Wovor Joseph Ratzinger warnte: Die „föderalistische Option“ des Bischofs von Rom


Die Stärkung der Bischofskonferenzen als Gefahr, aus der Kirche eine "Föderation von Nationalkirchen" zu machen (Joseph Kardinal Ratzinger)(Rom) In sei­ner Ana­ly­se des neu­en Apo­sto­li­schen Schrei­bens Evan­ge­lii gau­di­um macht der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster zwei Punk­te aus, in denen sich Papst Fran­zis­kus am deut­lich­sten von sei­nen Vor­gän­gern im Papst­amt unter­schei­det: mehr Auto­no­mie für die Bischofs­kon­fe­ren­zen und mehr Raum für die ver­schie­de­nen Kul­tu­ren. Magi­ster nennt das die „föde­ra­li­sti­sche Opti­on“ des Pap­stes. Ein Opti­on, vor der Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger ein­dring­lich warnte.

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Vor allem der grö­ße­re Hand­lungs­spiel­raum und mehr Zustän­dig­kei­ten für die Bischofs­kon­fe­ren­zen fand in den Medi­en Beach­tung und löste in eini­gen bischöf­li­chen Krei­sen Genug­tu­ung aus.  Schließ­lich geht es dar­in um den Pri­mat des Pap­stes und die kol­lek­ti­ve Macht der Orts­bi­schö­fe eines Staates.

Franziskus will Bischofskonferenzen stärken und verweist auf Motu proprio Apostolos suos

Papst Fran­zis­kus spricht in Evan­ge­lii gau­di­um Papst Johan­nes Paul II. das Ver­dienst zu, den Weg für eine neue Form der Pri­mats­aus­übung geöff­net zu haben. Gleich­zei­tig beklagt der regie­ren­de Papst aber, daß man auf die­sem Weg kaum vor­wärts gekom­men sei. Er aber sei ent­schlos­sen, eine neue Form des Pri­mats vor­an­zu­trei­ben, da er eine Auf­ga­be des „Bischofs von Rom“ dar­in sieht, „offen zu blei­ben für die Vor­schlä­ge, die dar­auf aus­ge­rich­tet sind, daß eine Aus­übung mei­nes Amtes der Bedeu­tung, die Jesus Chri­stus ihm geben woll­te, treu­er ist und mehr den gegen­wär­ti­gen Not­wen­dig­kei­ten der Evan­ge­li­sie­rung ent­spricht“ (EG32).

„Aber mehr als zur Rol­le des Pap­stes, zu der Fran­zis­kus vage bleibt und bis­her viel­mehr die Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se maxi­mal auf sich kon­zen­trier­te, läßt Evan­ge­lii gau­di­um bei den Zustän­dig­kei­ten der Bischofs­kon­fe­ren­zen eine Wen­de erah­nen“, so Magister.

Im Para­graph 32 des Apo­sto­li­schen Schrei­bens sagt der Papst:

Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil sag­te, dass in ähn­li­cher Wei­se wie die alten Patri­ar­chats­kir­chen „die Bischofs­kon­fe­ren­zen viel­fäl­ti­ge und frucht­ba­re Hil­fe lei­sten [kön­nen], um die kol­le­gia­le Gesin­nung zu kon­kre­ter Ver­wirk­li­chung zu füh­ren“. Aber die­ser Wunsch hat sich nicht völ­lig erfüllt, denn es ist noch nicht deut­lich genug eine Sat­zung der Bischofs­kon­fe­ren­zen for­mu­liert wor­den, die sie als Sub­jek­te mit kon­kre­ten Kom­pe­tenz­be­rei­chen ver­steht, auch ein­schließ­lich einer gewis­sen authen­ti­schen Lehr­au­tori­tät. Eine über­trie­be­ne Zen­tra­li­sie­rung kom­pli­ziert das Leben der Kir­che und ihre mis­sio­na­ri­sche Dyna­mik, anstatt ihr zu helfen.

In der Fuß­no­te ver­weist Papst Fran­zis­kus dabei auf das Motu pro­prio Apo­sto­los suos von Johan­nes Paul II. von 1998 über die theo­lo­gi­sche und die recht­li­che Natur der Bischofs­kon­fe­ren­zen. Ein Ver­weis, der erstaunt, da er einen offe­nen Wider­spruch darstellt.

Doch Apostolos suos verlangt das genaue Gegenteil

Johan­nes Paul II. erkann­te den Bischofs­kon­fe­ren­zen näm­lich aus­drück­lich ledig­lich eine prak­ti­sche Auf­ga­be zu als Bera­tungs­gre­mi­um und als Hilfs­or­gan für die ein­zel­nen Bischö­fe, die ohne eige­ne Auto­ri­tät zwi­schen der Gesamt­heit aller Bischö­fe in der Ein­heit mit dem Papst und dem ein­zel­nen Bischof ange­sie­delt sind. Die Gesamt­heit aller Bischö­fe in der Ein­heit mit dem Papst bil­den die ein­zi­ge, theo­lo­gisch aner­kann­te Form der „Kol­le­gia­li­tät“, wäh­rend jeder Bischof in sei­ner Diö­ze­se die Auto­ri­tät in Ein­heit mit Petrus allein aus­übt. Eine kol­lek­ti­ve Auto­ri­tät der Bischofs­kon­fe­ren­zen für einen gan­zen Staat oder einen Teil davon kennt die Kir­che nicht. Das Kir­chen­recht ist dazu eindeutig.

Gera­de das Motu pro­prio Apo­sto­los suos, auf das Papst Fran­zis­kus ver­weist, schränkt „die authen­ti­sche Lehr­au­tori­tät“ stark ein, die Papst Fran­zis­kus sagt, den Bischofs­kon­fe­ren­zen gewäh­ren zu wol­len. Es schreibt vor, daß die Bischö­fe, wenn sie schon als Bischofs­kon­fe­renz Lehr­aus­sa­gen tref­fen wol­len, dies nur ein­stim­mig und in Ein­heit mit dem Papst und der Gesamt­heit der Kir­che tun kön­nen. Das Doku­ment schließt aus­drück­lich For­men der Auto­ri­täts­über­tra­gung aus. Eine Lehr­aus­sa­ge kann zwar auch mit „qua­li­fi­zier­ter Mehr­heit“ getrof­fen wer­den, dann aller­dings nur unter der Vor­aus­set­zung, daß die­se vor­ab vom Hei­li­gen Stuhl geprüft und geneh­migt wurde.

Spaltungen und neuen Gallikanismus verhindern

Das Motu pro­prio Apo­sto­los suos, im Gegen­satz zum Apo­sto­li­schen Schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um ein ver­bind­li­cher Rechts­akt, will aus­drück­lich ver­hin­dern, daß Bischofs­kon­fe­ren­zen Lehr­aus­sa­gen tref­fen, die im Wider­spruch zu jenen ande­rer Bischofs­kon­fe­ren­zen ste­hen oder im Wider­spruch zum uni­ver­sa­len Lehr­amt der Kirche.

Eine wei­te­re Gefahr, die das Motu pro­prio Johan­nes Pauls II. ver­hin­dern will, ist das Ent­ste­hen von Spal­tun­gen und Gegen­sät­zen zwi­schen ein­zel­nen Natio­nal­kir­chen und zwi­schen Rom, wie es zum Bei­spiel in Frank­reich mit dem Gal­li­ka­nis­mus der Fall war und ande­ren natio­nal­kirch­li­chen Bestre­bun­gen im Lau­fe der Kir­chen­ge­schich­te, etwa im 20. Jahr­hun­dert den Ver­su­chen der kom­mu­ni­sti­schen und natio­nal­so­zia­li­sti­schen Dik­ta­tu­ren, die Lan­des­kir­chen von Rom abzu­tren­nen und regi­me­hö­ri­ge Natio­nal­kir­chen zu errich­ten, wie es die Volks­re­pu­blik Chi­na noch heu­te betreibt. Oder auch wie es als abschrecken­des Bei­spiel bei den Ortho­do­xen mit eini­gen auto­ke­pha­len Natio­nal­kir­chen der Fall ist, oder dem pro­te­stan­ti­schen Staatskirchentum.

