Sind Kopten nur eine Legende? – Für Schulbücher beginnt Ägyptens Geschichte erst mit islamischer Eroberung


Koptische Christen verschwinden aus ägyptischen Schulbüchern
Kop­ti­sche Chri­sten ver­schwin­den aus ägyp­ti­schen Schulbüchern

(Kai­ro) Kop­ti­sche Chri­sten? Nur eine Legen­de? Das isla­mi­sche Ägyp­ten streicht die 600 Jah­re älte­ren Chri­sten, ihre Kul­tur und Spra­che aus den Schulbüchern.

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In den Schul­bü­chern Ägyp­tens fin­det sich nichts mehr über die Chri­sten des Lan­des. Obwohl ihre Ver­wur­ze­lung in Ägyp­ten 600 Jah­re älter ist als die des Islams. Obwohl die ortho­do­xen Kop­ten auch nach fast 1400 Jah­ren isla­mi­scher Herr­schaft 15 Pro­zent der Bevöl­ke­rung aus­ma­chen, wur­de ihr zwei­tau­send­jäh­ri­ger Anteil an Ägyp­tens Geschich­te aus den Schul­bü­chern getilgt. Die neu­en Lehr­plä­ne und Schul­bü­cher des Lan­des der Pyra­mi­den las­sen die Geschich­te fak­tisch erst mit dem sieb­ten Jahr­hun­dert nach Chri­sti begin­nen. Die Geschich­te Ägyp­tens beginnt für die isla­mi­sche Staats­füh­rung erst mit der ara­bisch-isla­mi­schen Erobe­rung des Lan­des zwi­schen 639 und 642 nach Christus.

Wird Ägypten von arabischen Stämmen bewohnt?

Damals war Ägyp­ten, das auch Tei­le des heu­ti­gen Liby­ens umfaß­te, ein mehr­heit­lich christ­li­ches, kop­ti­sches Land. Nach­dem es zehn Jah­re vor dem isla­mi­schen Angriff vom Sas­sa­ni­den­reich (Per­si­en) besiegt und damit geschwächt wor­den war, hat­te das Land am Nil kaum mehr Kraft, der ara­bi­schen Erobe­rung Wider­stand zu leisten.

Alarm wegen der Til­gung der Kop­ten, ihrer Kul­tur und Reli­gi­on aus den Schul­bü­chern schlug der mos­le­mi­sche Wis­sen­schaft­ler Say­yed al-Qim­mi auf Face­book. Die auf Nach­rich­ten aus dem Nahen Osten spe­zia­li­sier­te Inter­net­sei­te Ereb griff die Mel­dung auf. „Die Geschichts­bü­cher zeich­nen ein Bild von Ägyp­ten, als hand­le es sich um ein rein isla­mi­sches Land, das nur von ara­bi­schen Stäm­men bewohnt wird, wäh­rend die Kop­ten im Bereich der Legen­de ange­sie­delt wer­den“, so al-Qimmi.

Das Wort Kopten bedeutet Ägypter – Antichristlicher Negationismus

Die Kop­ten aber, wie bereits ihr Name vom Grie­chi­chen Αἰγύπτιος besagt, sehen sich als eigent­li­che Ägyp­ter, als Nach­kom­men der alten Ägyp­ten vor der ara­bisch-isla­mi­schen Erobe­rung. Ihre Spra­che und ihre Abstam­mung ver­bin­det sie mit den Ägyp­tern Kleo­pa­tras und der Pyra­mi­de­n­er­bau­er. Ihre Kul­tur und Reli­gi­on ist jedoch seit zwei­tau­send Jah­ren christlich.

Wenn die­se ägyp­ti­schen Wur­zeln Ägyp­tens durch die Schu­le geleug­net wer­den, steht allen mög­li­chen Mani­pu­la­tio­nen Tür und Tor offen. Damit ver­la­gert sich die Geschich­te und Kul­tur Ägyp­tens ein­sei­tig auf die ande­re Sei­te des Roten Meers nach Sau­di-Ara­bi­en eth­nisch zu den Ara­bern und reli­gi­ös zum Islam.

Die­se Form des „Nega­tio­nis­mus“, so al-Qim­mi, ver­an­schau­li­che ein zen­tra­les Daseins­ele­ment der ins­ge­samt rund 20 Pro­zent Chri­sten Ägyp­tens. Ob ortho­do­xe oder katho­li­sche Kop­ten, ob latei­ni­sche oder pro­te­stan­ti­sche Chri­sten, als Min­der­heit sehen sie sich einer Hal­tung der offe­nen oder laten­ten Ver­fol­gung durch die mos­le­mi­sche Mehr­heit aus­ge­setzt. Und das nicht nur durch isla­mi­sti­sche Min­der­hei­ten der Bevöl­ke­rung, son­dern auf offi­zi­el­ler Ebe­ne durch die Staatsbehörden.

Christen „bis zum heutigen Tag ausgegrenzt“

Die Chri­sten Ägyp­tens „sind bis zum heu­ti­gen Tag aus­ge­grenzt sowohl im poli­ti­schen als auch im intel­lek­tu­el­len und kul­tu­rel­len Leben“, so Ereb. „Ihnen wird es fak­tisch unmög­lich gemacht, Kir­chen zu bau­en oder ihre vie­le Jahr­hun­der­te alten Kir­chen, man­che über 1.500 Jah­re alt, zu restau­rie­ren. Der büro­kra­ti­sche Weg, um die Bewil­li­gung für einen Kir­chen­neu­bau oder eine Reno­vie­rung zu erhal­ten, ist so kom­pli­ziert, so lang­wie­rig und mit der Mög­lich­keit, von höch­ster Stel­le bis zum klein­sten Beam­ten hin­ter­trie­ben und unmög­lich gemacht zu wer­den, daß ein offi­zi­el­les Ver­bot nicht schlim­mer und radi­ka­ler sein könn­te. Die­sel­ben Behör­den erlau­ben zur glei­chen Zeit in Win­des­ei­le jeden Antrag für den Bau einer Moschee, sogar in Gegen­den, in denen aus­drück­lich ein gene­rel­les Bau­ver­bot besteht.“

Laut al-Qim­my ist zwar auch Ägyp­ten ins 21. Jahr­hun­dert ein­ge­tre­ten, doch „Gesell­schaft und Behör­den ver­hal­ten sich gegen­über den Chri­sten noch immer in der alten Men­ta­li­tät“. Gemeint ist die Men­ta­li­tät der ara­bi­schen Erobe­rungs­zeit und der isla­mi­schen Anwei­sun­gen im Umgang mit Chri­sten. Damit wur­de das christ­li­che Ägyp­ten zunächst isla­mi­scher Herr­schaft unter­wor­fen und im Lau­fe der Jahr­hun­der­te durch Ansied­lung mos­le­mi­scher Ara­ber und durch fried­li­che und gewalt­sa­me Kon­ver­si­on von Kop­ten zu einem mehr­heit­lich isla­mi­schen Land gemacht.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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