Wenn die Heiligen Drei Könige ohne Gaben kommen


Hans Memling: Dreikönigsaltar
Drei­kö­nigs­al­tar von Hans Mem­ling (um 1470) , Museo del Pra­do, Madrid

(Rom) Unter den zahl­rei­chen Extra­va­gan­zen rund um Weih­nachts­krip­pen, die uns berich­tet wer­den, sei bei­spiel­haft eine her­aus­ge­grif­fen. Zuge­ge­ben: Es mag nicht immer leicht sein, das rech­te Maß zu fin­den. Die Über­la­ge­rung des Geburts­fe­stes Jesu Chri­sti, die Fleisch­wer­dung des Logos durch eine Krank­heit namens Kon­su­mitis ist kri­tik­wür­dig. Des­halb in eine fal­sche Nüch­tern­heit zu ver­fal­len, aber eben­so. Von der Nüch­tern­heit zum Ver­lust des Ver­ständ­nis­ses für das Sakra­le ist es manch­mal auch nicht weit. Die Weih­nachts­krip­pe einer katho­li­schen Pfarr­kir­che, ihr Name tut nichts zur Sache, zeigt die Hei­li­gen Drei Köni­ge, die ohne Gaben nach Bet­le­hem kom­men. Vom Kon­sum­rausch zur falsch ver­stan­de­nen Demut?

Falscher Protest gegen Konsumrausch

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Die über­le­bens­gro­ße Krip­pe wur­de auf dem Hoch­al­tar der Pfarr­kir­che instal­liert und stellt in der Weih­nachts­zeit den unüber­seh­ba­ren Blick­fang dar. Die drei Wei­sen aus dem Mor­gen­land, die an die Krip­pe tre­ten, um das neu­ge­bo­re­ne Kind als König anzu­be­ten, kom­men ohne Geschen­ke zum König der Könige.

Das Feh­len der Gaben wird mit Nüch­tern­heit und Anti-Kon­su­mis­mus erklärt. Man wol­le dem Kon­sum­zwang ein „Zei­chen der Beschei­den­heit“ ent­ge­gen­set­zen. Ein Zei­chen des Pro­te­stes also gegen den Kon­sum­rausch, der sich des Weih­nachts­fe­stes bemäch­tigt hat. Doch so bedenk­lich die Kon­su­mitis ist, so bedenk­lich ist die­se „Demuts­ge­ste“, die als Reak­ti­on auf eine Fehl­ent­wick­lung noch eine zwei­te dar­auf legt.

„Sie fielen nieder und huldigten ihm und holten ihre Schätze hervor“

Anbetung der Heiligen Drei Könige
Anbe­tung der Hei­li­gen Drei Köni­ge von Gen­ti­le da Fab­ria­no (1423), Uffi­zi­en, Florenz

Die Hei­li­ge Schrift über­lie­fert eine ande­re Bot­schaft. Der Evan­ge­list Mat­thä­us sagt:

„Als Jesus zur Zeit des Königs Hero­des in Bet­le­hem in Judäa gebo­ren wor­den war, kamen Stern­deu­ter [μάγοι] aus dem Osten nach Jeru­sa­lem und frag­ten: Wo ist der neu­ge­bo­re­ne König der Juden? Wir haben sei­nen Stern auf­ge­hen sehen und sind gekom­men, um ihm zu huldigen.
Als König Hero­des das hör­te, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem.

Er ließ alle Hohen­prie­ster und Schrift­ge­lehr­ten des Vol­kes zusam­men­kom­men und erkun­dig­te sich bei ihnen, wo der Mes­si­as gebo­ren wer­den solle.

Sie ant­wor­te­ten ihm: In Bet­le­hem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten:
Du, Bet­le­hem im Gebiet von Juda, /​ bist kei­nes­wegs die unbe­deu­tend­ste /​ unter den füh­ren­den Städ­ten von Juda; /​ denn aus dir wird ein Fürst her­vor­ge­hen, /​ der Hirt mei­nes Vol­kes Israel.

