
(Madrid) Qui pro vobis et pro multis effundetur… Vor neun Jahren ließ Papst Benedikt XVI. mit einem Dekret der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung die Bischofskonferenzen der ganzen Welt auffordern, die Gläubigen auf eine verbesserte Übersetzung der Wandlungsworte in die Landessprachen vorzubereiten. Der damalige Präfekt der Kongregation, Kardinal Francis Arinze räumte den Konferenzen zwei Jahre ein, um die nötige Informations- und Aufklärungsarbeit zu leisten. Eine ausreichend lange Zeit, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Einige Bischofskonferenzen scheinen in Jahrzehnten zu denken.
Wörtlich schrieb Kardinal Arinze: „Die Bischofskonferenzen der Länder, in denen derzeit der Wortlaut ‚für alle‘ oder ein Äquivalent dafür im Gebrauch sind, werden daher gebeten, den Gläubigen in den nächsten ein bis zwei Jahren die notwendigen Katechesen über dieses Thema zu halten, um sie für die Einführung einer genauen Übersetzung der Wendung pro multis – zum Beispiel ‚for many‘, ‚per molti‘, etc. – in die Landessprache vorzubereiten. Das wird bei den nächsten Übersetzungen des Römischen Missales der Fall sein, welche die Bischöfe und der Heilige Stuhl für den Gebrauch in den verschiedenen Ländern zulassen werden.“ Das war 2006.
Verzögerungshaltung einiger Bischofskonferenzen
Während weltweit Bischofskonferenzen die Neuübersetzung durchführten und in der Katechese die Gläubigen darauf vorbereiteten, so in den USA, aber auch Mexiko, zeigten einige europäische Bischofskonferenzen erheblichen Widerwillen.
Im deutschen Sprachraum wird Priestern, teils unter Sanktionsandrohung untersagt, die Wandlungswort pro multis als „für viele“ statt „für alle“ zu sprechen. Dabei ist die von Papst Benedikt XVI. verfügte Korrektur der Übersetzung in die Volkssprachen seit 17. Oktober 2006 für die Weltkirche verbindlich. Das Schreiben von Kardinal Arinze an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen wurde von Pro Missa Tridentina in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: „Der Römische Ritus hat bei der Wandlung des Kelches auf Latein immer pro multis und nie pro omnibus – für alle – gelautet.“
Deutsches Paradox, spanische Untätigkeit, italienische Inklusivität
Seither sind mehr als vier Mal zwei Jahre vergangen. Im deutschen Sprachraum bestätigen die Bischöfe zwar, daß die Anweisung Benedikts XVI. eindeutig sei, die Priester aber bis zur Veröffentlichung der Neuausgabe der deutschen Übersetzung des Missale zu warten hätten. Unterm Strich bedeuten die dialektischen Bestimmungshinweise das Paradox, daß das, was sein sollte, nicht sein darf und der Gehorsam (gegenüber der verbindlichen päpstlichen Anordnung) zum Ungehorsam (durch Eigenmächtigkeit) uminterpretiert wird. Wenn dahinter keine Verzögerungstaktik zu vermuten ist, wann dann?
Die Spanische Bischofskonferenz hat die Neuübersetzung approbiert, bisher aber keinerlei Schritte unternommen, die Gläubigen über die bevorstehende Änderung der Wandlungsworte und die Gründe dafür zu informieren.
Die Italienische Bischofskonferenz leistete am längsten Widerstand, obwohl die Übersetzung von pro multis in per molti in der italienischen Sprache geradezu hörbar auf der Hand liegt. Der tendenziell schmiegsame italienische Volkscharakter macht aus der Übersetzung keine dogmatische Frage, läßt es jedoch schwerer fallen, sich von einer inklusiven Betonung zu trennen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana