(Washington) Gegen Mythen, tiefsitzende und seit langem verbreitete Vorurteile ist es schwer anzukommen. Dies gilt offensichtlich besonders dann, wenn im Namen der Bekämpfung von Vorurteilen in Wirklichkeit neue Vorurteile erzeugt wurden. Die Probe aufs Exempel? Wem fällt nicht etwas zu den Stichworten Hexenverbrennung, Frauenfeindlichkeit, Galileo Galilei ein. Bei näherer Betrachtung würden sich die landläufigen Meinungen dazu in einem erschreckend hohen Maß als pure Erfindung, verzerrte Wahrnehmung der Geschichte oder als blankes Vorurteil erweisen. Häufig als antikatholisches Vorurteil.
Scheinbares „Wissen“ als Vorurteile entlarvt
Der Enttarnung des vermeintlichen „Wissens“ als antikatholische Mythen und Vorurteile widmet sich ein neues Buch, das in den USA erschienen ist. Christopher Kaczor stellt Behauptungen auf den Prüfstand, die häufig und schnell zur Hand sind, wenn es darum geht, die katholische Kirche zu diskreditieren. Die Kirche haßt Frauen, die Kirche haßt Schwule, die Kirche unterdrückt die Freiheit, die Kirche ist leibfeindlich, die Kirche ist wissenschaftsfeindlich. Und die Kirche ist das alles natürlich aus Machtgier und reinem Fanatismus.
Der moderne Mensch hat diese oft geschickt vorgebrachten, vielfach sogar im Schulunterricht eingetrichterten Unwahrheiten als „Wahrheiten“ gespeichert. Sie dienen im agnostischen Kontext als perfide Mechanismen, sich der Wahrheitsfrage nicht stellen und dem kirchlichen Anruf entziehen zu können. Sie können auch gläubige Menschen zum Abfall vom Glauben verführen. Wer kann denn auch ernsthaft verlangen, sich mit jemandem und etwas zu beschäftigen, das sich wie die personifizierte Finsternis präsentiert und so weiter und so fort. In Comicromanen, heute auch Graphic Novel genannt, könnten die Sprechblasen der handelnden Figuren mit vielen Blablas gefüllt werden.
Antikatholische Vorurteile werden seit Jahrhunderten immer neu genährt
Sind manche der Totschlagparolen schon einige Jahrhunderte alt, wenngleich sie durch das höhere Alter nicht wahrer werden, führt Kaczor auch ganz neue an: Der Zölibat ist schuld am sexuellen Mißbrauch minderjähriger Kinder durch katholische Priester. Wir haben es ja schon immer gewußt, wird sich mancher im Zusammenhang mit dem Pädophilie-Skandal vor einigen Jahren gedacht haben. Wenn Massenmedien aus verwerflichen tragischen Einzelfällen leichtfertig verallgemeinernde Schlußfolgerungen gezogen und – obwohl ebenso falsch wie diskriminierend – zu einer Art Kollektivschuld stilisiert haben, zeigte dies auch, daß etwa in der deutschen Gesellschaft bereits ein ausgeprägtes antikirchliches Stimmungsfeld vorhanden war.
Der amerikanische Erzbischof und Diener Gottes Fulton Sheen, dessen Seligsprechungsprozeß Papst Benedikt XVI. 2012 eingeleitet hat, sagte einmal: „Es gibt wahrscheinlich keine 100 Menschen auf der Erde, die die katholische Kirche hassen für das, was sie ist. Es gibt aber Millionen von Menschen, die die Kirche hassen für das, was sie meinen, daß sie ist.“
Fulton Sheen: Millionen hassen Kirche nicht für das, was sie ist, sondern für das, was sie meinen, daß sie ist
Diesem erstaunlichen Widerspruch widmet sich das Buch The Seven Big Myths about the Catholic Church (Die sieben großen Mythen über die katholische Kirche) von Christopher Kaczor, das soeben bei Ignatius Press erschienen ist. Das Verlagshaus Ignatius Press wurde 1978 vom Jesuiten Joseph Fessio gegründet, der zum Joseph-Ratzinger-Schülerkreis gehört.
