(Vatikan) Die meisten Medien haben zum Stichwort Papst Franziskus ihre Sensoren auf „Bruch“, „Neuerung“, „Revolution“, „Anderssein“, „Fortschritt“ eingestellt. Was dem widerspricht, bleibt unbeachtet, was dem tatsächlich oder vermeintlich entspricht, wird verbreitet und durch das Medienhorn verstärkt. So geschieht es auch mit der ersten Taufe von Babys in seinem Pontifikat, die am vergangenen Sonntag erfolgte. Traditionell geschah dies in der Sixtinischen Kapelle, dem Ort, in dem die Päpste seit einigen Jahrhunderten gewählt werden. Nicht der fehlende „Volksaltar“ war das Thema, der unter Benedikt XVI. entfernt worden war und nach der Wahl von Papst Franziskus sofort wieder aufgestellt worden war (siehe eigenen Bericht Papst Franziskus zelebrierte in Sixtinischer Kapelle ohne „Volksaltar“ ad Dominum). Das hätte dem gewünschten Bild von Papst Franziskus nicht entsprochen. Die Hauptthemen faktisch aller Medien waren am Tag danach die neuernannten Kardinäle und daß der Papst auch das Kind eines nur standesamtlich verheirateten Paares taufte, eines Paares, das nicht das Ehesakrament geschlossen hat.
Die Umdeutung der „Guten Nachricht“
Die Abweichung „in der Liebe“ wird zur romantisch verklärten neuen „Guten Nachricht“, während das Bemühen und der Einsatz um die von Gott gegebene Ordnung als schäbiger Kampf finsterer Reaktionäre dargestellt wird, die sich der „Liebe“ in den Weg stellen und das „Glück“ anderer behindern wollen. Die neue „Gute Nachricht“ ist eine Geschichte der „Liebe“ und nicht der „Normen“. Die alte „Gute Nachricht“ wird zu einer Art katholischem „Mein Kampf“ verbogen, dem geradezu zuwider zu handeln ist. Natürlich alles im Namen der „Liebe“, die zum Synonym von egoistischer, momentaner Lust verkommt.
Bischof Fiordelli und der Einsatz des guten Hirten
Bischof Pietro Fiordelli von Prato (Toskana) schrieb 1958:
„Ich werde meine Söhne und Töchter gegen das Böse verteidigen […] Ich werde die christliche Familie mit meiner ganzen Kraft verteidigen. Die christliche Familie, wie sehr schätze und liebe ich sie! Wieviele Male habe ich in meinen Heiligen Messen und in meinen Gebeten darum gebetet, daß Jesus in meiner Diözese viele schöne christliche Familien, viele gute Väter, viele heilige Mütter, eine freudige und reine, heitere und gläubige Jugend entstehen lasse! Wenn ich strenge Maßnahmen getroffen habe, dann habe ich es pflichtbewußt zur Verteidigung dieses heiligen Schatzes getan, der die christliche Familie ist, um den Glauben zu verteidigen und die Unschuld eurer Kinder, die ich über alles liebe.“
Die Erzbischöfe Roncalli und Montini, beides künftige Päpste, applaudierten damals. Heute klingt das auch von päpstlicher Seite anders. Die Kirche hat uneheliche Kinder getauft und das zu allen Zeiten. Sie hat dabei der Mutter oder den Eltern „unangenehme“ Fragen zu stellen und sie aufzufordern, ihre Situation zu ordnen. Eine „Einmischung“, die sich die Gläubigen gefallen lassen müssen, da sie Pflicht der Kirche ist. Die Kirche hat das Kind in den Mittelpunkt gestellt und ihm das Taufsakament nicht verweigert. Sie hat die ungeordnete Situation der Eltern aber nicht ins Schaufenster gestellt, weil sie den Treuen ein Ärgernis und den Schwachen ein falsches Vorbild sein könnte.
Um dieses falsche Vorbild geht es offensichtlich den Medien, von denen die Nachricht des „nicht verheirateten“ Paares mit sichtlicher Genugtuung verbreitet wurde. Dabei wird das unschuldige Kind den „obskuren“ Glaubenstreuen ins Gesicht geschleudert, als hätte ein heiliger Alfons von Liguori und vor und nach ihm alle frommen Diener Gottes nicht genau gewußt um die Unschuld des Kindes. Doch um das Kind geht es nicht, sondern um die Eltern, die ohne Not aus welchen Gründen auch immer auf das Sakrament der Ehe verzichtet haben. Vielleicht ist die kirchliche Eheschließung schon geplant? Die Frage ist aber, warum der Papst sie ins Bild setzen wollte unter den 32 Paaren, die mit ihren Kindern in die Sixtinische Kapelle gekommen sind.
„Das Bild geht jetzt um die Welt“ – Päpstliches Kalkül wofür?
Der Papst hat ein beneidenswertes Gespür im Umgang mit den Medien. Keine Geste ist zufällig. Das betonen Beobachter seit seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt. Er selbst bestätigte es vor wenigen Tagen, als er mit dem Papamobil über den Petersplatz fuhr und plötzlich einen Priester aufforderte, zu ihm ins Auto zu steigen mit den Worten: „Dieses Bild wird jetzt um die Welt gehen“.
Wie aber kann es sein, daß es für den Stellvertreter Christi auf Erden ein scheinbar nebensächliches Detail ist, ob ein Paar, das zudem ein Kind gezeugt hat, verheiratet ist oder nicht? Und einmal mehr entspricht das päpstliche Handeln exakt dem, was die kirchenferne, christusfremde Welt hören will. Der Applaus der Welt aber ist eine Situation die, wie bereits die Heilige Schrift warnt und nicht minder die gesamte Kirchengeschichte, jeden Kirchenvertreter stutzig machen sollte. Zumindest insofern, das Getane oder Gesagte noch einmal auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen.
Die falschen Signale: Dolchstoß für die Treuen ohne sichtbaren Nutzen
In der katholischen Welt gibt es noch immer Tausende von Gläubige, die treu dem Herrn und der Liebe ihre Keuschheit leben und damit die Schönheit der göttlichen Liebe und Ordnung bezeugen. Junge Männer und Frauen, die keusch und jungfräulich ausharren, obwohl die Welt um sie herum nur Spott und Hohn für sie übrig hat. Der Papst scheint mit seiner Geste der „Öffnung“ und der „barmherzigen“ Doch-Annahme in die Ordnung hinführen zu wollen? Ist es aber das richtige Signal? Oder ist es sogar kontraproduktiv? Für die in Treue und unter Opfern und Anfeindungen keusch lebenden Menschen kann die päpstliche Geste ein Dolchstoß sein. Und führt sie die in Unordnung Lebenden wirklich in die Ordnung? Oder sehen sie sich nicht vielmehr in ihrer ohnehin bereits vorhandenen Überzeugung bestärkt, daß alles relativ sei und daher dem „Nützlicheren“, Angenehmeren zu folgen ist? Die öffentlichen Reaktionen auf diese und andere päpstliche Gesten (man denke an die Aussagen über das Gewissen und den unsäglichen Satz: „Wer bin ich, um ihn zu verurteilen“ zum Thema Homosexualität) geben Anlaß zu großen Zweifeln an der päpstlichen „Strategie“. Sie scheint die kirchenferne Lebensweise mit „päpstlichem Segen“ zu festigen. Jedenfalls fehlen bisher positive Signale in die umgekehrte Richtung, die belegen würden, daß die „päpstliche Barmherzigkeit“ die Menschen aus der Unordnung wieder in die gottgegebene Ordnung der Kirche zurückführen würde.
Haben die Worte der Schrift über den rechten Gebrauch der Sexualität (Mt. 15,19 u.a.), über die Zuneigung (Mt 5,25–28, Joh 4,15–16, Mt 19,5–6 u.a.), die Lehre der Apostel über die Ehe und das Gericht Gottes für die Ehebrecher und Unzüchtigen (Heb 13,4) keine Gültigkeit mehr? Wann und wie sollen die Gläubigen, die in Unordnung leben und die Menschen, die davon noch nie gehört haben, aber davon hören, wenn es ihnen nie verkündet wird?
Gibt es noch etwas „Besseres“ als Christus? Papst Franziskus?
Messa in Latino schrieb dazu:
Was aber macht der Bischof von Rom? Ausgerechnet am Tag, an dem im Neuen Ritus in der Lesung aus der Apostelgeschichte das Petruswort gelesen wird: „Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, daß Gott nicht auf die Person sieht, sondern daß ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist“ (Ap 10,34–35), tritt Papst Franziskus vor die Welt als der, der es mehr und besser versteht als Petrus, daß Gott angeblich doch „auf die Person sieht“ und ihm einfach jeder „willkommen ist“ und Schluß. Der Zusatz, daß man Gott „fürchten“ und tun muß, was „recht ist“, fällt unter den Tisch, wie es in der Nachkonzilszeit grundsätzlich und oft mit den Ermahnungen der Fall ist, die amputiert und verkürzt werden im Namen einer angeblich „göttlichen“ und daher großen, in Wirklichkeit aber recht menschlich und klein anmutenden „Liebe“ und „Barmherzigkeit“. Man könnte zum gewagten Schluß kommen, daß es noch einen „Besseren“ gibt als Christus, nämlich Papst Franziskus.
Die Freude der Christenheit ist unbegrenzt über die Taufe dieses Mädchens. Gepriesen sei der Herr. Die Frage bleibt aber, warum ausgerechnet der Papst sie taufen mußte und warum unter den Augen der Fernsehkameras. Warum dieses Privileg, wo es bisher als besondere Gnade galt, vom Papst getauft zu werden? Warum nicht irgendein Priester, der die Eltern ermahnt, ehestmöglich den Bund der Ehe zu schließen? Mit Sicherheit kein Zufall und das wirft wiederum, aber das scheint ein Wesensmerkmal dieses Pontifikats zu sein, mehr Fragen auf als beantwortet werden.
