(Venedig) Im Rahmen der Biennale von Venedig, einer alle zwei Jahre stattfindenden internationalen Kunstausstellung, gehören Provokationen zum „Geschäft“. Erstmals kam es aber im Rahmen der Biennale zu einer Kirchenschändung. „Eine Moschee hat es in der weit mehr als tausendjährigen Geschichte Venedigs noch nicht gegeben“, schrieb noch vor wenigen Tagen die venetianische Tageszeitung Il Gazzettino. Das war gestern. Heute hat Venedig seine erste Moschee und das noch bis zum kommenden 22. November und zwar im Rahmen der Biennale.
Profanierung einer Kirche als „Kunst“ – Koranverse, Mihrab und Gebetsteppiche
Die eigentliche Provokation ist jedoch, daß die Moschee in einer katholischen Kirche eingerichtet wurde, nämlich in Santa Maria della Misericordia im Sestiere Cannaregio. Auch wenn die Kirche für den Kultus geschlossen ist, handelt es sich dennoch um ein geweihtes Gotteshaus. Nun allerdings wurde es entweiht. Daß es sich ausgerechnet um die Kirche der „Barmherzigkeit“ handelt, mag Zufall sein, trifft sich aber mit einem wegen der sogenannten „neuen Barmherzigkeit“ nicht unumstrittenen Schlüsselwort des derzeitigen Pontifikats.
In der Kirche findet sich alles: die islamische Gebetsnische, arabische Spruchtafeln mit Koranversen, der Boden ist zur Gänze mit Teppichen ausgelegt, einschließlich kleiner grüner Gebetsteppiche in Richtung Mekka. Die Mihrab, die Gebetsnische in Moscheen, wurde so errichtet, daß sie das große Kruzifix der Kirche verdeckt. Die Neuadaptierung des Gotteshauses soll durch nichts Christliches gestört werden. An der barocken Außenfassade fehlt nur die Aufschrift „Allah u akbar“. Ursprünglich bestand die Absicht, sie weitum sichtbar anzubringen. Letztlich verzichtete man darauf, weil die Stadtverwaltung, wie es heißt, Druck ausgeübt habe, die Aufschrift wegzulassen.
Moschee-Installation als Beitrag des isländischen Pavillons
Und wer kam auf die „geniale“ Idee? Die Moschee in der Kirche wurde vom isländischen Pavillon der Biennale organisiert. Natürlich alles strikt im Rahmen „künstlerischen“ Schaffens und unter dem Allzweckmittel „Freiheit der Kunst“.
Mit der Umgestaltung der Kirche in eine Moschee wurde, von der im übrigen lutherischen Republik Island, der Schweizer Künstler Christoph Büchel beauftragt. Er nannte sein „Konzeptkunstwerk“ The Mosque. Laut offizieller Erklärung soll die „Installation“ eine „Botschaft gegen Islamophobie“ sein. Fragt sich nur, warum die Katholische Kirche bevorzugt Opfer solcher politisch korrekter „Botschaften“ wird. Der isländische Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Illugi Gunnarsson, erklärte, daß die Idee, eine Moschee in eine Kirche hineinzupacken „den Dialog anregen“ könne, der – so der Minister – in Island „offen“ sei.
Gunnarsson ist Vertreter der liberal-konservativen Unabhängigkeitspartei, die gemeinsam mit CDU, CSU (Deutschland) und ÖVP (Österreich) in der Internationalen Demokratischen Union (IDU), im Europäischen Parlament aber mit den britischen Konservativen und der deutschen AfD in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer sitzt.
Moslem-Vertreter begeistert von Büchel-Installation
Der in Basel geborene Künstler Christoph Büchel ist vor allem durch Provokationen bekanntgeworden. Er gilt als „institutionskritisch“, was ziemlich unwahrscheinlich erscheint, wenn er staatliche Aufträge annimmt, wie jenen der Republik Island. 2010 installierte Büchel in der Wiener Secession einen „Raum für Sexkultur“. Er gestaltete den Raum in einen Swinger-Club um. Tagsüber konnte er von Museumsbesuchern besichtigt werden, nachts verlegte ein Wiener Swinger-Club seine horizontalen Aktivitäten in das Museum.
Begeistert von der Büchel-Initiative in Venedig zeigte sich Mohamed Amin al-Ahdadb, der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft der Stadt. Amin al-Ahdadb erkannte wahrscheinlich vor allen anderen die Bedeutung des Ereignisses. „Diese Projekt übertrifft an Wirkung hundert Tagungen über den Dialog zwischen den Kulturen“, so der Islamvertreter.
Eine Moschee ist im Gegensatz zu einer katholischen Kirche nicht geweiht und daher kein Sakralbau. Sie ist ein Versammlungsort, der mehr oder weniger aufwendig gestaltet sein kann. Theoretisch eignet sich aber jeder beliebige Raum als Moschee. Die Installaltion erweckt daher nicht nur den Schein einer Moschee, sondern ist für Moslems eine Moschee, wie die eifrigen Gebetsaktivitäten zeigen.
Patriarchat protestiert gegen illegale Nutzung und Profanierung der Kirche
Obwohl für das „Dialog-Kunstwerk“ eine katholische Kirche genützt wird, wurde der zuständige Patriarch von Venedig, Msgr. Francesco Moraglia nie um Erlaubnis gefragt. Im Patriarchat herrscht großer Ärger. Die Rede ist von „Mißbrauch“, der noch verschlimmert wird, weil die Kirche nicht nur ohne Erlaubnis genützt, sondern profaniert wurde.
