(Vatikan) Benedikt XVI., der erste Papst der Kirchengeschichte, der aus Altersgründen auf sein Amt verzichtete und sich in den Ruhestand zurückzog, begeht heute seinen 87. Geburtstag. Mehr als ein Jahr nach der Wahl von Papst Franziskus, erfreut sich der deutsche Papst abgesehen von Altersschwäche guter Gesundheit und geistiger Frische. Ein schwer auflösbarer Widerspruch. Die Redaktion von Katholisches.info entbietet dem emeritierten katholischen Kirchenoberhaupt herzliche Glückwünsche. Ad multos annos. Aus diesem Anlaß erfolgt die erneute Veröffentlichung seiner Predigt bei der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag 2012 in San Giovanni in Laterano, wo nach alter Überlieferung hinter dem Bronzerelief, das das Letzte Abendmahl darstellt, Reste eines Holzaltars verehrt werden, die vom Zedernholztisch des Abendmahlsaals von Jerusalem stammen sollen, an dem Jesus sich mit den Aposteln versammelt hatte und das eucharistische Opfer einsetzte.
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ABENDMAHLSMESSE
PREDIGT VON PAPST BENEDIKT XVI.
Lateranbasilika
Gründonnerstag, 5. April 2012
Liebe Brüder und Schwestern!
Der Gründonnerstag ist nicht nur der Tag der Einsetzung der heiligsten Eucharistie, deren Glanz freilich alles andere überstrahlt und gleichsam in sich hineinzieht. Zum Gründonnerstag gehört auch die dunkle Nacht auf dem Ölberg, in die Jesus mit seinen Jüngern hinausgeht; zu ihm gehört die Einsamkeit und die Verlassenheit Jesu, der betend dem Dunkel des Todes entgegentritt; zu ihm gehört der Verrat des Judas und die Verhaftung Jesu wie auch die Verleugnung durch Petrus; die Anklage vor dem Hohen Rat und die Auslieferung an die Heiden, an Pilatus. Versuchen wir in dieser Stunde etwas von diesen Vorgängen tiefer zu verstehen, weil sich darin das Geheimnis unserer Erlösung abspielt.
Jesus geht in die Nacht hinaus. Nacht bedeutet Kommunikationslosigkeit, in der einer den anderen nicht sieht. Sie ist Sinnbild des Nicht-Verstehens, der Verdunkelung der Wahrheit. Sie ist der Raum, in dem das Böse sich entfalten kann, das sich vor dem Licht verstecken muß. Jesus ist selbst das Licht und die Wahrheit, die Kommunikation, die Reinheit und die Güte. Er begibt sich in die Nacht. Nacht ist letztlich Symbol des Todes, des endgültigen Verlustes von Gemeinschaft und Leben. Jesus geht in die Nacht hinein, um sie zu überwinden und um den neuen Tag Gottes in der Geschichte der Menschheit zu eröffnen.
Er hat auf diesem Weg mit seinen Aposteln die Psalmen von der Befreiung und Errettung Israels gesungen, die an das erste Pascha in Ägypten, an die Nacht der Befreiung erinnerten. Nun geht er, wie er es gewohnt ist, um allein zu beten und als Sohn mit dem Vater zu sprechen. Aber anders als gewohnt will er drei Jünger – Petrus, Jakobus und Johannes – in seiner Nähe wissen. Es sind die drei, die die Verklärung erlebt haben – das Durchleuchten der Herrlichkeit Gottes durch seine menschliche Gestalt hindurch – und die ihn dabei in der Mitte von Gesetz und Propheten, zwischen Moses und Elias gesehen hatten. Sie hatten gehört, wie er mit beiden über seinen „Exodus“ in Jerusalem sprach. Der Exodus Jesu in Jerusalem – welch geheimnisvolles Wort! Der Exodus Israels aus Ägypten war das Ereignis von Flucht und Errettung des Gottesvolkes gewesen. Wie würde Jesu Exodus aussehen, in dem sich der Sinn des geschichtlichen Dramas endgültig erfüllen mußte? Nun wurden sie Zeugen der ersten Strecke dieses Exodus – der äußersten Erniedrigung, die doch der wesentliche Schritt des Hinausgehens in die Freiheit und in das neue Leben war, auf das der Exodus zielt. Die Jünger, deren Nähe Jesus in dieser Stunde der äußersten Not als Stück menschlicher Geborgenheit suchte, schliefen alsbald ein. Aber ein paar Fetzen der Gebetsworte Jesu haben sie gehört und seine Haltung beobachtet. Beides hat sich ihnen tief eingeprägt, und sie haben es der Christenheit für alle Zeiten überliefert. Jesus sagt Abba zu Gott. Das bedeutet, wie sie hinzufügen, Vater. Aber es ist nicht die gewöhnliche Form des Wortes Vater, sondern ein Wort aus der Kindersprache – ein zärtliches Wort, mit dem man Gott nicht anzureden wagte. Es ist die Sprache dessen, der wirklich „Kind“, Sohn des Vaters ist, der mit Gott in der Gemeinschaft innerster Einheit steht.
