(Rom) Papst Franziskus hat der Katholischen Kirche aufgetragen, über die Familie zu sprechen. Doch gesprochen wird nur darüber, ob wiederverheiratet Geschiedene zur Heiligen Kommunion zugelassen werden sollen. Der Stichwortgeber zum Thema, Kardinal Walter Kasper, präsentierte die Frage, als handle es sich um einen Notstand. Der Religionssozziologe Massimo Introvigne stellte vergangene Woche eine Erhebung zum Thema vor und kommt zu ganz anderen Schlüssen. Den „Notstand“, den Kardinal Kasper behauptet, gäbe es nicht. Wenn schon, sei der Notstand ein anderer. Eine Studie, die neue Fragen aufwirft, die Kardinal Kasper „vergessen“ hat. Vor allem die Frage, wie es in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt zur heutigen Situation kommen konnte? Welche äußeren Gründe es dafür gibt, aber auch, welche innerkirchlichen Gründe es dafür gibt.
Kasper wirft unterdessen seinen Kritikern vor, die Diskussion verhindern und damit Papst Franziskus „sabotieren“ zu wollen. Versucht nicht vielmehr der Kardinal mit einem solchen Vorwurf, der in der Kirche geradezu eine Totschlagkeule ist, die Kritik abzuwürgen?
Für viele Katholiken wiegt mehr, was der Staat anerkennt, als das, was die Kirche untersagt
Kardinal Kasper behauptet, daß viele Menschen unter der aktuellen Situation leiden. Sie leiden nicht, weil sie in einem Zustand des öffentlichen Skandals leben, denn als solcher wird er nicht empfunden. Es wiege stärker, was der Staat erlaubt, als das, was Jesus Christus verbietet. Viele Menschen würden vielmehr darunter leiden, daß der Staat und die Gesellschaft sie als wiederverheiratet Geschiedene akzeptieren, die Kirche aber nicht. Wie real ist dieses Problem jedoch und welchen Umfang hat es?
Das sind einige der Fragen, die sich Kardinal Kasper in seinem Referat nicht gestellt hat. Und es sind keineswegs die wichtigsten Fragen, die vergessen wurden. Die Frage nach den Ursachen gescheiterter Ehen und der Kluft zwischen kirchlicher Lehre und der Praxis vieler Katholiken stellte der Kardinal nicht. In einem Interview für Radio Vatikan am vergangenen Dienstag legte er noch einen Scheit nach: Die große Mehrheit der jungen Menschen würde zwar eine stabile, lebenslange Ehe wollen, doch es gelänge ihnen einfach nicht. Weshalb die Kirche nach einem „Ausweg“ zwischen der Lehre der Kirche und der Praxis der Menschen suchen müsse.
Verlangt Jesus von Menschen, was sie überfordert? Laut Kasper schon
Die Menschen möchten katholisch sein, aber es gelingt ihnen nicht. Es ist, als würde der Kardinal jungen Menschen, die heiraten wollen sagen: „Aber nur, daß ihr es wißt: gebt euch keinen Illusionen hin, denn ihr schafft das ohnehin nicht.“ So simpel und so destruktiv sieht Kardinal Kasper die Dinge? Er behauptet damit, daß Jesus Christus von den Menschen etwas verlangt, was sie gar nicht erfüllen können? Allen Ernstes?
Eine solche Überzeugung erklärt auch, weshalb sich der Kardinal erst gar nicht mit den Fragen aufhält, warum so viele Ehen heute scheitern. Warum die Menschen zur Zeit Jesu psychologisch, biologisch oder genetisch anders disponiert gewesen sein sollten, daß Jesus sie etwas anderes lehrte, als für die Menschen 2000 Jahre später zumutbar sei. Und ebensowenig, was die Kirche tun könne und müsse, um die Richtigkeit der Ehe zu vermitteln, als einzige, wirklich der Würde des Menschen entsprechende Lebensbeziehung zwischen zwei sich liebenden Menschen und als sicherer Hort und Rahmen für neues Leben. Und ebenso daß die Ehe, da Sakrament, von Gott auch die nötigen Gnadenmittel erhält, um lebenslangen Bestand zu haben, vorausgesetzt, die Ehepartner sind offen dafür.
Es gibt schon die Kluft zwischen kirchlicher Lehre und kirchlicher Praxis
Es gibt zudem noch eine Kluft, nicht nur jene zwischen kirchlicher Lehre und menschlicher Praxis, die der Kardinal Kasper ausmachte und die, seiner Meinung nach, die Kirche dazu zwinge, einseitig sich der „Praxis der Mehrheit“ anzupassen. Es gibt auch die Kluft zwischen kirchlicher Lehre und kirchlicher Praxis. Oder anders ausgedrückt: Gehen wiederverheiratet Geschiedene wirklich nicht zur Kommunion, wie es die Kirche vorschreibt? Um wieviele handelt es sich überhaupt? Verweigern Priester wiederverheiratet Geschiedenen die Kommunion? Wieviele sind davon betroffen, um sich eine konkrete Vorstellung vom „Notstand“ machen zu können, den der Kardinal in der Sache ausgerufen hat? Oder ist das, was Kardinal Kasper von der Kirche fordert, schon längt Praxis?
Zulassung zur Kommunion ideologischer Kampf um die Vorherrschaft
Oder geht es beim Ganzen vor allem um einen „ideologischen“ Kampf wie bei der „Homo-Ehe“? Um den modernen Popanz „Rechte“? Nach dem Motto: „Es ist mein Recht zu tun, was ich will“? Maximal 2–3 Prozent der Bevölkerung sind homosexuell (und was noch so alles in dem täglich variierenden Akronym LGBTIQQ… alles enthalten sein mag). Alles Dinge, die unter die Bettdecke gehören. Die Forderung der Legalisierung der „Homo-Ehe“ ist unter Homosexuellen groß, der reale Wunsch eine „Ehe“ einzugehen, jedoch sehr gering. Das Bild in allen Staaten ist identisch. Ein langer, harter ideologisch motivierter Kulturkampf, doch die Zahlen der dann eingegangenen „Homo-Ehen“ ist erstaunlich gering. Eine objektive Frage wird zur subjetiven Wahrnehmung und Gruppeninteressen unterworfen. Daraus läßt sich schließen, daß es sich primär um eine ideologische Frage handelt. Die Zulassung der wiederverheiratet Geschiedenen zur Kommunion steht wie die „Homo-Ehe“ auf dem ideologischen Wunschzettel des tonangebenden Denkens und ist damit Teil eines Machtkampfes, eines veritablen Kulturkampfes. Es geht darum, wer die Hegemonie ausübt. Nicht anders ist es beim Priesterzölibat, wo sich viele lautstark zu Wort melden, die er weder betrifft noch je betreffen wird. Die bestehende Ordnung, vor allem die immerwährende Ordnung der Kirche ist ein Dorn im Auge und wird angegriffen. Die Fronten sind zahlreich.
Studie des Religionssoziologen Massimo Introvigne
Die Soziologie kann nicht die Fragen beantworten, die die Kirche zu beantworten hat. Sie kann aber zumindest helfen, eine Momentaufnahme der Situation zu erstellen und Hintergründe erhellen.
Der bekannte italienische Religionssoziologe und ehemalige OSZE-Repräsentant gegen die Diskriminierung und Verfolgung von Christen, Massimo Introvigne, führte aus aktuellem Anlaß für La Nuova Bussola Quotidiana eine Erhebung zum Thema durch.
„75 Prozent der italienischen Priester wissen, daß es unter ihren Pfarrangehörigen wiederverheiratet Geschiedene gibt, die regelmäßig zur Kommunion gehen“, so Introvigne. Sein Ergebnis: Viele wiederverheiratet Geschiedene, die mehr oder weniger praktizierende Katholiken sind, gehen bereits heute und trotz des kirchlichen Verbots zur Kommunion. Dies geschehe allerdings in vielen Fällen nicht in der eigenen Pfarrei, sondern in einer anderen Kirche. Die Ergebnisse wurden von Introvigne am 7. März im Rahmen einer Tagung über Angriffe auf die Kirche in Triest vorgestellt.
