(Berlin) Martin Lohmann, der Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht bekräftigte in einem Interview für die Nachrichtenseite Kath.net die beim Katholikentag in Regensburg ausgesprochene Einladung an den Verein Donum Vitae am Marsch für das Leben in Berlin teilzunehmen. Der Chefredakteur des katholischen Fernsehsenders K‑TV betritt damit abschüssiges Gelände. Oder kehrt er nur in alte Fußstapfen zurück?
Donum Vitae ist als Verband 1999 in offenem Widerspruch zur Katholischen Kirche entstanden. Die Patenschaft übernahm das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), was die Sache nicht besser macht, aber symptomatisch den Zustand des offiziellen kirchlichen Verbandswesens dokumentiert. Obwohl die Katholische Kirche jede Beteiligung am deutschen Scheinberatungssystem für Schwangerschaftskonflikte ablehnt, nimmt Donum Vitae daran teil, stellt schwangeren Frauen Scheine aus, mit denen sie straffrei ihr ungeborenes Kind töten lassen können und läßt sich dafür vom Staat bezahlen. Die staatliche Finanzierung von Beratungsstellen, die das deutsche Abtreibungssystem akzeptieren, deckt bis zu 90 Prozent aller Kosten ab. Geld als Lockmittel.
„Gemeinsames Zeugnis“ für das Leben mit Teil des Abtreibungssystems?
Mit einem Verband, der wie die Abtreibungslobby Pro Choice ist, also werteneutral die Entscheidung über Leben oder Tod des Kindes der Mutter überläßt, will Lohmann beim Marsch für das Leben ein „gemeinsames Zeugnis für ein Ja für das Leben in der Öffentlichkeit“ setzen? Wie glaubwürdig wären er und der Marsch für das Leben nach einem solchen „gemeinsamen“ Auftritt noch?
Auf der Internetseite von Donum Vitae heißt es: „Auch wenn Sie sich für einen Abbruch der Schwangerschaft entscheiden, können Sie die Begleitung unserer Beraterinnen und Berater in Anspruch nehmen. Unsere Beratungsstellen sind befugt den Beratungsschein nach §219 StGB auszustellen, mit dem ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland straffrei bleibt.“ Was für ein „Zeugnis“ für das Leben sollte das also sein, von dem Lohmann spricht?
Marsch für das Leben ein „kompromißloses“ Ja zum Leben
Kardinal Raymond Leo Burke forderte die Katholiken auf, „kompromißlos katholisch“ zu sein (Kardinal Raymond Burke: „Es braucht kompromißlose Katholiken“). Einer der Initiatoren des Marsches für das Leben in Italien, der Historiker Roberto de Mattei, bekräftigte erst vor wenigen Tagen, daß der Marsch für das Leben für ein bedingungsloses Ja zum Leben und ein kompromißloses Nein zur Abtreibung steht, ohne Ausnahmen (Roberto de Mattei: Katholischer Widerstand gegen Abtreibung und für die Familie). Donum Vitae ist nicht nur eine „Ausnahme“, sondern ein Teil des Abtreibungssystems.
Den von Kardinal Burke oder Roberto de Mattei erhobenen Anspruch kann Lohmann mit seiner Einladung an Donum Vitae zum deutschen Marsch für das Leben nicht mehr erheben. Zu behaupten, mit Donum Vitae gebe es zwar kein gemeinsames kompromißloses Nein zur Abtreibung, aber dafür ein gemeinsames kompromißloses Ja zum Leben ist ein Widerspruch von der Gefährlichkeit einer Bananenschale, auf der man ausrutscht. Lohmann kann nur hoffen, daß bald Gras über diesen Ausrutscher wächst.
Versetzt Donum vitae dem Marsch für das Leben den Todesstoß?
Was wird nach diesem sinnlosen „Dialog“-Palaver geschehen? Donum Vitae wird am 20. September 2014 in Berlin nicht am Marsch für das Leben teilnehmen, aber der Marsch ist durch die Einladung unnötig beschädigt worden.
Vielleicht nimmt Donum Vitae aber tatsächlich mit einer Delegation (mehr sicher nicht) am Marsch für das Leben teil, absichtlich, um ihm den Gnadenstoß zu versetzen. Die linken, liberalen und „humanistischen“ Kreise werden jubeln, in der Union werden sich nicht wenige freuen und auch in der kirchlichen Hierarchie werden dem Ende des deutschen Marsches für das Leben wenige eine Träne nachweinen. Will das Martin Lohmann? Oder kehrt er nach einer Zwischenphase nur zu alten Positionen zurück? Noch 2002 kritisierte Lohmann als Chefredakteur der Rhein-Zeitung nicht den Limburger Ungehorsam in der Scheinberatungsfrage des damaligen Bischofs Franz Kamphaus gegen Papst Johannes Paul II., sondern bedauerte das römische Beharren.
Text: Andreas Becker
Bild: Marsch für das Leben (Deutschland)/Donum Vitae (Montage Katholisches)