
(Rom) Papst Franziskus ernannte den schwarzafrikanischen Kardinal Robert Sarah zum neuen Kardinalpräfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Der bisherige Vorsitzende des Päpstlichen Rats Cor Unum für Hilfsaktionen in Krisen- und Katastrophengebieten verfügt über eine lange Erfahrung an der Propaganda Fide, der Kongregation für die Evangelisierung der Völker.
„Die Ernennung sei nicht leicht gewesen“, so der Vatikanist Marco Tosatti. Ausgangspunkt war die Entfernung des bisherigen Amtsinhabers, Antonio Kardinal Cañizares. Der von Papst Benedikt XVI. eingesetzte Spanier entsprach nicht der liturgischen Sensibilität des amtierenden Papstes. In keinem anderen Bereich als dem der Liturgie tauschte Papst Franziskus systematischer die Kurienmitarbeiter aus.
Schwierige Nachfolgersuche führte zu längerer Amtszeit für Kardinal Cañizares
Die Abschiebung von Kardinal Cañizares als Erzbischof von Valencia machte die Neubesetzung an der Spitze der Gottesdienstkongregation notwendig. Der Name des aus Guinea stammenden Kardinals Robert Sarah sei bereits im Juni 2013 gefallen, kaum daß Papst Franziskus im engeren Kreis die Absetzung des „kleinen Ratzingers“, wie Kardinal Cañizares in Rom genannt wird, ankündigte.
Seine Berater empfahlen die Ernennung eines Südamerikaners. Der Papst habe sich für einen Kardinal entschieden, der eine große Erzdiözese leitet, der jedoch dankend ablehnte. Wie es in Rom heißt, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters. Der älteste residierende Kardinal Südamerikas, der eine große Diözese leitet, ist der Salesianer Ricardo Kardinal Ezzati Andrello von Santiago de Chile. Papst Franziskus hatte Kardinal Ezzati im April 2013 als Vertreter Südamerikas in den C8-Kardinalsrat berufen. Der frühere Erzbischof von Buenos Aires sei freundschaftlich mit dem Primas von Chile verbunden, hieß es damals. An Größe mit Santiago de Chile vergleichbar wären das Erzbistum Bogota in Kolumbien mit Rubén Salazar Kardinal Gómez und das Erzbistum Caracas in Venezuela mit Jorge Kardinal Urosa. Beide Kardinäle sind nur geringfügig jünger als Kardinal Ezzati.
Bischofssynode und Kurienreform
Nach der Absage seien zwei weitere Lateinamerikaner vom Papst in die engere Auswahl genommen worden, doch am Ende von diesem wieder fallengelassen worden. Durch die Schwierigkeit einen Nachfolger zu finden, blieb Kardinal Cañizares wesentlich länger im Amt als zunächst gedacht. Obwohl Kardinal Cañizares bereits am 28. August zum Erzbischof von Valencia ernannt wurde, erfolgte die Ernennung von Kardinal Sarah erst am 24. November. Andersrum gelesen: Am 4. Oktober, einen Tag vor Eröffnung der Bischofssynode über die Familie erfolgte die Inthronisation von Cañizares in Valencia, weshalb er nicht mehr als Dikasterienleiter an der Synode teilnehmen konnte.
Bei der Suche nach einem Nachfolger bereitete die Kurienreform einiges Kopfzerbrechen. Laut den päpstlichen Absichten und den Vorschlägen des inzwischen aufgestockten C9-Kardinalsrats soll die Zahl der römischen Dikasterien verringert werden. Das betrifft in erster Linie die Päpstlichen Räte. Die überschüssigen Dikasterienleiter, deren Ämter abgeschafft werden sollen, mit einer angemessenen neuen Aufgabe zu betrauen, um „Kardinalvaganten“ zu verhindern, wie es in Rom heißt, gestalte sich nicht leicht. Zu den Dikasterien, die aufgelöst oder zusammengelegt werden könnten, gehört auch der Päpstliche Rat Cor Unum.
Die neuen „Gleichgewichte“ im Bereich Liturgie
So fiel am Ende die Entscheidung auf Kardinal Robert Sarah, einen für amerikanische und inzwischen auch europäische Verhaltensnormen sehr ernsten Mann. Der Schwarzafrikaner hegt großen Respekt für die Tradition, was er auch durch den Empfang für die traditionsverbundenen Priester Afrikas im vergangenen Oktober unter Beweis stellte. Vor allem aber steht er liturgischen Experimenten ablehnend gegenüber.
Die Ernennung des 58jährigen Montfortaners Corrado Maggioni zum neuen Untersekretär der Gottesdienstkongregation erhält damit eine neue Bedeutung. Maggioni ist ein enger Freund des ehemaligen päpstlichen Zeremonienmeisters Kurienerzbischof Piero Marini. Beide sind überzeugte Anhänger der liturgischen Theorien des Vinzentiners Annibale Bugnini, auf den entscheidend die nachkonziliare Liturgiereform von 1969/1970 zurückgeht, der radikalsten liturgischen Zäsur der gesamten Kirchengeschichte.