Christopher Kaczor ist Professor für Philosophie an der Loyola Marymount University von Los Angeles in Kalifornien. Der Vater von sieben Kindern ist Autor zahlreicher Bücher, darunter besonders auch zum Thema Lebensrecht: The Ethics of Abortion: Women’s Rights, Human Life, and the Question of Justice; Thomas Aquinas on the Cardinal Virtues und Life Issues – Medical Choices.
Der seit 2011 regierende Erzbischof von Los Angeles, Msgr. José Horacio Gómez vom Opus Dei schreibt zum Buch: „Kaczor ist einer unserer begabtesten katholischen Philosophen. In The Seven Myths about the Catholic Church erweist er sich auch als einer der besten Verteidiger des katholischen Glaubens.“
Ein Buch für alle, die Vorurteile loswerden und sich nicht mit Halbwissen begnügen wollen
Koczar erhebt nicht den Anspruch, auf alle antikirchlichen Vorurteile zu antworten. Dazu würde ein einziges Buch nicht ausreichen. Er hat sich sieben der bekanntesten und auch heute am häufigsten in privaten und öffentlichen Diskussionen auftauchenden und besonders von den Medien aufgebauschten Vorurteile ausgewählt und einer kritischen Betrachtung unterzogen. Die Vorurteile werden als solche entlarvt und die wirkliche Position der katholischen Kirche im theologischen, biblischen und historischen Kontext offengelegt. Ein apologetisches Buch im besten Sinn des Wortes, das jeder in die Hand nehmen sollte, der Argumente zur Verteidigung der Kirche sammeln will, mehr noch aber all jene, die sich nicht länger im Halbdunkel bewegen und sich mit Halbwissen begnügen wollen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Ignatius Press
Kein Wort gegen das hier besprochene Buch. Doch so lange katholische Kinder und Jugendliche im Religionsunterricht alle diese Vorurteile gegen die eigene Kirche eingetrichtert bekommen, dürfte ein noch so gutes Buch ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. Beispiel eines Gesprächs zwischen einem Jugendlichen und einem erwachsenen Katholiken: „Nach der konstantinischen Wende wurde aus der verfolgten die verfolgende Kirche.“ …„Über den prägenden Einfluss der Kirche auf unsere europäische Zivilisation hast du nichts gehört in der Schule?“ …„Nö…“
Wenn das ein Ausnahme-Beispiel wäre, lohnte es das Tippen nicht. Hätte ich für Jugendliche Verantwortung zu tragen, ich würde sie aus dem katholischen RU abmelden. In aller Regel, natürlich gibt es Ausnahmen.
Das Problem sind nicht die Religionslehrer/innen. Es sind die mehr oder weniger agnostischen Theologen, die ungehindert von jedem Lehramt alle ausbilden, die mit der Weitergabe des Glaubens betraut sind. Wenigstens in Deutschland.
„nach der konstantinischen Wende wurde aus der verfolgten die verfolgende Kirche“ und so prägte die Kirche die europäische Zivilisation mehr als 1000 Jahre mit Dogmen und Denkverboten und behinderte die Entwicklung des menschlichen Geistes. Zum Glück konnte sie diese Entwicklung nicht ganz aufhalten und spätestens seit dem Zeitalter der Aufklärung trat Licht ins Dunkel. Leider scheint die Aufklärung heute wieder langsamer voranzuschreiten, weil Denken anstrengender ist als Glauben und weil nicht nur die Kirche kein wirkliches Interesse am aufgeklärten Bürger hat.
Wer Theologie studiert und darüber nicht zum Agnostiker wird, dem fehlt es an intellektueller Reife. Je tiefer man sich in das theologische Gedankengebäude hineinarbeitet, desto absurder und widersprüchlicher wird es. Letztlich bleibt dem Gebildeten nichts übrig als Religionen als erkenntnisferne Konstrukte aufzufassen, deren ehemalige Funktion, Menschen zu sozialem Handeln anzuleiten bzw. zu zwingen, obsolet ist.