Kardinal Martini: Santo, aber nicht subito? – Das Staunen eines Missionars


Carlo Maria Kardinal Martini - Santo, aber nicht subito? Die Heiligsprechung des Zweideutigen(Mai­land) Der Mis­sio­nar und Prie­ster des Päpst­li­ches Insti­tuts für die aus­wär­ti­gen Mis­sio­nen Pater Pie­ro Ghed­do fragt sich in einem Auf­satz für Asia­news, war­um selbst ein Jahr nach dem Tod von Car­lo Maria Mar­ti­ni nie­mand den „Ruf der Hei­lig­keit“ für den Kar­di­nal bean­sprucht und ein Selig­spre­chungs­ver­fah­ren anstrebt. Die Fra­ge erstaunt noch mehr als jede mög­li­che Ant­wort, die der Mis­sio­nar dar­auf geben könnte.

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Der Jesu­it Kar­di­nal Mar­ti­ni war von 1979 bis 2002 Erz­bi­schof von Mai­land. Er starb am 31. August 2012. Die stau­nen­de Anfra­ge von Pater Ghed­do ist Anlaß, den Nach­ruf in Erin­ne­rung zu rufen, den Katho​li​sches​.info vor einem Jahr ver­öf­fent­lich­te: Car­lo Maria Kar­di­nal Mar­ti­ni – Ein not­wen­di­ger Nach­ruf abseits des Jubel­chors.

Kar­di­nal Mar­ti­ni war von der media­len Öffent­lich­keit zum „Gegen­papst“ zu Johan­nes Paul II. auf­ge­baut wor­den, obwohl ihn eben die­ser, ganz am Beginn sei­ner Amts­zeit, zum Erz­bi­schof von Mai­land ernannt hat­te. Wäh­rend des lan­gen pol­ni­schen Pon­ti­fi­kats stand Mar­ti­ni für pro­gres­si­ve Kir­chen­krei­se bereits als näch­ster Papst fest, sobald es zu einem Kon­kla­ve kom­me. Der Kar­di­nal gefiel sich selbst in die­ser Rol­le. Als es nach dem Tod Johan­nes Pauls II. tat­säch­lich soweit war, erhielt er im Kon­kla­ve von 2005 ledig­lich neun Stim­men. Der kraft Medi­en qua­si insti­tu­tio­na­li­sier­te „Anti-Papst“ war entzaubert.

Auch Pater Ghed­do scheint sich die­ses Umstands bewußt zu sein, wes­halb er das Image Mar­ti­nis als „ver­kann­ten“ Kir­chen­für­sten wei­ter­hegt: je mehr Zeit seit sei­nem Tod ver­ge­he und irri­tie­ren­de Tei­le „sei­nes Lehr­am­tes in Ver­ges­sen­heit gera­ten“, desto bes­ser wür­de man sein vor­aus­blicken­des Werk verstehen.

„Der Glau­be ist ein Geschenk Got­tes, der Hei­li­ge Geist weht, wo er will“, so Pater Ghed­do. Das habe auch Papst Bene­dikt XVI. mehr­fach betont, doch wenn Kar­di­nal Mar­ti­ni das­sel­be sag­te, sei er von Tei­len der Kir­che bearg­wöhnt und zum Teil kri­ti­siert wor­den. Wor­über der bekann­te Mis­sio­nar staunt, lie­ße sich leicht ent­rät­seln: Die­sel­ben Wor­te müs­sen eben nicht das­sel­be aus­sa­gen. Alle Brü­che, Umbrü­che und Expe­ri­men­te nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil wur­den „im Namen des Gei­stes“ voll­zo­gen. Ein Arg­wohn beim Hin­hö­ren erscheint daher gera­de­zu als zwin­gend gebo­ten, wenn bestimm­te Ver­tre­ter bestimm­te Stich­wör­ter im Mund führen.

Kar­di­nal Mar­ti­ni war es gewe­sen, der noch im letz­ten Inter­view vor sei­nem Tod der Kir­che vor­warf, „200 Jah­re zurück­ge­blie­ben“ zu sein. Der Kar­di­nal kri­ti­sier­te in sei­ner letz­ten Bot­schaft an die Kir­che und die Welt, daß die Kir­che Chri­sti die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on und deren „Geist“ noch nicht ver­in­ner­licht habe, auf dem die moder­ne west­li­che Gesell­schaft beruht. Die­ser Linie fol­gend, erklär­te Mar­ti­ni die sin­ken­den Kir­chen­be­su­cher, den Prie­ster­rück­gang und den Ero­si­ons­pro­zeß der Kir­che in der Gesell­schaft damit, daß die Kir­che die „Zei­chen der Zeit“ nicht aus­rei­chend ver­stan­den habe. Wes „Gei­stes“ Kind war der Kardinal?

