(Damaskus/Göttingen) Der Apostolische Nuntius für Syrien, Msgr. Mario Zenari bestätigte: „Je mehr Zeit vergeht, desto größer wird die Sorge um das Schicksal der beiden orthodoxen Bischöfe und des katholischen Priesters Pater Dall’Oglio“. Seit zwei Jahren befinden sie sich in der Hand der Entführer. Seither fehlt jedes Lebenszeichen von ihnen. Der Apostolische Nuntius erinnerte daran, daß in Syrien seit Beginn des Konfliktes „mindestens 20.000 Menschen verschwunden“ sind.
Die orthodoxe Kirche startete einen Appell an die internationale Gemeinschaft, die Anstrengung zur Freilassung der Entführten zu verstärken. In Damaskus und Beirut fanden am vergangenen Sonntag ökumenische Gebetstreffen in diesem Anliegen statt.
In Deutschland wandte sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mit einem Offenen Brief an Alt-Bundespräsident Christian Wulff an die Öffentlichkeit, die Bemühungen um Freilassung der entführten Bischöfe zu verstärken.
„Mindestens 20.000 Menschen verschwunden“
Seit Ausbruch der Kampfhandlungen in Syrien haben Dschihad-Milizen und andere kämpfende Gruppen eine Reihe von Persönlichkeiten der christlichen Gemeinschaft entführt. Unter ihnen befinden sich auch die beiden Bischöfe, Metropolit Boulos Yazigi der griechisch-orthodoxen Kirche von Antiochien und Metropolit Mar Gregorios Yoanna Ibrahim der syrisch-orthodoxen Kirche. Beide wurden am 22. April 2013 entführt.
Zu den Entführten gehören ebenso der Jesuit, Pater Paolo Dall’Oglio, der am 29. Juli 2013 verschleppt wurde, zwei weitere Priester und verschiedene Laien. Der Nuntius erinnerte an das Schicksal von „mindestens 20.000 Menschen“, die in Syrien verschwunden sind, „Laien, Ordensleute, Bischöfe, einfache Bürger, Christen und Moslems, Syrer und Ausländer, darunter auch Journalisten“.
„Die Welt schweigt dazu“
In einer kurzen Ansprache sagte am Sonntag Yohanna Yazigi, ein Bruder des entführten Bischofs, daß er „hoffe, daß sie noch leben“ und beklagte, daß „die Welt dazu schweigt“, aber auch, daß „niemand sichere Beweise zu ihrem Schicksal liefert“.
„Wir haben mit allen verhandelt, die uns in dieser Sache irgendwie helfen hätten können, doch leider herrscht totales Schweigen“, so der syrisch-orthodoxe Patriarch.
Das sei in der Tat „kein gutes Zeichen“, so der Apostolische Nuntius für Syrien gegenüber Asianews. „Je mehr Zeit vergeht, desto mehr verlieren die Menschen die Hoffnung und nimmt das Mißtrauen zu.“ Dennoch, „niemand kann sagen, daß die Tür zu ist und es keine Hoffnung mehr auf ihre Befreiung gibt. Wir haben in Damaskus für ihre Freiheit gebetet“.
Der Nuntius legt Wert auf die Feststellung, daß die beiden Bischöfe und Pater Dall’Oglio „nur die Spitze des Eisberges sind, denn es sind mindestens 20.000 Menschen verschwunden. Menschen, von denen man einfach nichts mehr weiß. In diesem Moment wollen wir an sie alle erinnern und für sie beten.“
Offener Brief der Gesellschaft für bedrohte Völker
Im Offenen Brief an Alt-Bundespräsident Christian Wulff ersucht die Gesellschaft für bedrohte Völker Kontakte, Ansehen und Beziehungen gegenüber der „Regierung der Republik Türkei“ geltend zu machen, denn diese habe „einen großen Einfluss auf die in Nordsyrien operierenden bewaffneten Gruppen“. Wörtlich heißt es: „Daher bitten wir Sie, sich bei der Regierung in Ankara und persönlich bei dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan dafür einzusetzen, dass die türkischen Behörden bei der Aufklärung dieser Entführung helfen“.
Erstunterzeichner des Offenen Briefs sind Tilman Zülch, Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker und Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar (Kontakt zur Initiative: Dr. Kamal Sido)
Jeder zweite Syrer auf der Flucht – Im Syrien-Konflikt tauchte erstmals IS auf
In den vier Jahren des bewaffneten Konflikts gegen Syriens Staatspräsident Beschar al-Assad haben seit 2011 mehr als 3,2 Millionen Menschen das Land verlassen. Weitere 7,6 Millionen Syrer sind Flüchtlinge im eigenen Land. Das ist fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Mindestens 200.000 Menschen wurden getötet, darunter viele Zivilisten. Der Apostolische Nuntius bestätigte, daß 2014 bisher „das schlimmste Jahr“ war.
Im Syrienkonflikt tauchte im Frühjahr 2013 erstmals der Islamische Staat (IS) auf und beherrscht mit seiner Brutalität und Gewalt seither wesentlich das Kampfgeschehen im Nahen Osten. Er kontrolliert inzwischen beträchtliche Teile Syriens und des Iraks, inzwischen aber auch des Jemens, Libyens, am Sinai und Nigerias.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
Auf jeden Fall ist es sehr hilfreich für ihre Freilassung zu beten. Danke für diesen Artikel. Wahrscheinlich wird man Lösegelder zahlen müssen. Ich bete und hoffe, dass sie wohlbehalten zurück kommen und wieder ihr Amt für unseren Herrn Jesus Christus ausüben können.
Hoffentlich leben die Bischöfe überhaupt noch. Lebenszeichen fehlen ja, wie der Artikel schreibt. Wir sollten täglich für die vielen Christen in aller Welt beten, die unterdrückt, drangsaliert, verfolgt, vertrieben, gefangen, gequält, gefoltert, ermordet werden.