
Gastbeitrag von Peter Kwasniewski
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Katholiken heute sind vielleicht manchmal vor den Kopf gestoßen angesichts der leidenschaftlichen Überzeugung der jüngeren Genereation von Katholiken, die für die Sache der heiligen Liturgie kämpfen. Es scheint, als würden wir um das nackte Leben kämpfen, in einem Kampf bis zum bitteren Ende, gegen unsere Todfeinde.
Der Grund ist schlicht: wir tun genau das. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass es eine fundamental falsche Sichtweise gibt, die heutzutage sehr populär ist und in diesem Absatz von Whispers in the Loggia vom 24. November eingefangen wurde:
Die neue Aufgabe des Amtes [also der Gottesdienstkongregation] ist wohl, enger mit dem eigenen liturgischen Ansatz von Franziskus zu arbeiten – so fasste ein Kommentar dessen Prinzipien zusammen: „Haltet euch an die Bücher. Macht keinen Wirbel darum. Und bedenkt, dass die Liturgie stets ein Mittel zum Zweck ist – und kein Ziel in sich selbst.“
Das ist der Irrtum auf den Punkt gebracht: die Liturgie ist ein Mittel, kein Ziel. Ich weiß nicht, wer der Kommentator war, aber ich hoffe, dass er nicht Ihr Bischof oder Pfarrer ist. Das übelste Tag, der für einen Katholiken anbrechen kann, ist ein Tag, an dem der Priester, der die Messe zelebriert, sich in den Kopf setzt, dass das, was er tut, nur ein Mittel zu einem darüber hinaus gehenden Zweck ist.
Ganz im Gegensatz dazu erklärt das Zweite Vatikanische Konzil, indem es Jahrhunderte ungebrochener Tradition zum Ausdruck bringt, dass das eucharistische Opfer „die Quelle und der Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ ist (Lumen Gentium 11), wobei Sacrosanctum Concilium auf diesen Punkt näher eingeht:
In der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, „vollzieht sich“ „das Werk unserer Erlösung“ (Sekret des neunten Sonntags nach Pfingsten), und so trägt sie in höchstem Maße dazu bei, daß das Leben der Gläubigen Ausdruck und Offenbarung des Mysteriums Christi und des eigentlichen Wesens der wahren Kirche wird. […] In der Tat gesellt sich Christus in diesem großen Werk [der Liturgie], in dem Gott vollkommen verherrlicht und die Menschheit geheiligt werden, immer wieder die Kirche zu, seine geliebte Braut. […] Infolgedessen ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht. […] Dennoch ist die Liturgie der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt. Denn die apostolische Arbeit ist darauf hingeordnet, daß alle, durch Glauben und Taufe Kinder Gottes geworden, sich versammeln, inmitten der Kirche Gott loben, am Opfer teilnehmen und das Herrenmahl genießen.“
Das ganze Werk der Kirche entspringt der und ist ausgerichtet auf die Zelebration der heiligen Liturgie. Wenn wir dies nicht richtig verstehen, werden wir nichts richtig verstehen. All unsere Arbeit wird gefährdet sein, sogar vergiftet. Wenn aber unser Haus in Ordnung ist, unser Gottesdienst feierlich, ehrfürchtig, schön, erbaulich und nahrhaft, Gott – der all unsere Anbetung, unser Lob, unsere Danksagung und unsere Bitten verdient – die größere Ehre zuteil werden lassend, dann kann das Übrige der Mission der Kirche frei fließen und die Welt bewässen, wie Wasser, das einen Berghang hinunterbraust.
Übersetzung: M. Benedikt Buerger
Bild: MiL
Danke, für die gute und einfache Erklärung!
Sehe ich auch so.
Hw Bernwald Deneke von der Petrus-Bruderschaft über die „Teilnahme an der Heiligen Messe“:
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„Es sollen alle Gläubigen bedenken, daß es eine ganz hohe Pflicht und große Würde
für sie bedeutet, teilzunehmen am eucharistischen Opfer,
und zwar nicht müßigen und gleichgültigen Geistes,
der sich zerstreut und anderen Dingen nachgeht,
sondern so innerlich und selbsttätig,
daß sie aufs engste mit dem Hohepriester sich verbinden.“
(Papst Pius XII. in seiner Enzyklika Mediator Dei)
Die Teilnahme an der Heiligen Messe ist uns nicht nur als Gebot vorgeschrieben,
sie ist auch das Höchste,
zu dem wir kraft unserer Taufgnade hier auf Erden fähig sind:
einzugehen in das Opfer Jesu Christi, „durch Ihn und mit Ihm und in Ihm“ in der Einheit des Heiligen Geistes dem Vater alle Ehre und Verherrlichung darzubringen, „zum Lob und Ruhme Seines Namens, zum Segen für uns und die ganze Heilige Kirche“.