Wiederverheiratet Geschiedene gehen bereits zur Kommunion
Die Priester kennen nicht die Situation aller Gläubigen, die in die Kirche kommen. 78,4 Prozent der befragten italienischen Priester gaben ab, daß sie in ihrer Pfarrei unter den ihnen bekannten wiederverheiratet geschiedenen Paaren, die praktizierend sind, nicht ein Paar kennen, das nicht zur Kommunion gehe. Die Minderheit der Priester, die hingegen erklärte, daß es in ihrer Pfarrei Fälle gibt, wo wiederverheiratet Geschiedene sich an das kirchliche Kommunionverbot halten, gaben an, daß es aber „nur ein oder zwei“ sind.
Die Erhebung zeige, so der Religionssoziologe, „daß es keinen ‚Notstand‘ in der Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion gibt“. Konkret gehe aus den Erhebungsergebnissen hervor, daß es mit Blick auf die Bischofssynode „keine große Erwartung unter den wiederverheiratet Geschiedenen gibt. Nicht nur, weil viele von ihnen gar nicht praktizierend sind, sondern weil viele der praktizierenden bereits die Kommunion empfangen, obwohl die Kirche dies nicht erlaubt“.
„Priester verweigern fast nie irgendwem die Kommunion“
Laut Erhebung wissen „75 Prozent der italienischen Priester, daß von den wiederverheiratet Geschiedenen ihrer Pfarrei es solche gibt, die regelmäßig die Kommunion empfangen. 41 Prozent sind der Meinung, daß sie das unter völliger Mißachtung des Beichtsakraments tun. 34 Prozent erklärten, daß diese wiederverheiratet Geschiedenen nach einem Gespräch mit dem Beichtvater sich dazu entschließen, zur Kommunion zu gehen“, so Introvigne.
Der Religionssoziologe macht darauf aufmerksam, daß die Priester fast nie jemandem, der zur Kommunion geht, sie verweigern. Allerdings beschäftigten sie mögliche Auswirkungen auf die anderen Gläubigen. „Laut der Erhebung, denken die Priester, daß die wiederverheiratet Geschiedenen, die sich nach einem Gespräch mit dem Beichtvater entschließen zur Kommunion zu gehen, in 75 Prozent der Fälle dies nicht in der eigenen Pfarrei tun, sondern in einer anderen Pfarrei, wo sie nicht bekannt sind“.
Probleme oft anders, als sie dargestellt werden
„Mir steht es nicht zu, einen theologischen Kommentar abzugeben und natürlich kennen wir den Inhalt der Beichte nicht, die viele praktizierende wiederverheiratet Geschiedene zur Entscheidung bringen, die Kommunion zu empfangen. Tatsache ist, daß jene wiederverheiratet Geschiedenen, die zur Kommunion gehen, ohne gebeichtet zu haben, weit mehr sind. Ich denke dennoch, daß soziologische Beiträge, wie dieser, für die Synode nicht nutzlos sind. Sie bestätigen, daß die Situation verworren ist und daß die Kirche sich nicht enthalten kann, Ordnung zu machen. Wenn man mit Umfragen jedoch bemüht ist, Fakten festzustellen und nicht Meinungen, wird man häufig feststellen, daß die Probleme anders sind, als viele sie darstellen.“
Text: NBQ/Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider
Die Grundfrage ist die nach dem Sakrament der Hl. Eucharistie. Viele (natürlich auch wiederverheiratete Geschiedene) würden, wenn sie gefragt würden, erklären, dass die Kommunion die Gemeinschaft mit Jesus Christus und den anderen Gottesdienstbesuchern symbolisiert. Das Glaubenswissen ist abhanden gekommen. In Deutschland wird (wohl anders als in Italien s.o.) auch aktiv diese Ansicht unterstützt, wenn Pfarrer vor der Kommunionausteilung extra betonen: „Alle sind eingeladen, niemand soll sich ausgeschlossen fühlen.“ Wer will nach dieser Aufforderung noch sagen: „Nein, ich darf aber nicht.“. Wenn es doch nur ein Gemeinschaftsmahl ist?
Die zweite Sache: M. Introvigne fragt zu recht, wieso Kard. Kasper so wenig Zutrauen zu den jungen Leuten hat, ob sie durchhalten werden. Dies ist dasselbe (anderer Kommentar), wenn er sagt, dass 150 Leute (Kardinäle!) keinen Text vertraulich behandeln können.
