(Moskau) Magadan ist eine Stadt in Rußland, die als Verwaltungszentrum für das sowjetische Gulag-System gegründet wurde. Dort wirkt der katholische Ordenspriester Pater Michael Schields. Magadan ist für die Russen ein Synonym für den „Tod“. Heute herrscht in der russischen Stadt mit fast 100.000 Einwohnern jedoch Leben, weil Pater Michael auch die Abtreibung besiegt. „Unser Programm hier ist großartig, das wird mir immer neu bewußt, wenn ich diese Kinder spielen und lachen sehe“, so der Priester des Ordens der Kleinen Brüder Jesu (IPFI).
Jedes Jahr erblicken Hunderttausende Kinder nicht das Licht der Welt, weil sie schon im Mutterleib getötet werden. Das ist die brutalste Altlast des Kommunismus, die mehr als 20 Jahre nach dessen Zusammenbruch noch immer über Rußland lastet. 1920 war das kommunistische Sowjetreich das erste Land der Welt, das den Kindermord erlaubte. Es war das erste Land der Welt, das Mord als „Befreiung“ und die Tötung unschuldiger Kinder als „menschenfreundliche“ Tat für den „Fortschritt“ umlog.
10 Kinder werden geboren, 13 Kinder werden getötet. Für die Kommunisten, denen ein Leben nichts wert war, wurde Abtreibung als Mittel der Geburtenkontrolle verwendet. Abtreibung als ein makaberes „Verhütungsmittel“. Durch die Versuche der demokratischen Regierungen gegenzusteuern hat sich das Verhältnis in den vergangenen Jahren gebessert. Der rapide demographische Zusammenbruch Rußlands konnte 2010 gestoppt werden. Dennoch ist die Zahl der getöteten Kinder mit fast einer Million immens.
Im Zentrum des Gulag-Systems entstand die Geburtskirche
Magadan ist eine Hafenstadt im äußersten Osten Rußlands. Die Stadt am Ochotskischen Meer war bis 1991 militärisches Sperrgebiet. Die Durchschnittstemperaturen liegen hier auch im Hochsommer bei höchstens 15°Celsius. Im Winter aber bei Minus 25 Grad. Die Lebensbedingungen sind hart, deshalb errichteten die Sowjets genau hier ein Lager und ein Verwaltungszentrum für die Konzentrationslager. Hier haben viele Christen gelitten und viele wurden getötet. Hier ist heute Pater Michael Schields Pfarrer. Die katholische Pfarrkirche ist der Geburt Jesu geweiht. Die Geburtskirche wurde für Magadan ein Zentrum des Lebens.
Pater Michael gehört dem Orden der Kleinen Brüder Jesu an, der 1933 ebenfalls in unwirtlicher Lage nach dem Vorbild des Heiligen Charles de Foucauld in der Wüste Sahara in Algerien gegründet wurde. 1994 verließ Pater Michael Alaska, um nach Rußland zu gehen. „Die Kälte kannte ich ja schon.“ Er wußte damals schon zwar von den vielen gebrochenen und getöteten Menschenleben, von dem Genozid am eigenen Volk, den der Kommunismus angerichtet hatte. „Aber erst hier habe ich das wirkliche Ausmaß dieser Tragödie verstanden“, sagt er heute.
Fast jede über 30jährige Frau hatte bereits einmal abgetrieben. Manche Frauen sogar zehn oder fünfzehn Mal. Für den katholischen Ordensmann ist der Mangel an Respekt vor dem menschlichen Leben das direkte Ergebnis einer Ideologie, die die Menschenwürde leugnet. Magadan war ab 1929 ein KZ und von 1932 bis 1954 ein Verwaltungszentrum des größten KZ-Komplexes, den die Welt je gesehen hat. Im Gulag sind mehrere Millionen Menschen umgekommen und eine Vielzahl davon eingesperrt gewesen: „Magadan steht deshalb in Rußland für den Tod.“
Wir machen den Menschen bewußt, daß das Leben heilig ist
Schritt für Schritt ist es Pater Michael gelungen, die Unkultur des Todes durch eine Kultur des Lebens zu ersetzen und die Frauen zu überzeugen, ihren Schmerz und ihre Schuldgefühle wegen der getöteten Kinder mit Gott zu teilen. Daraus entstand Rachel‘s Vineyard (Rachels Weingarten), wo jährliche Einkehrtage stattfinden. Nicht wenige Frauen zünden vor der Ikone der Gottesmutter der immerwährenden Hilfe für ihre „nicht geborenen“ Kinder Kerzen an. „Einmal sind fünf Frauen hier gewesen und haben 47 Kerzen angezündet“, so Pater Michael.