Es muß uns folglich ein Herzensanliegen sein,
in einer immer erfüllteren Weise der Liturgie beizuwohnen.“
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Erinnerungen desselben Hw Deneke an seine als noch Jugendlicher erste Mitfeier der hl. Messe der Jahrhunderte, der Alten Messe:
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„Der Neuling sah sich einer eigenen Welt gegenüber.
Die war ihm noch weithin verschlossen.
Aber in ihrer erfüllten Stille und im erahnten Tiefsinn der Zeichen übte sie
eine unaufdringliche und zugleich kraftvolle Anziehung aus.
Bis auf die Predigt, weit und wogend wie das Meer,
machte dieser Gottesdienst nicht den Eindruck eines Vortrages von Mensch zu Mensch,
sondern einer Handlung, genauer noch: einer Begegnung.
Die Haltung und Ausrichtung des Zelebranten, der Ministranten und Gläubigen
ließen keinen Zweifel mehr darüber, wer da im Mittelpunkt stand.
Es fiel gar nicht schwer,
an die wirkliche und persönliche Gegenwart des Erlösers in Seinem Opfer zu glauben.
Alles redete ja davon.
Alles lenkte die Aufmerksanikeit auf Ihn hin.
Anstatt seine Person hervorzuheben,
verschwand der Priester nahezu.
Er tauchte gleichsam in dem liturgischen Vollzug unter und ging völlig auf
in der Stellvertretung des einen Hohenpriesters Jesus Christus.
Aus der Hinwendung zum „Geheimnis des Glaubens“ heraus wandte er sich dann
auch den Gläubigen zu.
Aber ohne den Blick auf den Herrn zu verstellen.
Keine störenden subjektiven Einlagen.
Die heilige Messe hatte nicht das Gesicht ihres menschlichen Zelebranten.
Sie war theozentrisch, christozentrisch.
Endlich hatte der Sucher den Ausdruck jenes eucharistischen Glaubens,
der aus den Worten und Gebeten der Heiligen spricht, gefunden!
Wohl waren die Zelebrationsrichtung, die lateinische Kultsprache
und die lang empfundenen Phasen des Schweigens für den an Verständlichkeit
und Abwechslung gewöhnten Meßbesucher zunächst fremdartig.
Durch den Entzug äußerer Beschäftigungen
sah er sich plötzlich auf sein eigenes,
armes Inneres zurückgeworfen:
auf die Leere, den schwachen Glauben, die verkümmerte Fähigkeit zur Anbetung…
Doch gerade dadurch kam auch die Einsicht:
Die heilige Messe ist eben ein Mysterium;
ein Geheimnis,
das nicht dem Fassungsvermögen des Menschen angepaßt werden darf,
sondern dem sich dieses Fassungsvermögen durch die Gnade und eigenes Bemühen
mehr und mehr anpassen soll.
Der innerste Mittelpunkt des Glaubenslebens
kann nicht nach den Maßstäben Fernstehender gestaltet werden.
Nur dem gläubigen Mitvollzug erschließt er sich nach und nach.
In das wahrhaft Große wächst man erst mit der Zeit hinein.
Der Blick muß geläutert, das übernatürliche Sensorium geschärft werden.
Dann beginnt das Abenteuer immer neuer, immer noch herrlicherer Entdeckungen.
Diese erste Begegnung läutete für den Verfasser eine Entdeckungsreise ein,
die bis heute kein Ende gefunden hat.
Auch die spätere „Gewöhnung“ an den traditionellen Meßritus im Priesterseminar
und als Priester hat daran nichts geändert.
Während das Moderne in seiner Ausrichtung auf den „Menschen von heute“ veraltet,
offenbart das Alte sich in ewiger Jugend,
denn es ist in erster Linie ein
„Hintreten zum Altare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut“ (Stufengebet der hl. Messe).
In der Begegnung mit diesem Wunderwerk des Glaubens
findet das abenteuerliche Herz, was es sucht:
den unerschöpflichen Reichtum des Lebens
in der Begegnung mit dem Herrn.“
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Hw. Bernhard Deneke hat mit seinen Worten genau meine Seelenlage ausgedrückt.
Sehr richtig – leider nur teilweise. Doch das scheint der außerordentlichen Notsituation geschuldet, in der wir uns befinden.
Volle Zustimmung: Die Liturgie ist hier auf dieser Erde kein Mittel zum Zweck. Jesus Christus kommt „leibhaftig“ in jeder hl. Messe auf den Altar, mit Gottheit und Menschheit, für unsere Augen verborgen unter den Gestalten von Brot und Wein.
Doch wir haben zwei Formen des Ritus, die in den Grundprinzipien einander widersprechen, trotz noch bestehender Berührungspunkte.
Zwischen dem Opfercharakter der hl. Messe, wie er auf dem Konzil von Trient verbindlich definiert wurde und dem „Pascha-Mysterium“, das auf den Benediktiner Odo Casel zurückgeht, und das das Grundprinzip der Messe Paul VI. darstellt, bestehen gravierende Unterschiede.