Apostolos suos von Joseph Kardinal Ratzinger geprägt

Das Motu pro­prio Apo­sto­los suos trägt die Unter­schrift von Johan­nes Paul II, „beruht aber auf der Aus­ar­bei­tung sei­nes treu­en Glau­bens­prä­fek­ten Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger“, so Magi­ster. Bekannt­lich stand Kar­di­nal Ratz­in­ger schon früh­zei­tig den Bestre­bun­gen der Bischofs­kon­fe­ren­zen ableh­nend gegen­über. Deren Drang, Macht an sich zu zie­hen, und sich als eigen­stän­di­ge Ent­schei­dungs­ebe­ne zu eta­blie­ren, bezeich­ne­te er als „eine wei­te­re jener para­do­xen Fol­gen der Nach­kon­zils­zeit“. Vor allem erkann­te er eini­ge Ent­schei­dun­gen der Bischofs­kon­fe­ren­zen im deut­schen Sprach­raum Ende der 60er und Anfang der 70er Jah­re als bedenk­lich. Ent­schei­dun­gen, die abschrecken­de Wir­kung auf ihn hatten.

Wegen sei­nes fei­nen Gespürs für die mensch­li­che Nei­gung zur Macht, warnt der Kar­di­nal 1985 im Gesprächs­buch Zur Lage des Glau­bens von Vitto­rio Mess­o­ri kate­go­risch vor einer Ent­wick­lung der Kir­che zu einer „Art Föde­ra­ti­on von Natio­nal­kir­chen“. Er erkann­te dar­in eine ver­häng­nis­vol­le Ent­wick­lung für die Kir­che und mach­te in den Bischofs­kon­fe­ren­zen das Vehi­kel und die Ver­su­chung aus. „Die natio­na­le Ebe­ne ist kei­ne kirch­li­che Grö­ße“, so Kar­di­nal Ratz­in­ger, der im ita­lie­nisch geführ­ten Inter­view mit „natio­na­ler Ebe­ne“, die Staa­ten meinte.

Bischofskonferenzen „ersticken“ die Bischöfe

Statt „die Rol­le und die Ver­ant­wor­tung des Bischofs [zu] stär­ken“, indem das II. Vati­ka­num „das Werk des I. Vati­ka­nums wie­der­auf­nahm und ver­voll­stän­dig­te“, wür­den die Bischofs­kon­fe­ren­zen mit ihren büro­kra­ti­schen Auf­bau­ten die Bischö­fe, deren Auf­trag und Auto­ri­tät „ersticken“, beklag­te der spä­te­re Papst Bene­dikt XVI. genau 20 Jah­re vor sei­ner Wahl die eigen­dy­na­mi­sche Fehl­ent­wick­lung von Bischofskonferenzen.

Es mag schön sein, immer gemein­sam zu ent­schei­den, doch die Wahr­heit ist nicht das Ergeb­nis von Abstim­mun­gen, so der Kar­di­nal, der im Gesprächs­buch eini­ge Gefah­ren kol­lek­ti­ver Ent­schei­dun­gen auf­zeig­te, wie das Auf­tre­ten von Pres­su­re Groups, die Bereit­schaft eini­ger für die Ein­tracht nach­zu­ge­ben, Kon­for­mis­mus, die Suche nach einem gemein­sa­men Nen­ner statt nach der Wahr­heit mit der Gefahr irr­tums­an­fäl­li­ger, ver­kürz­ter oder plat­ter, toter Dokumente.

