(Istanbul) Die Patriarchen und Oberhäupter der orthodoxen Kirchen haben sich darauf verständigt, daß das Heilige und Große Konzil der gesamten Orthodoxie 2016 in Konstantinopel stattfinden soll. Eine Kommission bestehend aus je einem Bischof jeder kanonisch anerkannten orthodoxen Kirche wird die Vorbereitungen übernehmen.
2016 wird das gesamtorthodoxe Heilige und Große Konzil in der Irenen-Kathedrale von Istanbul stattfinden. Die Vorbereitungskommission wird gleichzeitig auf dem Konzil auch das Sekretariat stellen. Diese Entscheidungen traf die Synaxis der orthodoxen Patriarchen und Oberhäupter, die auf Einladung des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. im Phanar, dem Sitz des Ökumenischen Patriarchats tagte.
Lage der Christen im Nahen Osten und Ukraine-Frage
Offiziell wird das Heilige und Große Konzil einberufen, um über die Lage der Christen im Nahen Osten und die Situation in der Ukraine zu diskutieren. Vor der Einigung führten der Ökumenische Patriarch und der Moskauer Patriarch Kyrill I. ein langes, privates Gespräch. Lange Zeit stand eine Teilnahme des russisch-orthodoxen Patriarchen in Frage. Er hatte einen anderen Ort und eine anderen Zeitpunkt für die Synaxis gefordert. Die Ukraine-Krise dürfte maßgeblich beigetragen haben, daß auch er schließlich der Einladung Bartholomäus I. folgte.
Am Heiligen und Großen Konzil sollen 20 Bischöfe je Kirche teilnehmen (einige kleinere Kirchen werden weniger Vertreter entsenden). Bei den Abstimmungen ist das Stimmrecht jeder Kirche unabhängig von der Zahl ihrer Gläubigen mit einer Stimme gleich gewichtet. Schlußentscheidungen haben einstimmig zu erfolgen.
Jede Kirche hat gleiches Stimmrecht
In der orthodoxen Welt gibt es vier autokephale, historische Patriarchate: Alexandria, Antiochia, Jerusalem und Konstantinopel, das als „Mutterkirche“ dem Patriarchen die Stellung eines Primus inter pares verleiht. Dazu kommen die autokephalen Nationalkirchen Rußlands, Serbiens, Rumäniens, Bulgariens, Georgiens, Zyperns, Griechenlands, Polens, Albaniens, Tschechiens und der Slowakei. Der kanonische Status weiterer orthodoxer Kircher ist umstritten oder wird abgelehnt.
Die kanonische orthodoxe Welt teilt sich gemeinhin in zwei Gruppen, jene von Konstantinopel und jene von Moskau. Zur Gruppe von Konstaninopel gehören die Patriarchate von Alexandria, Antiochia, Jerusalem, Sophia, Belgrad, die Kirchen des griechischen Sprachraums und Albanien. Zu Moskau gehören neben der zahlenmäßig größten orthodoxen Kirche von ganz Rußland noch Tiflis, Warschau, Prag und Preßburg sowie neuerdings auch Bukarest.
Autokephalität und interne Konflikte
Die Übereinkunft, ein Konzil einzuberufen, scheint einen Konflikt beizulegen, der seit einem halben Jahrhundert schwelt. So lange schon wird die Einberufung angestrebt und angekündigt. Die Autokephalität der Kirchen verursachte im Laufe der vergangenen Jahrzehnte einige innerorthodoxe Konflikte. Durch die Einberufung eines Konzils soll eine gemeinsame Gesprächsgrundlage wiedergefunden werden, deren Mangel zu manchem Konflikt beigetragen hatte. So hörte die russisch-orthodoxe Kirche unter Patriarch Alexius II. sogar auf, den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel in der Liturgie zu nennen. Grund war das Naheverhältnis Bartholomäus I. mit der Orthodoxen Kirche Estlands, deren Eigenständigkeit von Moskau nicht anerkannt wurde. Der daraus entstandene theologische Disput über die Frage des Primus inter pares verhinderte die Einberufung und Vorbereitung eines gesamtorthodoxen Konzils.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
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