(Vatikan) Papst Franziskus hat eine leise Stimme. Ihm direkt zu folgen, ist in sprachlicher Hinsicht zunächst gewöhnungsbedürftig, dürfte aber nie allzu leicht werden. Die Übersetzungen in Hörfunk und Fernsehen überlagern seine Stimme. Man muß sich auf das Gesagte verlassen. Den Journalisten werden vorab mit Veröffentlichungsfrist autorisierte Übersetzungen in den verschiedenen Sprachen übergeben. Während sich Papst Benedikt XVI. mit Genauigkeit an seinen Predigttext hielt, improvisiert Papst Franziskus gerne und spontan. Der Nachteil ist, daß die Journalisten, die bei Direktübertragungen die vorbereiteten Texte vorlesen, vielfach die Zusätze nicht merken oder der Überraschung wegen nicht spontan eigenständig mitübersetzen können. Die Übersetzungen können auf der offiziellen Vatikanseite erst mit einiger Verspätung veröffentlicht werden, um die spontanen Teile der Predigt einbauen zu können.
So geschah es auch am Palmsonntag, die inzwischen veröffentliche Fassung ist vollständig. Der Papst sprach erneut über den Teufel. Doch in vielen Direktübertragungen und erst recht in den Zeitungsredaktionen wurde die Passage unterschlagen. Es handelte sich nicht um Absicht. Den Teufel schob Papst Franziskus spontan in seine Predigt ein. Nachfolgend die entsprechende Stelle seiner Predigt vom Palmsonntag. Die spontanen Einschübe sind unterstrichen.
Zu Beginn der Messe haben auch wir es wiederholt. Wir haben unsere Palmen geschwenkt Auch wir haben Jesus empfangen; auch wir haben die Freude zum Ausdruck gebracht, ihn zu begleiten, ihn nahe zu wissen, in uns und unter uns gegenwärtig als ein Freund, als ein Bruder, auch als König, das heißt als leuchtender Bezugspunkt unseres Lebens. Jesus ist Gott, doch er hat sich erniedrigt, unseren Weg mitzugehen. Er ist unser Freund, unser Bruder. Hier gibt er uns Licht auf unserem Weg. Und so haben wir ihn heute empfangen.
Und dies ist das erste Wort, das ich euch sagen möchte: Freude! Seid niemals traurige Menschen: ein Christ darf das niemals sein! Lasst euch niemals von Mutlosigkeit überwältigen! Unsere Freude entspringt nicht aus dem Besitzen vieler Dinge, sondern daraus, einer Person begegnet zu sein: Jesus, der in unserer Mitte ist; sie entspringt aus dem Wissen, dass wir mit ihm niemals einsam sind, selbst in schwierigen Momenten nicht, auch dann nicht, wenn der Lebensweg auf Probleme und Hindernisse stößt, die unüberwindlich scheinen, und davon gibt es viele! Und in diesem Moment kommt der Feind, kommt der Teufel, oftmals als Engel verkleidet, und heimtückisch sagt er uns ein Wort. Hört nicht auf ihn! Folgen wir Jesus! Wir begleiten, wir folgen Jesus, aber vor allem wissen wir, dass er uns begleitet und uns auf seine Schultern lädt: darin liegt unsere Freude, die Hoffnung, die wir in diese unsere Welt tragen müssen. Und bitte lasst euch die Hoffnung nicht nehmen! Lasst nicht zu, dass die Hoffnung geraubt wird! Jene, die Jesus uns schenkt. […]
Jesus zieht nicht in die Heilige Stadt ein, um die Ehren zu empfangen, die den irdischen Königen, den Machthabern, den Herrschern vorbehalten sind; er zieht ein, um gegeißelt, beschimpft und geschmäht zu werden, wie Jesaja in der ersten Lesung ankündigt (vgl. Jes 50,6); er zieht ein, um eine Dornenkrone, einen Stock und einen Purpurmantel zu erhalten, sein Königtum wird Gegenstand des Spottes sein; er zieht ein, um mit einem Balken beladen zum Kalvarienberg hinaufzugehen. Und da haben wir das zweite Wort: Kreuz. Jesus zieht nach Jerusalem ein, um am Kreuz zu sterben. Und genau hier erstrahlt sein Königsein im Sinne Gottes: Sein Königsthron ist das Holz des Kreuzes! Ich denke an das, was Benedikt XVI. zu den Kardinälen sagte: Ihr seid Fürsten – aber die eines gekreuzigten Königs. Das ist der Thron Jesu. Jesus nimmt auf sich… warum das Kreuz? Weil Jesus das Böse, den Schmutz, die Sünde der Welt – auch unsere Sünde, unser aller Sünde! – auf sich nimmt, und er wäscht es, wäscht es mit seinem Blut, mit der Barmherzigkeit, mit der Liebe Gottes. Schauen wir uns um: Wie viele Wunden schlägt das Böse der Menschheit! Kriege, Gewalttaten, Wirtschaftskonflikte, die die Schwächeren treffen; Geldgier – und keiner kann es doch mitnehmen; man muss es zurücklassen! Meine Großmutter sagte zu uns Kindern: Das Totenhemd hat keine Taschen –, Liebe zum Geld, Machtstreben, Korruption, Spaltungen, Verbrechen gegen das menschliche Leben und gegen die Schöpfung!
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Erzengel Michael besiegt den Teufel von Albrecht Dürer