Johannes Paul II. und Benedikt XVI. waren sich der „bescheidenen“ Eignung der meisten Bischöfe bewußt

„Johan­nes Paul II. und nach ihm Bene­dikt XVI. erkann­ten, daß die durch­schnitt­li­che Eig­nung der Bischö­fe welt­weit beschei­den ist und eben­so eines Groß­teils der Bischofs­kon­fe­ren­zen“ als Sum­me die­ser Medio­kri­tät, so Magi­ster, „und ent­spre­chend han­del­ten sie, indem sie selbst ver­such­ten, Füh­rer und vor allem Vor­bild für alle zu sein“ und in eini­gen Fäl­len, indem sie sogar direkt und ener­gisch ein­grif­fen und die Marsch­rich­tung vorgaben.

Deutschland liefert gerade Paradebeispiel in welche Richtung mehr Macht (ver)führen würde

„Mit Fran­zis­kus könn­te den Bischofs­kon­fe­ren­zen hin­ge­gen viel­leicht grö­ße­re Auto­no­mie zuer­kannt wer­den. Mit den vor­her­seh­ba­ren Aus­wir­kun­gen und Rück­schlä­gen, für die Deutsch­land gera­de ein fri­sches Bei­spiel ist, wo Bischö­fe und hoch­ran­gi­ge Kar­di­nä­le öffent­lich über die ver­schie­den­sten The­men strei­ten, von Ver­wal­tungs­fra­gen bis zur Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ner zu den Sakra­men­ten“ durch Ankün­di­gung eigen­mäch­ti­ger und eigen­wil­li­ger Wege, so Magi­ster. Womit Deutsch­land ein­mal mehr jenes „abschrecken­de Bei­spiel“ lie­fert, das Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger früh­zei­tig als gefähr­li­che Ver­su­chung in eine neue Form von schis­ma­ti­sie­ren­dem Natio­nal­kir­chen­tum erkannte.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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12 Kommentare

  1. Soweit mei­ne beschei­de­nen Kennt­nis­se in Kir­chen­ge­schich­te rei­chen, hat es immer wie­der zwei Situa­tio­nen gegeben:
    Der Papst muß­te die Orts­bi­schö­fe zur Glau­bens­treue und theo­lo­gi­schen Kon­si­stenz räso­nie­ren – oder umgekehrt.
    Bis­her unbe­kannt blieb, das Rom und die Orts­kir­chen um eine Ver­welt­li­chung und theo­lo­gi­sche Matai­sie­rung gera­de­zu wett­be­wer­ben. (Ein Wett­be­werb übri­gens, der – wie der um den Ge-/Miß­brauch der Staats­ge­walt – schäd­lich ist.)
    Daß nun die Kir­che ihr orga­ni­sa­to­ri­sches Heil in einer Ent­wick­lung sucht, die bereits über­holt ist, bestä­tigt mit Hay­ek, daß die bloß kon­ser­va­ti­ven Kräf­te fast immer ledig­lich mit reich­lich Ver­spä­tung Nach­lau­fen spie­len. Natio­na­le Räte und Kon­fe­ren­zen hät­te die Kir­che sich nie­mals geben dür­fen. Und heu­te soll­te man die­se rück­füh­ren anstatt sie zu stärken.
    Es ist trau­rig, daß die Gene­ra­ti­on, der auch Fran­zis­kus ent­stammt, bei allem Ver­ve völ­lig ihre Ver­haf­tung in ihren zeit­gei­sti­gen Denk- und Ver­hal­tens­mu­stern verkennt.
    Wir wer­den es wohl ertra­gen müs­sen, daß eine Gene­ra­ti­on unbe­irrt wie unver­stän­dig, „end­lich“ „ihr Ding“ durch­zie­hen kann. Die Scher­ben und das Elend, die die­se Spät­schicht­idea­li­sten anrich­ten, zah­len wie­der ande­re. Auch das ist die­ser Gene­ra­ti­on eigen.