Gleiches gilt für die Absetzung der beiden bisherigen Untersekretäre, dem 66 Jahre alten Engländer Anthony Ward und dem erst 53 Jahre alten Spanier Juan Miguel Ferrer Grenesche. Beide standen der liturgischen „Reform der Reform“ Benedikts XVI. nahe. Beide wurden am vergangenen 5. November gleichzeitig mit der Ernennung Maggionis ihres Amtes enthoben. Beide erfuhren erst aus dem Tagesbulletin, indem nur die Ernennung Maggionis verlautbart wurde, von ihrer Entfernung.
Mit der Berufung von Kardinal Sarah an die Spitze der Kongregation liest sich die Personalrochade als Schaffung neuer „Gleichgewichte“. Der Bugninist Maggioni soll das Gegengewicht zu Kardinal Sarah an der Spitze der Kongregation bilden, weshalb die beiden Ratzingerianer Ward und Ferrer entfernt wurden.
Der Umbau der Gottesdienstkongregation von Benedikt XVI. zu Franziskus
Bis Juni 2012 setzte sich die Führungsspitze der Gottesdienstkongregation aus vier Ratzingerianern zusammen. Kardinalpräfekt war Antonio Cañizares. Sekretär war der traditionsverbundene amerikanische Dominikaner Kurienerzbischof Augustine Di Noia, Untersekretär der englische Marist Anthony Ward und der Spanier Juan Miguel Ferrer.
Am 26. Juni 2012 versetze Benedikt XVI. Erzbischof Di Noia zur Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei offenbar mit der Absicht, bei den wenige Tage zuvor schlagartig in die Krise geratenen Gesprächen zwischen Rom und der Piusbruderschaft noch zu retten, was zu retten war. An seiner Stelle ernannte der deutsche Papst den bisherigen Bischof des englischen Leeds, Arthur Roche zum Sekretär der Kongregation und machte ihn zum Erzbischof. Die Ernennung gibt bis heute Rätsel auf, da Roche ein erklärter Gegner des Motu proprio Summorum Pontificum war und liturgisch alles andere als ein Ratzingerianer. Nach Summorum Pontificum schrieb der Bischof dem Klerus seiner Diözese einen Brief, der vor allem zum Ausdruck brachte, daß er vom liturgischen Anliegen Benedikts XVI. nur eines verstanden hatte, nämlich nichts. Bereits damals wurde die Ernennung als „Kompromiß“ bezeichnet. Wer den acht Monate später das Handtuch werfenden Papst zu diesem „Kompromiß“ im ihm so wichtigen Bereich der Liturgie drängen konnte, ist bis heute unklar. Die Besetzung wurde als Indiz für die starken Widerstände gegen die von Benedikt XVI. versuchte „Reform der Liturgiereform“ gelesen. Der Kunst- und Kulturkritiker Francesco Colafemmina schrieb zur Ernennung von Bischof Roche und zu weiteren Ernennungen im Juni 2012 sowie dem unerwarteten Umschwung bei den Gesprächen mit der Piusbruderschaft von „deliriösen Ernennungen im Vatikan“ mit der Frage: „Wo ist der Papst?“.
Ganz anders zeigt sich die Führungsspitze derselben Kongregation Ende 2014, wo es Kardinal Sarah zufallen wird, das Gegengewicht zum Bugnini-Anhänger Maggioni und dem die überlieferte Liturgie ablehnenden Roche zu bilden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino
Zu diesem Beitrag fällt den meisten Lesern und Schreibern nichts ein. Aber man muss sich über
jeden kleinen Schritt freuen der heute noch möglich ist. Mit der Berufung von Kardinal Robert Sa-
rah in die Gottesdienst- Kongregation, ist jedenfalls ein kleiner Hoffnungsschimmer zu erwarten,
ist er doch ein Mann der Tradition. Ob er sich aber durchsetzen kann, muss er noch beweisen.
Diese Endscheidung von Franziskus kann aber auch eine Notlösung gewesen sein, nämlich we-
gen Mangel an Masse. Nach all den bisherigen Erfahrungen kann es sein, dass Kardinal Sarah,
wenn er die Franziskus-Linie nicht mitträgt, schon bald auf dem Abstellgleis landet.
Kardinal Cañizares wurde laut meinen Gasteltern, die mich während des 5. Welttreffens der Familien 2006 in València, wo ich als Freiwilliger arbeitete, beherbergt hatten, deswegen an die Spitze seiner Heimatdiözese ernannt, weil es dort einige Kirchengemeinden gibt, die einen Bischof brauchen, der auch einmal durchgreift. Inwiefern Cañizares durchgreifen soll, erzählten sie mir nicht.