Pater Ghed­do gesteht selbst zu, daß „nicht weni­ge Gläu­bi­ge manch­mal von bestimm­ten Äuße­run­gen“ des Kar­di­nals „schockiert“ waren, die „Unge­hor­sam gegen die Kir­che und Anbie­de­rung an die Welt zu sein schie­nen“. Ande­re, wie der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof von Bolo­gna, Gia­co­mo Kar­di­nal Bif­fi, gebrau­chen hier kei­nen ein­schrän­ken­den Konjunktiv.

Don Ghed­do ent­schul­digt den ver­stor­be­nen Jesui­ten­kar­di­nal damit, daß „es auch wahr ist, daß unser lie­ber Erz­bi­schof häu­fig von jenen instru­men­ta­li­siert wur­de, die die Kir­che nicht lieb­ten und nicht lie­ben“. Kar­di­nal Mar­ti­ni unter­nahm aller­dings auch kei­nen Ver­such, sich von die­sen fal­schen „Freun­den“ zu distan­zie­ren, um die Zwei­deu­tig­kei­ten aus­zu­räu­men. So wie er mit sei­ner Rol­le als „Ante-Papst“, sprich, näch­stem Papst koket­tier­te, so erhob er letzt­lich viel­mehr die Zwei­deu­tig­keit zum System. Die kla­re Aus­sa­ge wur­de durch ambi­va­len­te For­mu­lie­run­gen ersetzt, die vie­le Inter­pre­ta­tio­nen mög­lich mach­ten und daher vie­le zufrie­den­stel­len konn­te. Sie konn­ten immer „rich­tig“ ver­stan­den wer­den: rich­tig im Sin­ne der kirch­li­chen Leh­re und eben­so als Kri­tik an dieser.

„Auch mich stör­te die­ser unpas­sen­de Jubel“ von der fal­schen Sei­te, „und sicher stör­te er auch ihn selbst“, doch gesagt hat es Kar­di­nal Mar­ti­ni nie. In der posi­ti­ven media­len Zele­bra­ti­on sei­ner Per­son, die in Gegen­satz zum nega­tiv gezeich­ne­ten Papst in Rom gestellt wur­de, schien sich der Kar­di­nal in Mai­land viel­mehr sicht­lich wohl zu fühlen.

Pater Ghed­do stellt sich in sei­nem Wunsch nach Selig­spre­chung erst gar nicht die Fra­ge, war­um die „inter­na­tio­na­len Mas­sen­me­di­en“ dem vor einem Jahr ver­stor­be­nen Kar­di­nal „gan­ze Sei­ten gewid­met haben, um an ihn zu erin­nern“. Der Mis­sio­nar mag sich wun­dern, doch liegt es in der Logik sowohl des kirch­li­chen Pro­gres­sis­mus als auch der welt­li­chen, kir­chen­fer­nen Medi­en, wenn kei­nes die­ser Mas­sen­me­di­en schrieb, daß Kar­di­nal Mar­ti­ni „ein Hei­li­ger war“. Pater Ghed­do fühlt sich rat­los: „Es ist nicht leicht zu ver­ste­hen, warum“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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7 Kommentare

  1. Ob jemand hei­lig­ge­spro­chen wird oder nicht, liegt beim Hei­li­gen Stuhl. War­ten wir doch ab, ob ein Wun­der geschieht!c

    • Ooch, da spricht man mitt­ler­wei­le auch schon mal ohne Wun­der hei­lig. In sol­chen Fäl­len kommt mir dann nur mehr das Jesus­wort in den Sinn: lasst doch die Toten ihre Toten begraben.

  2. Es ist nicht wei­ter ver­wun­der­lich dass Mar­ti­ni beim letz­ten Kon­kla­ve nur 5 Stim­men bekom­men hat, denn er war zu die­ser Zeit gesund­heit­lich schon so ange­schla­gen, dass er nicht mehr als Papst in Fra­ge kam. Wohl aber hat er im Vor­feld des Kon­kla­ves zusam­men mit Leh­mann u.Co. ver­sucht, Ratz­in­ger zu ver­hin­dern um Berg­o­glio durch­zu­brin­gen. Nun, 8 Jah­re spä­ter, hat sich die­ser Wunsch erfüllt. Leider !!

    • „Nun, 8 Jah­re spä­ter, hat sich die­ser Wunsch erfüllt. Leider !!“

      Mhm, viel­leicht könn­te man das als „Wun­der“ für Mar­ti­nis Heii­lig­spre­chung ver­bu­chen!? Ein blau­es Wun­der, sozu­sa­gen, das wir nun tag­täg­lich bestau­nen dürfen…

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