    • Bereits im Syl­labus von Papst Pius IX. wer­den fol­gen­de Ansich­ten verurteilt:
      37. Es kön­nen staat­li­che Kir­chen errich­tet wer­den, die der Auto­ri­tät des Römi­schen Pap­stes ent­zo­gen und völ­lig von ihr getrennt sind 23’ 24’.
      80. Der Römi­sche Papst kann und muß sich mit dem Fort­schritt, dem Libe­ra­lis­mus und der moder­nen Zivi­li­sa­ti­on ver­söh­nen und ver­ei­ni­gen 24’.

      Die nun­mehr abseh­ba­re Ent­wick­lung kommt tat­säch­lich den Inter­es­sen der Geg­ner der Kir­che, die sich seit gerau­mer Zeit auch in der Kir­che tum­meln, ent­ge­gen, die das Eine zum Ziel haben: die römi­sche katho­li­sche Kir­che zu zerstören.
      Vol­taires Kampf­pa­ro­le „ÉCRASER L‚INFAME“ end­lich umzusetzen.

  2. Genau­so ist es, das ist nicht mehr die Kir­che Chri­sti son­dern die der Menschen.
    Der Papst ist auch nicht mehr von Chri­sti, son­dern von Kar­di­nals Gnaden.
    Der letz­te Hort des unver­kuerz­ten Katho­lizi­mus ist und bleibt FSSPX und wird des­halb von den Miet­lin­gen auch so bekaempft.

  3. Ein kon­kre­ter Fall: eine Klein­stadt in den 70er Jah­ren. Die Jugend­ar­beit war jahr­zente­lang von einem Kaplan gelei­tet wor­den. Erfolg­reich. Mit der Lit­ur­gie­re­form und der grö­ße­ren Betei­li­gung der Lai­en kam der Wunsch, auch die Jugend­ar­beit von älte­ren Jugend­li­chen mit­tra­gen zu las­sen. Es wur­de ein Team von 4 Leu­ten gebil­det, die den Kaplan unter­stüt­zen soll­ten. Der Kaplan ließ den Leu­ten immer mehr Mit­spra­che bei end­lo­sen Team­sit­zun­gen. Schließ­lich zog er sich ganz zurück, die 4 Leu­te über­nah­men kom­plett – und nach ein oder zwei Jah­ren war die gan­ze Jugend­ar­beit voll­stän­dig abge­wickelt. Es gab kei­ne Grup­pen mehr, kei­ne Jugend­li­chen, die sich den 4 Leu­ten, die sich unter­ein­an­der nicht eini­gen konn­ten, unter­wer­fen wollten.
    Ein Bankrott.

    • In der Pra­xeo­lo­gie ist die­se Erfah­rung schon län­ger for­mu­liert: Anti­zi­pa­ti­on schlägt Partizipation.

  4. Von wel­chem „Spiel­raum“ in der Pri­mats­fra­ge träumt Berg­o­glio? Das I. Vati­ka­num hat hier ein­deu­tig alles geklärt und eng abge­steckt! Jede Auf­wei­chung des petri­ni­schen Pri­mats ver­stößt auto­ma­tisch gegen defi­nier­te Glau­bens­wahr­hei­ten, an denen auch ein Papst nicht rüt­teln kann. Eine Lehr­au­tori­tät von Bischofs­kon­fe­ren­zen gibt es nicht nach Tra­di­ti­on und Kir­chen­recht, wie die­ser Arti­kel dan­kens­wer­ter­wei­se betont. Des­halb wäre es für die Pasto­ral viel­mehr hilf­rei­cher, die über­bor­den­de Ein­fluss­nah­me die­ser Kunst­ge­bil­de ein­zu­schrän­ken oder abzu­schaf­fen, anstatt sie noch aus­zu­bau­en. Denn der Orts­bi­schof ent­schei­det nach Maß­ga­be des Rechts für sei­ne Diö­ze­sa­nen, mehr „Dezen­tra­lis­mus“ kann es gar nicht geben! Eine Schwä­chung der petri­ni­schen Lei­tungs­ge­walt hin­ge­gen wäre der Todes­stoß für die römisch-katho­li­sche [sic!] Kir­che. Wie blind und rea­li­täts­fern muss man sein, um das nicht klar zu erken­nen! Man will absur­der­wei­se einer­seits die natür­li­che Lei­tungs­ge­walt des Pap­stes zugun­sten einer zen­tra­li­sti­schen Gewalt­aus­übung der Kon­fe­ren­zen schwä­chen, die wie­der­um die natür­li­che Lei­tungs­ge­walt der Orts­bi­schö­fe schwächt. Hier wird also der Teu­fel mit Beel­ze­bub aus­ge­trie­ben. Die­se „Reform­an­sät­ze“ sind voll­kom­men untaug­lich für die Ver­fasst­heit der römisch-katho­li­schen Kir­che und sie wer­den, soll­ten sie durch­ge­setzt wer­den, die Ein­heit der Kir­che not­ge­drun­gen auf­lö­sen und Natio­nal­kir­chen her­vor­brin­gen, in denen jeder macht und glaubt, was er will. Wenn das kein zer­stö­re­ri­sches, in Wahr­heit also gera­de anti­pa­sto­ra­les und anti­mis­sio­na­ri­sches Vor­ha­ben ist, dann fres­se ich einen Besen!

