(Taipeh) Eine digitale Ausstellung in Taipeh und ein Film über sein Leben: Die Republik und die Volksrepublik China ehren den Jesuiten Giuseppe Castiglione (1688–1766). Er malte Bilder von Kaisern und vor allem von Pferden aus den kaiserlichen Stallungen. Die christliche Missionierung des Landes der Mitte scheiterte, doch Castiglione gab seinen Missionsauftrag nie auf.
Heute wird das chinesische Neujahrsfest begangen. Es beginnt das Jahr des Pferdes. Das Pferd stand im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens eines Jesuiten, der 51 Jahre am kaiserlichen Hof in China verbrachte. Der Jesuit Giuseppe Castiglione, von den Chinesen Lan Shining genannt (郎世å®) wurde1688 in Mailand geboren. 1766 starb er in Peking. Die Wertschätzung von Kaiser Qianlong (1711–1799) für ihn war so groß, daß er zur Auszeichnung ein kaiserliches Begräbnis für Pater Castiglione anordnete. Im Alter von 27 Jahren kam der Jesuit 1715 nach Peking.
Ausstellung und Film über den Jesuiten in China
Die Meisterwerke von Giuseppe Castiglione werden noch heute in den Museen des kaiserlichen Palastes in Taipeh und Peking aufbewahrt. Zum Jahr des Pferdes wurde vom Museum in Taipeh eine gigantische digitale und bewegte Version des Riesenwerkes der 100 Pferde erstellt, dem Hauptwerk Castigliones. Die Ausstellung wurde im vergangenen Oktober in Anwesenheit beider Museumsdirektoren, jenes von Taipeh in der Republik China, aber auch jenes von Peking in der Volksrepublik China eröffnet. Da Ölgemälde nachdunkelten, begann Castiglione auf Seide zu malen und entwickelte dazu eine eigene Technik. Viele Bilder entstanden in Form von Rollen, weshalb eine für Europa untypische Länge möglich war.
Über den Jesuiten wurde in einer Zusammenarbeit beider chinesischer Staaten ein biographisches Doku-Drama gedreht. Produziert wurde es von Kuangchi Program Service von Taipeh in Zusammenarbeit mit Jiangsu TV von Nanking. Der letzte Teil der Aufnahmen wurde in den Filmstudios von Hengdian gedreht, in denen die Verbotene Stadt von Peking vollständig nachgebaut ist.
Ashok Zaman: „Castigliones echtes Innenleben haben mich tief angeregt“
Pater Castiglione wird im Film vom australischen Schauspieler Ashok Zaman gespielt, der heute in Schanghai lebt. „Bis zum Tag, an dem das Casting stattfand, wußte ich nichts von Castiglione“, so Zaman. „Der Film schildert die Geschichte eines ausländischen Künstlers, der in eine ganz fremde Kultur eintaucht, zu einem Zeitpunkt als es nur ganz wenige Ausländer in China gab“, so der Hauptdarsteller. „Als wir in den Hengdian-Studios drehten, wo die Verbotene Stadt detailgetreu nachgebaut ist, wurde mir erst wirklich bewußt, daß ich in die Rolle eines Künstlers geschlüpft war, der seine Heimat für immer verlassen hatte, eine nicht leichte Entscheidung, und mit einer großen Mission im Kopf nach China kam.“
Der Film zeigt in erster Linie den Künstler Castiglione, der am kaiserlichen Hof deshalb geschätzt wurde. Die geistliche Dimension wird dennoch berücksichtigt. „Für mich ist die geistliche Dimension im Leben sehr wichtig, sowohl im philosophischen als auch transzendenten Sinn. Etwas, was in unserem modernen Lebensstil häufig ausgeblendet wird. Ich habe Modeschauen gemacht und dann besteht meine Arbeit in Schanghai häufig aus Werbespots, in denen alles konstruiert und in gewisser Hinsicht so falsch ist, denn am Ende geht es nur darum, ein Produkt zu verkaufen. Deshalb hat die Darstellung von Castiglione, mit seinem tiefen und echten Innenleben, mit seinem Einsatz im Dienst einer Mission für etwas viel Größeres, auch mich tief angeregt.“
Das Museum von Taipeh zeigt für exakt drei Minuten die Originalrollen von Castigliones Acht Pferden. Ein kulturelles Ereignis, das in Taiwan für größtes Aufsehen sorgte. Aus konservatorischen Gründen, so die Direktorin des Museums, sei eine längere Ausstellung nicht möglich.
Castigliones Zeit in China geprägt vom Niedergang der christlichen Mission
Die letzten 20 Jahre von Castigliones Leben in der Verbotenen Stadt waren vom Niedergang der christlichen Mission im chinesischen Reich überschattet. Die Jesuiten suchten die Christianisierung des Landes durch die sogenannte Akkomodation voranzubringen, einer Form von Integration chinesischer Elemente in den katholischen Kultus. Grund dafür war zunehmender antichristlicher Druck, dem sich die Qing-Dynastie angeschlossen und 1724 das Christentum ein erstes Mal verboten hatte.
Durch die Akkomodation entbrannte ein Ritenstreit mit Rom, den Papst Benedikt XIV. mit den Bullen Ex quo singulari (1742) und Omnium solicitudinum (1744) entschied. In der Bulle Ex quo singulari untersagte er den chinesisch-katholischen Ritus. In Omnium solicitudinem ermahnte er die Jesuitenmissionare in China zum Gehorsam und zu ihrem Auftrag, ein „Vorposten“ der christlichen Bekehrungsarbeit zu sein. Der Glaube, so Benedikt XIV. müsse von den Missionaren, namentlich den Jesuiten, unverfälscht weitergegeben werden.
Kaiser Qianlong tilgte das Christentum aus
Unter Kaiser Qianlong wurde das Christentum in China fast vollständig ausgelöscht. Der Jesuit Castiglione durfte wegen seiner künstlerischen Fähigkeiten am kaiserlichen Hof bleiben, weil der Kaiser ein großer Kunstliebhaber und Kulturmäzen war. Castiglione wollte in China bleiben, seinen Missionswunsch gab er nie auf. Jeden Morgen verließ er um 7 Uhr das Haus bei der noch heute existierenden katholischen Kathedrale von Peking und ging in die Verbotene Stadt.
Kirche hat Missionierung Chinas nie aufgegeben
Gerade wegen dieses Grenzgängerdaseins findet Castiglione heute besondere Aufmerksamkeit. Als Künstler wird er heute wie damals in China geschätzt. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist in der Volksrepublik China heute nicht anders als zu Castigliones Zeiten. Dahinter steht die Hoffnung, daß die Entwicklung heute eine andere sein könnte. Ging damals eine vielversprechender Missionsfortschritt verloren, könnte heute ein neuer missionarischer Anfang gesetzt werden. China erlebte in den vergangenen 2000 Jahren bereits vier christliche Missionswellen. Jede schien auf ihre Art erfolgsversprechend zu verlaufen, doch jedes Mal brachte eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen das Ende der Mission und jeweils fast des Christentums mit sich. Die Kirche hat die Missionierung Chinas jedoch nie aufgegeben.
Text: Martha Weinzl
Bild: AsiaNews