Danach rief Hero­des die Stern­deu­ter heim­lich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschie­nen war.

Dann schick­te er sie nach Bet­le­hem und sag­te: Geht und forscht sorg­fäl­tig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefun­den habt, berich­tet mir, damit auch ich hin­ge­he und ihm huldige.

Nach die­sen Wor­ten des Königs mach­ten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hat­ten auf­ge­hen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.

Als sie den Stern sahen, wur­den sie von sehr gro­ßer Freu­de erfüllt.

Sie gin­gen in das Haus und sahen das Kind und Maria, sei­ne Mut­ter; da fie­len sie nie­der und hul­dig­ten ihm [προσεκύνησαν prosekynÄ“san]. Dann hol­ten sie ihre Schät­ze her­vor und brach­ten ihm Gold [χρυσὸν], Weih­rauch [λίβανον] und Myr­rhe [σμύρναν] als Gaben dar.

Weil ihnen aber im Traum gebo­ten wur­de, nicht zu Hero­des zurück­zu­keh­ren, zogen sie auf einem ande­ren Weg heim in ihr Land.“

Der Blick auf das menschgewordene Heil

Heilige Drei Könige
Die Wei­sen aus dem Mor­gen­land (6. Jh.), Mosa­ik in der Basi­li­ka San­t’A­pol­li­na­re Nuo­va, Ravenna

Die „demü­ti­ge“ Krip­pe will gegen eine Ent­stel­lung ange­hen, stellt aber selbst die Din­ge auf den Kopf. Der Mensch über­häuft sich selbst mit Geschen­ken, doch dem Ersten, dem wirk­lich Gaben („Schät­ze“) gebüh­ren, wer­den sie im Namen der Nüch­tern­heit entzogen.

Die Dimen­si­on ist nicht der um sich selbst krei­sen­de Mensch, son­dern der Mensch, der mit demü­ti­gem Stau­nen den mensch­ge­wor­de­nen Sohn Got­tes erkennt und ihm huldigt.

Ein Zurecht­stut­zen des aus­ufern­den Kon­sums, der den zar­ten Ein­tritt des Heils in die Welt zu ersticken droht, kann nicht dadurch erfol­gen, daß dem Chri­stus­kind vor­ent­hal­ten wird, was sich der Mensch vor­ent­hal­ten soll­te. Son­dern indem der Mensch den Blick auf das Wesent­li­che lenkt, sich selbst ein­schränkt und dem hul­digt, der allein Hul­di­gung verdient.

An die Stel­le der ego­isti­schen Selbst­an­be­tung des Men­schen tritt die Anbe­tung des Got­tes­soh­nes. An die Stel­le der Kon­sum­hul­di­gung tritt die Hul­di­gung des Kin­des in der Krip­pe. Die gan­ze Herr­lich­keit und Macht Got­tes hat sich in der demü­tig­sten, hilf- und schutz­lo­se­sten Gestalt eines neu­ge­bo­re­nen Kin­des in pre­kä­ren äuße­ren Umstän­den  gezeigt. Umso kräf­ti­ger ist der Kon­trast, daß die drei Wei­sen aus dem Mor­gen­land in die ärm­li­che Not­un­ter­kunft, wo das Kind bei Ochs und Esel lag, die kost­bar­sten Geschen­ke brach­ten, die der Mensch nur brin­gen konnte.

Aus der Hul­di­gung Got­tes ergibt sich erst und auch das Beschenkt­sein des Men­schen durch die unend­li­che Gna­de des in die Welt gekom­me­nen Heils.

Ein­fa­cher aus­ge­drückt: Ehre wem Ehre gebührt. Die wah­re Beschei­dung liegt dar­in, zu erken­nen, daß der Mensch dabei nicht an erster Stel­le kommt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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