    • Treff­lich dar­ge­legt. Und die Besen kön­nen unge­fres­sen blei­ben. Daß das von Ihnen Aus­ge­führ­te nicht völ­lig klar erkannt wird, hängt mei­nes Erach­tens damit zusam­men, daß man, in (schwung­vol­lem) Prag­ma­tis­mus zu dem greift, was gera­de im moder­nen Manage­ment­an­ge­bot prä­sent erscheint. Es war ein ande­rer Zusam­men­hang und ein ande­rer Leser, der schrieb, daß der Neo­li­be­ra­lis­mus im Vati­kan ange­kom­men ist. Natür­lich nur ganz prak­tisch. Dies aber ist mir siche­res Zei­chen des Glau­bens­ver­lu­stes, daß ich, gilt es ein Pro­blem zu lösen, mich nicht in den eige­nen Kel­ler bege­be und etwas Brauch­ba­res suche; nicht den eige­nen Gebets­win­kel und rei­chen Vor­rats­schatz bemü­he, son­dern aus­strö­me in die (welt­li­chen) Läden, um „effi­zi­ent“ zu sein. Das – genau das ist es, was man glaubt (!) dort zu fin­den. Eine sol­che Glau­bens­ver­schie­bung ist in Wahr­heit ein furcht­ba­rer Glaubensverlust.

    • Lei­der, sehr geehr­ter hicest­ho­die, ist das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil über Vati­ka­num I. weit hin­aus gegan­gen. Ich emp­feh­le Ihnen zur Lek­tü­re das „Dekret über die Hir­ten­auf­ga­be der Bischö­fe in der Kir­che“, obwohl es nicht unbe­dingt Lese­ver­gnü­gen bereitet.
      Doch im drit­ten Kapi­tel, das vor allem die Bischofs­kon­fe­ren­zen zum The­ma hat, fin­den wir die Grund­la­ge. Dort wer­den sogar für die Bischofs­kon­fe­ren­zen die stän­di­gen Orga­ne gefor­dert, „z. B. ein stän­di­ger Bischofs­rat, bischöf­li­che Kom­mis­sio­nen, ein Gene­ral­se­kre­ta­ri­at.“ (Klei­nes Kon­zils­kom­pen­di­um S. 282)
      Resi­gniert stel­le ich fest: Nicht nur Herr Berg­o­glio, Fran­zis­kus, Bischof von Rom, son­dern auch P. Hans Lan­gen­dör­fer SJ, der wah­re Chef der DBK, ist ein Sohn des II. Vati­ka­ni­schen Konzils.

