(Rom) Pater Adolfo Nicolas Pachon, der Generalobere des Jesuitenordens kündigte seinen Rücktritt an. Nicolas ist damit der zweite Generalpropst der 1541 gegründeten Gesellschaft Jesu, der freiwillig auf sein Amt verzichtet. Die Generaloberen des Jesuitenordens werden auf Lebenszeit gewählt. Adolfo Nicolas gab bekannt, daß er für 2016 eine Generalkongregation einberuft, um seinen Nachfolger zu wählen. 2016 vollendet der Generalobere sein 80. Lebensjahr. Dem Jesuitenorden gehört auch Papst Franziskus an, der erste Jesuit der Kirchengeschichte auf dem Papstthron.
Harte Worte findet der spanische Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco Fernández de la Cigoña. Nicolas sei „eine Gestalt von mangelndem Charisma, der nichts tat, um die schwere Krise zu beheben, in der sich der Jesuitenorden seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil befindet“. Vor dem Konzil erreichte der Orden mit 36.000 Angehörigen seinen Höhepunkt. Seither werden es jeden Tag weniger. Heute gibt es nur mehr 17.000 Jesuiten, obwohl die Zahl der Katholiken weltweit in den vergangenen 50 Jahren stark zugenommen hat. Von den verbliebenen Jesuiten sind 8.000 über 70 Jahre alt. Die Hälfte von diesen ist nicht mehr oder nur mehr eingeschränkt zur Ausübung des Priestertums fähig. „Die Berufungen sind gering. In absehbarer Zeit werden die Jesuiten in Westeuropa nahezu verschwunden sein“, so de la Cigoña.
Säkularisierter, überalterter, teils rebellierender Orden
„Pater Nicolas hinterläßt eine säkularisierte und überalterte Gesellschaft Jesu, die zum Teil gegen die Glaubens- und Morallehre der Kirche rebelliert und der ein schwarzer Morgen bevorsteht“, so der Kirchenhistoriker. Sein Rücktritt sei „mit Sicherheit eine Erleichterung“, doch es gebe „wenig Hoffnung, daß ein kranker Körper einen neuen General wählt, der entschlossen ist, den Sterbenden zu neuem Leben zu erwecken“, so de la Cigoña. „Das würde für die Wähler bedeuten, daß sie zurück zum gemeinschaftlichen Leben, zur Armut, zum Stundengebet, zur Soutane und vor allem zum Gehorsam müßten. In Wirklichkeit sind die meisten zufrieden mit der derzeitigen Situation und den ganzen Annehmlichkeiten weitgehender Anarchie. Jeder tut einfach was er will, ohne irgendwem Rechenschaft abzugeben oder sich um die anderen zu kümmern.“ Es gebe Häuser des Ordens, die nicht mehr seien als ein Hotel, in dem die Ordensangehörigen nur essen und schlafen. Das gelte keineswegs für alle Jesuiten, von denen es „herausragende Priestergestalten“ gebe, diese hätten jedoch schon lange das Heft im Orden des Heiligen Ignatius von Loyola abgeben müssen.
Neuwahl bietet Chance, den Orden zu retten
De la Cigoña hegt „menschlich gesehen“ wenig Hoffnung auf eine Besserung. Es sei gut, daß der Orden von Nicolas als Generaloberen „befreit“ werde, der ein „abwesender General“ gewesen sei. „Es ist schwer vorstellbar, aber nicht auszuschließen, daß der nächste Ordensgeneral noch schlimmer als Nicolas sein könnte. Der Abgang von Adolfo Nicolas Pachon ist allemal eine gute Nachricht. Ein neuer Ordensgeneral bietet zumindest die Chance, daß der Orden gerettet wird. Mit Nicolas war das unmöglich.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: De la Cigueña