(Rom) Am kommenden 27. Januar findet die Zeremonie zur Eröffnung des Seligsprechungsverfahrens für Chiara Lubich, die Gründerin der Fokolarbewegung, einer katholischen Laienbewegung statt.
Die Eröffnung durch Bischof Raffaello Martinelli findet in der Kathedrale von Frascati bei Rom statt. In dieser Diözese befindet sich in Rocca dei Papi das internationale Zentrum der Fokolarbewegung. Dort verbrachte Lubich einen Großteil ihres Lebens. Dort ist sie gestorben und wurde in der Kapelle des Zentrums begraben.
Internationales Zentrum in Frascati
Die Prima Sessio genannte Zeremonie beginnt um 16 Uhr mit der Vesper. Es wird das Dekret zur Einleitung des Seligsprechungsverfahrens verlesen sowie das Nulla Osta des Heiligen Stuhls. Es folgt die Einsetzung des vom Bischof ernannten Tribunals und die Vereidigung seiner Mitglieder sowie der Postulatoren. Die Zeremonie wird direkt im Internet übertragen, wie Maria Voce, die Vorsitzende der Fokolarbewegung bekanntgab.
Chiara Lubich schrieb über die Heiligkeit: „Wir finden die Heiligkeit in Jesus Christus, der in uns blüht, weil wir lieben. Würden wir die Heiligkeit ihrer selbst willen anstreben, würden wir sie nie erreichen. Lieben, also, und nichts anderes. Alles verlieren, auch die Anhänglichkeit an die Heiligkeit, um allein eines zu versuchen, zu lieben“.
Einheit, Geschwisterlichkeit, Dialog
In der Aussendung der Fokolarbewegung heißt es, daß in den sechs Jahren seit ihrem Tod mehr als 120.000 Menschen „aus den verschiedenen Kontinenten und religiösen Traditionen, Kardinäle und Bischöfe, Akademiker, Politiker, Familien und Jugendliche, Mitglieder von Vereinigungen und Bewegungen, Menschen aus nicht religiösen Kulturen, Kinder vor der Erstkommunion und Erwachsene auf der Suche nach Hoffnung“ das Grab von Chiara Lubich aufsuchten. Die Gemeinschaft selbst nennt „Einheit und Geschwisterlichkeit“ als Hauptziele.
Die ersten Schritte für ein Seligsprechungsverfahren wurden bereits am 7. Dezember 2013 anläßlich des 70. Gründungstages der Fokolarbewegung gesetzt. Damals stellte die Fokolarbewegung den offiziellen Antrag an den Bischof von Frascati, der die vorgesehenen kanonischen Schritte einleitete. Mit der offiziellen Eröffnung des Seligsprechungsverfahrens kann Chiara Lubich als Dienerin Gottes angesprochen werden.
Gründung der Fokolarbewegung mitten im Krieg
„Gegründet“ wurde die Fokolarbewegung am 7. Dezember 1943. Chiara Lubich war damals eine 23 Jahre alte Volksschullehrerin in der von deutschen Truppen besetzten Stadt Trient. Vor angloamerikanischen Luftangriffen in den Luftschutzkeller geflüchtet, übergab Chiara Lubich ihr Leben Christus. Lubich suchte nach einer inneren Glaubensvertiefung, die im kleinen Kreis gelebt werden sollte, daher die Bezeichnung „Fokolar“ von ital. Focolare (Herdstelle, Haushalt). 1947 erfolgte die erste kirchliche Anerkennung durch den Bischof von Trient, 1962 die päpstliche Anerkennung durch Johannes XXIII.
Vorsitzende immer eine Frau
Seit dem Tod von Lubich im Jahr 2008 führt Maria Voce die katholische Bewegung, die nach eigenen Angaben mehr als 140.000 Mitglieder und rund zwei Millionen lose Angehörige zählt. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ungefähr 5.000 Mitglieder und an die 40.000 lose Angehörige. Laut den 2007 vom Heiligen Stuhl approbierten Satzungen können auch Angehörige anderer Konfessionen und Religionen Mitglieder der Fokolarbewegung sein, auch in den Leitungsgremien. In Algerien etwa sollen fast alle Mitglieder Moslems sein. Die Statuten schreiben vor, daß immer eine Frau an der Spitze der Fokolarbewegung stehen muß.
