(Jerusalem) Die Christen des Heiligen Landes und des gesamten Nahen Ostens warten mit großen Erwartungen auf den Besuch des Papstes. Je größer die Not, desto größer die Hoffnung auf Hilfe. Die Christen fühlen sich von der nationalen und internationalen Politik im Stich gelassen und blicken daher mit Sehnsucht auf das katholische Kirchenoberhaupt. Bereits im Vorfeld macht sich aber auch Enttäuschung breit. Die Begegnung mit dem katholischen Kirchenoberhaupt und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel sind für die Christen des Heiligen Landes eine wichtige Stärkung, aber auch ein Bekenntnis. Eine Kundgebung, um der Welt zu zeigen, daß es zwischen Jordan und Mittelmeer nicht nur Juden und Moslems gibt.
Die Christen Jerusalems will der Staat Israel in ihrer Heimatstadt durch Ausgangssperren und Einschränkung der Bewegungsfreiheit vom Papst fernhalten. Zur Papst-Messe in das nahegelegene Betlehem dürfen sie nicht, weil die Geburtsstadt Jesu Gebiet der Palästinenserbehörde ist. Aber auch die übrigen Christen beklagen, daß der Papst zu ihnen kommt, sie ihn aber nicht sehen können.
Viele Formen, die Christen von der Begegnung mit dem Papst abzuhalten
Am kommenden Sonntag wird Papst Franziskus in Betlehem die Geburtsgrotte besuchen. Der Platz vor der Geburtskirche faßt nur 10.000 Menschen. Zu wenige für die Christen, die zwar nicht aus Jerusalem, aber aus dem Westjordanland, aus dem Gaza-Streifen und aus Galiläa in Israel kommen.
Den christlichen Gegenden und Gemeinschaften wurden nach einem Schlüssel Kontingente zugewiesen. „Die palästinensischen Christen sind in der Not erfindungsreich“, schrieb ein italienischer Priester, der leihweise dem Lateinischen Patriarchat zur Verfügung steht, auf seinem Blog Abuna. Die Katholiken von Beit Jala haben am Samstag mit den zu wenigen Platzkarten eine Tombola veranstaltet. Jene von Betlehem haben am Sonntag das Los gezogen.
Viele Plätze, aber wenig Möglichkeiten für die Christen aus Gaza
Die 1.800 geschundenen Christen des Gaza-Streifen wurden mit 600 Karten großzügig bedacht. Die israelischen Behörden müssen jedoch zusätzlich Durchreisegenehmigungen erteilen und da beginnt sich die Sache schon wieder zu spießen. Israel erteilt keine Genehmigung für ganze Familien. Die Altersgruppe zwischen 16 und 35 Jahren wurde kategorisch ausgeschlossen. Das trifft alle jungen Familien. Auffallend häufig wurde zudem nur den Kindern, aber nicht den Eltern die Erlaubnis erteilt, so die Seite Abuna. Das schaffe eine Reihe von Problemen und führe dazu, daß die Familien am Ende verzichten. Zu Hause bleiben muß auch das jungvermählte christliche Paar, das beim Essen palästinensischer Familien mit dem Papst teilnehmen sollte, weil beide jünger als 35 sind.
Galiläische Christen resignieren: „Schade ‚daß Besuch Grund für Traurigkeit statt Freude ist“
Enttäuschung macht sich auch unter den Christen Israels breit. Sie leben vor allem in Galiläa im Norden des Landes um Nazareth. Die Auflagen der israelischen Behörden erschweren jede Teilnahme. „Die Christen Galiläas werden weder den Papst sehen noch mit ihm beten können. Es ist schade, daß dieser Besuch in den Herzen unserer christlichen Brüder Traurigkeit und Enttäuschung verursacht, anstatt ihnen Freude und Glück zu bringen“, so Abuna.
Der Papst spreche von den „Rändern“ und vom „Feldlazerett, in dem die Wunden geheilt werden“. In diesen Worten fühlen sich die arabischen Christen des Nahen Ostens ganz persönlich angesprochen. Es ist, als würde der Papst ihre Lage ansprechen. Gerade deshalb hegen sie besondere Hoffnung.
„Papst wird in Jerusalem eine Geisterstadt vorfinden“
Die Christen Jerusalems schrieben dem Apostolischen Nuntius im Heiligen Land einen Hilferuf und Protestbrief zugleich wegen ihrer Behandlung durch Israel. Eine Verbesserung scheint nicht erreichbar. Israel ist aus „Sicherheitsgründen“ nicht bereit, seine Auflagen zu lockern. Für den Tag des Papst-Besuchs am 26. Mai verhängte Israel eine Ausgangssperre, weshalb der Papst in der Altstadt nur leere Gassen sehen wird, jedenfalls keine einheimische Bevölkerung. „Diese berühmte Sicherheit, die inzwischen zum einzigen Gott geworden ist, dem alles geopfert wird und unsere kleine Gemeinschaft wird erneut den Preis dafür bezahlen müssen. Der Papst wird eine Geisterstadt besuchen. Er wird kein Kind antreffen, das ihn grüßt, keine alte Frau, die ihn berühren möchte, er wird keine Kranken grüßen können und nicht einmal mit einem Bruder seinen Pileolus tauschen können“, so der lateinische Priester auf seinem Blog Abuna.
