Generalsekretär den Inhalt der geplanten Enzyklika bereits kannte. In seiner anschließenden Eröffnungsrede bei der Klimatagung trat Ban Ki-moon dann aber wie ein Vatikansprecher auf und gab bekannt, daß die Öko-Enzyklika bereits fertiggestellt sei, gerade in alle wichtigen Sprachen übersetzt werde und der Papst die Klima-Agenda der UNO unterstütze. „Im Juni“, so der UNO-Generalsektretär, erfolge die Veröffentlichung.
Die umstrittene Kooperation von Teilen der Kirche mit der UNO und deren Ideologemen zu Klimawandel und Überbevölkerung ist intensiv: Hauptreferent desselben Tages war Jeffrey Sachs, ein fanatischer Anhänger der Geburtenkontrolle. Der ehemalige Chefökonom der UNO und nunmehrige Direktor des UN Sustainable Development Solutions Network sowie kooptiertes Mitglied der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften soll direkt an der Ausarbeitung der Öko-Enzyklika mitgewirkt haben. Das könnte Ban Ki-moons Kenntnisstand zum Inhalt der Enzyklika erklären.
Autor Fernández, Co-Autoren Jeffrey Sachs und Erwin Kräutler?

Ein weiterer Co-Autor der Enzyklika soll der österreichische Amazonas-Bischof Erwin Kräutler sein, der in Europa vor allem als linker „Gutmensch“ bekannt wurde und im Vorjahr durch das Projekt Amazonas-Werkstatt von sich reden machte. Dabei handelt es sich um die Absicht, unter Verweis auf den Priestermangel, das zölibatäre Weihepriestertum aufzuheben. Die Weihe verheirateter Männer steht ganz oben auf Kräutlers Agenda. Der Österreicher, der sich weigert, um Priesterberufungen zu beten, und statt dessen lieber für strukturelle Veränderungen kämpft, könnte sich auch ein Frauenpriestertum vorstellen.
Koordinator und Chefredakteur der Öko-Enzyklika ist jedoch der Ghostwriter des Papstes, Titularerzbischof Victor Manuel Fernández. Der Argentinier ist Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität von Buenos Aires. Bereits für Erzbischof Jorge Mario Karidinal Bergoglio von Buenos Aires schrieb Fernández die Texte. Eine Zusammenarbeit, die sich nach der Papstwahl fortsetzte.
Im Gegenzug ist Bergoglio der Hauptmentor von Fernández, den er als Primas von Argentinien gegen große Widerstände als Rektor der Katholischen Universität durchsetzte und den er nach seiner Wahl zum Papst sofort mit der Würde eines Erzbischofs auszeichnete. Eine demonstrative Geste, um allen seine Wertschätzung zu signalisieren.
Milleniumsziele der Eliten
Die Zurücknahme des bereits zur Veröffentlichung fertiggestellten Textes der Öko-Enzyklika scheint schwere Bedenken zu bestätigen, daß mit der bisherigen Form eine Unterwerfung der Katholischen Kirche unter die UNO-Millenniumsziele beabsichtigt war. Eine Unterwerfung unter die „Nachthaltigkeitstheorie“ mit ihrer umstrittenen Behauptung, die Erderwärmung sei vom Menschen durch erhöhten CO2-Austoß verursacht und könne daher auch vom Menschen, durch einschneidende Eingriffe in die Wirtschaft und immensen Finanzaufwand korrigiert werden; ebenso unter die nicht minder umstrittene Behauptung, der Mensch sei der größte Feind der Erde und bedrohe deren Existenz durch Überbevölkerung, weshalb eine radikale Bevölkerungsdezimierung notwendig sei, die von der UNO weltweit durch Förderung von Verhütung, Abtreibung, künstlicher Befruchtung, Euthanasie und Homosexualisierung betrieben wird.
Sandro Magister schreibt zum Stopp für die Öko-Enzyklika:
Und das soll der Vetrauenstheologe des Papstes sein?

