Aus Burka-Verbot wird in Quebec Religionsfeindlichkeit – Bischöfe beklagen „Staatsatheismus“


In Quebec will Regierungspartei einen "Staatsatheismus" etablieren(Que­bec) Die Dik­ta­tur des Rela­ti­vis­mus als Aus­druck der Chri­sten­feind­lich­keit nimmt im kana­di­schen Bun­des­staat Que­bec kon­kre­te Züge an. Aus „Tole­ranz“ wird eine immer into­le­ran­te­re Hal­tung gegen­über jeder Form von Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit. Die Regie­rungs­par­tei Par­ti Que­becuois drängt auf eine „Char­ta der Wer­te“, die das genaue Gegen­teil des­sen zum Ziel hat, was der Name erwar­ten lie­ße. Offi­zi­ell han­delt es sich um den Gesetz­ent­wurf Nr. 60 zur Bekräf­ti­gung der Tren­nung von Kir­che und Staat und der Geschlech­ter­gleich­heit. Mit der „Char­ta“ soll das Tra­gen und Zei­gen reli­giö­ser Sym­bo­le, ein­schließ­lich des christ­li­chen Kreu­zes, in allen öffent­li­chen Ämtern und Gebäu­den ver­bo­ten wer­den. In die­sen Tagen wird die reli­gi­ons­feind­li­che „Char­ta“ vom Par­la­ment diskutiert.

Parti Quebecuois will „Staatsatheismus“ etablieren

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Die Ver­tre­ter der Reli­gio­nen, allen vor­an der christ­li­chen Kir­chen bekla­gen das Abdrif­ten der Regie­rungs­po­li­tik in ein radi­ka­les Jako­bi­ner­tum. Für die Katho­li­sche Kir­che erhebt Erz­bi­schof Pierre-André Four­nier von Rimou­ski sei­ne Stim­me. Der Vor­sit­zen­de der Bischofs­kon­fe­renz des fran­ko­pho­nen Staa­tes in Nord­ame­ri­ka kri­ti­sier­te den angeb­li­chen Lai­zis­mus des Par­ti Que­becuois als „Staats­athe­is­mus“.

Erz­bi­schof Gerald Lacroix von Que­bec ver­ur­teil­te vor weni­gen Tagen die „Char­ta der Wer­te“: „Die Frei­heit, unse­ren Glau­ben pri­vat und öffent­lich zum Aus­druck zu brin­gen, ist ein Grund­recht, das von der kana­di­schen Ver­fas­sung und von der Char­ta der Men­schen­rech­te aner­kannt und garan­tiert wird“. Erz­bi­schof Lacroix ist der Nach­fol­ger von Kar­di­nal Marc Ouel­let. Papst Fran­zis­kus wird ihn am 22. Febru­ar zum Kar­di­nal kre­ieren. Mit sei­nen 56 Jah­ren gehört er zu den jüng­sten Kar­di­nä­len der Kirche.

Freiheitsfeindlichkeit im Namen der Freiheit

In Inter­views mit Radio Vati­kan und den kana­di­schen Tages­zei­tun­gen sprach Erz­bi­schof Lacroix von einem „Liber­ti­zid“. Die jako­bi­ni­sche „Char­ta“ töte die Frei­heit. Der kana­di­sche Bun­des­staat Que­bec wird auf­grund sei­ner Fran­ko­pho­nie kul­tu­rell sehr stark von Frank­reich beein­flußt, wo ein radi­ka­ler Kul­tur­kampf der sozia­li­sti­schen Regie­rung von Staats­prä­si­dent Fran­cois Hol­lan­de im Gan­ge ist.

Wie in Frank­reich wur­de auch in Que­bec die Sor­ge um die öffent­li­che Sicher­heit als Aus­gangs­punkt der Debat­te genom­men. Die nicht unbe­grün­de­te Angst vor dem radi­ka­len Islam und das Unbe­ha­gen durch immer mehr isla­misch ver­hüll­te Frau­en im öffent­li­chen Stra­ßen­bild, die durch Ganz­kör­per­ver­schleie­rung eine Iden­ti­fi­zie­rung erschwe­ren, löste eine Debat­te über Gegen­maß­nah­men aus. Wie sie ende­te, ist am Bei­spiel Frank­reichs bekannt. Das Anti-Bur­ka-Gesetz, wie es in der Öffent­lich­keit dar­ge­stellt wur­de, war in Wirk­lich­keit ein Anti-Reli­gi­ons­ge­setz. Der athe­isti­sche Lai­zis­mus ver­mag in sei­ner „Neu­tra­li­tät“ und „Äqui­di­stanz“ nicht zwi­schen Isla­mis­mus und Reli­gi­on zu unter­schei­den. Um den Ein­druck eines „anti-isla­mi­schen“ Geset­zes zu ver­mei­den, wer­den alles Reli­gio­nen, auch die fried­li­chen wie das Chri­sten­tum, unter den­sel­ben Gene­ral­ver­dacht gestellt und glei­cher­ma­ßen bestraft und ein­ge­schränkt. So wur­de das fran­zö­si­sche „Anti-Bur­ka-Gesetz“ vor allem dazu genützt, um christ­li­che Sym­bo­le, vor allem das Kreuz zu ver­bie­ten (sie­he auch den Bericht Que­bec will Bür­gern Tra­gen reli­giö­ser Sym­bo­le in öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen ver­bie­ten).

Religiöse Äußerung als Entlassungsgrund

Auch der kana­di­sche Gesetz­ent­wurf nimmt sei­nen Aus­gang von Maß­nah­men, die all­ge­mei­ne Unter­stüt­zung fin­den, soweit sie die öffent­li­che Sicher­heit betref­fen. Er wen­det sich gegen die Ganz­kör­per­ver­schleie­rung, weil sie die Per­so­nen­iden­ti­fi­zie­rung unmög­lich macht. Doch wie in Frank­reich beschränkt sich der Ent­wurf nicht dar­auf. Arti­kel 5 ver­bie­tet Beam­ten und öffent­li­chen Ange­stell­ten jede Form, die eine Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit erkenn­bar mache. Die Maß­nah­me wird exten­siv auf jede Ein­rich­tung über­tra­gen, die irgend­ei­nen öffent­li­chen Auf­trag erfüllt. Ein Prie­ster oder eine Ordens­schwe­ster, die an einer Schu­le oder Uni­ver­si­tät unter­rich­ten, könn­ten weder ihr Ordens­kleid und auch nicht ein­mal ein klei­nes Kreuz an der Brust oder um den Hals tragen.

Doch der Ent­wurf des Par­ti Que­becuois beschränkt sich auch nicht auf den Kampf gegen das Kreuz im öffent­li­chen Raum, wie er in Euro­pa statt­fin­det. Wer im öffent­li­chen Dienst steht, die Aus­le­gung ist, wie gesagt, wei­test mög­lich gesteckt, darf kei­ne reli­giö­sen Sym­bo­le tra­gen, sei­ne Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit nicht zu erken­nen geben und muß sich jeder reli­giö­sen Äuße­rung ent­hal­ten. Pro­se­ly­tis­mus wird als Kün­di­gungs­grund aus­drück­lich genannt. Es läßt sich unschwer erah­nen, daß auf­grund der Gefahr, den Arbeits­platz zu ver­lie­ren, Reli­gi­on zum Tabu wird. Den Unter­schied etwa, den die Katho­li­sche Kir­che zwi­schen einer abzu­leh­nen­den aggres­si­ven Form des Pro­se­ly­tis­mus und der für jeden Katho­li­ken ver­pflich­ten­den Form des Pro­se­ly­tis­mus durch Mis­sio­nie­rung macht, wer­den kana­di­sche Rich­ter des Staa­tes Que­bec weder ken­nen noch wird er sie inter­es­sie­ren. Dar­auf deu­ten bereits erlas­se­ne, bizar­re Urtei­le gegen eine behaup­te­te Homo­pho­bie an (sie­he den Bericht Chri­sten­ver­fol­gung: Kana­di­scher Gerichts­hof ver­ur­teilt Kri­tik an Homo­se­xua­li­tät als „ver­ba­len Haß“).

Ein Ange­stell­ter einer Pri­vat­fir­ma, die für eine öffent­li­che Ein­rich­tung Dien­ste ver­rich­tet, der einen Arbeits­kol­le­gen zu einem Gebets­tref­fen ein­lädt oder ein Tages­er­eig­nis aus Sicht sei­nes Glau­bens kom­men­tiert, könn­te auf­grund des Ent­wurfs beschul­digt wer­den, die gesetz­li­chen Auf­la­gen nicht zu erfül­len, daher sei­ner Arbeits­pflicht nicht nach­zu­kom­men und wegen „Pro­se­ly­tis­mus“ ent­las­sen werden.

Quebec ist nicht Frankreich

Die Bischö­fe von Que­bec ver­wei­sen in der öffent­li­chen Debat­te dar­auf, daß Que­bec nicht Frank­reich ist. Wäh­rend sich in Frank­reich nur mehr eine Min­der­heit mit der Katho­li­schen Kir­che iden­ti­fi­ziert, sind es in Que­bec laut jüng­sten Erhe­bun­gen hin­ge­gen 82 Pro­zent. Die „lei­se Revo­lu­ti­on“ der 60er und 70er Jah­re, die nach­kon­zi­lia­re Kri­se der Katho­li­schen Kir­che und die Mas­sen­ein­wan­de­rung haben auch die ein­sti­ge katho­li­sche Basti­on Que­bec arg in Mit­lei­den­schaft gezo­gen. Etwa 30 Pro­zent der Katho­li­ken besu­chen am Sonn­tag die Hei­li­ge Mes­se und ent­spre­chen damit der Sonn­tags­pflicht. Wer­te, die in etwa jenen Ita­li­ens ent­spre­chen und damit für west­li­che Ver­hält­nis­se recht hoch lie­gen. In Frank­reich sind es nur fünf Prozent.

Masseneinwanderung und Islamisierung bieten Religionsfeinden Vorwand

Auch in Kana­da sind im Gefol­ge der Ein­wan­de­rung neue reli­giö­se Min­der­hei­ten ent­stan­den, die das gesell­schaft­li­che Gefü­ge ver­än­dern und neue Fra­gen auf­wer­fen und neue Pro­ble­me schaf­fen. Die Ent­wick­lung ist weit­ge­hend jener in West­eu­ro­pa ver­gleich­bar. Mont­re­al ist ein nord­ame­ri­ka­ni­sches Zen­trum der Por­no­gra­phie und der Pro­sti­tu­ti­on. Den­noch besteht eine star­ke Iden­ti­fi­ka­ti­on zwi­schen den Fran­ko­ka­na­di­ern und der katho­li­schen Kir­che inmit­ten des anson­sten eng­lisch­spra­chi­gen und pro­te­stan­ti­schen Kanada.

In einem Doku­ment der katho­li­schen Bischö­fe ist die Rede von einer „klei­nen, aber aggres­si­ven Min­der­heit“, die eine „mili­tan­te Reli­gi­ons­feind­lich­keit“ ver­tritt und vor allem die Katho­li­sche Kir­che angreift. Die­se Anti­kle­ri­ka­len stell­ten tat­säch­lich nur eine klei­ne Min­der­heit dar, doch durch die ver­brei­te­te Ableh­nung eines radi­ka­len Islams haben sie einen Vor­wand gefun­den, ihren Anti­kle­ri­ka­lis­mus ins Par­la­ment zu brin­gen. Die Autoren der „Char­ta der Wer­te“ wol­len aber weder die Mas­sen­ein­wan­de­rung noch die Ein­wan­de­rung von Mos­lems ein­schrän­ken oder gar unter­bin­den. Die Bur­ka ist nur der Vor­wand für den Kampf gegen das Chri­sten­tum. Die „Char­ta der Wer­te“ ist ein Aus­druck der Dik­ta­tur des Rela­ti­vis­mus in Rein­form. Que­becs Bischö­fe lei­sten dage­gen offe­nen Widerstand.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Radio Spada

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3 Kommentare

  1. Das sind in der Tat gefähr­li­che, anti-frei­heit­li­che Bestre­bun­gen, denen wir uns nach Kräf­ten wider­set­zen müssen.

  2. Die Kir­che macht viel zu viel mit. Bado­glio rennt stets bei Leu­ten her­um, die außer­halb der Kir­che ste­hen. Die Kir­che gilt es zu festi­gen nach innen und außen. das ist sei­ne Auf­ga­be, der er bis­her jeden­falls auch nicht ansatz­wei­se gerecht gewor­den ist.

  3. Was hat die Bur­ka mit dem Chri­sten­tum zu tun? Das ist die Schuld der Gleich­stel­lung der Reli­gio­nen: Wenn eine Reli­gi­on oder auch nur eine Teil­grup­pe der Reli­gi­on schlecht ist, sind offen­bar alle Reli­gio­nen schlecht. Man stel­le sich vor, dass wegen des Ver­bots des Chri­sten­tums und ande­rer Reli­gio­nen in Sau­di Ara­bi­en auch der Islam ver­bo­ten wer­den müss­te. Wie wir im Lauf der Geschich­te aber gemerkt haben, ist auch der Athe­is­mus schlecht. Folg­lich müss­te auch der ver­bo­ten werden.
    Per Mari­am ad Christum.

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