Schon viele haben den Versuch unternommen, „hinter die Kulissen“ des „unbekannten“ Vatikans zu blicken, wobei sich die Autoren von Artikeln und Büchern, oder auch Fernsehsendungen, häufig nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, was ihr Verhältnis zur Realität angeht. Der gläubige Katholik indes kann sich für den Job kaum einen besseren Vatikanisten wünschen als Ulrich Nersinger, der seit vielen Jahren seine Leser erfreut durch gelungene Beiträge etwa zu Vergangenheit und Gegenwart der päpstlichen Garden oder Anekdoten aus der Papstgeschichte. In der Fachwelt geschätzt ist auch das zweibändige Monumentalwerk des Vatikanexperten zu „Liturgien und Zeremonien am Päpstlichen Hof“. Neulich erschien im „Media Maria Verlag“ das jüngste Buch aus der Feder des aus der Umgebung von Aachen stammenden Ulrich Nersinger mit dem Titel „Der unbekannte Vatikan“, wobei der Autor nicht hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückbleibt. In dreizehn Kapiteln werden dem Leser nicht nur fachkundige Informationen zur Funktionsweise des kleinsten Staates der Welt angeboten, sondern unter anderem auch historische Fakten, die aber keineswegs Langeweile hervorrufen, Wissenswertes zur weltweiten Tätigkeit des Heiligen Stuhls sowie – in gewohnter Nersinger-Diktion – köstliche Anekdoten der Päpste.
Im zweiten Kapitel – „Souverän, Oberhirte, Diener der Diener Gottes“ – lernt der Leser einige Grundlagen zum „Heiligen Stuhl“ und dem „Vatikanstaat“. Wer ein wenig die Berichterstattung aus dem katholischen Rom verfolgt, weiß um die Schwierigkeit der korrekten Verwendung dieser beiden Begriffe. Dies sei der Fall sogar auf diplomatischem Parkett, so Nersinger: „So musste im Jahre 1957 das Päpstliche Staatssekretariat die zuständigen Instanzen der Vereinten Nationen darum bitten, in den offiziellen Dokumenten der UN künftig die Bezeichnung ‚Heiliger Stuhl‘ und nicht ‚Vatikanstaat‘ zu verwenden.“ Unter Journalisten sei man pragmatischer: „Der Romkorrespondent einer großen deutschsprachigen Zeitung gesteht ein, immer dann, wenn er sich nicht sicher ist, um welche der Rechtspersönlichkeiten es sich handelt, nur vom ‚Vatikan‘ zu sprechen.“ Die päpstlichen Farben – gelb und weiß –, an denen heute weit über dezidiert kirchliche Kreise hinaus der Vatikan erkannt wird, gehen zurück auf die Farben der Schlüssel des heiligen Petrus, die traditionell in gold und silber dargestellt wurden. Offiziell wurden die Farben erst, auf einen Protest von Papst Pius VII. gegen Napoleon. Der Franzose hatte die päpstlichen Streitkräfte in seine Armee eingegliedert und den in Rom stationierten Soldaten befohlen, die bis dahin gelbrote Kokarde an ihren Hüten zu befestigen. „Da der Papst nicht mehr über seine regulären Truppen verfügte, konnte er seinen Protest gegen diese Anmaßung nur noch durch seine Palastwachen zeigen; er gab ihnen den Befehl, die gelbrote Kokarde mit der gelbweisen zu tauschen.“
Wer vom Vatikan (oder von „Rom“) spricht, meint häufig nicht den Papst selbst, sondern Personen, die für die Kurie arbeiten. Die Notwendigkeit für den Papst, sich einer Kurie zu bedienen, illustriert Nersinger mit einem Zitat von Papst Innozenz III., der von 1198 bis 1216 regierte: „Weil Uns die Fülle Seiner kirchlichen Vollmacht, die Uns vom Herrn übertragen wurde, zu Schuldnern aller Christgläubigen gemacht hat, können Wir doch nicht den Zustand und die Ordnung des menschlichen Lebens verfielfältigen. […] Weil nämlich das Gesetz des menschlichen Lebens das nicht erlaubt, können Wir auch nicht in eigener Person die Last aller Sorgen tragen, sondern Wir sind bemüht, das mithilfe Unserer Brüder auszuüben, die Glieder Unseres Leibes sind, was Wir viel lieber persönlich erledigen würden, wenn es die Zweckmäßigkeit der Kirche erlaubte.