(Vatikan) Vor sechs Jahren, am 7. Juli 2007 gewährte Papst Benedikt XVI. das Motu proprio Summorum Pontificum. Es gab dem Alten Ritus als außerordentliche Form des Römischen Ritus das Heimatrecht in der katholischen Kirche zurück und stellte ihn weitgehend dem Novus Ordo gleich. Damit endete ein kirchengeschichtlich schwer verständliches Kalvaria für den überlieferten Ritus, der zwar offiziell nie abgeschafft und schon gar nicht verboten wurde, wie Benedikt XVI. betonte, dem aber 1969/1970 praktisch das Existenzrecht entzogen worden war. In den vergangenen sechs Jahren erlebte die auch als „tridentinische“ und sogenannte Messe des heiligen Pius V. bekannte Form des Römischen Ritus ein weltweites Wiederaufleben und den Beginn einer neuen Blüte.
Anläßlich des sechsten Jahrestages des Motu proprio Summorum Pontificum veröffentlichte der spanische Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco de la Cigoña einen Aufruf an die spanischen Bischöfe. De la Cigoña, der selbst betont, nicht die „alte Messe“ zu besuchen, verteidigt jedoch deren „selbstverständliches“ Heimatrecht in der Kirche. Diese habe noch über den Erlaß von Summorum Pontificum hinaus in Spanien einen schweren Stand, so de la Cigoña. Aus diesem Grund appellierte er heute an alle Bischöfe in Großherzigkeit dem Wunsch der Gläubigen zu entsprechen und wo immer gewünscht, den alten Ritus zu unterstützen. Als positives Beispiel nannte er die Erzdiözese Pamplona, wo sogar in der Kathedrale das heilige Meßopfer in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zelebriert wird.
Der Jahrestag des kirchengeschichtlich herausragenden Ereignisses, von den einen dankbar begrüßt, von anderen noch immer abschätzig beäugt, wird wie selbstverständlich von den meisten offiziellen katholischen Medien einfach ignoriert. Auch daran ist eine Form der Wertung abzulesen und vor allem ein Mangel an Verständnis für die liturgische Sensibilität, die für Papst Benedikt XVI. von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Kirche war und für die er in der Kirche warb.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messainlatino
Ich möchte hier das vollständige Interview mit Hw Siegfried Lochner im Vaduzer
Diözesanblatt „vobiscum“ aus dem Jahre 2008 wiedergeben:
-
„Das Begleitschreiben zum Motu Proprio erklärt, daß der Novus Ordo schon deshalb die gewöhnliche Liturgieform bleiben wird, weil es an liturgischer Bildung fehlt.“
Hw. Lochner.:
Entgegen der von Papst Johannes XXIII. erlassenen Apostolischen Konstitution ‘Veterum Sapientia’, der Bestimmungen des Vatikanischen Pastoralkonzils über die Priesterausbildung, der einschlägigen Normen des Kirchenrechts sowie der römischen Rahmenordnung über die Priesterausbildung ist ein Großteil der heutigen Priesteramtskandidaten bar beinahe jeglicher Kenntnis der alten Sprachen, insbesondere des Lateinischen.
„Und die liturgische Bildung?“
Der regelmäßige Gebrauch der neuen Riten hat bei vielen Laien und Priestern jegliches Gespür für Sakralität und liturgisches Handeln verschwinden lassen und sie geradezu liturgieunfähig gemacht.
„Können sie Beispiele nennen?“
Ich wurde vor kurzem bei einer Firmung Zeuge dieser Entwicklung. Der Firmspender wählte erfreulicherweise den römischen Kanon. Als einer der Konzelebranten das „Nobis quoque“ mit der Aufzählung der Heiligennamen beten sollte, begann er am Altar vor versammelter Gemeinde laut zu pöbeln. Er schimpfte, daß ihm dieser Text zu lang sei und er ihn deswegen auf einen Satz reduzieren werde.
„Hatte der Vorfall Konsequenzen?“
Ja. Der Betreffende wurde von seinem Vorgesetzten in der Sakristei zur Rede gestellt. Dabei meinte er nur, er werde den Meßkanon nie wieder beten. Er dächte im übrigen auch nicht daran, „die halbe Priscillakatakombe herunterzuratschen.“
„Welche Dimensionen hat die Katastrophe?“
Der heutige Zusammenbruch läßt durchaus Vergleiche mit der Situation am Vorabend der Reformation zu, als ein Großteil des Klerus ebenfalls weder philologisch, aszetisch oder liturgisch – geschweige den dogmatisch – den Anforderungen des katholischen Priesteramtes gewachsen war.
„Gibt es einen Ausweg?“
Es wird Zeit, daß unsere angehenden Priester wieder von Grund auf in das Mysterium tremendum et fascinosum des katholischen Gottesdienstes eingeführt werden und ihre kostbare Zeit nicht mehr mit den jeweiligen Tagesmeinungen gewisser Liturgiemacher verplempern müssen.
„Im Klartext?“
Gründliches Studium der Lateinischen Sprache, Erlernen der heiligen Geheimnisse als Lebensform des Priesters, die im gottgeweihten Zölibat ihren sichtbaren Ausdruck findet, akurates Studium der Rubriken, um die liturgischen Abläufe fehlerfrei zu beherrschen.
„So wie früher?“
Ja. Wie frühere Priestergenerationen müssen sich auch die angehenden Kleriker von heute während ihrer Ausbildung darum bemühen, sich die Reichtümer der überlieferten Liturgie anzueignen um sie besitzen und weitergeben zu können.
„Ist ‘Summorum Pontificum’ der Anfang des Endes des Novus Ordo?“
Der Anfang vom Ende der neuen Meßordnung begann ja eigentlich schon bei ihrer Promulgierung 1969.
„Wie meinen Sie?“
Ein willkürliches, ökumenisch protestanisierendes Konstrukt, das sogar den stark antirömischen schismatischen Ostkirchen die Haare zu Berge stehen ließ, und bedenkenlos mit einer 2000jährigen Tradition brach, relativierte sich doch von allem Anfang ganz von selber.
„Wie zeigt sich das?“
Die sofort einsetzende und bis heute fortdauernde liturgische Anarchie ist ja nachgerade systemimmanent. Der heutige Klerus ist weitgehend gar nicht mehr in der Lage, die Messe Paul VI. korrekt zu zelebrieren, weil er es nie gelernt und gesehen hat, außer vielleicht beim Opus Dei. Das von mir oben erwähnte Beispiel ist ja beileibe kein Einzelfall.
„Was wird das Motu Proprio in dieser Situation bewirken?“
Im Bewußtsein dieser katastrophalen Lage hat der Heilige Vater ‘Summorum Pontificum’ erlassen. Die teilweise hysterische Angst der Neuerer zeigt uns in der Tat, daß damit in der Kirche nach langer Nacht ein neuer Morgen anbricht.
Von einer neuen Blüte ist weit und breit nichts zu sehen
Leider wahr, abgesehen von einigen erfreulichen Lichtblicken.