Diese Wunde verletzt die katholische Kirche bis ins Mark. Wobei ich hinzufügen möchte: Ich erlaube mir kein Urteil dahingehend, dass die Messe Paul VI. ungültig sei. Ein solch weitreichendes Urteil steht mir nicht zu.
Hinweis: Mein Kommentar bezieht sich auf den Beitrag von Peter Knasniewski, nicht auf die Worte von Pater Deneke FSSP, die @defendor zitiert.
Die Liturgie ist natürlich nicht „Mittel zum Zweck“. Dennoch ist sie nicht „Selbstzweck“. So beschreibt auch Pius X. die „Zwecke des hl. Messopfer“ damit, dass man Gott damit den höchsten Anbetungskult erweise, Ihm für Seine Wohltaten danke, Ihn besänftige, Ihm Genugtuung leiste für unsere Sünden und damit Gnade erlange zum Wohl der lebenden und verstorbenen Christgläubigen. (Kat § 351)
Das Zitat aus „Sacrosanctum Concilium“ klingt dagegen nach reiner Magie!
Die Liturgie wirkt ja nicht auf magische Weise aufgrund des Vollzugs zwingend heilsam, noch dazu in völlig gewandelten Umständen, zweifelhaft geweihten Priestern und nach mehreren Liturgiereformen, deren Gültigkeit heiß umstritten ist.
Der Autor schreibt: „Wenn aber unser Haus in Ordnung ist, unser Gottesdienst feierlich, ehrfürchtig, schön, erbaulich und nahrhaft, Gott – der all unsere Anbetung, unser Lob, unsere Danksagung und unsere Bitten verdient – die größere Ehre zuteil werden lassend, dann kann das Übrige der Mission der Kirche frei fließen und die Welt bewässen, wie Wasser, das einen Berghang hinunterbraust.“
Das dürfte zu oberflächlich sein.
„Die Sünden der gottgeweihten Personen schreien zum Himmel und rufen nach Rache, und siehe, die Rache ist vor ihren Türen; denn es gibt niemand mehr, der die Barmherzigkeit und die Verzeihung für das Volk erfleht; es gibt keine großherzigen Seelen mehr; es gibt niemand mehr, der würdig wäre, das makellose Opferlamm dem Ewigen zugunsten der Welt aufzuopfern.“ So klagt die Gottesmutter in La Salette – bereits 1846.
„Ex opere operato“ ist ja keine Zauberformel, sondern eine höchste Verpflichtung der Kirche. Und es ist keineswegs gleich, ob diese Verpflichtung – neben der bloß rituellen „Würde“- eingehalten wird.
Die „Eucharistie“ ist im obigen zweitvatikanischen Zitat „Ausdruck und Offenbarung des mystischen Leibes Christi“, das „eigentliche Wesen der Kirche“, „Verherrlichung Gottes“, Heiligung der Menschheit“, „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt“ (was das wohl präzis heißen mag?), „Quelle, aus der alle ihre Kraft strömt“, zentraler Akt der Versammlung der Gläubigen.
Fast nichts von dem, was Pius X, aufführte, kommt zur Sprache…
Dass der Empfänger samt dem Spender zwar die Wirksamkeit des hl. Messopfers durch persönliche Unreinheit nicht schmälern kann (und sei es die Wirksamkeit zum Fluch) darf den Blick nicht vernebeln dafür, dass eine „würdige“ Zelebration sehr wohl die Würdigkeit der Zelebrierenden mit einschließt. Ich möchte abschließend noch einmal Pius X. zitieren:
„Die angemessenste Weise, dem heiligen Messopfer beizuwohnen, ist diese: in Vereinigung mit dem Priester das hl. Messopfer GOTT darbringen, indem man im Geiste das Kreuzesopfer Jesu Christi betrachtet (das bittere Leiden und Sterben) und indem man würdig kommuniziert. Die hl. Kommunion ist die wirkliche Vereinigung mit dem makellosen Opfer. (§ 354)
Unterbleibt diese tiefgründige Angemessenheit vonseiten der Gläubigen, wirkt die „würdige“ Zelebration Fluch.
zeitschnur,
ich habe Ihnen zu Ihrem Kommentar an mich eine Rückmeldung gegeben: https://www.katholisches.info/2014/11/20/bischof-schneider-synodendokument-eine-wirkliche-schande-ehre-des-apostolischen-stuhls-beschmutzt/comment-page‑1/#comment-50077
«Die Liturgie ist ein Mittel, kein Ziel». Die französische Philosoph Louis Cattiaux (1904–1953) in “Die Wiedergefunde Botschaft†(Verlag Herder, Basel, 2010, S. 159): «Die Moral ist eine Barriere und die Askese ist ein Geländer. Das Gesetz ist ein Deich und die Riten sind ein Führer. Die Sakramente sind ein Memento, die Symbole sind sprechende Abbilder und die heiligen Bücher zeigen den Weg, aber die Wissenschaft Gottes annulliert alles, weil sie alles übertrifft.»