Wenn wir fragen, worin das am meisten charakteristische Element der Gestalt Jesu in den Evangelien besteht, dann müssen wir sagen: Es ist sein Gottesverhältnis. Er steht immer im Austausch mit Gott. Das Sein mit dem Vater ist der Kern seiner Persönlichkeit. Durch Christus kennen wir Gott wirklich. „Niemand hat Gott je gesehen“, sagt der heilige Johannes. „Der am Herzen des Vaters ruht, er hat ihn uns ausgelegt.“ (Joh 1, 18). Nun kennen wir Gott, wie er wirklich ist. Er ist Vater, und zwar in reiner Güte, der wir uns anvertrauen dürfen. Der Evangelist Markus, der die Erinnerungen des heiligen Petrus festgehalten hat, erzählt uns, daß Jesus zu der Anrede Abba noch hinzugefügt hat: Dir ist alles möglich. Du kannst alles (Mk 14, 36). Der die Güte ist, ist zugleich Macht, allmächtig. Macht ist Güte, und die Güte ist Macht. Dieses Vertrauen dürfen wir vom Ölbergsgebet Jesu lernen.
Bevor wir den Inhalt von Jesu Bitte bedenken, müssen wir auch noch darauf achten, was uns die Evangelisten über die Haltung Jesu bei seinem Beten berichten. Matthäus und Markus sagen uns, daß er sich zu Boden warf (Mt 26, 39; vgl. Mk 14,35), also die Haltung radikaler Hingabe einnahm, wie sie in der römischen Liturgie sich am Karfreitag erhalten hat. Lukas hingegen sagt uns, daß Jesus kniend gebetet habe. In der Apostelgeschichte berichtet er von dem knienden Beten der Heiligen: Stephanus bei seiner Steinigung, Petrus bei einer Totenerweckung, Paulus auf dem Weg zum Martyrium. Lukas hat so eine kleine Geschichte des knienden Betens in der werdenden Kirche entworfen. Die Christen treten mit ihrem Knien in das Ölbergsgebet Jesu hinein. In der Bedrohung durch die Macht des Bösen sind sie als Kniende aufrecht der Welt gegenüber, aber als Kinder auf den Knien vor dem Vater. Vor der Herrlichkeit Gottes knien wir Christen und anerkennen seine Göttlichkeit, aber wir drücken in dieser Gebärde auch unsere Zuversicht aus, daß er siegt.
Jesus ringt mit dem Vater. Er ringt mit sich selbst. Und er ringt um uns. Er erleidet die Angst vor der Macht des Todes. Dies ist zunächst einfach die dem Menschen, ja jeder lebenden Kreatur eigene Erschütterung vor der Gegenwart des Todes. Aber bei Jesus geht es um mehr. Er sieht in die Nächte des Bösen hinein. Er sieht die schmutzige Flut aller Lüge und alles Niedrigen, die auf ihn zukommt in dem Kelch, den er trinken muß. Es ist die Erschütterung des ganz Reinen und Heiligen vor der ganzen Flut des Bösen dieser Welt, die auf ihn hereinbricht. Er sieht auch mich und betet auch für mich. So ist dieser Augenblick der Todesangst Jesu ein wesentliches Moment im Vorgang der Erlösung. Der Brief an die Hebräer hat deshalb das Ringen Jesu auf dem Ölberg als einen priesterlichen Vorgang gewertet. In diesem von der Todesangst durchdrungenen Beten Jesu vollzieht der Herr die Aufgabe des Priesters: Er nimmt die Schuld der Menschheit, er nimmt uns alle auf sich und trägt uns zum Vater hin.
Schließlich müssen wir noch auf den Inhalt von Jesu Beten auf dem Ölberg achten. Jesus sagt: „Vater, dir ist alles möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, wie ich will, sondern wie du willst“ (Mk 14, 36). Der natürliche Wille des Menschen Jesus schreckt vor dem Ungeheueren zurück. Er bittet, daß ihm dies erspart bleibe. Aber als Sohn legt er diesen menschlichen Willen in den Willen des Vaters hinein: Nicht ich, sondern du. Damit hat er die Haltung Adams, die Ursünde des Menschen umgewandelt und so den Menschen geheilt. Die Haltung Adams war gewesen: Nicht was du, Gott, gewollt hast, sondern ich selber will Gott sein. Dieser Hochmut ist das eigentliche Wesen der Sünde. Wir denken, wir seien erst frei und wahrhaft wir selber, wenn wir nur noch dem eigenen Willen folgen. Gott erscheint als Gegensatz unserer Freiheit. Von ihm müssen wir uns befreien, so denken wir: Dann erst seien wir frei. Dies ist die grundlegende Rebellion, die die Geschichte durchzieht und die grundliegende Lüge, die unser Leben verfälscht. Wenn der Mensch gegen Gott steht, steht er gegen seine Wahrheit und wird daher nicht frei, sondern entfremdet. Frei sind wir erst, wenn wir in unserer Wahrheit sind, wenn wir eins mit Gott sind. Dann werden wir wirklich „wie Gott“ – nicht indem wir uns Gott entgegensetzen, ihn abschaffen oder leugnen. Im ringenden Gebet des Ölbergs hat Jesus den falschen Gegensatz zwischen Gehorsam und Freiheit aufgelöst und den Weg in die Freiheit eröffnet. Bitten wir den Herrn, daß er uns in dieses Ja zum Willen Gottes hineinführt und uns so wahrhaft frei werden läßt. Amen.
Quelle: vatican.va
Einleitung: Giuseppe Nardi
Bild: Papa Ratzinger Blog/Vatican.va
Alles Gute, Papst Benedikt, und noch viele gesegnete Jahre.
Per Mariam ad Christum.
Gottes Segen und Gesundheit für noch viele Jahre. Für mich sind und bleiben Sie der Papst und mein tägliches Gebet wird Sie begleiten.
Über den eklatanten Widerspruch zur neuen Praxis einer sozialtherapeutische Fußwaschung als Medienspektakel unter Hintanstellung der Abendmahlsmesse-als ob die unwichtiges Traditionsbeiwerk wäre und über das Verlassen der Lateransbasilika und ihrer Gemeinde als Kirche des Bischofs von Rom – zugunsten eines schon zwanghaft anmutenden Pastoralperipherismus, brauchen wir wohl kein weiteres Wort zu verlieren.
Dem heutigen Jubilar in tiefer Dankbarkeit: ad multos annos !
Von Predigten, wie der oben wiedergegebenen, werden wir noch lange zehren müssen.
Schließe mich an. Ich weiß auch nicht, was die andauernden Fußwaschungen sollen. Pastoralperipherismus finde ich eine gute Wortgestaltung. Merke ich mir.
ich schließe mich den Vorschreibenden ebenso an. Für diesen großartigen Theologen, unseren Papa em. herzlichen Dank „nach oben“…
Lieber Papa em. Benedikt, auch von mir sind Sie immer ins Gebet eingeschlossen und ich wünsche Ihnen „AD MULTOS ANNOS“
Das sind Worte, die die Seele berühren. Vielen Dank lieber Papst Benedikt und alles Gute zum Geburtstag! Gott möge Ihnen viel Kraft geben für das was Ihnen noch bevorsteht. Gott segne und behüte Sie!
Mein lieber Papst Benedikt „Ad multos annos“, und unsere tägliche Gebete begleiten Ihnen.
Auch ich wünsche Papst Benedikt alles Gute und Gesundheit zum 87. Geburtstag.
Und ich hoffe, dass ich nicht der Einzige bin, dem auffällt, dass Benedikt vielfach geistreichere Predigten hatte, als Papst Franziskus. Nicht umsonst wurde Benedikt „Mozart der Theologie“ genannt. Soetwas liest man gerne!
Gottes Segen zum Geburtstag!
Und doch muß man sich fragen, warum er zurückgetreten ist und damit der Kirche großen Schaden zugefügt hat! Von Bergoglio will ich da gar nicht reden .…
Das einzige das man weiß, ist dass er zurückgetreten ist und dass es aus angeblich gesundheitlichen Gründen war. Die wahren Gründe wissen wir NICHT, alle Mutmaßung und Unterstellung halte ich daher für unangebracht.
Leider verstehen viele Menschen die glückliche Konstellation nicht, in der wir zZ leben:
Wir haben einen Regierenden Papst!
Wir haben gleichzeitig einen betenden und heiligen Heiligen Vater.
Können wir überhaupt mehr wollen?
Wir sind nicht die berufenen Papstkritiker. Punkt! Hat wer einen auf sich persönlich ausgestellten Ausweis als Berufener Papstkritiker, versehen mit dem „Fußabdruck“ des Heiligen Geistes?
Bitte vorzeigen.
