Wird sich Blut von San Gennaro für Papst Franziskus verflüssigen?


(Rom) Ver­flüs­sigt sich das ein­ge­trock­ne­te Blut des Stadt­pa­trons von Nea­pel, gilt dies als Zei­chen für gött­li­chen Schutz. Am 21. März wird Papst Fran­zis­kus die süd­ita­lie­ni­sche Stadt am Vesuv besu­chen. „Wird sich das Blut von San Gen­na­ro für den Papst ver­flüs­si­gen?“, fragt aus die­sem Anlaß die katho­li­sche Infor­ma­ti­ons­sei­te Ale­teia.

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All­jähr­lich voll­zieht sich drei­mal in der Kathe­dra­le von Nea­pel das Blut­wun­der des hei­li­gen Janu­a­r­i­us. San Gen­na­ro, wie er in Ita­li­en genannt wird, erlitt als Bischof von Benevent unter dem römi­schen Kai­ser Dio­kle­ti­an im Jahr 305 das Mar­ty­ri­um. In den Schwe­fel­gru­ben von Poz­zu­o­li wur­de der Bischof wäh­rend der gro­ßen Chri­sten­ver­fol­gung ent­haup­tet. Am Ort der Hin­rich­tung wird noch heu­te ein Stein ver­ehrt, der vom Blut des Hei­li­gen getränkt wor­den sei. Ande­res Blut des Hei­li­gen wur­de von einer Chri­stin in einer Ampul­le eingesammelt.

Anfang des 5. Jahr­hun­derts wur­den die sterb­li­chen Über­re­ste und die Ampul­le von Bischof Johan­nes von Nea­pel in die Kata­kom­ben der Stadt über­führt. Dabei ver­flüs­sig­te sich das ein­ge­trock­ne­te Blut vor den Augen des Bischofs und einer gro­ßen Schar von Gläu­bi­gen. In der Über­lie­fe­rung heißt es, um die Echt­heit zu bezeu­gen, daß es sich tat­säch­lich um das Blut des Mär­ty­rer­bi­schofs han­delt. Der Ort der Reli­qui­en­auf­be­wah­rung zog bald zahl­rei­che Pil­ger an.

Dreimal im Jahr wiederholt sich das Blutwunder

Der Erzbischof von Neapel zeigt dem gläubigen Volk das Reliquiar mit dem sich verflüssigenden Blut
Der Erz­bi­schof von Nea­pel zeigt dem gläu­bi­gen Volk das Reli­qui­ar in der Kathedrale

Seit­her ver­flüs­sigt sich das Blut an jedem Sams­tag vor dem ersten Sonn­tag im Mai, dem Tag der Über­füh­rung der Reli­qui­en nach Nea­pel, und am 19. Sep­tem­ber, dem Tag des Mar­ty­ri­ums. Die älte­ste schrift­li­che Über­lie­fe­rung der Ver­flüs­si­gung stammt aus dem Chro­ni­con Sicu­lum des Jah­res 1389, wird dort jedoch als seit alters her beschrie­ben. Seit 1631 ist mit dem 16. Dezem­ber noch ein drit­ter jähr­li­cher Ter­min dazu­ge­kom­men. Damals rief das ver­zwei­fel­te Volk den Hei­li­gen um Hil­fe an. Sei­ner Für­spra­che wird es zuge­spro­chen, daß der Vul­kan Vesuv nicht zum Aus­bruch gekom­men ist.

Zu den drei festen Ter­mi­nen kom­men in beson­ders schwie­ri­ger Zeit noch außer­or­dent­li­che Momen­te, in denen die Ampul­le aus dem äuße­ren Reli­qui­ar geholt wird, um mit gött­li­cher Hil­fe Gefah­ren abzu­wen­den. Außer­or­dent­li­che Momen­te sind auch Besu­che hoch­ran­gi­ger Per­sön­lich­kei­ten in der par­ten­opei­schen Stadt, wie der von Papst Fran­zis­kus am kom­men­den 21. März.

