(Vatikan) Kardinal Gianfranco Ravasi stellte auf einer Pressekonferenz die Aktion „Vorhof der Gerechten“ vor, die am 26. September in Bologna beginnt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Vorsitzende des Päpstlichen Kulturrats gefragt, was er zur Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener sage. Kardinal Ravasi entstammt nicht dem Diplomatischen Corps des Vatikans, dennoch ist er bekannt für seine „diplomatischen“ Fähigkeiten, die im konkreten Fall darin bestanden, möglichst nichts und in Ansätzen doch etwas zu sagen. Aber was genau?
Der „Vorhof der Gerechten“ ist eine von Kardinal Ravasi entwickelte Initiative, deren Umsetzung er unter Papst Benedikt XVI. beginnen konnte. Es geht um Dialogtage in verschiedenen Städten der Welt, die die Begegnung zwischen Katholiken und Atheisten fördern und Letztere an die Kirche heranführen sollen.
Papst Benedikt XVI. ermahnte jedoch zwei Monate vor seinem Rücktritt, die Initiative könne kein Selbstläufer in eigener Sache sein. Mit vornehmeren Worten warf Benedikt XVI., nachdem der „Vorhof der Gerechten“ in einigen Städten haltgemacht hatte, der Initiative vor, daß auf der Bühne die immer gleichen Teilnehmer sich ziemlich fruchtlos selbstbeweihräuchern. Es könne keine inszenierte Begegnung ohne wirkliches Bemühen um eine Offenheit gegenüber dem Glauben der Kirche geben, ansonsten sei die Initiative fruchtlos, so das damalige Kirchenoberhaupt (siehe eigenen Bericht Benedikt XVI. bringt „Vorhof der Völker“ wieder auf Kurs: nicht Dialog als Selbstzweck, sondern Evangelisierung).
Ravasis (bequemer) Rückzug auf eine Rolle super partes
Auf die Frage nach den wiederverheirateten Geschiedenen meinte Kardinal Ravasi, es sei besser keine Erklärung abzugeben, da er eine über den Positionen stehende Aufgabe erhalten habe. Ravasi ist als Vorsitzender eines römischen Dikasteriums automatisch Synodale. Papst Franziskus übertrug ihm zudem die Leitung der „Kommission für die Botschaft“ der Bischofssynode über die Familie. Ravasis Stellvertreter in dieser Funktion ist der von Papst Franziskus geförderte Titularerzbischof Vàctor Manuel Fernández, Rektor der Päpstlichen Universität Buenos Aires.
Gleichzeitig sagte der Kardinal, daß ein „gewisses Problem“ bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe bereits in der Urkirche auf theologischer Ebene anerkannt gewesen, aber auf „praktische Schwierigkeiten“ gestoßen sei. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt eine Erklärung abzugeben, vor allem weil das synodale Ereignis noch nicht begonnen hat und ich Vorsitzender der Kommission für die Botschaft bin, eine heikle Sache, weil es vielleicht das einzige offizielle Dokument der kommenden Synode sein wird. Wenn wir die Botschaft vorstellen, werde ich versuchen, zum Ausdruck zu bringen, wie wir gearbeitet haben“, so der Kardinal.
Die wiederverheiratet Geschiedenen und die Porneia-Frage
„Ich möchte nur hinzufügen, daß man bereits im Matthäus-Evangelium sieht, die Exegeten sind sich allerdings über den genauen Inhalt nicht einig, daß es in der Urkirche ein Problem gab, wenn auch mit der absoluten Gewißheit, daß die Unauflöslichkeit eine Botschaft Jesu wäre“. Konkret nannte der Kardinal die Exegeten-Debatte über die Auslegung des Wortes „porneia“.
„Unabhängig davon, was dieses ‘porneia’ meine, zeigt es, daß die Kirche ein Problem hatte und daß das, was nun bei der Synode über die Familie geschieht, nicht eine Sache ist, um aus Vergnügen der Zeit hinterherzulaufen , sondern eine Dringlichkeit darstellt, die von einer breiten Gruppe von Gläubigen vorgebracht wird, die aber bereits in der Urkirche ein Problem war.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Catholic Herald (Screenshot)