Politische Gratwanderung: Besuch des Flüchtlingslagers Dheisheh
Die Reise in das Heilige Land ist eine einzige Gratwanderung zwischen politischen Tretminen. Der Papst wird am Sonntag eines der palästinensischen Flüchtlingslager besuchen. Das Lager Dheisheh wurde 1948 als Folge des israelischen Unabhängigkeitskrieg errichtet. Die aus der Gegend von Jerusalem und Hebron vertriebene arabische Bevölkerung, Moslems und Christen, fand hier eine provisorische Bleibe. Ein Provisorium, insgesamt gibt es im Westjordanland und im Gaza-Streifen 28 solcher Lager, das seit 65 Jahren andauert. Heute leben im Lager Dheisheh mehr als 13.000 Flüchtlinge und ihre Nachkommen. Ein Besuchspunkt, der in Israel nicht auf besondere Sympathie stößt, vertritt man dort ja die Legende, die einheimische Bevölkerung habe 1948 „freiwillig“ ihre Heimat verlassen.
Im Gegenzug: Blumen auf das Grab Theodor Herzls und Besuch von Yad Vashem
Im Gegenzug wird sich der Besuch in Jerusalem auf hochoffizielle Begegnungen mit Religions- und Behördenvertretern beschränken. Unter anderem wird der Papst mit Rabbi Skorka die Klagemauer besuchen, am Grab des Gründers des Zionismus, Theodor Herzl Blumen niederlegen und die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchen. Es sind Begegnungen mit dem Großrabbinat Israels vorgesehen und ebenso mit dem islamischen Großmufti von Jerusalem. Es wird angenommen, daß von den beiden Großrabbinern nur der aschkenasische Großrabbiner David Lau, den Papst begrüßen wird, während der sepharische Großrabbiner Yitzhak Yosef dem Treffen fernbleiben wird. Beide amtierende Großrabbiner Israels sind Söhne von Großrabbinern. Ovadja Josef, der Vater von Yitzhak Yosef verbot 2009 den sephardischen Juden jede Teilnahme an der Reise von Benedikt XVI. ins Heilige Land, weil durch die Begegnung mit dem Papst die Gefahr der „Götzendienerei“ bestünde (siehe eigenen Bericht 700.000 orthodoxe Juden bei Beerdigung von Großrabbiner – Ovadja Josef lehnte Treffen mit Benedikt XVI. als „Götzendienerei“ ab).
In der Grabeskirche findet ein Treffen mit allen christlichen Kirchen des Heiligen Landes statt und die zweite Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Ein ursprünglich vorgesehenes Treffen des Papstes mit den katholischen Pfarrern des Heiligen Landes mußte aus Zeitmangel gestrichen werden. Vielleicht könnte noch eine kurze Zusammenkunft im Lateinischen Patriarchat möglich werden.
Für erhitzte Gemüter sorgt die als Abschluß am Montag vorgesehene Heilige Messe mit den katholischen Bischöfen des Landes im Abendmahlssaal. Ultraorthodoxe Juden lehnen eine Rückgabe des Abendmahlssaal an die Katholische Kirche ab und sehen jede christliche Initiative im Zusammenhang mit dem Saal als Angriff auf die „Souveränität“ Israels. Keine leichte Reise.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Mir wird kalt wenn ich das lese, aber wer meine Postings gelesen hat in den letzten Jahren der weiß dass ich mit meinen diesbezüglichen düsteren Prognosen Recht behalte(n habe). Es macht mich ratlos, mit welchem Wohlwollen von kirchlicher Seite man das alles zur Kenntnis nimmt. Schaurig! Man lese, Israel die Demokratie sperrt seine Untertanen ein wenn der Papst kommt und im Gegenzug besucht dieser Vad Yashem, das Denkmal für die deportierten Juden, das seinerseits auf einem Grund und Boden steht , der im Eigentum von Deportierten steht, was insofern nicht ganz stimmt, weil ums Wegbringen mussten sich 1947 die palästinischen Ureinwohner selbst kümmern, wenn sie ihr Leben retten wollten.
Das ist weniger ein Pastoralbesuch und weniger eine Pilgerfahrt als vielmehr eine politische und diplomatische Reise.
Ein sehr undankbarer und unwahrhaftiger text. Israel ist der einzige Staat der im MO Christen überhaupt rechte garantiert und eine starke zunahme der christlichen bevölkerung kennt. Wenn Israel die Christen aber nicht gefällt, sollten sie einen besseren Platz suchen. Ist Iran vielleicht eine Moglichkeit? Oder Saudi Arabien?
Ich gehe einmal davon aus, daß Bergoglio die Begegnung mit seinen jüdischen und sonstigen Brüdern wesentlich wichtiger ist als die mit wahren Katholiken im hl. Land. Hier bewahrheitet sich wieder einmal: Sage mir, mit wem Du umgehst, und ich sage Dir, wer Du bist!
„Unter anderem wird der Papst mit Rabbi Skorka die Klagemauer besuchen, am Grab des Gründers des Zionismus, Theodor Herzl Blumen niederlegen und die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchen.“
Das sind falsche Signale, eines Nachfolgers Petri unwürdig.