Das Geheimnis des sich verflüssigenden Blutes

Das Phä­no­men des Blu­tes, das sich nach mehr als 1700 Jah­ren noch immer ver­flüs­sigt, ist seit vie­len Jahr­hun­der­ten nicht nur Gegen­stand der Volks­fröm­mig­keit, son­dern auch der Wis­sen­schaft. Spek­tro­sko­pi­sche Unter­su­chun­gen haben bereits 1902 bestä­tigt, daß es sich tat­säch­lich um mensch­li­ches Blut han­delt, das in der Ampul­le auf­be­wahrt wird. Seit­her stellt sich die Fra­ge, wie es sich ver­flüs­si­gen kann.

Reliquiar mit dem flüssigen Blut
Das Reli­qui­ar mit dem flüs­si­gen Blut

Seit lan­gem hält sich unter Skep­ti­kern die Behaup­tung, schon im Mit­tel­al­ter sei­en Alchi­mi­sten imstan­de gewe­sen, eine che­mi­sche Reak­ti­on zu bewir­ken, die einen festen Stoff durch Bewe­gung sich ver­flüs­si­gen las­se. Wis­sen­schaft­ler woll­ten in den 1990er den Nach­weis erbrin­gen, indem sie eine sol­che che­mi­sche Reak­ti­on mit Zuta­ten nach­stell­ten, die auch im Mit­tel­al­ter bekannt waren. Doch was haben sie damit bewie­sen? Vor­erst gar nichts, da es kei­nen Beleg gibt, daß im Mit­tel­al­ter eine sol­che che­mi­sche Reak­ti­on bekannt war. Zudem bleibt die Fra­ge, war­um mensch­li­ches Blut so reagiert.

Wür­de es sich um eine im Mit­tel­al­ter von Men­schen­hand pro­du­zier­te che­mi­sche Reak­ti­on han­deln, müß­te sie belie­big und syste­ma­tisch wie­der­hol­bar sein, wann immer die Ampul­le bewegt wird. Das aber ist nicht der Fall. Es sind meh­re­re Momen­te über­lie­fert, in denen das Blut sich nicht ver­flüs­sig­te und die Bevöl­ke­rung in Schrecken ver­setzt wur­de. Zuletzt so gesche­hen im Mai 1973, als Nea­pel von einer Cho­le­ra­epi­de­mie heim­ge­sucht wur­de. Eben­so im Sep­tem­ber 1980, was mit dem kurz dar­auf statt­fin­den­den Erd­be­ben von Irpi­nia in Zusam­men­hang gebracht wurde.

Gegen die Betrugs­be­haup­tung durch eine von Men­schen­hand aus­ge­lö­ste che­mi­sche Reak­ti­on spre­chen auch Ver­flüs­si­gun­gen, die im Ruhe­zu­stand erfolg­ten. Histo­risch sind meh­re­re sol­che Bei­spie­le über­lie­fert. Zuletzt geschah dies im Mai 2013 als das Blut bereits flüs­sig war, als die Schatz­tru­he geöff­net wur­de, um die Ampul­le herauszunehmen.

Kirchliche Zurückhaltung, aber starke Volksfrömmigkeit

Die Kir­che hält sich offi­zi­ell sehr zurück. Es gebe kei­ne Bewei­se, daß es sich in der Ampul­le wirk­lich um das Blut des hei­li­gen Janu­a­r­i­us hand­le. Es gebe weder aus­rei­chend Bewei­se, um die Echt­heit zu behaup­ten noch sie zu widerlegen.

Der emo­tio­na­len, aber sehr inni­gen Volks­fröm­mig­keit Süd­ita­li­ens tat die­se offi­zi­el­le Hal­tung kei­nen Abbruch. Das Volk von Nea­pel ver­ehrt den Stadt­pa­tron und ver­bin­det die Ver­flüs­si­gung mit gött­li­chem Wohl­wol­len, wes­halb ihr Aus­blei­ben als schlech­tes Omen gedeu­tet wird. Die Anhäng­lich­keit der Gläu­bi­gen an die­sen früh­christ­li­chen Bischof, der man­gels erhal­te­ner Doku­men­te histo­risch kaum greif­bar ist, führ­te zu sei­ner Ver­eh­rung, die seit 1586 offi­zi­ell im lit­ur­gi­schen Kalen­der belegt ist und auch im neu­en lit­ur­gi­schen Kalen­der erhal­ten blieb. Der 19. Sep­tem­ber kann außer­halb der Erz­diö­ze­se Nea­pel als fakul­ta­ti­ver Gedenk­tag began­gen werden.