      • Nun, mei­ner beschei­de­nen Mei­nung nach steht das II. Vati­ka­num als Pasto­ral­kon­zil lehr­mä­ßig weit unter dem I. Vati­ka­num, das den Pri­mat des Pap­stes aus­drück­lich als „de fide“ defi­niert hat. Unse­re Zweit­va­ti­ka­ni­sten kön­nen ja gern so vie­le Bera­ter­gre­mi­en aus ihrem Hut zau­bern wie sie möch­ten, wenn es jedoch um die Lehr­au­tori­tät geht – und eben dar­um geht es ja bei den berg­o­gli­o­ni­schen Dezen­tra­li­sie­rungs­plä­nen – hört jedoch der Spaß auf! Es gibt nur zwei Lehr­ge­wal­ten in der römisch-katho­li­schen Kir­che: die des Papst- und die des Bischofs­am­tes. Und selbst alle Bischö­fe gemein­sam kön­nen mit ihrer Lehr­ge­walt nichts gegen die des Pap­stes aus­rich­ten. Der Papst kann also dies­be­züg­lich nichts dele­gie­ren oder dezen­tra­li­sie­ren, ohne sich an der durch Leh­re (Dog­ma) und Recht ver­fass­ten Struk­tur der Kir­che zu ver­ge­hen. Es wür­de dadurch das Wesen der Kir­che selbst ver­letzt und es ent­stün­de ein ganz neu­es Gebil­de, das sich dann mei­net­hal­ben berg­o­gli­o­nisch-katho­li­sche Kir­che nen­nen kann, aber mit der römisch-katho­li­schen Kir­che nichts mehr zu tun hat.

  5. Aus­zug aus „Die ande­re Hier­ar­chie“ von Hw Prof. May:
    -
    [.…]
    „Die stän­di­gen Orga­ne der Bischofs­kon­fe­renz (Vor­sit­zen­der, Stän­di­ger Rat, Sekre­ta­ri­at, Kom­mis­sio­nen) brin­gen ein­mal die Gefahr mit sich, dass immer mehr Ange­le­gen­hei­ten von ihnen ange­zo­gen werden.

    Es ist eine offen­kun­di­ge Tat­sa­che, dass die Bischofs­kon­fe­ren­zen die Ver­ant­wor­tung des Ein­zelbi­schofs läh­men und die Flucht in das Kol­lek­tiv begün­sti­gen. Der Ein­zelbi­schof wagt kaum mehr, selbst­ver­ant­wort­lich zu ent­schei­den. Denn in der Bischofs­kon­fe­renz wird er zur Rede gestellt, wenn er einen Allein­gang wagt. Ein Bischof muss aber frei und deckungs­los han­deln. Er darf sich nicht hin­ter Mehr­heits­be­schlüs­sen ver­krie­chen. Sei­ne Ver­ant­wor­tung ist eine höchst per­sön­li­che und kann ihm von nie­man­dem abge­nom­men werden.

    Für die Rich­tung, in die Bischofs­kon­fe­ren­zen gehen, ist sodann regel­mä­ßig die Ein­stel­lung ihres Vor­sit­zen­den ent­schei­dend. Bei ihm lau­fen die Fäden zusam­men, er ver­mag im Vor­feld der Ver­hand­lun­gen die Wei­chen zu stel­len. In Deutsch­land ist offen­kun­dig, dass die Bischö­fe in den Ver­samm­lun­gen der Bischofs­kon­fe­renz auf den pro­gres­si­sti­schen bzw. libe­ra­len Kurs ihres Vor­sit­zen­den fest­ge­legt wer­den (Anm.: Vor­sit­zen­der der DBK war 1997, also in dem Jahr, in dem die­se Schrift her­aus­ge­ge­ben wur­de (und zwar seit 1987), bis zum Jahr 2008 der Main­zer Bischof Karl Kar­di­nal Leh­mann; aber auch für des­sen Nach­fol­ger, Erz­bi­schof Robert Zol­lit­sch von Frei­burg dürf­te die­se Fest­stel­lung wei­ter­hin zutreffen).

