(Rom) In Rom wird damit gerechnet, daß am Dreikönigsfest oder kurz danach die Namen der Kirchenvertreter bekanntgegeben werden, die Papst Franziskus Mitte Februar zu neuen Kardinälen kreieren wird. Das Wall Street Journal hat bereits den einen oder anderen wahrscheinlichen neuen Purpurträger genannt. Unabhängig davon werden in Rom vor allem zwei Namen häufig genannt. Der von Erzbischof Charles Joseph Chaput von Philadelphia (USA) und jener von Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto (Italien). Während die Erhebung von Ersterem in den Kardinalsstand eine ausgezeichnete Nachricht wäre, wäre die Erhebung von Letzterem eine um so zweifelhaftere.
Kardinal Charles Chaput?
Der Kapuziner Chaput, Jahrgang 1944, gehört zu den profiliertesten Bischöfen der USA. 1965 trat er dem Kapuzinerorden bei und wurde 1970 zum Priester geweiht. Seine Ausbildung absolvierte er zur Gänze in den USA. 1983 wurde er dort Provinzial seines Ordens, 1988 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Rapid City in South Dakota ernannt.
1997 folgte die Berufung zum Erzbischof von Denver. Während andere Diözesen ihre Priesterseminare mangels Berufungen schließen mußten, gründete er 1999 ein neues Priesterseminar, um die Priesterausbildung auf eine neue solide Grundlage zu stellen und machte es zur Außenstelle der Lateranuniversität. Hinzukamen vielversprechende Initiativen zur Neuevangelisierung. Erzbischof Chaput gehört dem Verwaltungsrat von EWTN, dem bedeutendsten katholischen Fernsehsender der USA an.
2011 berief ihn Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von Philadelphia und damit auf einen der renommiertesten Bischofsstühle der USA, mit dem seit einem Jahrhundert die Kardinalswürde verbunden ist. Diese wurde ihm noch nicht verliehen, weil sein Amtsvorgänger, Justin Kardinal Rigali erst im kommenden April das 80. Lebensjahr vollendet.
Kardinal Bruno Forte?
In Europa bekannter ist der Theologe Bruno Forte, der gelegentlich als italienischer Kasper bezeichnet wird. Beim ersten Teil der Bischofssynode über die Familie arbeiteten Kardinal Walter Kasper und Sondersekretär Bruno Forte eng zusammen. Auf Forte gehen die umstrittenen Passagen im Zwischenbericht zur Homosexualität zurück. Eine Position, die auf der Synode keine Mehrheit fand, aber dennoch auf Anweisung von Papst Franziskus mit dem Schlußbericht veröffentlicht wurde, als wäre sie dessen integraler Bestandteil. In diesem Zusammenhang fielen Anschuldigungen wie „Manipulation“ und persönliche Kritik von einem Kardinal, der am Rande der Bischofssynode von einem „schamlosen Manipulator“ sprach.
Erzbischof Forte gilt wegen seiner Ernennung zum Synodensondersekretär nicht nur als Günstling des Papstes, sondern betätigte sich auch tatkräftig dabei, die Synode in eine bestimmte Richtung zu drängen. Seine Erhebung in den Kardinalsstand scheint sicher zu sein, obwohl ihn die italienischen Bischöfe kurz nach der Bischofssynode bei der Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz mit Pauken und Trompeten durchfallen ließen. Eine demonstrative Demütigung, die unter anderen Bedingungen seine weitere Karriere zumindest hemmen würde. Doch Papst Franziskus zeichnet sich im Umgang mit Personen, die ihm persönlich bekannt sind, durch ein markantes Entweder-Oder aus. Entweder er findet Sympathie für jemanden, dann kann dieser mit großen Gunsterweisen rechnen. Mehr noch, wen der argentinische Papst einmal in seine Gunst genommen hat, den läßt er nicht mehr fallen, wie der Fall des päpstlichen Hausprälaten der Vatikanbank IOR, Battista Ricca, zeigte. Umgekehrt gilt jedoch dasselbe. Wer bei Papst Franziskus einmal in Ungnade gefallen ist, bleibt darin.
Gnade und Ungnade
Als Papst dazu in die Lage versetzt, nahm der ehemalige Kardinal Jorge Mario Bergoglio in Argentinien eine Reihe von personellen Veränderungen vor. Dazu gehört nicht nur die verständliche Förderung von Vertrauten, sondern auch die demonstrative Degradierung oder Entfernung von Amtsträgern, die sich dem früheren Erzbischof von Buenos Aires in den Weg gestellt hatten. Auch für die Absetzung des Bischofs der paraguayischen Diözese Ciudad del Este ist mitzudenken, daß Bischof Rogelio Livieres gebürtiger Argentinier ist.
Mit der Kardinalskreierung von Bruno Forte soll dessen Ernennung zum neuen Erzbischof von Palermo auf Sizilien zusammenhängen. Forte hatte sich selbst bereits für die Nachfolge von Mailand und Venedig ins Gespräch gebracht, wurde jedoch von Benedikt XVI. in beiden Fällen übergangen. Die jüngst erfolgte demütigende Niederlage betraf den Stellvertreterposten für Mittelitalien in der Bischofskonferenz. Die Berufung nach Palermo und damit nach Süditalien wäre damit in mehrfacher Hinsicht die Korrektur eines Schönheitsfehlers.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La Cigueña de la Torre/Wikicommons/Papaboys