San Gennaro und die Päpste

Die Büste des heiligen Januarius
Die Büste des hei­li­gen Janu­a­r­i­us dient eben­falls als Reli­qui­ar für ande­re Reli­qui­en des Heiligen

Am Nach­mit­tag des 21. März wird Papst Fran­zis­kus die Kathe­dra­le von Nea­pel besu­chen, um die Reli­quie des Stadt­pa­trons zu ver­eh­ren. Zu die­sem Anlaß wird die Ampul­le vom Erz­bi­schof von Nea­pel, Cre­scen­zio Kar­di­nal Sepe, aus dem äuße­ren Reli­qui­ar geholt und dem Papst und dem Volk gezeigt wer­den. „Wird sich das Blut auch die­ses Mal ver­flüs­si­gen?“, so die Fra­ge von Ale­teia. Der Besuch des Pap­stes wur­de am 19. Sep­tem­ber 2014 bekannt­ge­ge­ben, dem Gedenk­tag der Hin­rich­tung von San Gen­na­ro, was in Nea­pel als gutes Omen für die Ver­flüs­si­gung am kom­men­den Sams­tag gedeu­tet wird.

Aller­dings kennt die Geschich­te in der jün­ge­ren Geschich­te nur einen Papst­be­such, wo das Phä­no­men tat­säch­lich ein­trat. 1848 ver­flüs­sig­te sich das Blut vor den Augen von Papst Pius IX., der vor den revo­lu­tio­nä­ren Unru­hen unter Giu­sep­pe Mazzini nach Nea­pel geflüch­tet war und dort bei Franz II., dem König Bei­der Sizi­li­en Auf­nah­me fand. Der Papst äußer­te den Wunsch, die Kathe­dra­le auf­su­chen und das Blut des Hei­li­gen sehen zu kön­nen. Zum Dank stif­te­te er der König­li­chen Kapel­le des hei­li­gen Janu­a­r­i­us einen gol­de­nen Meß­kelch. Er gehört zu den zehn wert­voll­sten Stücken eines der kost­bar­sten Schät­ze der Welt.

Patronatsrecht über Kapelle übt nicht der Erzbischof, sondern die Stadt Neapel aus

Die König­li­che Kapel­le, ein Ehren­ti­tel, der auf die Köni­ge von Nea­pel aus dem Haus Anjou zurück­geht, befin­det sich im Dom von Nea­pel und unter­steht samt dem Schatz des hei­li­gen Janu­a­r­i­us nicht dem Erz­bi­schof, son­dern auf­grund zahl­rei­cher päpst­li­cher Bul­len der Stadt Nea­pel, die noch heu­te durch eine eige­ne Insti­tu­ti­on, die soge­nann­te „Depu­ta­ti­on“ die Ver­wal­tung aus­übt. In ihr sind bis heu­te die sie­ben mit­tel­al­ter­li­chen Vier­tel der Stadt ver­tre­ten, die es als Ver­wal­tungs­ein­rich­tung gar nicht mehr gibt.

1527 hat­ten die Bewoh­ner Nea­pels wegen schwe­rer Drang­sa­le ein fei­er­li­ches Gelüb­de abge­legt, für die Reli­qui­en des Hei­li­gen eine neue, schö­ne­re Kapel­le zu errich­ten. Grund war der Ver­such Kai­ser Karls V. das König­reich Nea­pel zurück­zu­er­obern, eine schreck­li­che Pest, die mehr als 200.000 Tote for­der­te und Erup­tio­nen des Vesuvs, die mit Erd­be­ben einhergingen.

1601 wur­de von der Stadt­re­gie­rung und den Stadt­vier­teln die „Depu­ta­ti­on“ errich­tet, um den Bau vor­an­zu­brin­gen. 1605 erteil­te der Papst die Erlaub­nis und so konn­te 1608 mit den Bau­ar­bei­ten begon­nen wer­den. Bis heu­te gilt die „Depu­ta­ti­on“ als Isti­tu­tio­ne sui gene­ris. Sie übt das Patro­nats­rechts über die Kapel­le aus.

Weder beim Besuch von Papst Johan­nes Paul II. am 21. Okto­ber 1979 noch bei jenem von Bene­dikt XVI. am 21. Okto­ber 2007 wie­der­hol­te sich das Phä­no­men der Verflüssigung.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/Sangennaro.it

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