Wir Laien haben andere Aufgaben als Papstwatching! Die Welt wird auf den Kopf gestellt und wir führen mit den Narren vom ZdK „Krieg“ um die rechte Lehre, statt die Wahrheit in die Gesellschaft hinein zu tragen. Das ZdK steht für allzuviele.
@KonradGeorg, sind Sie zufällig Jurist oder Politiker? Ich komme darauf, weil schon eine gewisse Begabung oder aber himmelschreiende Naivität dazugehört, die Dinge derart in ihr Gegenteil zu verkehren. Meinen Sie denn allen Ernstes, wir lebten derzeit mit einer „glücklichen Konstellation“? Ihrer Logik folgend wäre es dann ja überaus wünschenswert, dass die Päpste möglichst schnell wieder zurücktreten, um dem nächsten Pontifex Platz zu machen. Auf diese Weise könnten innerhalb weniger Jahre mindestens ein Dutzend emeritierter Päpste den regierenden Papst im Gebet und durch Auftritte auf sämtlichen Bühnen dieser Welt unterstützen. Jeder könnte dann „seinen“ Lieblingspapst haben, das wäre doch mal eine pastorale Innovation.
Eine glückliche Zeit nennen Sie das. Das Gegenteil wäre wohl richtig.
Man hole doch gleich eine Weiße Fahne zur Kapitulation von dem ZdK. In den Verbänden bestimmen doch eine Handvoll Funktioäre, der Klüngel, die Seilschaft, was geschieht. Andere plappern nach oder halten sich raus. Papstwatching ? Bergoglio will ja ständig, dass er wahrgenommen wird. So entspricht das doch seinem Wunsch. wer sich so ins Zentrum drängt (von wegen Rändern), der muss sich nicht wundern, dass er auch kritisiert wird. Einen „heiligen“ heiligen Vater haben wir ganz sicher nicht.
Möge Gott der Herr ihm verzeihen und seiner Seele dereinst gnädig sein!
@ Ralph
Die ersten zweieinhalb Zeilen Ihrer Erwiederung unterschreibe ich. Bitte lesen Sie genau: Der „heilige“ Heilige Vater ist Benedikt XVI. Bitte lernen Sie zu unterscheiden zwischen Sünde und Fehler.
Papstwatching ist verkapptes Papstverhauen. Bitte bemühen Sie sich um ein vorurteilfreies Verhältnis zu unserem obersten Lehrer, der zweifelsfrei in diese Amt gewählt wurde und deshalb rechtmäßiger Inhaber ist.
Alois Glück ist (für mich) der Versorger eines Leergutbehälters, genannt ZdK. Fast lauter Flaschen leer.
@ Maximilian Conradi
Sie überschätzen mich so sicher, wie Sie mich unterschätzen.
Dank der Gnade Gottes bin ich seit meinem 13. Lebensjahr Antikommunist, als gelehrte Leute noch Stalin verehrten. Ich blieb bis heute, in meinem 72. Lj. vor jeder Anfälligkeit vor einer jeglichen Ideologie bewahrt.
Mir war es gegeben, jeden, der sich auf den Geist des Konzils berief, in seiner falschen Rede zu erkennen. Bitte entnehmen Sie meiner geschwollenen Rede die Tatsache, daß ein dreizehnjähriger Bauernbub, der am Radio die Niederschlagung des Ungarnaufstandes durch die Sowjets verfolgte, nicht wegen der idiotischen Lehre des Sozialismus/Kommunismus Anti- wurde.
Dank der Gnade Gottes und nicht wegen der Qualität meines Lebenswandels …
Schon bald darf ich seine Heiligkeit Papst Benedikt, heiliger Vater nennen, danke GeorgKonrad für die tröstenden Worte!
Dennoch wüsste ich gerne, wie man sich denn von den offensichtlich falschen Lehren des Papst Franziskus, der ja selber sagt, dass sie überhaupt nicht zum ernst nehmen gedacht sind, und der praktisch behauptet, dass man durch alles erlöst werden könnte, (was man sowieso nicht wirklich nötig hätte), distanzieren kann, ohne die Würde seines Amtes zu missachten.
Auch wie man das bei Priestern macht, die offen sagen, dass sie wenn (formell) ihresgleichen versammelt ist, sich unwohl fühlen, die geradezu maoistisch autoagressiv sind.
Nur das Wissen, dass solchen im Judasbrief beschriebene Leute am besten durch Reinheit und ernsthaften Glauben Einhalt geboten werden kann, ja die Strafreden über die Pharisäer und über die Gottlosen im AT, als welche sie sich irgendwann ungeschminkt selber überführen, hilft mir, meine Wut über sie zu zügeln.