(Kairo) Der bekannte Nahost-Experte und ägyptische Jesuit, Pater Samir Khalil Samir, nimmt in seinem jüngsten Aufsatz für Asianews zum Hamas-Verbot durch die ägyptische Regierung Stellung. Ein Verbot, das auch für die Palästinenser „gut“ sei, so Pater Samir. Durch „mehr oder weniger geheime Abkommen“ hatte Muslimbruder Mohamed Mursi als Staatspräsident Ägyptens Teile der Sinai-Halbinsel der Hamas überlassen. Als Mursi gestürzt wurde, nützte Hamas das Durcheinander, um die gesamte Sinai-Halbinsel unter ihre Kontrolle zu bringen. Damit konnte sie das von ihr kontrollierte Territorium (bisher nur der Gaza-Streifen), um ein Vielfaches ausdehnen und sich geostrategische Meereszungen verschaffen, sowie den gesamten Landweg zwischen Asien und Afrika unter ihre Kontrolle bringen. Vor allem hat sie damit eine Operationsbasis, die sich der israelischen Kontrolle entzieht und weiteren islamistischen Grupen dient. Das Attentat gegen südkoreanische Christen, die bei ihrer Pilgerfahrt ins Heilige Land auch das Katharinenkloster und den Berg Sinai besuchen wollten, sei Ausdruck des islamistsichen Kampfes um die Herrschaft auf der Halbinsel.
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Hamas von Ägypten für illegal erklärt – Gut auch für die Palästinenser
Hamas für illegal zu erklären, ist etwas, was dem Denken der Ägypter entgegenkommt. Es ist daran zu erinnern, daß das Friedensabkommen von 1979 zwischen Ägyptens Staatspräsident Sadat und Israels Ministerpräsident Menachem Begin Sadat das Leben kostete. Er wurde von den Muslimbrüdern als Verräter betrachtet. Das ägyptische Volk aber hat Sadat nie als Verräter gesehen.
Hamas zu verbieten, ist eine Art, um zu sagen, daß zur Lösung der Probleme der diplomatische Weg zu beschreiten ist.
Es ist verständlich, daß die Palästinenser, müde von den vielen Ungerechtigkeiten, die Israel ständig gegen sie begeht, ihrerseits gewaltsam und ungerecht reagieren. Politisch gesprochen, bringt die Gewalt jedoch nichts.
Der ganze anti-israelische Aktionismus außerhalb der Abkommen hat Israel nur dazu geführt, jüdische Siedlungen in den besetzten Gebieten zu errichten und als Vorwand die Gewalt gegen sich und das Sicherheitsbedürfnis anzuführen. Auf diese Weise haben die Palästinenser schrittweise ihr Land verloren, Stück um Stück. Das einzige Mal, wo Israel den Arabern Land zurückgegeben hat, war der Sinai an Ägypten. Es ist der einzige Fall, wo Israel wieder etwas abtrat, was es besetzt hat.
Die historische Erfahrung in den israelisch-palästinensischen Beziehungen – und der gesunde Menschenverstand – sagen, daß man mehr mit Friedensabkommen erreicht als durch Rache und Terrorismus.
Unter der Regierung von Staatspräsident Mohamed Mursi schloß Ägypten mehr oder weniger geheime Abkommen mit Hamas. Ihr wurde zugestanden, Teile des Sinais zu besetzen und zu kontrollieren. Sofort nach der Revolution gegen Mursi vom vergangenen 30. Juni war die erste Aktion der Hamas ein Angriff gegen die ägyptische Armee, die Christen und insgesamt die Bevölkerung des Sinai.
Es ist verständlich, wenn Ägypten die Hamas weder als Verteidiger Ägyptens noch als Verteidiger der palästinensischen Sache betrachtet. Hamas ist faktisch anti-palästinensisch ausgerichtet: Die Lage im Gaza-Streifen ist um ein vielfaches schlimmer als jene der Palästinenser im Westjordanland. Christen gibt es in Gaza so gut wie keine mehr.
Es ist Zeit, sich von der Ideologie zu befreien. Ein Gleichnis im Evangelium sagte: „Wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden“ (Lukas 14,31f). Wir befinden uns in einer ähnlichen Situation. Palästina versuchte mit der vermeintlichen Unterstützung der arabischen Welt („vermeintlich“ weil die Araber die Palästinenser nie wirklich unterstützt haben; sie haben Wirtschafts- und Militärhilfe geleistet, sie dann aber alleingelassen) Krieg gegen Israel zu führen. Doch die Palästinenser können in einer militärischen Konfrontation mit den Israelis nicht mithalten. Denn hinter den Isrealis stehen der Westen und vor allem die USA.
Da die Dinge so liegen, ist der Dialog das einzige Mittel, um heute so viel eben möglich zu erhalten, indem Palästina heute wiederaufgebaut wird, und morgen vielleicht in einem neuen, entspannteren Klima etwas mehr erreicht werden kann.
Politik ist die Kunst des Möglichen. Das ist die Haltung Ägyptens. Der kriegerische Habitus der Hamas nützt Ägypten nichts auf seinem Weg aus der Diktatur.
Einige Schritte wurden gesetzt. Es gibt eine demokratischere Verfassung als jene davor. Wir haben uns von der ideologisch-religiösen Diktatur der Muslimbrüder befreit, aber noch nicht von der Militärdiktatur befreit. Es muß gesagt werden, daß die ideologisch-religiöse eine schlimmere Diktatur ist, weil sie in das Gewissen der Menschen eindringt und jede Entwicklung blockiert. Sie lehnt vor allem einige Aspekte der Demokratie ab wie die Gleichberechtigung der Religionen.
Natürlich gibt es Ägypten noch immer eine Diktatur der Reichen, die Politik und Gesellschaft beeinflussen, ein wenig so, wie in der ganzen Welt.
Wir unternehmen aber Schritte, um Ägypten wiederaufzubauen. Der Sinai befindet sich allerdings in der Hand der Hamas. Ein jüngstes Attentat gegen christliche Pilger ist Ausdruck davon. Ägyptens Regierung hat die Hamas nun für verboten und illegal erklärt. Genauso wie die Muslimbruderschaft.
Die Regierungsentscheidung unterstreicht eine wichtige Sache: Wenn wir vor 30 Jahren ein Friedensabkommen zwischen Ägypten und Israel unterzeichnet haben, müssen wir es auch einhalten. Nur so können wir auch von Israel verlangen, daß es sich daran hält. Die internationalen Probleme sind durch Diplomatie zu lösen, die nationalen durch mehr Demokratie.
Damit Ägypten eine wirkliche Demokratie wird, sind noch viele Jahre notwendig. Es gilt vor allem die Bildung zu stärken. Vergessen wir nicht: 40 Prozent der Ägypter können weder lesen noch schreiben. Auch wer lesen kann, bedarf meist einer Hilfe, um kritisch lesen und unterschiedliche Standpunkte vergleichen zu können. Das setzt vor allem einen Lebensstandard voraus, der über die bloße Existenzsicherung im Kampf gegen den Hunger hinausgeht. Das fordern die Menschen: zuerst das Brot, dann Gleichberechtigung, Freiheit usw.
In Syrien erleben wir das Gegenbeispiel: Dort entschied man sich für den Kampf, das Blutvergießen und niemand will wirklich in einen Dialog treten. Die Welt hoffte auf Genf und eine Chance für den Frieden, doch die beiden Seiten sind nicht zu Opfern bereit. Und so müssen in Syrien Land und Menschen noch mehr leiden.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Christian Science Monitor/Asianews
„Damit Ägypten eine wirkliche Demokratie wird …“ Was ist denn bitteschön damit gewonnen? Ist das die Sorge eines Jesuitenpaters?
Was die Redaktion von Katholisches nicht alles weiß! Der Zentralrat der Juden und der amerikanische Botschafter wird mit dieser Berichterstattung seine Freude haben. Um derartiges lesen zu können, brauche ich aber nicht Katholisches, das gibt es auch bei Bild, Welt, Spiegel und Zeit zu lesen, wobei die ZEIT das differenzierter schreiben würde, und keine so plumpe Überschrift wählen würde, mir wurde dabei so schlecht dass ich den Artikel selbst gar nicht mehr gelesen habe.
Und dann wundern sie sich wenn sie verfolgt werden, und mischen derart plump in der Politik mit zu lasten eines Volkes das seit Jahrzehnten als Vertriebener im Elend haust und immer noch mehr gequält wird.