Die vom katholischen Hilfswerk Kirche in Not unterstütze Pfarrei bietet allen Mädchen und Frauen, allen Müttern, moralische, geistliche und wirtschaftliche Hilfe. Pater Michael versucht mit seiner Pfarrei ganz konkret zu helfen, mit Kleidung, Nahrung, Medikamenten. „Hier gibt es nicht wenige Frauen, die sich aus wirtschaftlichen Nöten zur Abtreibung verleiten lassen. Wir versuchen das Bewußtsein zu schärfen, daß ein Menschenleben, auch das dieses kleinen, noch ungeborenen, aber schon vorhandenen Kindes heilig ist, unantastbar, von seiner Zeugung bis zum natürlichen Tod“, so Pater Michael.
„In Magadan ein Kind zu bekommen, heißt manchmal, alles verlieren. Manche Mütter haben sprichwörtlich nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf.“ Es sind etwa fünfzehn Frauen, meist junge Mädchen, die derzeit jeden Monat von Pater Michael unterstützt werden. „Für die ungeborenen Kinder geben wir, wo notwendig, bis zu drei Jahre eine finanzielle Hilfe. Unterstützung bekommt bei uns aber jeder, wann immer er kommt“, so der katholische Ordensmann. „Wir haben bisher 65 Kinder gerettet, von denen wir es sicher wissen. Wir haben uns vieler Neugeborener und Kleinkinder angenommen, weil sie gesundheitliche Probleme hatten. Und wir haben vielen Müttern geholfen, sich ein Leben aufzubauen. Unser Programm hier ist großartig, das wird mir immer neu bewußt, wenn ich diese Kinder spielen und lachen sehe. Ich liebe sie alle.“
„Je mehr Menschen Gott lieben und verherrlichen, desto mehr Gnaden schenkt Er“
Die Pfarrei hat auch eine kleine Wohnung, in der für kürzere oder längere Zeit Gebärende und junge Mütter wohnen können. Mehrere Ärzte der Umgebung, die den amerikanischen Priester inzwischen kennen, helfen ihm bei seinem Apostolat des Lebens, indem sie Mütter und Kinder kostenlos behandeln. Pater Michael empfiehlt allen Schwangeren, sobald als möglich eine Ultraschalluntersuchung durchführen zu lassen. „Das Kind zu sehen, und sei es noch so klein, macht es zur Realität. Und sein Herz schlagen zu hören, erzeugt eine ganz starke Bindung, der Mutterinstinkt wird sofort geweckt. Oder eine einfache Geste, wie das Einkaufen von Babykleidchen kann verstehen machen, daß hier bereits ein neues Leben heranwächst, ein eigenständiges Leben, ein neuer Mensch mit seinem Gesicht, seinen Augen, seinem Mund und seinem Lächeln. Und daß es ihr Kind ist, das Kind dieser Frau. Viele von ihnen hatten selbst nie eine Mutterfigur an ihrer Seite, die unentbehrlich ist, um zu lernen, selbst Mutter zu sein.“
Durch den Einsatz der Kirche und von Pater Michael verwandelt sich selbst ein Ort des Todes wie Magadan in einen Ort des Lebens. „Ich glaube, das ist so, weil die Zahl der Gläubigen wächst. Je mehr Menschen glauben und Gott verherrlichen, desto größer ist die Liebe zum Leben und desto mehr Gnaden werden geschenkt. Denn Gott ist die Liebe und das Leben.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi/Wikicommons
Das ist ganz wunderbar, zeigt aber, wie es um Russland, den vorgeblichen Hort der wahren Moral, wirklich bestellt ist.
Dort wie hier bei uns ist eine Neubekehrung des Landes wirklich notwendig!
Sehr schön – dieses lichte Grün in der Eiswüste.
Ich freue mich, dass es in RUS auch Lichtblicke gibt. Und ich wünsche mir, dass die Kirche auch die Menschen auch weiterhin unterstützt!