“ Spätestens seit Papst Franziskus sind die Rufe nach einer Kurienreform lauter als je zuvor. Nersinger betont demgegenüber das Vorkomen von Missständen in jeder menschlichen Gesellschaft – man könnte ergänzen: besonders in jeder Bürokratie –, doch leiste „der Großteil der Kurialen“ gute Arbeit. Mit Blick auf Papst Franziskus heißt es in „Der unbekannte Vatikan“ zurückhaltend: „Kleine Schritte sind schon zu beobachten. In vielem berät sich der Papst noch. Wann und wie größere Veränderungen eintreten werden, bleibt ihm allein überlassen. Eines ist jedoch sicher, es wird kein leichter Weg werden.“
Sehr interessant ist auch das zehnte Kapitel, das die päpstlichen Beziehungen zur Wissenschaft behandelt – schließlich hält sich die Legende der sogenannten „Aufklärung“ noch immer hartnäckig, wonach die Kirche jeder wissenschaftlichen Erkenntnis aus Gründen der Machterhaltung feindlich gegenübersteht. Das Gegenteil jedoch ist der Fall. Bereits seit dem vierten Jahrhundert sei das „Scrinium SanctঠRomanঠEcclesiও bezeugt, welches dem Heiligen Vater als Archiv und Bibliothek diente. Was die akademische Disziplin der Astronomie angeht, so war es die Wissenschaft, die Papst Gregor XIII. im 16. Jahrhundert zu einer Reform des Kalenders veranlasste. Und noch immer betreibt der Vatikan eine Sternwarte, die seit 1981 in Arizona in den Vereinigten Staaten angesiedelt ist. Die administrativen Aufgaben werden aber weiterhin von Castel Gandolfo aus erledigt, wohin Papst Pius XI. die Sternwarte zunächst verlegt hatte. Kryptografie, die Lehre von der Verschlüsselung von Nachrichten, wurde durch Edward Snowden und seine NSA-Enthüllungen auch für den durchschnittlichen Nutzer von Kommunikationsmedien interessant. Kaum jemand ist sich jedoch der Rolle bewusst, die der Vatikan in der Entwicklung von Verschlüsselungstechniken spielte: „Als ‚Vater der Kryptografie‘ […] gilt Leon Battista Alberti, der im 15. Jahrhundert als päpstlicher Schreiber in Rom wirkte. Mit der nach ihm benannten ‚Alberti-Scheibe‘ schuf er einen einfachen, aber effektiven Chiffrierapparat.“
Eine letzte Passage sei erwähnt, die passenderweise aus dem letzten Kapitel von „Der unbekannte Vatikan“ stammt. Dort beschäftigt sich Nersinger mit dem Vorwurf, dass der Vatikan „ein unnötiger und überflüssiger Staat“ sei. So habe eine katholische Wochenzeitung kürzlich für einen Verzicht auf den Vatikanstaat plädiert, denn „eine solche Entweltlichung würde der Kirchenleitung erst ihre Freiräume eröffnen, um auf die drängenden Fragen der Menschen zu antworten“. Darauf Nersinger – „like a boss“, wie man im Englischen sagt: „Freiräume gab der Kirchenstaat in den Jahren von 1943 bis 1944; auf ‚drängende Fragen der Menschen‘ antwortete er mit Gewährung von Schutz und Asyl.“ Die Kirche muss gezwungenermaßen in ihrer Führung als Staat aufgebaut sein, da die sogenannte „Weltgemeinschaft“ sich nun einmal – zum Guten oder zum Schlechten – in Staaten organisiert hat. „Der unbekannte Vatikan“, wie er von Ulrich Nersinger so eloquent vorgestellt wird, ist, in den Worten von Papst Pius XI., „jenes bisschen an Körper, das notwendig ist, um die Seele zusammenzuhalten“.