    Dafür kann ich ein bezeich­nen­des Bei­spiel berich­ten. Als ich den gegen­wär­ti­gen Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ein­mal dar­auf hin­wies, dass der frü­he­re Bischof von Essen, Hengs­bach, groß­zü­gig sei im Ertei­len der Erlaub­nis, die triden­ti­ni­sche Mes­se zu fei­ern, ent­geg­ne­te er mir: „Der kommt ja auch nicht zur Bischofs­kon­fe­renz.“ Die­se Äuße­rung kann nur besa­gen: Wenn der Esse­ner Bischof öfter zur Bischofs­kon­fe­renz käme, wür­de man ihm dort sei­ne Groß­zü­gig­keit schon aus­ge­trie­ben haben.

    Die Bischofs­kon­fe­ren­zen ent­wickeln sich auch immer mehr zu pres­su­re groups gegen den Apo­sto­li­schen Stuhl. Mit dem Ein­zelbi­schof ver­mag der Papst leicht fer­tig zu wer­den; gegen eine Bischofs­kon­fe­renz kann er sich immer weni­ger durch­set­zen. Der Wider­spruch beginnt da, wo der Papst spricht und deut­sche Bischö­fe reden. Ich erwäh­ne ein bezeich­nen­des Bei­spiel: Der Papst lehrt die aus­nahms­lo­se Gel­tung der sitt­li­chen Nor­men über die Emp­fäng­nis­ver­hü­tung. Deut­sche Bischö­fe leh­ren das Gegen­teil (1).“
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  6. Papst Fran­zis­kus ver­weist aus­drück­lich auf die alten Patri­ar­chats­kir­chen. Dort geht es und bei den Bischofs­kon­fe­ren­zen nicht? Wie­so kann der Papst mit sei­ner uni­ver­sa­len Gewalt über die Kir­che nicht den Bischofs­kon­fe­ren­zen die Rech­te bzw. einen Teil der Rech­te geben, die die alten Patri­ar­cha­te haben? Es gab ja auch schon die Idee, neue Kon­ti­nen­tal­pa­tri­ar­cha­te an Stel­le der alten Patri­ar­cha­te, die ja letzt­lich kei­ne Bedeu­tung mehr haben, weil sie von der Geschich­te über­rollt wur­den (Rom, Konstantinopel[orthodox] habe noch Bedeu­tung, Alex­an­dria [kop­tisch-katho­li­sche Kir­che und mel­ki­tisch grie­chisch-katho­li­sche], Antio­chia [syrisch-maro­ni­ti­sche Kir­che, mel­ki­tisch grie­chisch-katho­li­sche Kir­che und syrisch-katho­li­sche Kir­che] und und Jeru­sa­lem [katho­li­sche mel­ki­tisch-grie­chi­sche Kir­che und latei­ni­sche Kir­che] nicht mehr).

  7. Ein­mal umge­kehrt gefragt: wie wür­de die kirch­li­che Land­schaft aus­se­hen, wenn es kei­ne Bischofs­kon­fe­ren­zen mehr gäbe? 

    Sie wür­de wesent­lich bes­ser aus­se­hen. Der ein­zel­ne Bischof wäre wesent­lich mehr gefor­dert, aber auch frei­er, sei­ne eige­nen Cha­ris­men ein­zu­brin­gen in sein Bis­tum. Der Mensch wächst mit den Auf­ga­ben, und ein Bischof, der die Ver­ant­wor­tung auf sei­nen eige­nen Schul­tern trägt statt sich unter einer Grup­pe weg­zu­ducken, so ein Bischof wür­de mit Got­tes und Mari­ens Hil­fe wach­sen und gute Früch­te bringen.
    Er wäre genö­tigt, ver­stärkt den direk­ten Draht nach oben zu suchen und sich an der kath. Leh­re zu ori­en­tie­ren statt nach den Vor­ga­ben eines Vor­sit­zen­den sich aus­zu­rich­ten. Eine wesent­lich span­nen­de­re Sache.

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