Beide Male wird tief gestapelt und nichts zugetraut und dies (pädagogisch ganz falsch) öffentlich gesagt. Ein guter Erzieher (oder Hirte) kann sich vielleicht in Gedanken fragen, ob der oder diejenige etwas durchhalten kann, aber er muss die Person bestärken und sagen „Ihr schafft das mit der Gnade Gottes und der Hilfe der Sakramente. Es wird nicht leicht sein, aber ihr habt Hilfsmittel an der Hand, nutzt sie. Ich glaube an euch, dass ihr es schafft. Ich segne euch und bete für euch.“ Das ist positiv und nicht destruktiv, das ist Ermutigung und nicht Schwächung. Jugendliche (und alle) wollen gefordert sein, sie wollen von den Hirten Zutrauen haben für eine schwierige Mission, das gibt Kraft und Stärke – nicht so ein weichgespültes „pastoral-verständnisvolles“ „Ich weiss, du schaffst es nicht. Lassen wir es einfach sein.“
– Es ist, als würde der Kardinal jungen Menschen, die heiraten wollen sagen: „Aber nur, daß ihr es wißt: gebt euch keinen Illusionen hin, denn ihr schafft das ohnehin nicht.“ –
Damit spricht der Kardinal eine tiefe Wahrheit aus: Die Ehe ist tatsächlich menschenunmöglich. Aus diesem Grund hat sie unser Herr Jesus als Sakrament eingesetzt. Wird sie als solches gelebt, so werden zur rechten Zeit die Gnaden da sein, die die Eheleute brauchen, um mit den Jahren die Hingabe zu lernen, um zu verstehen, dass man/frau in der Ehe mehr geben als nehmen muss und dass es manchmal (eigentlich immer) besser ist, nicht gegeneinander zu diskutieren, sondern nebeneinander, die Augen auf den Tabernakel gerichtet die Hände zu falten und zu schweigen.
Dann wird eine Ehe ein herrliches Abbild der Verbindung Christi mit seiner Kirche, ein starkes Mittel gegen die Kräfte des Bösen und ein großes Zeugnis in der Welt sein.
Herr Kardinal, ich darf nach mittlerweile fast 23 segensreichen Ehejahren sagen: Es ist ein täglicher Kampf, aber es ist zu schaffen. Was dem Menschen unmöglich ist, ist für Gott doch möglich.
Wann kommt die Zulassung zur Kommunion für Mörder? Für Räuber? Sind das die nächsten Programmpunkte der Modernisten?
Nach meinen bescheidenen Kenntnissen von der katholischen Lehre ist es Mördern und Räubern möglich, die Heilige Kommunion zu empfangen. Aber erst nach einer reuevollen (echten) Beichte, nach einer Absage an Satan und der Zuwendung zu Jesus Christus, und natürlich einer entsprechenden starken Buße. Hier wie dort gilt „gehe hin und sündige nicht mehr!“. (das heißt natürlich nicht, dass die weltliche gerechte Strafe damit erledigt wäre.). Das mag jetzt für die Geschiedenen in ungeordneten Verhältnissen hart erscheinen.
Trotzdem: viel schlimmer wird das Gericht bei Gott, wenn wir uns alle verantworten müssen. Für diejenigen Geschiedenen, die Christus nachfolgen und auch die Hl. Kommunion empfangen wollen, gibt es ja auch die Möglichkeit der keuschen Enthaltsamkeit (natürlich auch hier dann mit der entsprechenden Beichte).
Ich habe aufmerksam gelesen und bin über die persoenlich angreifenden , verunglimpfenden und seelisch zerstörerischen Kommentare vieler betroffen. Wie kann ein Mitglied der unam sanctam sich dergestalt aeussern ueber unsere Würdenträger. Ich bin sicher dass dies nicht im Sinne unserer verehreten Muttergottes ist und es ist ein unglaublicher Affront, in ihrem Namen die Hetztiraden zu beschließen und uns Leser damit zu grüßen. Wer sich auf diese Weise kommentierend entblößt, ist von der katholischen Heilslehre mindestens genauso weit entfernt und beschämt den Namen der Gottesmutter sowie uns Gläubige.
Sehr geehrte Teresa,
ganz unabhängig von Ihrem Kommentar, aber da ich bisher hier als Teresa poste, wäre es doch angebracht, wenn Sie einen anderen Namen verwenden würden. Vielen Dank.