(Rom) Cordialiter, ein Blog der katholischen Tradition mit zurückhaltender und ausgeglichener redaktioneller Linie, veröffentlichte eine durchaus für glaubwürdig zu haltende Schilderung. Glaubwürdig auch im Zusammenhang mit den Hinweisen auf jenes „behinderte Pontifikat“ von Benedikt XVI. Wie kein Papst der jüngeren Kirchengeschichte wurde Benedikt XVI. nicht von außen angegriffen, sondern auch durch offenen Ungehorsam von innen behindert.
Die Schilderung bestätigt die Existenz einer offenkundigen Dichotomie zwischen Tradition und Neo-Modernismus. Zudem macht es sichtbar, daß es neben den sogenannten „Krypto-Lefebvrianern“, von denen der Apostolische Kommissar der geschundenen Franziskaner der Immakulata sprach, auch ein starke Gruppe von Krypto-Schismatikern gibt, die sich keineswegs nur auf Teile des deutschen, österreichischen und schweizerischen Episkopats und deren Apparate beschränken.
Zum Rücktritt von Benedikt XVI.
Ich schicke voraus, daß ich den Amtsverzicht von Benedikt XVI. für gültig halte. Was ich heute schildere, berichtete mir eine liebe Freundin, die mir die Erlaubnis erteilte, die Nachricht unter der Bedingung zu veröffentlichen, daß ihr Name nicht genannt wird.
In das Klausurkloster, in dem sie lebte, kamen häufig modernistische Priester, um durch Propaganda die Schwestern zu ‚aggiornare‘ (im Deutschen würde man sagen, um die Schwestern auf die ‚Höhe der Zeit‘ zu bringen). Einer dieser Priester bat die Ordensfrauen dafür zu beten, daß Benedikt XVI. zurücktritt. Meine Bekannte, die ihre traditionsfreundliche Haltung vor diesen Priestern lieber für sich behielt, fand jedoch die Sympathie dieses einen Priesters, eines führenden Vertreters der Modernistenbewegung. Dieser vertraute ihr ziemlich ungeniert an, daß er und seinesgleichen unter dem Klerus und den Ordensleuten Tausende Unterschriften sammelten, um Papst Benedikt XVI. zum Rücktritt zu drängen.
Meine Bekannte fragte den Priester, was denn geschehen werde, falls der Heilige Vater sich weigern sollte, zurückzutreten. Darauf antwortete der Modernist, daß der Papst bereits darüber informiert worden sei: Sollte er nicht zurücktreten, werde man eine neue, von Rom getrennte Kirche gründen. Und es werde keine ‚kleine Kirche‘ sein. Laut dem, was ihm bekannt sei, wären zahlreiche Kirchenvertreter bereit, sich der neuen modernistischen Kirche anzuschließen. Der krypto-schismatische Geistliche legte zudem Wert auf die Feststellung, daß ihnen bereits präventiv die Unterstützung durch jene zugesichert worden sei, die einige führende Massenmedien kontrollieren und die die neue Kirche medial fördern würden.
Einige Zeit später am 11. Februar 2013 gab Benedikt XVI. tatsächlich seinen Amtsverzicht bekannt. Meine Bekannte teilte mir noch zahlreiche weitere Details mit, deren Veröffentlichung ich aus verschiedenen Gründen für unklug halten würde.
Nun werden viele denken: Wenn die Dinge so abliefen, dann ist der Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. ungültig. Denn um gültig zu sein, muß er aus freien Stücken und ohne jeden Zwang erfolgt sein. Mir fällt es allerdings schwer anzunehmen, daß Benedikt XVI. einen so schwerwiegenden Schritt gesetzt haben könnte, einen falschen Rücktritt zu vollziehen, um die Kirche den Händen eines falschen Papstes zu überlassen (wer auch immer im Konklave gewählt worden wäre).
Daher bin ich der Meinung, daß Benedikt XVI., als er sich von einer Flut von Verschwörern belagert sah, die zum Schisma bereit waren, dem Belastendsten, was einem Papst widerfahren kann, aber bereits 86 Jahre alt, nicht mehr die Kraft fühlte, um die Kirche wirksam zu regieren und sich der Wühlarbeit der Modernisten zu widersetzen, es vorzog, abzudanken.
Letztlich verzichtete er auf sein Amt nicht, weil er unter Druck gesetzt wurde, ansonsten wäre der Amtsverzicht ungültig, sondern weil er aufgrund seines Alters nicht mehr die physische und geistige Kraft fühlte, die er für notwendig erachtete, um sich der Modernistenbewegung entgegenzusetzen.
Rücktrittgrund zu banal für Amt und Amtsträger?
Die Argumentation Cordialiters bleibt in diesem Punkt schwach, da Benedikt XVI. gerade wegen der unterschwelligen, aber deutlich spürbaren Gefolgschaftsverweigerung zahlreicher Kirchenvertreter keineswegs damit rechnen durfte, daß aus einem Konklave ein von ihm gewünschter Papst hervorgehen würde. Die Stichhaltigkeit des Geschilderten läßt sich zudem mangels gesicherter Angaben schwerlich überprüfen, weshalb sie leicht vom Tisch zu fegen ist oder vorerst sogar als nachträgliches Konstrukt abgetan werden könnte. Der gute Ruf von Cordialiter bürgt für ausreichend Glaubwürdigkeit, das Dargstellte nicht zu unterschlagen.