Ulrich Nersinger: Der unbekannte Vatikan
272 Seiten / ISBN 978–3‑9816344–1‑9 / bei FalkMedien kaufen
Text: M. Benedikt Buerger
Bild: Verlag
„Hinter den Kulissen“
„Wieviele Kardinäle sind den nun Freimaurer“?
Diese Konzilskirche ist ein tieffliegender Vogel der in der Offenbarung abstürzen wird.
Per Mariam ad Christum.
Ich muß mich entschuldigen.
Es heißt wie viele Kardinäle die man vor Christus ernst nehmen sollte.
Per Mariam ad Christum.
Das Buch ist sicher lesenswert, vermute ich. Der Autor ist für sein Fachwissen und seinen flüssigen Schreibstil bekannt.
Vielleicht ist es besonders historisch interessant. Weil das Buch einen Vergleichspunkt darstellen könnte: So war „es“ vor den „bergoglischen Reformen“ und so ist es danach.
Mir fallen jetzt nur zwei tiefgreifende Veränderungen ein: Das 8er ‑Kardinalsgremium, das die Arbeit der Kurie zusammen mit Bergoglio reformieren soll und damit über der Kurie steht. Und dann die weltweit operierenden mächtigen Unternehmensberaterfirmen, die Bergoglio angeheuert hat und ihnen jeden Einblick gewährt in das Finanzwesen und die Vermögenswerte des Vatikan. „Wissen ist Macht“, und diese Macht hatten diese Firmen nicht über den Vatikan, er war ihnen verschlossen. Bis Bergoglio kam und alle Türen, alle Schubladen öffnete für die mächtigsten Finanzdienstleister der Welt.
Jenes „bisschen an Körper, das notwendig ist, um die Seele zusammenzuhalten,“ wie Pius XI. treffend anmerkt, soll nach Bergoglio so tiefgreifend verändert werden, dass „seelische Störungen“ die Folge sind. Am liebsten würde er die Seele austauschen…
Vielleicht, ich weiß es nicht, bietet das Buch eine gute Hilfe, damit wir die Veränderungen vergleichen und begreifen können, die Bergoglio vornimmt und vornehmen wird. Auch wenn das gar nicht die Absicht des Autors war.
Ist der Vatikan schon so tief in der Finsternis versunken, dass er eine Unbekannte, eine Geheimorganisation geworden ist? Das Friedensgebet in den Vatikanischen Gärten zum falschen Gott erhoben ist doch offensichtlich genug. Denn die Antwort liess nicht lange auf sich warten, mit den schwersten Bombardierungen des Gaza seit zwei Jahren und dem Versprechen der Hamas, Israel die Pforten den Hölle zu öffnen. Rosenkranz statt Lesen.
Das, was die Freimaurer machen, nämlich Hokuspokus betreiben, soll im Sinne der Kirchenfeindlichkeit auf den Vatikan übertragen werden. Wenn sich so etwas erst einmal in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, geht damit ein enormer Ansehensverlust der kirchlichen Autoritäten einher. Geistliche Würdenträger werden dann als zumeist alte Männer mit verschrobenen Auffassungen wahrgenommen. Die Modernisten erweisen leider in dieser Sache der Kirche einen Bärendienst. Sie versuchen sich an der Quadratur des Kreises: Der Welt wollen sie gefallen und dabei Diener Gottes sein. Daß dies zum Scheitern verurteilt ist, beweist deren systematischer Bruch kirchlicher Vorschriften.