„Im ‚magischen Zirkel‘ der engsten Vertrauten von Papst Franziskus ist Victor Manuel Fernández, Rektor der Katholischen Universität Argentiniens mit Sitz in Buenos Aires sowie Titularerzbischof des untergegangenen Metropolitansitzes Tiburnia, mit Sicherheit die Nummer Eins.
Zumindest war er bis gestern [Montag] die Nummer Eins. Denn sein Interview, das am Sonntag, dem 10. Mai vom Corriere della Sera veröffentlicht wurde, könnte den Anfang seines Untergangs besiegelt haben.
Es genügt, zu lesen, wie er im Interview die Römische Kurie und alle Kardinäle abkanzelt und von einem Papst als einer Art Handlungsreisenden phantasiert:
‚Die vatikanische Kurie ist keine essenzielle Struktur. Der Papst könnte auch außerhalb Roms wohnen, ein Dikasterium in Rom haben und ein anderes in Bogotá und sich vielleicht über Videokonferenz mit den Liturgieexperten verbinden, die in Deutschland sitzen. Was im theologischen Sinn rund um den Papst ist, um dem Volk zu dienen, ist das Kollegium der Bischöfe. […] Sogar die Kardinäle können verschwinden im Sinne, daß sie nicht wesentlich sind.‘
Oder wie er sich auf Kardinal Gerhard Müller, den Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre stürzt:
‚Ich habe gelesen, daß einige sagen, daß die römische Kurie essenzieller Teil der Mission der Kirche ist, oder daß ein Präfekt im Vatikan der sichere Kompaß ist, der es verhindert, daß die Kirche in ein Light-Denken verfällt; oder daß dieser Präfekt die Einheit im Glauben sicherstellt und für eine ernsthafte Theologie des Papstes sorgt. Aber die Katholiken wissen, indem sie das Evangelium lesen, daß Christus dem Papst zusammen mit den Bischöfen eine spezielle Führung und Erleuchtung zugesichert hat und nicht einem Präfekten oder einer anderen Struktur. Wenn man solche Dinge hört, dann könnte man fast den Eindruck bekommen, als wäre der Papst nur ihr Vertreter, oder einer der gekommen ist, um zu stören und deshalb überwacht werden muß. […] Der Papst ist überzeugt, daß das, was er geschrieben oder gesagt hat, nicht als Irrtum bestraft werden kann. Daher können künftig alle diese Dinge wiederholen, ohne Angst haben zu müssen, dafür Sanktionen zu erhalten.‘
Das Schöne dabei ist: Um vom Rio de la Plata diese seine ‚Summa‘ zum Besten zu geben, ließ Fernández den Interviewer vom Corriere della Sera zweimal den Atlantik überqueren.
Denn er gilt als großer Theologe, mehr noch, als Vetrauenstheologe von Papst Franziskus, als sein wichtigster Berater und sein Ghostwriter seit dieser Erzbischof von Buenos Aires war. Im Sommer 2013 übersiedelte er nach Rom, um mit Franziskus Evangelii gaudium zu schreiben. Im vergangenen März kehrte er für eine Woche wieder, die sich Franziskus reserviert hatte, um die angekündigte Öko-Enzyklika zu schreiben.
Aus Santa Marta ist jedoch durchgesickert, daß Franziskus inzwischen den Entwurf, den Fernández ihm vorbereitete, in den Papierkorb geworfen hat. Vielleicht vorausahnend, daß Kardinal Müller ih auf alle Fälle zerrissen hätte, sobald er ihn in die Hände bekommen würde.
In der Tat, wenn man die publizistische Tätigkeit des Theologen Fernández anschaut, muß man zum Schluß gelangen, daß die Kongregation für das katholische Bildungswesen vor einigen Jahren mit gutem Grund seine Kandidatur für das Amt des Rektors der Universidad Católica Argentina ablehnte und sich erst nach längerem Tauziehen 2009 dem Willen des damaligen Erzbischofs von Buenos Aires beugen mußte.

Das erste Buch, das der Welt das Genie von Fernández offenbarte, ist Sáname con tu boca. El arte de besar (Heile mich durch deinen Mund. Die Kunst zu küssen), das 1995 im Verlag Lumen erschien und vom Autor mit folgenden Worten vorgestellt wurde:
‚Ich kläre dich auf, daß dieses Buch nicht auf der Grundlage meiner persönlichen Erfahrung geschrieben wurde, sondern des Lebens der Menschen die küssen. Auf diesen Seiten will ich das Volksempfinden wiedergeben, das was die Menschen empfinden, wenn sie an einen Kuß denken, das was die Sterblichen fühlen, wenn sie küssen. Aus diesem Grund habe ich lange mit vielen Menschen gesprochen, die viel Erfahrung in dieser Sache haben und auch mit vielen Jugendlichen, die auf ihre Weise das Küssen lernen. Zudem habe ich viele Bücher herangezogen und wollte aufzeigen, wie die Dichter über den Kuß sprechen. So sind, in der Absicht den immensen Reichtum des Lebens zusammenzufassen, diese Seiten als Plädoyer für den Kuß entstanden, von denen ich hoffe, daß sie dabei helfen, besser zu küssen, daß sie dich drängen, in einem Kuß das Beste deines Seins zu befreien.‘
Dann folgten weitere Bücher, die mehr seiner Rolle als Theologe und Kleriker entsprachen, wie beispielsweise 2006 für den Verlag San Pablo das 300-Seiten-Werk: Teologia espiritual encarnada (Fleischgewordene sprituelle Theologie).
Doch auch mit diesem Opus magnum geriet er in den vergangenen Wochen in ein Mißgeschick à la Boccaccio.

In einer mehrteiligen Seifenoper mit dem Titel Esperanza màa (Meine Hoffnung), die vom argentinischen Fernsehsender Canal 13 (El Trece) ausgestrahlt wird, ist die Hauptfigur ein junger Priester. Er verführt eine Ordensschwester und beginnt mit ihr eine Liebesaffäre. Anleitung für die Verführung war das zitierte Buch von Fernández, das in der Telenovela mehrfach gezeigt und dessen verführerischste Passagen sogar vorgelesen werden.
Das ist der Hintergrund, vor dem das freche Interview von Fernández mit dem Corriere della Sera mit einem Frontalangriff gegen Kardinal Müller stattfand.
Kardinal Müller ist inzwischen wegen seiner Aussage, das Pontifikat von Franziskus ‚theologisch strukturieren‘ zu wollen, wie es zu den statutarischen Aufgaben des Glaubenspräfekten gehört, zur Zielscheibe Nummer Eins der Ultrabergoglianer des ‚magischen Zirkels‘ und von Vatican Insider geworden, die seit einiger Zeit ziemlich nervös sind.
Und Papst Franziskus? Müßte er jetzt zwischen Fernandez und Müller wählen, wüßte er schon selbst, auf welche Seite er sich zu stellen hätte, ohne daß ihm das jemand sagt.“
Soweit der Vatikanist Sandro Magister.
Der Fernandez-Entwurf liegt im Papierkorb, das Projekt Öko-Enzyklika beibt aber aktuell

Und damit hat es auch zu tun, daß Papst Franziskus die von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon vorab gelobte Öko-Enzyklika von Fernà ndez, Kräutler und Jeffrey Sachs in den Papierkorb entsorgte. Die Entschlossenheit und Standhaftigkeit des deutschen Glaubenspräfekten, die in seiner Regensburger Vergangenheit auch zu Kritik geführt hatte, scheint zum Nutzen für die Kirche gegen die Leichtfüßigkeit mancher zu schnell und zu leicht zu Ehren gekommener Kleriker zu werden.
Die Öko-Enzyklika wurde bereits so oft angekündigt, daß das Projekt nicht ohne Gesichtsverlust für den Papst einfach in einer Schublade verschwinden könnte. Das Thema bleibt damit auf der Tagesordnung. Im Raum steht der von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon genannte Erscheinungstermin im Juni. Wer nun Hand anlegen und den Inhalt mitgestalten darf, muß sich erst zeigen.
Sagen läßt sich allerdings bereits, daß Papst Franziskus mit seinem Projekt Öko-Enzyklika eine weitere Baustelle an einer Klippe eröffnet hat. Dem Projekt haftete von Anfang an der Geschmack politischer Korrektheit oder zumindest der Schmeichelei gegenüber dem Mainstream an. Keine genuinen Ingredienzien für ein päpstliches Lehrschreiben. Dabei wäre das Thema von Bedeutung und eine päpstliche Orientierungshilfe im täglichen Widerstreit unterschiedlicher Meinungen, Schulen und Ideologien für die Menschen wichtig.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/jeffreysachs.org (Screenshot)/Canal 13 (Screenshot)/MiL