
(San Salvador) Wird 2015 zum Jahr von Oscar Arnulfo Romero? „Führende Kreise der Kirche El Salvadors sind sich sicher, daß 2015 ‚el año‘ für die Seligsprechung von Oscar Arnulfo Romero, den 1980 ermordeten Erzbischof von San Salvador sein wird. Sie fragen sich nicht mehr, ob es zur Seligsprechung kommen wird, sondern diskutieren bereits die Details, wo und wie die Zeremonie stattfinden solle und wer ihr vorstehen werde“, so der Blog Super Martyrio, der dem Seligsprechungsverfahren von Erzbischof Romero (1917–1980) gewidmet ist.
Seligsprechungsverfahren unter Benedikt XVI. angehalten

Der Blog rief gleichzeitig zu einer Novene für einen positiven Abschluß des Seligsprechungsverfahrens auf. Eine Novene zu den Heiligen Drei Königen, die am 29. Dezember, dem Gedenktag des Heiligen Thomas Becket begann. Super Martyrio schrieb dazu: Becket sei der „letzte (1170) am Altar ermordete Bischof vor Romero“.
Die Seligsprechung des salvadorianischen Erzbischofs war unter Papst Benedikt XVI. auf Eis gelegt worden. Die genauen Gründe dafür sind nicht bekannt. Es wird darüber spekuliert, ob es grundsätzliche Bedenken gab oder ob er eine politische Vereinnahmung der Gestalt Romeros verhindern wollte. Der Erzbischof wurde von einem rechten Militär erschossen und wurde deshalb zur Ikone der politischen Linken vor allem außerhalb El Salvadors, wo über die innere Lage des zentralamerikanischen Landes kaum Kenntnisse vorhanden sind, dafür aber um so konsequenter eine Rechts-Links-Schablone angelegt wird. In Italien geben zahlreiche von linken Kommunalverwaltung nach Erzbischof Romero benannte Straßen, Plätze und öffentliche Gebäude Zeugnis vom Versuch einer politischen „Seligsprechung“.
Damit trat gleichzeitig mit Romeros Ermordung die Gefahr auf, daß für die Kanonisierung weniger der persönliche Tugendgrad entscheidend sei, sondern vor allem die „richtige“ Verortbarkeit des Betroffenen durch bestimmte politische Kreise. Es waren in Europa dieselben Linkskreise, die Geld für die Cardenal-Brüder und das sandinistische Regime in Nikaragua sammelten, die Erzbischof Romero für sich reklamierten. Zumindest nach seiner Ermordung.
Romero: „Sie werden mich töten, ich weiß nicht, ob die Rechten oder die Linken“
Die Lage in El Salvador und die Position der Kirche war jedoch wesentlich differenzierter, als eine gefilterte linke Ikonographie im fernen Europa. Erzbischof Romero schien sich in einer Vorahnung sicher zu sein, ermordet zu werden. Er war sich allerdings nicht sicher, ob er von linken oder von rechten Gegnern getötet werde (siehe den Bericht Oscar Romero, 30 Jahre nach seinem Martyrium – „Sie werden mich töten, ich weiß nicht, ob die Rechten oder die Linken“).
Eine Aussage Romeros, die kaum Erwähnung findet, weil sie nicht in ein Schwarz-Weiß-Schema passen will. Ob man sich in Europa in ebensolchem Maße an ihn erinnern würde, wenn er von einem linken Kommando hingerichtet worden wäre? Mit Sicherheit würde man anders an ihn erinnern und in anderen Kreisen, auch innerhalb der Katholischen Kirche.
Eine Mahnung, sich differenzierter mit der Gestalt von Erzbischof Oscar Arnulfo Romero zu befassen. Darin liegt vielleicht auch der Grund, weshalb Papst Benedikt XVI. von einer Seligsprechung Abstand nahm oder sie zumindest für einen späteren, weniger politisch aufgeladenen Zeitpunkt zurückstellte. Welche Haltung nahm Erzbischof Romero wirklich zur Befreiungstheologie ein? Wird seine Kritik an der Militärdiktatur mit einer Zustimmung zur Befreiungstheologie verwechselt?
Seit der Wahl von Papst Franziskus verstummen die Stimmen nicht, die eine unmittelbar bevorstehende Seligsprechung ankündigen. Weil er Lateinamerikaner ist? Weil eine „klimatische“ Übereinstimmung zwischen Romero und Bergoglio angenommen oder zumindest behauptet wird? Oder weil diese Übereinstimmung zwischen den politischen Promotoren des Romero-Gedenkens und dem neuen Papst besteht oder von Ersteren einfach unterstellt wird?
Im April 2013, kurz nachdem Papst Franziskus die Wiederaufnahme des Seligsprechungsverfahrens bekanntgeben ließ, warnte Generalvikar Jesus Delgado von San Salvador vor einer „politischen Instrumentalisierung“ von Erzbischof Romero.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Super Martyrio/Giovaniemissione