Ein Paar im Konkubinat läßt 31 Ehepaare als Komparsen erscheinen
Von der Taufe mit der Freude über den entfernten, weil schon immer ebenso unpassenden wie überflüssigen „Volksaltar“ bleibt wiederum ein bitterer Beigeschmack. Wiederum gehen die falschen Signale um die Welt, wiederum jubelt die falsche Seite in den Medien, wiederum klopfen sich die unduldsamen Getauften, aber nicht oder kaum praktizierenden Katholiken auf die Schulter und pflichten sich gegenseitig zu, daß „endlich“ einer, der Papst, es so macht, wie sie es schon immer wußten und wollten. Denn die Gesten des Papstes sind keine verborgenen. Sie sind angelegt, daß sie alle verstehen. Und wiederum habe „alle“ die Bedeutung der Anwesenheit dieses 32. zusammenlebenden Paares verstanden, hinter dem die anderen 31 Ehepaare zu belanglosen Komparsen verkommen, wie die Schlagzeilen zeigen. Und erneut werden uns die Normalisten mit großem Aufwand erklären wollen, was der Papst „wirklich“ damit gemeint habe und vor allem werden sie die Tragweite des Ereignisses leugnen und darauf beharren, daß alle sich daraus ergebenden negativen Folgen natürlich dem Willen des Papstes widersprechen würden.
Die unerträgliche Leier vom Papst, der alles „ganz anders gemeint“ habe
Man kann die Leier vom „das hat der Papst nicht gemeint“ und „das hat der Papst nicht gewollt“ nicht mehr hören. Wollen sie ernsthaft das Bild eines Papstes zeichnen, der nicht weiß, was er sagt und nicht weiß, was er tut? Da Papst Franziskus mit seinen Gesten genau den großen Applaus von der falschen Seite erhält, darf ihm unterstellt werden, daß er eben genau diesen Applaus auch sucht. Um welchen Preis? Um welchen Gewinn für die Sache Gottes und das Seelenheil der Menschen? Warum konnte man Papst Benedikt XVI. nicht mißverstehen? Warum nicht Bischof Fiordelli von Prato? Fiordelli schrieb damals einen Brief, in dem er es als schwerwiegende Sünde bezeichnete, wenn ein Katholik nur standesamtlich heiratet und führte die kirchenrechtlichen Sanktionen an. Wer nur standesamtlich heiratet, muß in den Augen der kirchlichen Gemeinschaft als öffentlicher Sünder angesehen werden, der im Konkubinat lebt. Der Bischof bemühte sich damals, die beiden Getauften von ihrem Schritt abzubringen und beschwor sie, den Segen Gottes nicht abzuweisen.
Die beiden Getauften erstatteten Anzeige wegen Beleidigung und Verleumdung. Bischof Fiordelli wurde für seine Verteidigung der Ehe und für die Erfüllung seiner Bischofspflichten im März 1958 von einem staatlichen Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Kirchenfernen, allen voran Freimaurer, Sozialisten, und Kommunisten jubelten. Papst Pius XII. sagte aus Protest gegen diesen Affront und zur Unterstützung von Bischof Fiordelli die feierlichen Zelebrationen für den 12. März des Jahres ab, an denen das gesamte Diplomatische Corps teilnehmen sollte.
Bischof Fiordelli und Neo-Kardinal Capovilla: „Du wirst die Finsternis nicht Licht nennen“
Der gute Hirte sagte in der ersten Predigt nach seiner Verurteilung in einer gefüllten Kirche: „Wenn jemand denken sollte, daß Euer Bischof nach diesem schmerzlichen Ereignis schweigen werde, dann hat er sich schwer getäuscht.“ Die Gläubigen brachen in stehende Ovationen aus, doch der Bischof ermahnte sie sofort, in der Kirche nicht zu applaudieren.
„Am Tag meiner Weihe, legte der Bischof, der mich weihte, ein großes Evangliar auf meine Schultern und sagte mir. ‚Nimm hin das Evangelium! Geh und predige es dem dir anvertrauten Volk! Du wirst das Licht nicht Finsternis nennen, noch Finsternis das Licht, Du wirst das Gute nicht Böse nennen, und das Böse nicht gut.‘“
In seiner Predigt sagte Bischof Fiordelli auch: „Ich werde den atheistischen, unterdrückenden und unmenschlichen Marxismus nie gut nennen: ich werde ihn immer als Böse benennen.“ Ganz anders als es Kurienerzbischof Loris Capovilla, der ehemalige persönliche Sekretär von Papst Johannes XXIII. tat, den Papst Franziskus nun mit der Kardinalswürde prämiert.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino/Asianews