Die Bewegung errichtete eigene sogenannte Modellsiedlungen, in denen Mitglieder unterschiedlichen Standes in Gemeinschaft leben können. Derzeit bestehen weltweit 35 solcher Siedlungen. Die amtierende Vorsitzende, die heute 77 Jahre alte Juristin Maria Voce, lebt seit 44 Jahren in der Gemeinschaft. Der Fokolarbewegung gehört sie seit 1959 an. Innerhalb der Bewegung wird sie „Emmaus“ genannt, ein Übername, den ihr Chiara Lubich gab.
Benedikt XVI. ernannte Voce 2009 zur Consultorin des Päpstlichen Laienrats und 2011 als einzige Frau zur Consultorin der Kongregation für die Evangelisierung der Völker.
Hat Dialog einen Preis?
Die Zielsetzungen von „Einheit, Dialog, Geschwisterlichkeit, Verständnis und Frieden“ lassen die Bewegung für internationale Institutionen verträglich erscheinen. Chiara Lubich wurde zu Lebzeiten mit einer Reihe von Ehrungen ausgezeichnet. 1977 erhielt sie den Templeton-Preis für den Fortschritt der Religionen, 1988 den Augsburger Friedenspreis, 1996 den UNESCO-Preis für Friedenserziehung und 1998 den Menschenrechtspreis des Europarates.
Einige Fokolar-Initiativen werden von der EU gefördert, so das Präventionsprojekt gegen Gewalt an Schulen „Stark ohne Gewalt“. Die Bewegung ist als NGO bei der UNO akkreditiert und Mitglied in der World Conference of Religions for Peace (WCRP). Eine Mitwirkung, die der argentinische Priester Juan Claudio Sanahujo als „naiv“ bezeichnete.
Der „Dialog“ wird von der Fokolarbewegung absolut gesetzt. Das hat seinen Preis. Obwohl die Fokolarbewegung ausdrücklich mit dem Forum Politik und Geschwisterlichkeit zu Wirtschaft und Politik Stellung nimmt und nach „geschwisterlichen“ Modellen sucht und aktiv ist, sucht man auf den Internetseiten der Fokolarbewegung des deutschen Sprachraums vergebens nach „Reizwörtern“. Zum brennenden Thema Abtreibung und Lebensrecht etwa findet sich in der Schweiz und Österreich gar nichts und in der Bundesrepublik Deutschland muß man auf das Jahr 1978 zurückgehen, wo Chiara Lubich in einem Artikel das Stichwort „Abtreibung“ in einer Auflistung erwähnt, wenn auch nicht thematisiert.
Zur Dialogbereitschaft gehört auch, daß die Fokolarbewegung in ihrer Symbolik weitgehend auf das Kreuz oder überhaupt christliche Symbole verzichtet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Fokolarbewegung
Das halte ich doch für reichlich überstürzt. Mir gibt diese „Bewegung“ gar nichts. Das ist eine politische Richtungsentscheidung, der die Grundlage fehlt.
Abgesehen davon, dass ich mit dieser Bewegung nie etwas anfangen konnte (ich hatte eine Schulkameradin, die sich in den 70ern den Focolari anschloss), bin ich mir aber nicht sicher, ob der letzte Satz des Artikels ganz richtig ist.
Chiara Lubich hat ein Buch unter dem Titel „Der Schrei der Gottverlassenheit: Der gekreuzigte und verlassene Jesus in Geschichte und Erfahrung der Fokolar-Bewegung“ geschrieben. (hier: http://www.amazon.de/Der-Schrei-Gottverlassenheit-gekreuzigte-Fokolar-Bewegung/dp/3879965374)
Vermutlich hat sie das aber nicht traditionell gedeutet.