Kunst als Kirchenschändung? Die Kirche ist seit 1969 für den Kultus geschlossen. Das spielt jedoch keine Rolle, da die Kirche nie entweiht wurde. „Die Kirche ist für den Kultus geschlossen und gehört nicht mehr der Kirche. Sie befindet sich seit 1973 in Privatbesitz“, heißt es in der offiziellen Erklärung des Patriarchats. Dennoch, so heißt es weiter in der Erklärung, „ist für jede vom christlichen katholischen Kultus abweichende Nutzung eine Erlaubnis durch die kirchliche Autorität notwendig, unabhängig davon, wer gerade im Besitz der Kirche ist. Diese Erlaubnis wurde weder beantragt noch gewährt.“
Die Kirche Santa Maria della Misericordia ist bereits für das Jahr 936 belegt, dürfte aber noch älter sein. Der ursprüngliche Kirchenbau war byzantinisch gestaltet. Im 13. Jahrhundert wurde sie Kirche gotisch erneuert. Um 1650 wurde die barocke Fassade errichtet. In der Kirche befinden sich Werke des Bernini-Schülers Clemente Moli. Während der Napoleonischen Herrschaft wurde die Kirche, wie viele andere, profaniert und dem Verfall preisgegeben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgten Renovierungsarbeiten. 1890 wurde die Kirche neu geweiht und wieder für den Kultus geöffnet.
Biennale setzte sich willkürlich über Patriarchat hinweg
Das Patriarchat ließ zudem wissen, daß „im vergangenen Februar darum angefragt wurde, andere Kirchen der Stadt für diese Moschee-Installation zur Verfügung zu stellen. Der Patriarch lehnte jedoch ab.“ Für die Kirche Santa Maria della Misercordia wurde erst gar nicht angefragt. Da es keine Erlaubnis gab, setzte sich die Biennale-Direktion über die Entscheidung der Diözese hinweg. Ein „Akt der Willkür“, heißt es im Patriarchat. Die Haltung der Kirche werde nicht respektiert.
Die Stadtverwaltung betont, daß nur von einer „Ausstellung“ die Rede gewesen sei, aber nicht von einer Kirche. Die Direktion der Biennale versucht Wasser aufs Feuer zu gießen. Das „Projekt“ sei „als künstlerische Installation gebilligt worden unter der Bedingung, daß sie an einem Ausstellungsort realisiert wird, der für alle zugänglich ist“.
Das Patriarchat wirft der Stadtverwaltung Oberflächlichkeit vor. Eine solche Angelegenheit hätte „größere Aufmerksamkeit in der Prüfungsphase verlangt“ und hätte „nicht nur unter dem künstlerischen Aspekt betrachtet und genehmigt werden dürfen“. Kritik übt das Patriarchat auch an den Biennale-Verantwortlichen: „Die Entscheidung, eine für den Kultus geschlossene Kirche zu benützen, löst diese Frage nicht, wie ein sakraler Ort zu nützen ist, sondern ignoriert sie.“
Katholische Vereine fordern „sofortige Räumung“ – „Installation lädt nicht zu Dialog, sondern Krieg ein“
Mehrere katholische Vereinigungen und Medien haben unterdessen die sofortige Räumung der Moschee-Installation verlangt und die Wiederherstellung der Kirche. „Daß die Kunst als Vorwand dient, um jegliche ideologische Ruchlosigkeit zu rechtfertigen, ist keine Neuigkeit. Doch die Umwandlung der Kirche Santa Maria della Misericordia in eine Moschee als ‚künstlerischer Ausdruck des Kampfes gegen die Islamophobie‘ überschreitet jede Grenze. Nur ein Idiot kann ernsthaft denken, daß die Umwandlung einer Kirche in eine Moschee als Einladung zum Dialog verstanden werden könnte. Sie ist vielmehr eine Aufforderung zum Krieg, zur Eroberung und Inbesitznahme der Kirchen und das zu einem Zeitpunkt, wo in mehreren Ländern ein brutaler Krieg von Moslems gegen Christen tobt und jeden Tag Kirchen erobert und in Besitz genommen und in Moscheen umgewandelt werden“, so der Chefredakteur der Nuova Bussola Quotidiana.
Das Patriarchat hat Protest erhoben. Nicht nur, weil die Angelegenheit dem gesunden Hausverstand widerspricht, sondern weil sie gesetzeswidrig ist. Der Patriarch hätte sein Erlaubnis erteilen müssen. Er hat diese Erlaubnis nicht erteilt. Er wurde nicht einmal gefragt. Deshalb hätte diese ‚Installation‘ gar nicht zu existieren. Dies festzustellen, genügt aber nicht. Eine solche Provokation kann nicht damit abgetan werden, daß man einen Tag protestiert, aber alles so bleibt, wie es ist. Der Symbolgehalt ist zu kräftig. Das Patriarchat sollte die sofortige Entfernung der Installation verlangen. Ohne Wenn und Aber. Sollte die Biennale diese Schändung und falsche Botschaft verteidigen, sollte zum friedlichen, aber aktiven Widerstand übergangen werden, etwa durch eine Form von Veilleurs, die den Vorplatz und die Kirche besetzen, oder durch die Abhaltung stiller Gebetswachen. Alles so belassen, wie es ist, hieße, dem Islam ein Signal der bedingungslosen Kapitulation zu senden, das dem radikalsten Arm des Islam in die Hände spielt. Daran ändert nichts, daß die ganze Provokation „künstlerisch“ verpackt und „im Namen der Freiheit der Kunst“ geschieht, denn die interessiert die Islamisten ganz und gar nicht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Nuova Bussola Quotidiana/Chiesa e postconcilio