Die Schilderung der Ordensschwester belegt nämlich auf alle Fälle, daß der spektakuläre und gänzlich aus dem Rahmen fallende Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. weiterhin Rätsel aufgibt und zahlreiche Katholiken beschäftigt. Der Rücktritt stellt einen gravierenden Schatten im Pontifikat dieses großen Denkers und Kirchenfürsten dar, der die Bewertung seiner Amtszeit schwer beschädigt hat. Letztlich auch deshalb, weil der von ihm selbst genannte und damit einzige offizielle Grund so banal erscheint. Zu banal für dieses Amt und diesen Amtsträger.
Benedikt XVI. anderthalb Jahre nach Rücktritt von „außerordentlicher geistiger Frische“
Das facht Spekulationen an, die auch weiterhin am Köcheln bleiben werden, solange Benedikt XVI. bei so guter Gesundheit ist, wie er am vergangenen Sonntag bei der nunmehr bereits zum zweiten Mal seit seinem Rücktritt für seine ehemaligen Schüler zelebrierten Heiligen Messe und dem Treffen mit seinem Schülerkreis unter Beweis stellte. Er zeigte gleichzeitig, trotz aller altersbedingten Einschränkung, intellektuell und theologisch dem regierenden Papst deutlich überlegen zu sein. Pater Stephan Horn, der Sprecher des Ratzinger-Schülerkreises berichtete auf die Frage von Radio Vatikan: „Wie war das, mit dem emeritierten Papst zu feiern?“
„Wunderbar! Die Freude des Heiligen Vaters, die feierliche Heilige Messe mit einer Ansprache über, wie er es immer macht, das Thema des Evangeliums und der Lesung. Wir hoffen, dass wir diese Ansprache eines Tages auf unserer Webseite veröffentlichen können. Er hat richtig frisch gepredigt. Das hat sich auch beim anschließenden Treffen gezeigt, dass er fast frischer gewirkt hat als vor einem Jahr. Natürlich ist er etwas älter geworden, und er spürt, dass es mit dem Gehen nicht mehr so gut ist. Aber seine geistige Frische war ganz außerordentlich.“
Das „Mordkomplott“ und das Ende des Pontifikat
Im Zusammenhang mit der Cordialiter-Schilderung ist zudem an die „gesicherte Nachricht“ zu erinnern, die Erzbischof Paolo Kardinal Romeo von Palermo seinen europäischen Reisebegleitern, in der Mehrzahl Geschäftsleute, Mitte November 2011 während einer Reise in die Volksrepublik China, bekanntgab: nämlich, daß das Pontifikat von Benedikt XVI. nur mehr höchstens ein Jahr dauern werde. Papst Benedikt XVI. wurde im Januar 2012 von Dario Kardinal Castrillon-Hoyos in einem persönlichen, absichtlich in deutscher Sprache verfaßten Brief darüber informiert.
Die präzisen Angaben über ein Ende des Pontifikats ließen die Gesprächspartner Romeos, von denen einer den Kolumbianer Castrillon-Hoyos informierte, zum Schluß kommen, daß gegen den deutschen Papst ein Mordkomplott im Gange sei. Die anonyme Notiz über Romeos China-Plaudereien an den Kardinal Castrillon-Hoyos trug das Datum 30. Dezember 2011. Den erschreckenden Begriff „Mordkomplott“ verwendete der kolumbianische Kardinal, der zum selben Schluß gekommen war, dann ausdrücklich in seinem Brief an Benedikt XVI., der ihn persönlich dem Papst überbrachte mit der Aufschrift auf dem Umschlag: „Streng vertraulich“. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi, damals auf Brief und Inhalt angesprochen, beschränkte sich auf die Worte: „Es erscheint mir so unglaublich, daß ich es nicht einmal kommentieren will“.
Die Pfarrer-Initiativen als Druckmittel gegen Benedikt XVI.
Die Ordensfrau berichtete Cordialiter von Unterschriften von Klerikern, mit denen die Modernisten Benedikt XVI. zum Rücktritt zwingen wollten. Damit könnten die mit dem Pontifikat des deutschen Papstes seit 2006 entstandenen Pfarrer-Initiativen gemeint sein, die ihren Ausgang in Österreich nahmen und sich in den folgenden Jahren in zahlreichen westlich geprägten Ländern ausbreiteten. Im Juni 2011 folgte der „Aufruf zum Ungehorsam“. Daß sich die innerkirchliche Konfrontation entscheidend an dieser Front abspielte, zeigte die für viele Beobachter unerwartete direkte Zurechtweisung der ungehorsamen Kleriker durch Benedikt XVI. Bei der Chrisammesse am Gründonnerstag 2012, zehn Monate vor der Ankündigung seins Amtsverzichts, lehnte er für die Weltkirche vernehmbar, die Forderungen der Priester-Rebellen ab. Er nahm jene Zurechtweisung vor, zu der sich der österreichische Episkopat nicht aufraffen konnte oder wollte. Nur die „Radikalität des Gehorsams“ sei eine geeignete Voraussetzung für eine „wirkliche Erneuerung“ in der Kirche, hielt das Kirchenoberhaupt den Ungehorsamen entgegen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e Postconcilio