(Brüssel) Der belgische Senat stimmte in der Nacht auf heute der Euthanasierung von Kindern zu. Das belgische Euthanasiegesetz, das bisher Euthanasie für Minderjährige untersagte, könnte damit ohne Altersbegrenzung auch auf Kleinstkinder angewandt werden.
Mit 50 gegen 17 Stimmen genehmigte der belgische Senat die Gesetzesänderung. Nun muß das Abgeordnetenhaus darüber abstimmen, dann folgt die zweite und endgültige Abstimmung im Senat. Lediglich ein Viertel der Senatoren verweigerte der Euthanasierung von Kinder die Zustimmung. Das belgische Euthanasiegesetz sieht vor, daß der betroffene Patient einen Antrag auf Euthanasierung stellen muß und von einem Psychologen die Urteilsfähigkeit des Antragstellers geprüft werden soll. Ein Kind gilt mit gutem Grund als nicht rechtsfähig, darf nicht wählen und keinen Führerschein machen. Doch für die große Mehrheit der belgischen Senatoren soll ein dreijähriges Kind imstande sein, darüber zu entscheiden, euthanasiert werden zu wollen.
Gesetz um lästige und kostenintensive kranke Kinder umbringen zu können
Kritiker werfen deshalb den Befürwortern vor, ein Gesetz zu schaffen, um lästige und kostenintensive, weil behinderte und kranke Kinder legal umbringen zu können. Die Mechanismen, die vor Mißbrauch „schützen“ sollen, seien reine Farce, wie bereits das seit 2002 geltende Euthanasiegesetz für Erwachsene auf dramatische Weise beweise. Die Möglichkeit Kinder zu euthanasieren, soll nicht den Kinder „helfen“, sondern den Erwachsenen, denen sie schutzbefohlen sind, sich ihrer zu entledigen.
Das belgische Euthanasiegesetz ist das liberalste der Welt. Die Senatoren weigerten sich, eine Altersgrenze festzulegen, bis zu der zumindest ein Kind als Schutzbedürftiger seines Lebens sicher ist. Ein fünfjähriges Kind, das an „unerträglichen Schmerzen“ leidet oder sich in der „Endphase“ einer unheilbaren Krankheit befindet, kann sich in Belgien euthanasieren lassen, wenn die Verwandten einverstanden sind und ein Psychologe das Urteilsvermögen geprüft hat. Die Sicherheitsschranken gelten allerdings in der Praxis nur als „nette Fassade für ein Mordgesetz“ (siehe eigene Berichte Belgien: Kinderärzte auch katholischer Krankenhäuser fordern Euthanasie für Kinder oder „Meine Mutter wurde euthanasiert, obwohl sie gar nicht krank war“ – Doku-Film erzählt die Brutalität des belgischen Euthanasie-Gesetzes und Frau ließ sich in Mann „verwandeln“, fühlte sich aber wie ein „Monster“ und ließ sich euthanasieren“ – geschehen in Belgien).
„Neue Form der Barbarei breitet sich aus“
Im Vorfeld der Abstimmung unterstützten mehrere Kinderärzte die Euthansierung von Kindern. Einige dieser Ärzte sind auch an katholischen Kinderkrankenhäusern tätig. Andere Ärzte warnen auf euthanasiestop.be vor dem „gefährlichen Gesetzestext, der die Sicherheit unserer schwerkranken Kinder aufs Spiel setzt“. Nach erfolgter Zustimmung durch den Senat werfen diese Ärzte den Senatoren vor, „für ein Gesetz gestimmt zu haben, ohne die Folgen abzuwägen. Der Wert des Lebens eines Kindes hat nun einen Preis, der von Erwachsenen festgelegt wird, von denen die Kinder sicher im ihnen gewünschten Sinn beeinflußt werden. Kranke Kinder denken nicht an Euthanasie. Das Gesetz ist daher objektiv sinnlos. Notwendig wäre es hingegen, die Eltern dieser Kinder zu begleiten, so die Ärzte, die sich der Euthanasie widersetzen.
„Wir haben allen Grund zutiefst enttäuscht und äußerst beunruhigt zu sein über die Entwicklung des belgischen Euthanasiegesetzes. Die belgischen Bürger scheinen lieber ein Mittel zu wünschen, das ihrem Leben oder dem Leben anderer ein Ende bereitet, als wirkliches Mitleid, Hilfsbereitschaft und auch Opfer für die Kranken und die Schwächsten unserer Gesellschaft aufzubringen. Mit schneller Geschwindigkeit breitet sich eine neue Form der Barbarei aus“, so die Ärzte gegen Euthanasie.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons